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85) Gewöhnlich zum Unterschiede von Nr. 84 nach seinem Vater A. Molon oder schlechtweg Molon genannt (Ἀ. ὁ τοῦ Μόλωνος Plut. Caes. 3; Cic. 4. Porphyr, in Il. IX 1ff. p. 126, 18ff. Schrader. A. Molonis alte Übers, d. Jos. c. Ap. II 79; Ἀ. ὁ Μόλων Jos. c. Ap. II 145. 255. Schol. Arist. Nub. 144. Kosmas Indikopleustes topogr. Christ. in Gallandi Bibl. Patr. XI 572; ὁ Μόλων Ἀ.. Jos. c. Ap. II 258; Ἀ. ὁ ἐπικληθεὶς Μόλων Phoibamm. III 44 Sp.; A. Molo Suet. Caes. 4. Quint. III 1, 16. XII 6, 7; über die schon damals verbreitete Sitte der Benennung mit dem Vatersnamen als Beinamen s. gegen Riese Lehrs Quaest. epic. 23. Diels Doxogr. 86. F. Marx Berl. philol. Woch. X 1890, 1007; (ὁ) Μόλων, Molo Alex. Polyh. bei Euseb. praep. ev. IX 19, 1. Cic. Brut. 245. 307. 312. 316; ad Att. II 1, 9. Strab. XIV 652. 655. 661. Dion. Hal. de Din. 8. Val. Max. II 2, 3. Jos. c. Ap. II 16. 236. 295. Diog. Laert. III 34. [Aurel. Vict.] de vir. ill. 81; (ὁ) Ἀπολλώνιος Jos. c. Ap. II 148. 262. 270. Ael. v. h. XII 25). Wohl jünger als Nr. 84, wenn auch nicht, wie Riese 629 annimmt, um einige Jahrzehnte, war er noch um 75 clarissimus dicendi magister (Suet. Caes. 4 = σοφιστεύων ἐπιφανῶς Plut. Caes. 3). Gleichfalls aus Alabanda, gleichfalls Schüler des Menekles und mit Nr. 84 befreundet (sein Vetter? Riese), siedelte auch er aus seiner Heimat nach Rhodos über (daher Molo Rhodius bei Cic. Brut. 307), viel später als Nr. 84, der ihn deshalb mit dem homerischen Worte ὀψὲ μολών scherzhaft begrüsste (Strab. XIV 655. 661). In Rhodos verdunkelte A. alsbald den Ruhm seines Landsmannes; er zeichnete sich nicht blos als Redelehrer, sondern auch als Redner in wirklichen Rechtshändeln und als Schriftsteller auf mannigfachen Gebieten aus (Cic. Brut. 307. 310). Für das hohe Ansehen, das er sich in Rhodos erworben, spricht allein schon der Umstand, dass er von den Rhodiern in den Jahren 87 (wofern nicht vielmehr mit Bake bei Cic. Brut. 307 die Worte eodem anno ... magistro als Interpolation zu streichen sind, Susemihl 491, 128) und 81 als Gesandter nach Rom geschickt wurde, das zweitemal, um für die Kriegslasten und Beeinträchtigungen, welche die Rhodier als Freunde der Römer im mithridatischen Kriege zu ertragen gehabt hatten, eine angemessene Entschädigung zu erwirken (Piderit Index zu Cic. Brut. s. Molo). Im römischen Senate wurde ihm zuerst unter allen Ausländern verstattet, sine interprete griechisch zu reden; des Lateinischen war A. nicht mächtig (Val. Max. II 2, 3. Plut. Cic. 4). In Rom, wo A. sich längere Zeit aufgehalten haben muss, hörte ihn Cicero (Brut 307. 312. 316. Quint. XII 6, 7. Val. Max. [142] a. O.). Durch A. besonders wurde Rhodos ein vielbesuchter Studienort. Dort suchte ihn im J. 78 Cicero wieder auf, um von ihm weitere Belehrung und Anweisung in der Redekunst zu erhalten (Brut. 316. Quint. a. O. Plut. Cic. 4; auch Ael. v. h. XII 25). Dort hörten ihn auch andere Römer, wie M. Favonius (Cic. ad Att. II 1, 9), T. Torquatus (Cic. Brut. 245) und besonders C. Caesar, der eigens zu diesem Zwecke im Winter 76 nach Rhodos reiste (Suet. Caes. 4. Plut. Caes. 3). Seinem Unterrichte legte er ein selbstverfasstes rhetorisches Lehrbuch zu Grunde; wenigstens überliefert Quint. III 1, 16 in seiner bekannten Geschichte der Rhetorik, dass er nach Hermagoras und Athenaios (und auch wohl unter ihrem Einflusse) multa scripsit de rhetorice. Aus dieser Techne oder einer Specialschrift über die Figuren mag seine bei Phoibammon III 44 Sp. überlieferte, von Athenaios übernommene Definition der Figur stammen. Das Hauptgewicht legte A. in seiner σχολή) auf μελέται, Declamationsübungen; hierbei achtete er nicht blos auf die Sprache, sondern auch auf den Vortrag, um an beiden verbessernde Kritik zu üben. Das glänzendste Zeugnis stellt ihm als Redelehrer Cicero Brut. 316 aus; er rühmt ihn als in notandis animadvertendisgue vitiis et instituendo docendoque prudentissimum (vgl. noch Brut. 307. 310. Plut. Cic. 4). Von seinen Reden existierte noch zu Strabons Zeiten die κατὰ Καυνίων (XIV 652). Sie hatte den gewünschten Erfolg; die von Rhodos abgefallenen Kaunier mussten sich nach einem Schiedsspruche der Römer den Rhodiern wieder unterwerfen. Mit Wahrscheinlichkeit erschliesst Blass 91f., 6 aus den Worten Ciceros Brut. 312 eine andere Rede, gehalten im römischen Senate, de Rhodiorum praemiis (s. o.). Um uns von dem rednerischen Charakter des A. eine Vorstellung zu machen, müssen wir ausgehen von der Stelle bei Cic. Brut. 325f. Von den beiden dort beschriebenen Richtungen des Asianismus ging die eine, vertreten durch Hierokles und noch entschiedener durch Menekles, besonders auf Reichtum an geistreichen Pointen und gefälligen Sentenzen aus, die andere auf gewählten Ausdruck und Wortfülle. Beide Richtungen suchte mit einander zu vereinigen Hortensius, die zweite bildeten in der Zeit des A. besonders Aischines von Miletos (s. Aischines Nr. 19) und Aischylos von Knidos einseitig aus, die erste, wie es scheint im Kampfe gegen die zweite, die Rhodier. Dieselbe Vorliebe für das genus sententiosum et argutum, durch die A. ὁ μαλακός der Geschmacksrichtung seines Lehrers Menekles gehuldigt hat (s. o.), dürfen wir auch bei seinem Schulgenossen A. Molon voraussetzen. Einen Beleg hierfür möchte die Antithese bei Diog. Laert. III 34 abgeben, eine Bestätigung scheint in der Thatsache vorzuliegen, dass nach Dion. Hal. de Din. 8 die Rhodier, unter denen Molon ausdrücklich genannt wird, gerade den Hypereides unter den Attikern sich zum Vorbilde auswählten, der, vor allen andern durch argutiae, acumen, facetiae ausgezeichnet (vgl. z. B. Cic. de or. III 28; or. 90. 110. Quint. X 1, 77. Ps.-Long. π. ὕψ. 34), einigermassen, wenn auch in durchaus tadelloser Weise, zu zugespitzten Sentenzen hinneigt (Blass 93). Gegenüber dem Streben nach einer gewählten (richtiger gezierten, überkünstelten) Ausdrucksweise in der zweiten Richtung scheinen [143] die Rhodier in verkehrter Nachahmung der Fehler ihres Stilmusters, dessen Sprache in der That wenig gewählt ist (Blass a. O.), den Ausdruck vernachlässigt zu haben und verfielen so in eine gemeine, schmucklose Schreibart; αὐχμηροί τινες nennt sie – also auch den dort aufgeführten Molon – Dionysios a. O. (zum Ausdrucke vgl. Blass 93, 1). Von der Anmut und den sonstigen Vorzügen des Hypereides war nach demselben Gewährsmanne bei den Rhodiern nichts zu merken. Eine wesentliche Wendung zum Bessern zeigt sich in ihrem Kampfe gegen den Schwulst und die Überladung bei ihren asianischen Gegnern (Cic. or. 25); in dieser Hinsicht wurden sie saniores et Atticorum similiores (Cic. Brut. 51; vgl. Quint. XII 10, 18: neque Attice pressi neque Asiane abundantes). Dass Cicero bei dieser Charakterisierung vorzüglich an seinen Lehrer Molon denkt, liegt auf der Hand, wird aber noch zum Überflusse durch ein ausdrückliches, unzweideutiges Zeugnis bestätigt. Nach Ciceros Geständnisse, Brut. 316, gab sich Molon alle erdenkliche Mühe, ihn von dem jugendlichen Schwulste einer allzu üppigen und ins Masslose sich ergehenden Rede, d. h. von der damals vorherrschenden Geschmacksrichtung des Asianismus zu befreien. Bedenkt man ferner, dass ein Caesar nie Rhodos eigens aufgesucht hätte, um sich die Geschmacklosigkeiten eines Asianers anzuhören, und dass die Abfassung eines rhetorischen Lehrbuches mit einem reinen Asianismus unverträglich ist, so wird zur Genüge erhellen, dass wir es bei Molon, wenn nicht mit einem ausgeprägten Atticismus, so doch jedenfalls mit einer stark atticisierenden Richtung zu thun haben. Die bei den Rhodiern jener Zeit nicht ungewöhnliche Vereinigung von Rhetorik und Grammatik in einer Person (Marx a. O.) lässt sich auch bei A. nachweisen. Er interpretierte, wie aus Porphyrios a. O. hervorgeht (vgl. Villoison Anecd. Gr. II 184, 2) den Homer. Der Vielseitigkeit des Mannes entspricht es, wenn er sich auch mit Geschichte befasste. Da auf Rhodos schon im 2. Jhdt. v. Chr. die Juden zahlreich verbreitet waren, so lag zur Abfassung einer polemischen Schrift über die Juden für A. hinreichende Veranlassung vor. Nach Alexandros Polyhistor war seine Schrift eine συσκευὴ κατὰ Ἰουδαίων, nach Jos. c. Ap. II 148 nicht lediglich polemisch, wie auch das Fragment bei Alex. Polyh. in Euseb. praep. ev. IX 19, 1–3 bestätigt, doch, wie dieselbe Josephusstelle zeigt, voll sehr heftiger Ausfälle gegen die Juden, wofür Josephus mit gleicher Münze vergilt, indem er dem A. groben Unverstand, Aufgeblasenheit und unsittlichen Lebenswandel vorwirft (II 145ff. 255ff., s. dagegen Plut. Caes. 3, wo A. als τὸν τρόπον ἐπιεικής gerühmt wird). Über das Geschichtswerk vgl. ausser Schürer 774 noch Müller FHG III 208. J. G. Müller Des Flav. Jos. Schrift geg. d. Apion, Basel 1877, 230. Susemihl 674.

Endlich erfahren wir, dass A. Molon ebenso wie A. ὁ μαλακός ein Feind der Philosophie gewesen ist. Aus seinem Werke κατὰ φιλοσόφων hat uns der Scholiast zu Arist. Nub. 144 ein Fragment aufbewahrt, aus dem man ersieht, dass A. den zu Gunsten des Sokrates in Trimeter gefassten Ausspruch der Pythia als Fälschung bezeichnet hat, weil die Orakelsprüche derselben nur hexametrisch wären (dagegen polemisiert der Scholiast). [144] Vielleicht stand in diesem Werke auch des A. feindliche Bemerkung gegen Platon (Diog. Laert. III 34). Litteratur: Blass Griech. Bereds. 88–95. Piderit Ausg. v. Cic. de or. u. Brut. Indices. Riese Rh. Mus. XXXIV 1879, 627–630. Schürer Gesch. d. jüd. Volkes II, Leipzig 1886, 772–775. Hillscher Jahrb. f. Philol. Suppl. XVIII 1892, 388f. Susemihl Gesch. d. griech. Litt. II besonders 489–494 u. Nachträge 697.
[Brzoska.]

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