ART

2) Gnosis. Inhaltsübersicht: 1. Name, Zeit, Heimat der Bewegung. – 2. Gnostische Literatur. – 3. Literatur der Gegner. – 4. Der vorchristliche Grundcharakter der Bewegung. – 5. Der Dualismus. – 6. Die Gestalt der Sieben; die Astrologie in der G. – 7. Der unbekannte Gott. – 8. Der Glaube an die Mutter. – 9. Die übrige Welt der Aeonen. – 10. Erlösergestalten. – 11. Die anthropologische und soteriologische Grundanschauung. – 12. Die Mysterien-Praxis. – 13. Die Askese. – 14. Verhältnis zum Judentum. – 15. Verhältnis zum Christentum. Der Anziehungspunkt für beide Religionen: die Soteriologie. – 16–17. Einfluß des Christentums auf die G. – 18–19. Einfluß der G. auf die Entwicklung des Christentums. – 20. Literatur.

1. Name, Zeit, Heimat der Bewegung.

Mit dem Namen G. pflegt man jetzt diejenige synkretistische Religionsbewegung zu bezeichnen, die sich (spätestens) mit der Wende des 1. und 2. Jhdts. an das Christentum herandrängte und mit diesem mannigfache Kompromisse und Mischbildungen einging. Ursprünglich scheint diese Bezeichnung übrigens nur einer bestimmten Richtung innerhalb der G. gehört zu haben (Iren. I 11, 1; vgl. 31, 3. Epiphanius Haer. 25, 2. 26, 1. 3. 37, 1. 40, 1. Hippolyt. Refut. V 11; s. Art. Gnostiker. Iren. I 25, 6: Selbstbezeichnung der Karpokratianer). Aber schon bei Irenaeus (noch nicht bei Iustin) wird der Terminus als Bezeichnung für die ganze Bewegung gebraucht (vgl. bereits I Tim. 6, 20).

Wenn Simon Magus, der in der Überlieferung allgemein als Archihäretiker gilt, wirklich ein Zeitgenosse der Apostel war, wie es die Apostelgesch. 8, 9ff. will, so kommen wir schon mit den erkennbaren Anfängen der G. ziemlich weit hinauf. Die wirklichen Wurzeln der gnostischen Bewegung reichen freilich sicher noch weiter zurück. Ihre Blütezeit fällt etwa in das zweite Drittel des 2. Jhdts., dem Zeitalter des Auftretens der großen gnostischen Schulhäupter namentlich in Rom (über die Zeit des Basilides, Karpokrates-Marcellina, Valentin, Cerdon, Marcion s. Harnack Chronol. d. altchristl. Literatur I 289–311). Noch zu des Neuplatonikers Plotin und seiner Schüler Zeiten ist die G. eine geistige Macht. Schriften wie die Pistis Sophia und die von C. Schmidt edierten koptisch gnostischen Schriften – wohl aus der zweiten Hälfte des 3. Jhdts. – zeigen uns endlich die Bewegung in völliger Entartung und Verwilderung.

Die Heimat der gnostischen Bewegung ist der Osten gewesen. Dositheus, Simon, Menander sind Samaritaner, Satornil lehrte in Antiochia; Marcion stammte aus Sinope im Pontus; aus Apamea in Syrien brachte Alkibiades das Elxaibuch nach Rom; der älteste Zweig der Gnostiker im engeren Sinn ist wahrscheinlich in Syrien zu Hause (s. Art. Gnostiker). Das Ostjordanland wie das babylonische Tiefland waren die Heimat der in viele Gruppen zersplitterten gnostischen Taufbewegung (die späteren Essener, Ebioniten, Elkesaiten, Sampsaeer, Mandaeer, Ssabier usw.). Die Quellen des pseudoclementinischen Schriftenkreises stammen sicher aus Syrien. Nach Osten [1504] weisen auch die mit der G. eng verwandten religiösen Bewegungen des Mandaeismus und des Manichaeismus. Zu nennen sind hier endlich die vom Christentum unberührten Oracula Chaldaica, die in ihrer Eigenart der G. verschwistert sind. Von Syrien scheint dann die Bewegung zunächst, nach Ägypten übergesprungen zu sein. Karpokrates soll Alexandriner gewesen sein (Clemens Stromat. III 2, 5); Basilides tritt in Alexandria auf; doch ist die Notiz, daß er praedicator apud Persas fuit (Acta Archelai c. 67) angesichts der vollständig dualistischen Haltung seines Systems nicht so schlechthin zu verwerfen. Valentin lehrte ebenfalls zunächst in Ägypten (Epiphan. Haer. 31, 2); Epiphanius hebt einen ägyptischen Zweig der Gnostiker (Haer. 26, 3 = Strationiker, Phibioniten) hervor, den er aus Autopsie kannte (Haer. 26, 17). Die Vorlage von Iren. I 29 (Barbelognostiker) ist in koptischer Sprache gefunden. In Ägypten hat die gnostische Literatur am längsten weitergewuchert (koptisch-gnostische Schriften). Hier blühte auf rein heidnischem Boden die verwandte hermetische Literatur (vgl. Corpus Hermet. Kap. 14, die Auseinandersetzung mit der G.).

Zuletzt schlugen die Wellen nach Rom hinüber: Valentin kam aus Ägypten, Cerdon aus Syrien, Marcion aus Sinope, Alkibiades mit dem Elxaibuch aus Apamea nach Rom. Die Sekte der Karpokratianer verpflanzte Marcellina dorthin, die pseudoclementinische Literatur erhielt ihre letzte Ausgestaltung in Rom. In diesem Stadium erst wurden die ältesten christlichen Ketzerbestreiter (Iustin, Hegesipp, Irenaeus) auf die Bewegung aufmerksam. So muß uns also vieles aus dem früheren Stadium der gnostischen Bewegung verloren gegangen sein.

2. Gnostische Literatur.

Die Literatur der G. ist uns zum allergrößten Teil verloren gegangen. (Nachrichten über die gnostische Literatur gesammelt bei Harnack Altchristl. Literat.-Gesch. I 143ff.; Chronologie d. altchristl. Lit. I 533ff.). An unbearbeiteten gnostischen Werken von einigem Wert sind uns eine Reihe koptisch-gnostischer Schriften erhalten: Die Pistis Sophia, die von ihrem Herausgeber (nicht mit Recht) sog. beiden Jeubücher, ein zweites anonymes koptisch gnostisches Werk (sämtlich übersetzt von C. Schmidt Griech. christl. Schriftsteller d. ersten drei Jahrhunderte: koptisch gnost. Schriften I. Bd.; Ausgaben: Pistis Sophia, Petermann Schwartze 1851; die übrigen Schriften C. Schmidt Texte u. Unters. Bd. VIII). Hinzukommen die noch unedierten (koptischen) Schriften Ev. Mariae, Apocryphum Johannis (Auszug bei Iren. I 29), Sophia Jesu Christi (Schmidt S.-Ber. Akad. Berl. 1896, 839ff.; Philotesia, Kleinert gewidmet 1907, 317–336). Außerdem bieten die ketzerbestreitenden Kirchenväter vielfach lange wörtlich überlieferte Fragmente oder getreue Auszüge aus den Schriften der Gnostiker (s. oben über Irenaeus I 29). Eines der allerwichtigsten Stücke dieser Art ist der Brief des Ptolemaeus an die Flora (Epiphan. Haer. 23, 3ff. Harnack S.-Ber. Akad. Berl. 1902, 507–545). Hinzukommen Fragmente aus den Schriften des Basilides und Valentin namentlich aus Clemens und Origenes (vgl. auch das ungemein wertvolle Fragment aus Barilides Ἐξηγητικῶν ιγ' [1505] Acta Archelai c. 67, ed. Beesοn, jetzt erst vollständig bekannt geworden), gesammelt (doch nicht vollständig) bei Hilgenfeld Ketzergesch. 207ff. 293ff. Hierher gehören ferner die Excerpta ex Theodoto (Valentinianer) des Clemens, die Fragmente aus dem Kommentar des Herakleon bei Origenes (Hilgenfeld 472ff.). Zu nennen sind ferner die durch Origenes (Celsus) erhaltenen liturgischen Stücke der Sekte der Ophianer; auch die durch Iren. I 13. 21 überlieferten liturgischen Fragmente der Markosier. Umfangreiche Quellenstücke enthält Hippolyts Refutatio (Hymnen der Naassener und ein Buch mit Spekulationen über den Urmenschen mit interessanter religionsgeschichtlicher Vergangenheit: Reitzenstein Poimandres 82ff., Hymnen der Peraten und längere Fragmente, Auszug aus der Paraphrasis Seth, aus dem Baruchbuch des Gnostikers Iustin, Fragmente aus der Megale Apophasis der Simonianer, dem Elxaibuch). Eine valentinianische Originalquelle überliefert Epiphan. Haer. 31, 5. Einige Hymnen des Bardesanes hat Ephraem erhalten (das Buch der Gesetze der Länder aus der Schule des Bardesanes enthält wenig Gnostisches; vgl. Merx Bardesanes 1863. Hilgenfeld Bardesanes 1864). Viel Gnostisches ist in den apokryphen Apostelgeschichten erhalten (vgl. Liechtenhan Offenbarung im Gnosticismus 46–49), namentlich in den Acta Thomae (in Betracht kommen vor allem die liturgischen Stücke, Perle des Bardesanes [?]). Heranzuziehen sind endlich auch die allerdings gründlich katholisierten pseudoclementinischen Homilien und Rekognitionen, als Zeugen eines von der G. berührten Judenchristentums. – Bei der Dürftigkeit der erhaltenen Fragmente wird man, um sich ein Bild gnostischer Denkart und Sprache zu machen, auch die mandäische Literatur heranziehen müssen, die allerdings in komplizierter schichtenweiser Überarbeitung erhalten ist, aber dafür noch das Bild einer heidnischen G. ohne nennenswerten christlichen Einschlag bietet (die ausgedehnte Literatur ist leider noch immer nicht durch Übersetzungen zugänglich gemacht; vgl. W. Brandt Mandäische Religion und Mandäische Schriften). Auch die manichäische Religion ist zum Vergleich heranzuziehen. Da wir hier bisher in derselben Lage waren, wesentlich auf Beweise der Kirchenväter angewiesen zu sein, so ist durch die jüngsten Entdeckungen der umfangreichen Originalfragmente in Turfan (Müller Handschriftl. Reste aus Turfan. Abh. Akad. Berl. 1904) eine wesentliche Förderung unserer Kenntnis der gesamten gnostischen Bewegung zu erwarten. Der G. verwandte Erscheinungen liegen endlich in der hermetischen Literatur (Corpus Hermeticum ed. Parthey 1854. Ménard Hermès Trismegiste2 1867. Reitzenstein Poimandres) und in den Oracula Chaldaica (Kroll Breslauer philolog. Abhandl. VII) vor.

3. Literatur der Gegner.

Im großen und ganzen bleiben wir für eine zusammenfassende Erkenntnis der Gnostiker auf die Berichte der Kirchenväter angewiesen. Verloren gegangen ist Iustins Syntagma gegen die Ketzereien (Apologie I 26), das älteste Werk seiner Art; ebenso die (um 180 entstandenen) Hypomnemata des Hegesipp, die Ausführungen über Häresien enthielten. Das älteste erhaltene [1506] Werk ist das des Irenaeus (ἐλέγχον καὶ ἀνατροπῆς τῆς ψευδωνύμου γνώσεως βιβλία πέντε um 180 n. Chr.). Vor allem kommt hier das erste Buch mit seiner zusammenhängenden Darstellung der Häresien in Betracht. Irenaeus eröffnet das Werk mit einer ausführlichen Darstellung der valentinianischen Schulen des Ptolemaeus (1–10) und des Markus (13–21). In dem darauf folgenden Abschnitt (I 22–28) hat er das Werk seines Vorgängers Iustin überarbeitet, es läßt sich leider nicht mehr erkennen, in welchem Umfang. Über I 29 ist bereits gehandelt. Gerne wüßten wir, wem Irenaeus die offenbar unter sich zusammenhängenden Abschn. 11–12 und 30–32 (vgl. 11, 1 mit 31, 3) ihrer Grundlage nach verdankt. Denn in dieser Quelle waren Valentin und seine ersten Schüler im Zusammenhang mit den ,Gnostikern‘ dargestellt. (Stammt die Darstellung von Iustin? Kannte Iustin die ,Gnostiker‘?). Nach Photius (Bibl. cod. 121) hat Hippolyt ein Syntagma gegen 32 Haeresien von Dositheus bis Noetus (also Anfang des 3. Jhdts.) geschrieben. Dieses Werk ist uns in den Bearbeitungen in Epiphanius Painarion (nach 374), Philastrius von Brescia adv. haereses und Ps.-Tertullianus liber adv. omnes haereses erhalten und zum großen Teil rekonstruierbar. Ein zweites Werk Hippolyts liegt wahrscheinlich in dem unter Origenes Namen (Philosophumena) erhaltenen κατὰ πασῶν αἱρέσεων ἔλεγχος vor. Wenn wir von der Einleitung des Werkes absehen, so hat Hippolyt hier eine neue und wahrscheinlich einheitliche Quelle mit dem ihm bisher zur Verfügung stehenden Stoff verarbeitet. Dieser Quelle gehören sicher an: Buch V (Naassener, Peraten, Sethianer, Iustin); VI 7–18 (Simons μεγάλη ἀπόφασις); VII 14–27 (Basilides); VIII 2. 8–11 (Doketen); VIII 3. 12–15 (Monoimos); vielleicht auch IX 4. 13–17 (Elkesaiten). Neuerdings (s. u. d. Liter. zu § 3) hat man gemeint, daß Hippolyt mit diesen ,Quellenstücken‘ der Mystifikation eines Fälschers zum Opfer gefallen sei. Die Vermutung wird sich kaum halten lassen, man müßte denn diesem Fälscher gnostischer Systeme eine unerhörte Phantasie zumuten. Das Richtige an der Vermutung wird sein, daß Hippolyt ein einheitliches Werk vorlag und daß dieses Werk letztlich von einem gnostischen Literaten stammte, der die Literatur verwandter gnostischer Sekten sammelte und die einzelnen Stücke nach einer bestimmten Richtung hin retouchiert hat (vgl. namentlich die fast überall in den Systemen durchgeführte Dreiteilung des Weltalls), so daß dadurch zum Teil die vielfachen Berührungen der Systeme untereinander entstanden. Ob Hippolyt das gnostische Werk unmittelbar oder in einer antihäretischen Überarbeitung las, muß dahingestellt bleiben. Was wir Clemens und Origenes in unserer Kenntnis der G. verdanken, ist bereits zur Sprache gebracht. Von Tertullians Schriften sind zu nennen de praescriptione haereticorum, vor allem die fünf Bücher adversus Marcionem; adversus Hermogenem (adversus Valentinianos ganz und gar von Irenaeus abhängig). Auch der Dialog des Adamantins (Anfang des 4. Jhdts., ed. Bakhuyzen Kirchenväterkommission) ist zu erwähnen. Epiphanias (Painarion) hat das Werk Hippolyts ausgeschrieben, daneben aus eigener Kenntnis der [1507] zeitgenössischen G. manches Wertvolle beigebracht. Bei den späteren (Theodoret usw.) ist wenig Selbständiges mehr zu holen. Aber zu nennen sind noch das Werk des Armeniers Eznik von Kolb ,Wider die Sekten‘ (übers. von J. M. Schmid, Wien 1900); Theodor bar Kuni, Scholienbuch B. XI Text u. Übers, bei H. Pognon Inscriptions Mandaïtes 1898–1899, 159ff., Schahrastâni, Religionsparteien und Philosophenschulen (übersetzt von Haarbrücker 1850). Vgl. R. A. Lipsius Die Quellen der ältesten Ketzergesch. 1875. Harnack Zur Quellenkritik der Gesch. des Gnosticismus und Gesch. d. altchr. Literat. I 171ff. II 1, 533ff. 712ff. Hilgenfeld Ketzergesch. 1–83. J. Kunze De historiae Gnostic. fontibus 1894; zu Hippolyts Refutatio G. Salmon The cross references in the philosophumena, Hermathena XI 1885 389ff. H. Stähelin Die gnostischen Quellen Hippolyts, Texte u. Unters. VI 3, 1890.

4. Der vorchristliche Grundcharakter der Bewegung.

Die G. ist, wenn man auf das Ganze sieht, nicht auf dem genuinen Boden des Christentums gewachsen. Sie ist älter als dieses und als bereits fertige Erscheinung an das Christentum herangetreten. Die Gestalten, die, soweit es für uns erkennbar, an ihrem Anfang stehen, Dositheus, Simon Magus, Menander hatten mit der christlichen Religion nichts zu tun. Die Ophiten des Celsus-Origenes standen in ausgesprochenem Gegensatz zu dem Christentum (Origenes VI 28, vgl. 26. 33). Noch die ,Archontiker‘ (Epiphanias Haer. 40, 2) verwarfen die christlichen Sakramente. Reitzenstein hat nachgewiesen, daß den Ausführungen Hippolyts über die Naassener eine ursprünglich heidnisch-gnostische Quelle zu Grunde lag. Erscheinungen wie die hermetische Literatur (vgl. namentlich den Poimandres mit seiner Spekulation über den Urmenschen) und die Oracula Chaldaica beweisen, daß die gnostischen Spekulationen und Frömmigkeit weit über das Gebiet der spezifisch christlichen Sekten hinaus verbreitet waren. Der Mandäismus ist viele Jahrhunderte hindurch eine rein heidnische G. geblieben. Die manichäische Religion ist nur hier und da von einem leichten christlichen Firnis bedeckt. Die großen Schulen der Gnostiker, welche die Kirchenväter wesentlich bekämpfen, stellen meist (von Marcion etwa abgesehen) mühsame Kompromisse der gnostischen Religion mit der christlichen dar. Diese Auffassung der G. läßt sich dadurch am leichtesten als richtig erweisen, daß der Versuch gemacht wird, die gnostische Religion in ihren Grundzügen zu begreifen, ohne auf das Christentum zu rekurrieren. Dann erst kommen die gegenseitigen Beziehungen zwischen G. und Christentum dargelegt werden.

5. Der Dualismus.

Charakteristisch für die Weltanschauung der G. und von grundlegender Bedeutung ist ihr Dualismus. Dieser beherrscht als Grundanschauung fast sämtliche gnostische Systeme, auch da, wo er in den gräzisierenden Berichten der Kirchenväter nicht mehr deutlich heraustritt. In erster Linie (auch für die Beurteilung der Überlieferung der Kirchenväter) ist hier das erste Fragment aus dem 13. Buch der Ἐξηγητικά des Basilides bedeutsam, das in den Acta Archelai erhalten ist (ed. Beeson c. 67 p. 96ff.). Nach diesem Fragment war Basilides entschiedener Dualist, setzte an den Anfang zwei sich schroff gegenüberstehende [1508] Prinzipien (Licht und Finsternis), ließ diese Welt durch einen Angriff der Finsternis gegen das Licht entstehen, bei dem Teile des Lichts von der Finsternis verschlungen wurden, und faßte demgemäß das Endziel als die Entmischung des widerrechtlich Vermischten (vgl. Hippolyt. Ref. VII 27 p. 378, 16): Unde nec perfectum bonum est in hoc mundo, et quod est, valde est exiguum. Die Fragmente seiner Lehre, die Clemens Alexandrinus erhalten hat, bestätigen auf das deutlichste den Dualismus des Basilides. Die beiden Systeme, welche Irenaeus und Hippolyt überliefert haben, sind sekundäre Bildungen, welche klar den Prozeß der allmählichen Umbildung vom Dualismus zum Monismus zeigen. Das wenige, was wir von Bardesanes und seiner Schule wissen, berechtigt uns, auch diesen als Vertreter eines schroffen, spezifisch orientalischen Dualismus aufzufassen (,er lehrte einen Leib ohne Auferstehung von dem Bösen‘, Ephraem Hymn. 53 p. 553 F, spricht von dem Teufel als ,Hefe des Prinzips der Finsternis‘, ebd. p. 504 C, verfaßte eine Schrift ,Das Licht und die Finsternis' nach dem Bericht En-Nedims, Flügel Mani 162). Es kann auch gar nicht verkannt werden, daß Marcions Lehre und Anschauungen, so eigentümlich und original sie sind und so sehr sie eine besondere Betrachtung verdienen, doch durchaus auf dem Untergrund einer sehr ernsthaft-dualistischen Weltanschauung ruhen. Wenn Ptolemaeus in seinem Brief an die Flora (Epiph. 33, 7) seine Meinung dahin zusammenfaßt, daß das Gesetz weder von dem vollkommenen Gott noch vom Teufel sei, so denkt er bei der letzteren Alternative kaum an jemand anders als an Marcion. Die spekulativ dualistische Grundlage der marcionitischen Anschauung tritt besonders deutlich in dessen Schule, gerade auch da, wo diese drei Prinzipien annimmt und den alttestamentlichen Gott in die Mitte zwischen Gut und Böse stellt, hervor (vgl. Bousset Hauptprobleme 109ff. 131ff.). Andererseits finden wir den ausgeprägten Dualismus nicht nur bei namhaften gnostischen Schulhäuptern, sondern auch bei den namenlosen, mehr volkstümlichen Systemen, wie sie in den gnostischen Sekten verbreitet waren. So hat uns Hippolyt (Ps.-Tertullian c. 5, Philastrius c. 33, Epiphanias Haer. 25, 5) eine Kosmogonie der ,Nicolaiten‘ (Gnostiker) von ausgeprägt dualistischem Charakter überliefert.

Auch ist es nicht richtig, wenn man, wie das oft geschieht, den (monistischen) Emanationsgedanken als charakteristisch für die G. hinstellt, d. h. den Versuch, aus der höchsten Welt der Güte und des Lichtes die ihr gegenüberstehende Welt der Schlechtigkeit und Finsternis durch die Annahme einer in unendlicher Stufenfolge sich fortsetzenden Abschwächung abzuleiten. Dieser Versuch, der in voller Konsequenz und Reinheit unter den für uns in Betracht kommenden Religionssystemen nur im Neuplatonismus durchgeführt ist, liegt hier nur in einigen wenigen an der Peripherie liegenden Erscheinungen, nämlich in den beiden von den Kirchenvätern überlieferten (unechten) Systemen des ,Basilides‘ vor. Im allgemeinen kommt die G. auch da, wo sie lange Äonenreihen produziert, nicht ohne die Annahme eines ,Falles‘ des letzten und untersten [1509] der Aeonen aus, welcher die materielle niedere Welt, in die jener Aeon hinabsinkt, bereits voraussetzt; ich erinnere an die Sophia (Prunikos, Spiritus sanctus usw.) der Barbelognostiker (Iren. I 29) und ,Gnostiker‘ (Iren. I 30), an die Helena des simonianischen Systems, an die Pistis Sophia in dem gleichnamigen koptisch-gnostischen Werk, endlich auch an die Gestalt des in die Materie versinkenden Urmenschen bei den Naassenern des Hippolyt und dem (heidnischen) Poimandres (s. u.). Am weitesten abgeschwächt erscheint dieser Gedanke vom Fall in den Systemen des Valentin und seiner Schüler. Denn einmal vollzieht sich hier der Fall der Sophia (Achamoth) innerhalb des Pleroma, d. h. die Sophia stürzt nicht in die Materie hinab, sondern sucht in Liebessehnsucht sich mit dem höchsten Aeon zu vereinigen. Und ferner wird der Versuch gemacht, die Materie aus den ,Leidenschaften‘ der gefallenen Sophia abzuleiten, ein Versuch, der in seiner phantastischen, mythologisierenden Art stark an spätägyptische Spekulationen (Dieterich Abraxas 25f.) erinnert. Aber auch in diesen Systemen scheint trotz aller Tendenz zum Monismus die ursprünglich dualistische Grundlage noch sehr deutlich hindurch. Auch da, wo die Weltschöpfung wie in den meisten Systemen auf die sieben (s. o.) weltschöpferischen Archonten zurückgeführt wird, gelten diese zwar meistens nicht als völlig satanisch, aber doch auch nicht als einfache Emanationen des höchsten Seins oder als rein mittlerische Mächte, sie stehen vielmehr mit ihrem schöpferischen Tun immer in einem gewissen Gegensatz gegen die höheren Aeonen; die Gnostiker schauen nicht etwa mit derjenigen Verehrung auf sie, wie sie die griechischen Gebildeten zum Teil gegenüber den niederen Manifestationen der Gottheit, den Heroen und Dämonen empfanden; sie halten sie zum mindesten für halbböse Wesen, denen gegenüber sie sich hoch erhaben dünken.

Daß endlich die der G. eng verwandten und mit ihr geschichtlich zusammenhängenden Religionen des Mandaeismus und des Manichaeismus ausgesprochen dualistischen Charakter zeigen, bedarf keiner Beweise und ist allgemein anerkannt. Auch die charakteristischen und ältesten Stücke der sog. hermetischen Literatur sind von ausgesprochen dualistischer Haltung (vgl. z. B. den Anfang des ,Poimandres‘, Reitzenstein Poimandres 68ff.). In diesem Dualismus hat die gnostische Religion wirklich ihre Besonderheit. Der gesamten griechischen und römischen Volksreligion ist er selbstverständlich fremd geblieben. Und so sehr auch die spätere Entwicklung der Religion der griechisch-römisch Gebildeten, die mit Platon anhebt, dann etwa mit Poseidonios von Apamea neu einsetzt, um sich schließlich im Neuplatonismus zu vollenden, zu einer resignierten pessimistischen, ja asketischen Anschauung neigte, zu einem eigentlichen entschlossenen Dualismus ist es hier doch nicht gekommen. Ausnahmen sind hier und da vorhanden; so kann man hier die Kreise der sog. Neupythagoreer nennen; bei Plutarch und Numenius von Apamea zeigt sich ein stark dualistischer Einschlag (zugleich auch jedesmal in interessanter Weise starke Spuren spezifisch orientalischen Einflusses, vgl. Plutarch [1510] de Iside et Osiride). Aber es ist mit Recht darauf hingewiesen (Schmidt Plotins Stellung z. Gnostiz. u. kirchl. Christent., Texte u. Unters. N. F. V 4 S. 76ff. 89), daß noch von Plotin und seinen Kreisen gerade an diesem Punkt der Widerspruch gegen die von ihnen bekämpften Gnostiker empfunden wurde. So sehr ihre Freude an dieser Welt und ihrer Herrlichkeit gedämpft und resigniert erscheint, so sehr empfanden sie doch den stärksten Widerwillen gegen die völlige Verwerfung und Satanisierung der sinnlichen Welt, wie sie hier geübt wurde. Scharfen Widerspruch erhebt Plotin gegen den Hochmut der Gnostiker, die meinen, sie seien allein gut und θεοῦ παῖδες, während er und seine Anhänger bemüht seien, das Gute und Göttliche in allen den unendlichen Abstufungen zu schauen und zu bewundern. Οὐ γὰρ τὸ συστεῖλαι εἰς ἓν, ἀλλὰ τὸ δεῖξαι πολὺ τὸ θεῖον, ὅσον ἔδειξεν αὐτός, τοῦτ' ἔστι δύναμιν θεοῦ εἰδότων (Ennead. II 9, 9. 207 E. Zeller Philos. d. Griechen4 III 2, 676). Auch wenn wir die orientalischen Religionen heranziehen, so finden wir hier kein absolutes Analogon für den schroffen Dualismus der G. Selbst die persische Religion, an die in der Tat das eben besprochene Fragment des Basilides, Systeme wie die des Mandäismus und Manichäismus auf Schritt und Tritt erinnern, bietet dieses Analogon nicht. Den gnostischen Dualismus, demzufolge diese körperliche, sinnliche Welt entweder als satanisch oder doch als Erzeugnis tief unter der höchsten Gottheit stehender halbböser, ,dämonischer‘ Mächte gilt, teilt auch die genuine persische Religion nicht. Für sie ist diese körperliche Welt zur Hälfte wenigstens die Schöpfung Ahuras und diese Sinnlichkeit das Kampfgebiet des bösen und des guten Geistes. Es scheint, als wenn die Grundanschauung der G. erst infolge einer Vermischung der genuin persischen Annahme zweier feindlicher, wider einander streitender Gottheiten (Prinzipien) und der griechischen Anschauung von der Überlegenheit der geistigen idealen gegenüber der sinnlichen materiellen Welt zustande gekommen ist. Erst durch das Zusammenfluten zweier pessimistischer Weltanschauungen entstand der gesteigerte, absolut trostlose Dualismus und Pessimismus der G.

6. Die Gestalt der Sieben; die Astrologie in der Gnosis.

Diese Weltanschauung der G. erhält ihre konkrete Ausbildung und bestimmte Färbung durch die Annahme von sieben in der Hierarchie der Geisterwelt zu unterst stehenden Geistern, die gewöhnlich (jedoch nicht immer) zugleich als die weltschöpferischen Potenzen gedacht werden. An ihrer Spitze steht ein Wesen, das meistens den Namen Jaldabaoth trägt und schon vielfach mit dem alttestamentlichen Schöpfergott identifiziert erscheint (daher erklärt sich auch die hier und da begegnende Veränderung des Namens Jaldabaoth in Sabaoth: Epiph. Haer. 25, 2. 26, 10, vgl. den Sabaoth Adamas im System der Pistis Sophia, Register in der Übersetzung von Schmidt s. v. Wo die andern Geister Namen tragen – oft werden sie nur einfach als Engel charakterisiert (vgl. die Engelnamen Origenes c. Celsum VI 30), einmal sind sie bereits zu abstrakten, hypostasenartigen Wesenheiten geworden (Iren. I 29, 4) – finden sich unter diesen Namen meist eine Reihe alttestamentlicher Gottesbezeichnungen [1511] (Adonai, Elohim, Jao, El-Schaddai). Daß wir hier in der Tat eine Grundlehre der G. haben, die fast in allen Systemen wiederkehrt, braucht nach den Darlegungen von Anz (Ursprung des Gnosticismus, Texte u. Unters. XV 4; vgl. Bousset Hauptprobleme 9ff.) nicht mehr bewiesen zu werden. Selbst da, wo (wie z. B. in den valentinianischen Systemen) die Sieben bereits verschwunden sind und Jaldabaoth zum ,Demiurg‘ gräzisiert ist, finden wir in dessen Charakterisierung als der Hebdomas und der Achamoth als der Ogdoas (Iren. I 5, 2f.) die letzte Spur der alten Lehre. Es kann auch daran gar kein Zweifel mehr sein, daß die sieben Geister ursprünglich die sieben Planetengötter waren. Das ist teilweise den Gnostikern selbst noch bekannt gewesen (Iren. I 30, 9 sanctam autem hebdomadam septem stellas, quas dicunt planetas esse volunt). Und in dem ,löwenköpfigen‘ Jaldabaoth, dessen Name freilich nicht mehr zu erklären ist, dürfen wir mit Sicherheit die mit einer Kronos-Moloch-Gestalt verschmolzene Planetengottheit des Saturn erkennen (Origenes c. Celsum VI 31 φασὶ δὲ τῷ λεοντοειδεὶ ἄρχοντι συμπαθεῖν ἄστρον τὸν Φαίνοντα", vgl. Hauptprobleme 351ff.). Die Gestalten der sieben Planetengötter aber entstammen der babylonischen Religion, die in späterer Zeit mehr und mehr sich in der Verehrung der sieben planetarischen Gestirne konzentriert haben muß (vgl. Diodor. II 30f.; die spätere Religion der mesopotamischen Ssabier, deren Quellen Chwolsohn [Ssabier Bd. 1–2] gesammelt hat, Bousset Hauptprobleme 21ff.). Das Siegel auf diese Vermutungen ist endlich die Tatsache, daß in den Spekulationen der Mandäer die Sieben noch jetzt mit ihren babylonischen Planetennamen begegnen (Hauptprobleme 28f.). – Ein Novum, das der Erklärung bedarf, ist dabei freilich hinzugekommen, nämlich die Degradation der babylonischen Götter zu dämonischen Gestalten oder zum mindesten halbbösen mittelschlächtigen Wesen. Man wird annehmen dürfen, daß diese Degradation dadurch zustande gekommen ist, daß über die spätere babylonische Religion eine mächtigere Religion gekommen ist, die ihre Götter auf die Stufe dämonischer Wesen herabdrückte. Das ist aber aller Wahrscheinlichkeit nach, da weder die jüdische Religion, gegen die die G. von Anfang an sich antagonistisch verhielt, noch die christliche Religion selbst, die jene gnostischen Lehren bereits vorfand, in Betracht kommen können, die persische Religion gewesen, zumal sich nachweisen läßt, daß die persische Religion mit dem Zeitalter Alexanders des Großen im babylonischen Tiefland die Rolle der herrschenden Religion hatte (F. Cumοnt Textes et monuments rel. aux mystères de Mithra I p. 8–10. 14. 223ff. 233. Bousset Rel. d. Judentums2 548f.). Bestätigt wird diese Vermutung auch durch den Umstand, daß in den späteren persischen Religionsschriften des Sassanidenzeitalters (den Pehlewischriften) die Planeten ebenfalls als böse Geister galten, als Dämonen, die bei dem Ansturm Ahrimans gegen die Himmelswelt gefangen genommen und an den Himmel versetzt wurden (Bundehesh 3, 25. 5, 1 u. ö.: Hauptprobleme 41f.). Diese schroffere Auffassung der Planeten als rein dämonischer Gestalten, die noch deutlicher den ursprünglichen Antagonismus [1512] zweier aufeinander prallender Religionen widerspiegelt, findet sich übrigens noch in schärfster Ausprägung im mandäischen System und in den Mythen von den gefangenen Archonten, denen wir in der Lehre des Manichäismus und in der Pistis Sophia c. 139ff. (Schmidt S. 236ff.; vgl. auch die späteren jüdischen Spekulationen über die gefangenen Engel im äthiopischen und slawischen Henochbuch, endlich die Anspielung Kol. 2, 15. Hauptprobleme 46ff.) begegnen. Rein dämonische Gestalten sind auch die Engel im simonianischen System, welche die Helena in Gefangenschaft halten (Iren. I 23, 2). In der christlichen G. ist diese Anschauung bereits etwas erweicht; die ,Sieben‘ gelten nicht schlechthin als böse Dämonen, sondern nur als halbböse Wesen, denen die Schöpfung dieser allerdings vorwiegend bösen, körperlichen Welt anvertraut ist und unter denen sich in der Regel noch die rein höllischen Mächte befinden. Und allmählich steigt der oberste der Sieben (Jaldabaoth) wieder fast zum Rang des platonischen Demiurgen auf.

7. Der unbekannte Gott.

Über den Sieben steht in den alten und einfachen Systemen die Gestalt des einen, unbekannten und ungenannten Gottes. Nach dem Vorhergehenden sollte man vermuten, daß wir als das Prototyp dieser Gestalt etwa den höchsten persischen Himmelsgott Ahura anzunehmen hätten. Aber allerdings weist kaum eine Spur in der Figur des höchsten Gottes der G. noch mit Deutlichkeit auf den persischen Lichtgott. Es läßt sich auch nicht verkennen, daß dem gnostischen Urwesen überhaupt keine konkrete, national bestimmte Gottesgestalt zugrunde gelegen haben wird. Was hier vorliegt ist bereits halbphilosophische Geheimlehre. So werden wir als Parallele und zur Erklärung etwa die abstrakte persische Vorstellung von Zervan akerena (der unendlichen Zeit) als dem gemeinsamen Ursprung Ahura-Mazdas und Angra-Marnyus heranziehen dürfen, zumal diese persische Spekulation alt ist und bereits dem Schüler des Aristoteles Eudemus bekannt war (Damascius ed. Kopp p. 384). Und in der Tat läßt sich nachweisen, daß der manichäische πατὴρ τοῦ μεγέθους kein anderer war als Zervan (Hauptprobleme 236). Andererseits wird sich nicht leugnen lassen, daß jene gnostische Vorstellung vom höchsten Wesen mehrfache Wurzeln gehabt haben mag. Es ist neuerdings darauf hingewiesen, daß namentlich innerhalb des vielfach zerrissenen und zerklüfteten Religionswesen Syriens die Idee eines höchsten Himmelsgottes entstehen konnte, der, mit keinem der bestimmten Kultgötter identisch, allen den einzelnen in den verschiedenen Kultzentren nebeneinander stehenden Göttern als der Höchste, Unbekannte, gegenübertrat (F. Cumont Iupiter summus exsuperantissimus, Arch. f. Religionsgesch. IX 1906. 323–336; Religions orientales 153ff.). Es mag also alles zusammengewirkt haben: die Gestalt des höchsten Himmelsgottes Ahura Mazda und die persischen Spekulationen von Zervan, syrischer Synkretismus, griechische philosophische Gedanken, um jene gnostische Grundidee zu schaffen. Interessant, aber allerdings durch keine weiteren Parallelen kontrollierbar ist in diesem Zusammenhang das Zeugnis des Lactantius Placidus ad Statii Theb. 516 (p. 228 Jahnke): Infiniti (?) autem [1513] philosophorum magorum Persae (Persiae ?) etiam confirmant revera esse praeter hos deos cognitos, qui coluntur in templis, alium principem et maxime dominum, ceterorum numinum ordinatorem, de cuius genere sint soli Sol et Luna, ceteri vero, qui circumferi (περιφερεῖς, Hs. circumferri) a sphaera nominantur, eius clarescunt spiritu. Bemerkenswert ist es auch, daß bereits Statius an der von Lactantius kommentierten Stelle von dieser mysteriösen höchsten Gottheit redet: et triplicis mundi summum, quem scire nefastum.

8. Der Glaube an die Mutter.

Eine wesentlich konkretere Gestalt ist die der neben dem unbekannten Vater stehenden Μήτηρ. Sie tritt uns in den verschiedensten Gestalten und Verkleidungen entgegen. Sie steht als höchste Himmelsgöttin Barbelos (vielleicht verstümmelt aus Παρθένος, s. Art. Gnostiker § 2) unmittelbar neben dem unbekannten und ungenannten Gott. Sie ist aber andrerseits die Mutter der Sieben, nimmt an ihrer Degradation teil und wird zu einem mittlerischen, halb bösen, halb guten Wesen; sie ist im mandäischen System als Namrus (später Ruhâ d’ Qudšâ) (man vergleiche die Namrael, Nebrod im manichäischen System) geradezu eine Oberteufelin geworden. Als Helena in der simonianischen Lehre ist sie die von den weltschöpferischen Engeln gefangen gehaltene Ennoia des höchsten Gottes. In ihrer Verbindung mit den Sieben erscheint sie vielfach als die aus dem Pleroma gefallene Göttin, die durch ihren Fall die Weltentwicklung herbeiführt, als Prunikos (Erklärung des Namens Epiphanius Haer. 25, 4), Sophia Achamoth, Spiritus Sanctus, Pistis Sophia (diese letzteren Namen charakterisieren den allmählich in die G. eindringenden jüdisch-alttestamentlichen Einschlag, ebenso wie die oben erwähnten alttestamentlichen Archontennamen) als ein aus der Lichtwelt gefallener Aeon, der aber auch wieder die Erlösung und die Rückkehr zur oberen Welt darstellt. In den Systemen, in denen die Μήτηρ als die gefallene Göttin erscheint, verdoppelt sich dann gewöhnlich die Gestalt und tritt neben und über den gefallenen Aeon die höhere himmlische Gestalt der nicht gefallenen Muttergöttin. Und in den komplizierteren Systemen kommt schließlich eine Verdreifachung und Vervielfachung dieser Figur vor (Iren. I 29). Verwandte Gestalten sind endlich die Lichtjungfrau (s. Register der Übers. von C. Schmidt s. v.) in der Pistis Sophia, die Lichtjungfrau und der dritte Gesandte im manichäischen System. Einen wie festen und hervorragenden Platz diese Gestalt der Μήτηρ in den gnostischen Systemen einnimmt, tritt am klarsten aus dem, was wir über ihren Kultus wissen, heraus. In fast allen sakramentalen Handlungen der Gnostiker, in die uns die Überlieferung noch einen genaueren Einblick gestattet, spielt die Figur der Muttergöttin eine hervorragende Rolle. Die sakramentalen Gebete in der Pistis Sophia (c. 142) und den sogenannten (koptisch-gnostischen) Jeubüchern (II 45–47) sind zumeist und in erster Linie an die Lichtjungfrau gerichtet. In den Sakramentsgebeten der Markosier (vgl. Iren. I 13, 6. 21, 5) wird vor allem die Μήτηρ angerufen. Die im Aramäischen überlieferte Taufformel dieser Sekte begann ,im Namen der Achamoth‘ (Hoffmann [1514] Ztschr. f. neut. Wissensch. IV 298). Die beim Aufstieg der Seele von den Anhängern der ,Ophiten‘ zu sprechenden Formeln lauten ,πάρες με παρθένου πνεύματι κεκαθαρμένον‘ ,πάρες με τῆς σῆς ἀητρὸς φέροντά σοι σύμβολον‘ (Origenes c. Celsum VI 31). In den gnostischen Sakramentsgebeten der Acta Thomae wird überall die Gestalt der Mutter gefeiert (c. 50. 27. 39. 133). Im sechsten Kapitel dieser Acta hat sich ein ganzer Hymnus auf die jungfräuliche Himmelskönigin erhalten. Im Dienste der Muttergöttin stehen endlich die unzüchtigen Kulthandlungen bei einer Reihe gnostischer Sekten, von denen uns Epiphanius (Haer. 21, 4. 25, 2. 26, 4f.; vgl. Iren. I 31, 1f.) zu berichten weiß.

Schon der Überblick macht es uns ganz deutlich, daß das Prototyp für die Gestalt der gnostischen Μήτηρ die große vorderasiatische Muttergöttin ist (ich erinnere an die Atargatis von Hierapolis [‌Dea Syria], die verschiedenen Astarten, die syrische Aphrodite, auch an die babylonische Ištar und die persische Anaitis), die hier in verschiedener lokaler Ausprägung überall erscheint und vor allem der syrisch-phönizischen Religion ihr Gepräge gegeben hat. Schon daß die gnostische Μήτηρ vielfach als Mutter der sieben Planetengötter erscheint, läßt darauf schließen, daß sie die hohe Himmelskönigin darstellt. Und wenn die vorderasiatische Göttin bald als die wilde Göttin der wollüstigen Liebe und des üppigen Naturlebens erscheint, bald als die reine Himmelskönigin, als die jungfräuliche Göttin, so ist auch der gnostische Aeon bald die hohe ernste Jungfrau (Παρθενικὸν Πνεύμα = Παρθένος Barbelos), bald die unreine und gefallene Μήτηρ (Προύνικος), in deren Dienst die obszönen sakramentalen Handlungen gestellt werden. An einer gnostischen Figur läßt sich noch am deutlichsten die Aufnahme und Verarbeitung einer konkreten Göttergestalt in der Spekulation der G. nachweisen: an der Helena der simonianischen Sekte. Schon der Name der Helena deutet darauf, daß hier ursprünglich die Gestalt einer Mondgöttin vorliegt (vgl. Roscher Lexikon d. Mythol. s. v. I 2, 1971). Der Mythus vom Verschwinden, dem Geraubtwerden der Mondgöttin entspricht der Erzählung von dem Herabsinken der Helena und ihrer Gefangenhaltung durch die Dämonen. Die pseudoclementinischen Rekognitionen kennen noch diesen ursprünglichen Charakter der Helena und nennen sie einfach Luna (II 9. 12). Der laszive Charakter der Helena im simonianischen System deutet auf die Verbindung der Helena-Selene mit einer syrischen Aphrodite. Wenn Simon die Helena in einem Bordell in Tyrus findet, so erinnert das an die Sage, daß die Göttin Isis (ebenfalls vielfach mit der syrischen Aphrodite amalgamiert, Hauptprobleme 81f.) sich zehn Jahre in Tyrus der Prostitution hingegeben habe, Epiphan. Ἀγκυρωτός c. 104. Ja es wird uns sogar überliefert, daß die Simonianer Statuen des Simon-Zeus und der Helena-Athena (?) gehabt hätten. Deutlicher kann der konkrete Polytheismus nicht heraustreten. Die Gleichung Helena-Selene berechtigt aber weiter zu der Annahme, daß überhaupt die Gestalt der in die Materie versinkenden Prunikos (Sophia Achamoth) usw. die verschwindende Mondgöttin als Prototyp hatte (vgl. Eustathius [1515] zu Homer IV 121 p. 1488, 21 ὡς ἐκ τοῦ κατὰ Σελήνην κόσμου πεσοῦοαν καὶ αὖθις δὲ ἄνω ἁρπαγῆναι αὐτὴν (sc. die Helena) ἐμυθεύσαντο, ἐπειδὰν δι' ἐκείνης καὶ Διὸς βουλαὶ ἠνύσθησαν). Zu bemerken ist endlich noch, daß zu der hervorragenden Stellung der Μήτηρ in den gnostischen Systemen eine Parallele vorliegt in der Rolle, welche die Hekate in den sog. Oracula Chaldaica und in der späteren Ausgestaltung der orphischen Mysterien einnimmt (Kroll De oraculis chaldaicis 27f.).

9. Die übrige Welt der Aeonen.

Zu diesen Gestalten des unbekannten Vaters und der Mutter tritt dann in den verschiedenen gnostischen Systemen die reiche Figurenwelt des gnostischen ,Pleroma‘ allmählich hinzu. Hier lassen sich kaum noch gemeinsame Grundlinien ziehen. Doch kehrt hier eine bemerkenswerte Gestalt in einer ganzen Reihe von Systemen wieder und kann deshalb zum wurzelhaften Bestand der Spekulation der G. gerechnet werden. Das ist die Figur des Anthropos. So standen im System der Barbelo-G. ursprünglich an der Spitze der unbekannte Vater, die Barbelo und der Anthropos. Erst in der Überlieferung ist an die Stelle des Anthropos der Christos getreten (Beweis: der Name des unbekannten Vaters Πρωτάνθρωπος; vgl. auch das nachmalige Wiederkehren der Trias Autogenes, Aletheia, Adamas (Anthropos) im weiteren Verlauf des verwickelten Systems, Iren. I 29, 3). Dasselbe gilt vom System der ,Gnostiker‘, Iren. I 30. Der Kern der valentinianischen Ogdoas ist die Trias: Πατήρ, Ἀλήθεια, Ἄνθρωπος (Bythos und Sige sind wohl vorgeschoben, Logos und Zoe vielleicht unter johanneischem Einfluß in das System hineingeraten; Hauptprobleme 163). Dieselbe Trias ,Vater, Mutter, Urmensch‘ steht an der Spitze der manichäischen Theogonie. Die Gestalt dieses ,Urmenschen‘ ist allerdings in den uns überlieferten gnostischen Traditionen durch die verwandte Gestalt der in die Materie versinkenden Prunikos-Sophia verdrängt und vollständig schemenhaft geworden, fast nur der Name hat sich gehalten. Eine Ausnahme macht nur die uns in Hippolyts Philosophumena überlieferte, aus heidnischer G. stammende Lehre der ,Naassener‘. Nur aus ihr können wir entnehmen, welch eine Rolle diese Figur vielfach in der gnostischen Phantasie gespielt hat. Dafür begegnet uns diese in reinerer und deutlicherer Ausprägung noch auf dem Boden der rein heidnischen G., im Poimandres des hermetischen Corpus und in der wirren und phantastischen Literatur, die mit dem Namen Bithys, Zosimus, Iamblichos umschrieben werden kann (Reitzenstein Poimandres 102ff.), nicht zum wenigsten auch im manichäischen System. (Auf die besondere Ausgestaltung dieser Spekulation im pseudoclementinischen Schriftenkreis und in späteren jüdischen Spekulationen mag nur im Vorübergehen hingewiesen werden, Hauptprobleme 171ff. 194ff.; über Herkunft und ursprüngliche Bedeutung der Lehre vom Urmenschen: Hauptprobleme 215ff.

So tritt, bald mit geringerer, bald größerer Deutlichkeit an die Spitze der gnostischen Systeme eine Trias: Vater, Mutter und Sohn. Auch hier zeigen sich die Spuren ursprünglichen konkreten Polytheismus in der Welt der gnostischen [1516] Spekulationen (vgl. hier Usener Rh. Mus. N. F. 58). Sowohl in Ägypten wie in Babylon liebte man es, die Götter in Triaden (von Vater, Mutter, Sohn) anzuordnen. Näher noch lagen die Parallelen auf syrischem Religionsgebiet (eine Dreiheit von Göttern in Hierapolis-Mabug [Lucian] de dea Syria 33, wahrscheinlich auch in Heliopolis-Baalbek und in Edessa, Cumont Textes et Monuments I 207, 3). Auch eine Trias späterer persischer Spekulation läßt sich nachweisen (Ormuzd, Spendarmad, Gayomard = Urmensch, Hauptprobleme 336). Aus der gnostischen Trias wurde dann leicht, indem auch der Sohn eine weibliche Syzygos erhielt, eine Tetras. Und nun konnte das Spiel endlos weiter gehen bis zu den ausgebildeten Systemen der Barbelo-G., der Valentinianer, der Pistis Sophia usw. (die einzelnen Systeme s. v.). In einigen, aber wenigen Systemen wurde dabei die Anordnung der langen Aeonenreihe in Syzygien ein beliebtes Mittel, Ordnung in die bunte Welt zu bringen. Man mag sich dabei daran erinnern, daß die bekannte babylonische Kosmogonie bereits mit derartigen Syzygien begann. Auch in ägyptischen Spekulationen werden die Götter paarweise und nach dem Geschlecht geordnet (ähnlich aber doch anders die Ordnung im Sanchuniathon des Philon von Byblos). Andere gnostische Systeme bevorzugen, andere Ordnungen. Gemeinsame Grundlinien lassen sich hier kaum mehr ziehen.

Die Vorstellung, daß man in der Welt und unter der Herrschaft der Sieben lebe, verband sich ferner mit der Gedankenwelt des astrologischen Fatalismus. Der Gedanke an das unabwendbare Schicksal, die Εἰμαρμένη, als deren Repräsentanten die Sieben gelten konnten, legte sich mit furchtbarem Druck auf das Bewußtsein (vgl. etwa hierzu Excerpta ex Theodoto 69ff., Hippolyts Ausführungen über die Peraten, Pistis Sophia c. 111, 131–133 usw.). So entstand die leidenschaftliche Sehnsucht, frei zu werden von der Herrschaft der Sieben, von der Welt der Heimarmene (vgl. Reitzenstein Poimandres 68ff.).

10. Erlösergestalten.

Infolge ihres Dualismus ist die gnostische Weltanschauung in ganz besonderem Maße auf den Erlösungsgedanken angelegt. Demgemäß nehmen Erlösungsmythen, Erlösergestalten ganz und gar das Zentrum in der gnostischen Spekulation ein. Eine solche Erlösergestalt ist vor allem die des Urmenschen. Welche Bewandnis es auch mit dem Ursprung und der Herkunft dieser in der Religionsgeschichte so ungeheuer weit verbreiteten Figur haben mag, ihr Sinn und ihre Bedeutung in der gnostischen Spekulation ist klar. Aus der Lehre der Naassener wie aus dem Poimandresmythus im Corpus Hermeticum und aus dem Urmenschenmythus des Manichäismus geht das ganz deutlich hervor. Der Urmensch ist ein himmlischer Aeon, der in der Urzeit in die Materie hinabsank, hinabgelockt wurde bezw. durch feindliche Mächte besiegt und festgehalten wurde. Mit seinem Fall oder seiner Besiegung begann die Schöpfung, die widernatürliche Vermischung disparater Welten. Aber vom Urmenschen heißt es dann auch, daß er den Weg in die oberen himmlischen Welten gefunden hat oder befreit ist. So wird die Geschichte des Urmenschen zu einem wirksamen Symbol für das [1517] Geschick aller der zur höheren Welt Berufenen, die jetzt hier unten in Finsternis und Verderben schmachten. Nebenbei sei bemerkt, daß der Mythus vom Urmenschen auch in die Attismysterien übergegangen ist. Die Liebe des Attis zur Nymphe wird auf das Versinken des Urmenschen in die Materie, seine durch die Göttin gewirkte Verschneidung auf dessen Befreiung aus der Sinnenwelt gedeutet (Reitzenstein 82f. Hauptprobleme 184ff).

Eine Parallelfigur ist die der in die Materie versinkenden Sophia. Nur haben wir es hier nicht mit der einen Gestalt der versinkenden Göttin zu tun, sondern mit einem Erlöserpaar oder dem Mythus von der Befreiung der versunkenen Göttin durch den Erlösergott. Was nämlich die Berichte der Kirchenväter von der Befreiung der Sophia (Prunikos) durch den Christus oder (bei den Gnostikern) von der Erlösung der Achamoth durch den Soter (bei den Valentinianern, vgl. den Erlösungsmythus der Pistis Sophia) berichten, das hat mit der Erlösergestalt des historischen Jesus und der durch ihn vollzogenen Befreiung ursprünglich wenig oder gar nichts gemeinsam. Ursprünglich lag hier ein konkreter Mythus, der von der Befreiung einer verschwundenen oder geraubten Göttin durch den Erlösergott und ihrer darauf erfolgenden Hochzeit handelte, vor. So heißt es in der Überlieferung bei Hippolyt (Refut. VI 34), daß der valentinianische Soter mit der Sophia (Achamoth) siebzig Söhne (Himmelsgötter) zeugte! (Vgl. Genaueres Hauptprobleme 260ff.; ein schwacher Nachklang dieses Mythus im Brief an die Epheser 5, 25–32). Dieser Mythus ist dann in der G. spekulativ und mystisch-praktisch umgestaltet, man fand auch in ihm (Genaueres unten) das wirksame Symbol für die selige Hoffnung der Gnostiker. Ein derartiges Erlöserpaar bilden übrigens auch Simon und Helena; und da wir als Prototyp der Helena die Gestalt der verschwindenden (geraubten) Mondgöttin erblicken durften, so werden wir auch in dem Gottbefreier einen bestimmten Gott (Sonnenheros?) vermuten dürfen. Man hat vermutet, daß es etwa in Tyrus eine Sage gegeben habe, nach welcher Melkart auszieht, die verlorengegangene Astarte wiederzusuchen (Duncker Geschichte d. Altertums5 I 330, in Anlehnung an Movers Kombinationen). Doch ist ein solcher Melkartmythus nicht nachweisbar. Vor allem wird hier die Kadmos-Europa-Harmonia-Legende herangezogen werden müssen. (Kadmos [vielleicht in Zusammenhang zu bringen mit קדם‎, Adam Kadmonai, Urmensch] sucht die verlorene Schwester Europa, heiratet die Harmonia; die verloren gegangene und wiederaufgefundene Göttin ist hier in zwei Figuren, Schwester und Braut, gespalten). Sidon scheint der Hauptsitz dieses Mythus gewesen zu sein, vgl. [Lucian] de dea Syria 4. Athen. XIV 77 p. 658; besonders wichtig für die postulierten Zusammenhänge Lucian. a. a. O. Hier wird ein Heiligtum der Astarte in Sidon erwähnt, Ἀστάρτην δ' ἐγὼ δοκέω Σεληναίην ἔμμεναι· ὡς δὲ μοί τις τῶν ἱρέων ἀπηγέετο, Εὐρώπης ἐστὶ τῆς Κάδμου ἀδελφεῆς ... ἐπειδή τε ἀφανὴς ἐγεγόνεεν, οἱ Φοίνικες τῷ νηῷ ἐτιμήσαντο καὶ λόγον ἱερὸν ἐπ' αὐτῇ ἔλεξαν. Aber auch in Tyrus ist der Mythus zu lokalisieren. Hier zeigte man noch [1518] spät das Haus des Agenor und das Brautgemach des Kadmos (Nonn. Dionys. XL 346ff.) und feierte das Fest der Entführung der Europa (der Abend des Tages hieß κακὴ ὀψινή. Malal. Chron. p. 31). Das ist das Milieu, aus dem die Erzählungen von Simon-Helena, vom Soter und der Achamoth erwachsen sind.

Noch ein dritter Typus eines Erlösungsmythus begegnet im Gebiet der G.: Der Erlöser ist eine himmlische Gestalt, die vom Himmel auszieht, die bösen Mächte der Tiefe und der Finsternis zu bekämpfen. Unerkannt und mit mächtigen Zaubermitteln ausgerüstet steigt er durch die verschiedenen Welten der Finsternis hinab, er kämpft mit den Mächten der Finsternis und entreißt ihnen das Geheimnis ihrer Macht, oder wird von dem Ungeheuer der Tiefe verschlungen und tötet es von innen heraus. (Motiv des babylonischen Marduk Tiâmatmythus). Am deutlichsten tritt diese Gestalt hervor in dem Mândâ d’Hajè bezw. dem Hibil-Ziwâ der mandäischen Spekulation (6. und 8. Traktat des Genzâr.). Auch der Urmensch im manichäischen System trägt die Züge dieser Gestalt, nur daß er hier nicht der siegende, sondern der besiegte Heros ist. Spuren dieses Mythus aber finden wir auch bei den im engeren Sinne gnostischen Erlösergestalten. Das unerkannte Hinabfahren durch die Welten der Dämonen mit Hilfe der mächtigen Zauberformeln, der Kampf mit den dämonischen Mächten hat sich hier vielfach gehalten (Hauptprobleme 239f.). Vor allem gehört die Erlösergestalt in der ,Perle‘ der Acta Thomae – als solche hat man sie neuerdings richtig erkannt (Preuschen Zwei gnostische Hymnen 1904, 45ff.) – die ausgesandt wird, die Perle dem Drachen zu rauben, in diesen Zusammenhang. Und dieser Mythus ist es, der deutlich und erkennbar in den christlichen Ausmalungen der Hadesfahrt Christi weiterwirkt (Hauptprobleme 257ff.). Wir werden vielleicht nicht fehlgehen, wenn wir alle diese Erzählungen und Spekulationen auf den Mythus von dem täglich in die Dunkelheit hinabsinkenden und nach dem Kampf mit den Dämonen der Finsternis siegreich emportauchenden Sonnengott beziehen.

11. Die anthropologische und soteriologische Grundanschauung.

Diese Erlösungsmythen hängen auf das engste mit der anthropologischen und soteriologischen Grundanschauung der G. zusammen, mit denen man zum eigentlichen Kern der gnostischen Religion gelangt. Für die ganze Bewegung charakteristisch ist hier zunächst die Trennung der Menschengeschlechter in zwei prinzipiell geschiedene Klassen, deren eine den höheren Lichtfunken in sich trägt, deren andere ganz dieser niederen sinnlichen Welt angehört. Diese Überzeugung teilt eigentlich die G. mit allen ausgebildeten Mysterienreligionen (Trennung der Menschen in Eingeweihte und Nichteingeweihte). Sie ruht auch bei ihr, wie in den Mysterienreligionen, wesentlich auf der Grundlage ausgebildeter sakramentaler Frömmigkeit (s. u.), bekommt aber dann in dem Dualismus der G. eine fundamentale Begründung und eine besonders scharfe prinzipielle Ausprägung. Besonders schroff wird diese Anschauung von Satornil ausgesprochen (Iren. I 24, 2 duo enim genera ... plasmata esse ab angelis dixit); auch in der heidnischen G. des Corpus Hermeticum (vgl. z. B. im Corpus Hermeticum [1519] 10, 19 [κλείς] die Ausführung über die prinzipiell verschiedenen Seelen, ψυχὴ εὐσεβής und ἀσεβής; besonders aber die lehrreichen Ausführungen im κρατήρ [4] darüber, daß nicht alle Menschen den νοῦς besitzen und dieser nur durch das Mysterium des βαπτισμός erworben wird). Dieser Hochmut der Gnostiker, mit dem sie sich als παῖδες θεοῦ über alles, auch über Dämonen und Götter erhoben dünken, tadelt Plotin (a. a. O. § 5). Es ist eine spät eintretende Vermittelungstheologie, wenn die valentinianische Schule (vgl. z. B. Excerpta ex Theodoto 56) zugunsten eines erträglichen Verhältnisses mit der organisierten Kirche die Dreiteilung in Pneumatiker, Psychiker, Hyliker einführte und so den Gläubigen der Kirche eine gewisse Mittelstellung und die wenigstens teilweise Erreichbarkeit des Seligkeitszieles zugestand. (Außerhalb der valentinianischen Schule findet sich diese Dreiteilung nur in späteren Weiterbildungen gnostischer Systeme: bei den Naassenern Hippolyt. Refut. V 6; bei Iustin. ebd. V 27 p. 230, 81ff.). Und wie das Menschengeschlecht in (ursprünglich) zwei streng getrennte Klassen zerfällt, so birgt auch der fromme Gnostiker zwei verschiedene Wesenheiten in sich, eine höhere, aus der Welt des Lichts und des unbekannten Vaters stammende, und eine niedere, dieser schlechten körperlichen Welt der Finsternis angehörige, aus der jene höhere Wesenheit sich nur mühsam befreien kann. Wie aber ist es überhaupt zu dieser Zwiespältigkeit im Wesen der Menschen gekommen? Wie ist ursprünglich jene höhere Wesenheit, der Lichtfunke (Σπινθήρ), in den irdischen Menschen hineingekommen? Darauf antwortete ein weitverbreiteter Mythus von der Schöpfung des Menschen, in welchen sich spezifisch gnostische Phantasien mit platonischen (Timaiosmythus) und alttestamentlichen (Genesis 1–2) Einflüssen verbanden. Der Leib des Menschen ist danach aus der Materie von den weltschöpferischen Mächten (den Sieben) gebildet. Und in den hilflos am Boden liegenden Leib ist dann aus der oberen Welt der göttliche Funke hineingekommen. Die schöpferischen Engel wußten nicht, wie das geschehen sei, oder: der Demiurg hat, von der Sophia veranlaßt, das höhere himmlische Pneuma dem Menschen eingeblasen, ohne zu wissen, was er tat; jedenfalls hat so der Mensch von Anfang an ein höheres Wesen in sich, als seine leiblichen Schöpfer. Dieser Mythus begegnet uns überall in mannigfachen Variationen bei den verschiedenen Sekten wieder, selbst noch bei den Mandaern (Iren. I 24, 1 [Satornil]. 30, 6 [Gnostiker]. Clem. strom. II 8. 36 [Valentin]. Iren. I 5, 6; vgl. Excerpta ex Theodoto 1. 2. 50ff. [Valentinianer]. Hippolyt. Refut. V 7 [chaldäischer Mythus; vgl. die Zosimus-Parallele Reitzenstein Poimandres 104]. Brandt Mandäische Schriften 190). Auch der Manichäismus zeigt einen Einschlag dieser Gedanken in dem Gewebe seines phantastisch-barbarischen Schöpfungsmythus (Hauptprobleme 47f.). Bei den Valentinianern sind die Gnostiker der Same, den die Sophia empfing, als sie den Soter oder dessen Engel schaute (Iren. I 4, 5. 5, 1. 6. Excerpta ex Theod. 26 [τὸ διαφέρον σπέρμα]. 53 u. ö.). Durch Vermittlung des Demiurgos ist dieser Same in die niedere Welt eingegangen, und wie die Sophia [1520] mit dem Soter in der himmlischen Hochzeit vereinigt wurde, so sehnt sich der Gnostiker nach der Vereinigung seiner Seele mit den Engeln des Soter. Auch die Lehre vom Urmenschen bekommt ihre anthropologische Wendung, die in diesen Zusammenhang hineingehört. Der in die Materie versinkende und aus ihr sich wieder emporhebende Urmensch wird zum Symbol der gnostischen Gläubigen, deren höheres Wesen ebenfalls in diese niedere Sinnlichkeit gefesselt ist und sich aus ihr zu befreien strebt. Besonders deutlich kommt das im Poimandresmythus (Corpus Hermeticum 1, 15) zum Ausdruck (καὶ διὰ τοῦτο – wegen seiner Abstammung vom Ἄνθρωπος – παρὰ πάντα τὰ ἐπὶ γῆς ζῶα διπλοῦς ἐστιν ὁ ἄνθρωπος, θνητὸς μὲν διὰ τὸ σῶμα, ἀθάνατος δὲ διὰ τὸν οὐσιώδη ἄνθρωπον). Auch die Ausführungen der Naassener (Hippolyt. V 7ff.) und dann später die manichäische Religion bewegen sich in derselben Grundidee. Diese Anthropologie erfährt bei einer Reihe gnostischer Sekten noch eine besondere Komplikation, die mit der Lehre von den sieben weltschöpferischen planetarischen Mächten zusammenhängt. Man nahm an, daß die Seele des Menschen bei ihrem Herabsinken in die Welt der Materie durch die sieben Planetensphären bestimmte Eigenschaften niederer Art von den einzelnen Planetengöttern annehme und erst mit diesen Kleidern und Hüllen in den Leib eingehe. Astrologischer Glaube an den Einfluß der Gestirne auf den Charakter des Menschen hat sich hier mit einer supranaturalen Anthropologie verbunden. Die Lehre hat eine über die G. hinausgehende Verbreitung gehabt. Beim Vergilscholiasten Servius (Aen. VI 714, vgl. XI 51; vgl. die Parallelen bei Arnobius adv. nat. II 16. 28) werden die betreffenden Spekulationen auf die ,Mathematici‘, doch wohl chaldäische Astrologen, zurückgeführt. (Schmekel Philos. d. mittleren Stoa 112. 130 führte die Stellen auf Varro, indirekt auf Poseidonios zurück; seine Ableitung ist starken Zweifeln begegnet; vgl. Agahd Jahrb. f. klass. Philol. Suppl. XXIV 1898, 107ff. Vielleicht ist Cornelius Labeo als die gemeinsame Quelle anzusehen, Kroll Berl. philol. Wochenschr. 1906, 487. Cumont Relig. orientales 1906, 294). Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Macrobius im Somnium Scipionis I 11. 12. Innerhalb der G. begegnet man den Spuren der Lehre an vielen Orten. Die Darstellung des Mythus vom Anthropos im Poimandres ist ganz und gar auf diese Anschauung gegründet. Von προσαρτήματα der λογικὴ ψυχή redete Basilides (Clem. Alex. Strom. II 20, 112), vgl. Valentin (II 20. 114); des Basilides Sohn Isidor schrieb ein Werk περὶ προσφυοῦς ψυχῆς (ebd. II 20, 113), dem entspricht in der Pistis Sophia die breit ausgeführte Lehre von dem ὀντίμμον πνεῦμα (c. 111. 131–133). Auch die Lehre des Bardesanes ist hier heranzuziehen, nach welcher der Mensch ,einen Leib von dem Bösen, eine Seele von den Sieben‘ hat (Ephraem Hymn. 53 p. 553 E). Selbst im Manichäismus hat die Annahme der doppelten Seele noch eine besondere Rolle gespielt (Hauptprobleme 367f.). Bemerkenswert ist, daß dieselbe Meinung auch bei den Neuplatonikern erscheint (vgl. die aus Macrobius zitierte Stelle; Cumont Rel. orient. 309. Kroll Oracula Chaldaica 51, 2. Hauptprobleme 364, 2). [1521]

12. Die Mysterien-Praxis.

Im engsten Zusammenhang mit alledem steht die religiöse Praxis der G. Diese ist vor allem und in erster Linie Mysterien-Praxis. Ihrer ganzen Art nach gehört die G. völlig in den Umkreis der Mysterien-Religionen hinein. Was sie verkündet, ist kein Wissen im Sinne der Philosophie oder gar der Religionsphilosophie, sondern religiöse geheimnisvolle Offenbarungsweisheit. Zwischen G. und Pistis haben die Gnostiker ursprünglich keinen Unterschied gemacht; erst der Vermittlungstheologie des Valentinianismus eignet er (Liechtenhan a. a. O. 98ff.). Die Gnostiker berufen sich für die Autorität ihrer Offenbarung auf alte geheimnisvolle Schriften, auf Propheten mit barbarischen Namen und uralte Prophetieen, auf eigene Visionen und ekstatische Zustände (Liechtenhan Die Offenbarung im Gnosticismus 5–43). Man teilt den Mysten diese geheimnisvolle Weisheit mit und scheidet streng zwischen dem exoterischen und dem esoterischen Wissen (besonders charakteristisch Brief des Ptolemaeus an Flora, Epiph. Haer. 33, 7). Man wahrt das Geheimnis der Außenwelt gegenüber: Si bona fide quaeras, concreto vultu, suspenso supercilio, Altum est, aiunt (Tertull. adv. Valent. c. 1). Hippolyt rühmt sich, daß er in den Stand gesetzt ist, die viele Jahre verborgene geheime Lehre der Peraten enthüllen zu können (Refut. V 12). Inhalt der gnostischen Offenbarungsweisheit aber ist fast ausschließlich die Erlösung und Befreiung aus der bösen Welt der körperlichen Sinnlichkeit, der Finsternis und der Bedingtheit durch die Herrschaft der Gestirnmächte. Die Erlösung aber vollzieht sich nicht – wenigstens nicht für die breite Masse der Gnostiker – durch den Einsatz des persönlichen Glaubens oder des philosophischen Wissens, sondern in erster Linie durch die religiöse Praxis der geheimnisvollen Handlung (der Sakramente). Die gnostische Religion ist eine durch und durch vom Sakrament beherrschte Religion. Die Berichte der Kirchenväter lassen hier allerdings vielfach im Stich, sie haben sich für diese Seite der G. weniger interessiert und blieben am Äußerlichen der gnostischen Spekulationen mit ihren Aeonenwesen hängen. Auch wird ihnen tatsächlich infolge der ängstlichen Behütung des Geheimnisses vielfach eine klare Anschauung nicht zu Gebote gestanden haben. Dennoch sind Ausnahmen vorhanden: der vorzügliche Bericht des Irenaeus über die Markosier (I 13. 21), die Excerpta ex Theodoto 69ff., die Nachrichten des Celsus und des Origenes über die ,Ophianer‘ (namentlich c. Celsum VI 31 vgl. 22), die Fragmente des Elxaibuches (Hippolyt. Refut. IX 13ff.), geben schon ein deutlicheres Bild. Hinzukommen uns erhaltene gnostische Originalstücke: die liturgischen Stücke der Acta Thomae, vor allem die Berichte der Pistis Sophia und der sog. koptischen Jeubücher, endlich auch die Überlieferung, die wir vom Sakramentswesen der Mandäer besitzen. Im Zentrum der gnostischen Religion und im unmittelbaren Zusammenhang mit der gnostischen Grundanschauung stehen jedenfalls diejenigen sakramentalen Handlungen, durch welche der scheidenden Seele des Gnostikers die sichere Auffahrt durch die Himmel (der Planetenfürsten) zu dem Wohnort des höchsten unbekannten Gottes garantiert werden soll. Zu diesem Zweck [1522] werden den Mysten die geheimnisvollen Namen der Dämonen mitgeteilt, die Formeln, mit denen sie jene anzureden haben, um sicher bei ihnen zu passieren, die Symbole, heilige Zeichen, welche sie vorzuzeigen haben, gegeben (vgl. besonders Origenes c. Celsum VI 31, zweites (koptisches) Jeubuch; Parallelen in den Mithrasmysterien; c. Celsum VI 22. Dieterich Eine Mythrasliturgie, 1903; auch in den Oracula Chaldaica Kroll 50ff. Bousset Archiv f. Religionsgesch. IV 263ff.; fast der gesamte Stoff bei Anz Ursprung des Gnosticismus). Mit diesen Mitteilungen der geheimnisvollen Namen, Formeln und Symbole mag sich dann oft die Vorwegnahme einer solchen Himmelfahrt der Seele in der Ekstase angeschlossen haben. Der Myste wurde in die Kunst eingeweiht, sich bereits in diesem Leibesleben in der Verzückung zum höchsten Himmel zu erheben. Für die Mithrasmysterien läßt sich das nachweisen (Dieterich Mithrasliturgie); auch die hermetischen Gnostiker kennen eine solche in der Ekstase sich vollziehende Erhebung der Gläubigen, Corpus Hermeticum c. 13; innerhalb der G. finden wir noch manche darauf hin deutenden Spuren (über die Valentinianer vgl. Iren. II 30, 7. III 15, 2; über die Naassener vgl. Hippolyt. Refut. V 27 p. 230, 76; pseudoclem. Recogn. 2, 61). Auch andere und bekanntere Sakramente rücken in den Dienst dieser Vorstellungen ein. Vor allem gilt die heilige Weihe der Taufe als das Mittel, durch welches die Seele den ihr nachstellenden Dämonen entgehen könne. Von ihrem Sakrament der ἀπολύτρωσις (einer höheren geistigen Taufe) behaupteten die Markosier: διὰ γὰρ τὴν ἀπολύτρωσιν ἀκρατήτους καὶ ἀοράτους γίνεσθαι τῷ κριτῇ (Iren. I 13, 6, vgl. Exc. ex Theod. 22. 81). Dieselbe Idee liegt vor – nur mehr vom Standpunkt des astrologischen Fatalismus aus angesehen – wenn es Excerpta ex Theod. 78 heißt, daß die Taufe von der Macht der Gestirne befreie. Vor allem macht das Ölsakrament (die Ölsalbung) die Seele unangreifbar den Dämonen gegenüber, die den himmlischen Wohlgeruch des Öles (Iren. I 21, 3) nicht ertragen können (Acta Thomae c. 157, vgl. c. 132. Acta Philippi c. 144). Eine Öltaufe als Sterbesakrament, ut incomprehensibiles et invisibiles principibus et potestatibus fiant, kennen die Markosier, Iren. I 21, 5. Der Anschauung, daß die Seele bei ihrem Abstieg aus der Sphäre der Archonten Kleider und Hüllen (Anhängsel) niederer Wesenheit annehme, entspricht ,das Mysterium der Beseitigung der Bosheit der Archonten‘ (eine Art Taufe, vgl. II Jeu c. 44. 48). Auch die obszönen Mysterien, welche Epiph. Haer. 26, 4. 9 (vgl. 21, 4. Iren. Ι 31, 2) beschreibt und auf die hier nur kurz verwiesen sei, dienen dem Zweck der Sicherung der Auffahrt der Seele.

Bei den Valentinianern war die Vorstellung nachweisbar, daß der Gnostiker, um zur Vollendung zu kommen, sich mit seinem Engel, wie die Braut mit dem Bräutigam, verbinden müsse. Vorbildlich ist dabei die Ehe der Achamoth mit dem Soter. Demgemäß läßt sich nun auch bei ihnen ein Sakrament des Brautgemachs (νυμφών) bezw. des πνευματικὸς γάμος nachweisen (Iren. I 21, 3; vgl. Hippolyt. Refut. V 8 p. 164, 86f. über die Naassener). Der Myste wurde ins Brautgemach [1523] geführt und erlebte hier seine ,Vereinigung‘ mit dem himmlischen Bräutigam. Es scheinen sogar noch Fragmente einer Liturgie des Mysteriums des πνευματικὸς γάμος – allerdings in einer entstellenden Überarbeitung – erhalten zu sein (Iren. I 13, 2. 3). Ja möglicherweise hat bei diesem Sakrament noch der Phallus irgend eine Rolle gespielt (Tertull. adv. Valentin. 1 und dazu Dieterich Mithrasliturgie 125).

Auch in den mannigfaltigen Taufriten (Wassertaufe, Ölsakrament) wie in den eucharistischen Gebräuchen findet sich viel Eigentümliches und religionsgeschichtlich Wertvolles. Das in der christlichen Überlieferung mit der Taufe eng verbundene Sakrament der Versiegelung (Brandmarkung), das hier zur Sitte des über dem Täufling zu machenden Zeichens bezw. der Nennung des Namens abgeschwächt ist, begegnet uns hier noch in seiner ursprünglichen reinen Gestalt. So pflegen die Karpokratianer ihre Mysten am rechten Ohrlappen zu brandmarken (Iren. I 25, 6. Epiph. Haer. 27, 5, vgl. Clemens Alex. ecl. prophet. 25 auf Grund der Zeugnisse des Heracleon). Eine große Rolle spielt die Versiegelung in den koptisch-gnostischen Schriften, vgl. Hauptprobleme 287 (Parallelen in den Mithrasmysterien Tertull. praesc. haeret. 40; Stigmatisierung bei den Syrern im Kult von Hierapolis, Lucian de dea Syria 59). Bei einer Reihe gnostischer oder halbgnostischer Sekten ist der Taufkultus überhaupt fast ein und alles geworden und das Element des Wassers eine verehrungswürdige Gottheit. Zu vergleichen sind hier die Nachrichten über die Elkesaiten; die verschiedenen jüdischen, samaritanischen judenchristlichen Taufsekten, die Mandäer, ferner der pseudoclementinische Schriftenkreis (für die Verbreitung des Taufritus spricht sein Vorkommen selbst in den Kreisen der so stark hellenisierten hermetischen Gnostiker; vgl. den κρατήρ, c. 4 des Corpus Hermeticum). – Eine Fülle von Material für die Geschichte des Taufsakraments und der mit der Taufe vielfach verbundenen Sakramente (Versiegelung, Namennennung), für die mannigfachen Auffassungen und Wertungen dieses Sakraments ist hier gegeben. Ganz eigenartige sakramentale Handlungen liegen übrigens noch in den koptisch-gnostischen Schriften (Pistis Sophia, Jeubücher) vor.

13. Die Askese.

Mit dem Mysterienkultus und der dualistischen Grundanschauung ist weiter die praktisch-sittliche Grundanschauung der G. gegeben. Sie ist eine im wesentlichen asketische. Doch ist die praktische Haltung der Gnostiker keineswegs uniform. Eine absolut asketische Haltung (Verbot der Ehe, Verbot des Genusses von Fleisch und Wein) ist uns nur bei einigen Gnostikern überliefert (Satornil, Marcion, ein Teil der Archontiker, Epiph. Haer. 40, 2; vgl. Hippolyt. Refut. V 9 p. 170; Severianer, Tatian, Enkratiten). Bei andern Gnostikern ist die Askese in Libertinismus umgeschlagen. Doch hat der hier nachweisbare (Epiph. Haer. 21. 25. 26, vgl. Iren. I 31, 2 II. Buch Jeu c. 43) obszöne und widernatürliche Geschlechtsverkehr teilweise wiederum den Endzweck, die natürliche Fortpflanzung des Menschengeschlechts aufzuheben und so die Befreiung von der Materie herbeizuführen, so daß die unzüchtigen Handlungen hier geradezu sakramentale [1524] Bedeutung und kultischen Wert bekommen. Andererseits finden wir auch direkt libertinistische Sekten mit kommunistischem Einschlag (Adamiten, Prodikos, Karpokratianer). Die späteren großen gnostischen Schulen (Basilides, Valentin, Pseudoclementinen usw.) nehmen eine vermittelnde Haltung mit starker asketischer Tendenz ein (vgl. Corpus Hermeticum VII u. ö.). So finden wir in der G. wie in der sich ebenfalls in der Richtung der Askese entwickelnden genuinen christlichen Kirche die verschiedensten Schattierungen nebeneinander. Die Linien laufen hier so ineinander, daß es unsicher bleibt, ob wir z. B. bei den apokryphen Apostelakten spezifische G. oder gemeinchristliche Askese vor uns haben. Gemeinsam ist aber der gesamten G. die absolute Verwerfung jedes Gedankens an leibliche Auferstehung und die entschlossene Annahme des durch griechische und orientalische Einflüsse bedingten Ideals der Befreiung der Seele (des höheren Bestandteils der Menschen) vom Leibe.

Natürlich findet sich endlich bei der fortgeschrittenen und entwickelten G. eine Vertiefung des Begriffes γνῶσις (ursprünglich mysteriöse, offenbarte Weisheit) und eine Überwindung des rein oder vorwiegend sakramentalen Charakters der gnostischen Religion. Die geheimnisvolle Weisheit entwickelt sich zu dem, was wir Weltanschauung und Erkenntnis nennen können; aus den Theosophen und Mystagogen werden wenigstens halbe Philosophen. Und die Erkenntnis kann dann wohl als ein wertvolleres Gut gelten als alle Sakramente. Excerpta ex Theodoto 78: ἔστιν δὲ οὐ τὸ λουτρὸν μόνον τὸ ἐλευθεροῦν, ἀλλὰ καὶ ἡ γνῶσις· τίνες ἧμεν, τὶ γεγόναμεν, ἢ ποῦ ἐνεβλήθημεν· ποῦ σπεύδομεν, πόθεν λυτρούμεθα τί γέννησις, τί ἀναγέννησις (vgl. einige Markosier bei Iren. I 21, 4 und den hermetischen Ausspruch in Zosimos' Buch Ω, Reitzenstein 103).

14. Verhältnis zum Judentum.

So stellt sich die G. in erster Linie als eine synkretistische Erscheinung auf dem Boden der sich auflösenden antiken Religionswelt dar, die sich fast ohne irgend welchen Seitenblick auf die christliche Religion betrachten läßt. Das ist zugleich der beste Beweis dafür, daß die gesamte Erscheinung tatsächlich nicht als ein Seitenzweig des Christentums anzusehen ist. Sie war vor diesem vorhanden und hat sich als eine schon ausgestaltete Religion mit diesem amalgamiert (vgl. o. die bestimmten Nachweise einer vorchristlichen gnostischen Religion). Dagegen scheint die Beziehung der gnostischen Sekte zum Judentum bereits vorchristlich zu sein, die alttestamentlichen Einflüsse tiefer zu liegen, als die neutestamentlichen. So hat Brandt (Relig. d. Mand.) seiner Zeit nachgewiesen, daß die Auseinandersetzung des Mandäismus mit dem Judentum älter sei als die mit dem Christentum. So hat Reitzenstein (Poimandres) in der Darstellung der Naassener bei Hippolyt die neutestamentlichen Einflüsse leicht ausscheiden können, aber nicht die alttestamentlichen. Die Polemik gegen den Judengott als den obersten der ,Sieben‘ (ebenfalls erst eine spätere Eintragung, s. o.) erweist sich hier und da als noch nicht vom Christentum bestimmt, vielmehr erscheint Jaldabaoth-Sabaoth noch deutlich als der Herr des den Völkern verhaßten und die Völker hassenden [1525] Judentums; der nationale Gegensatz ist der bestimmende (Iren. I 24, 2 [Satomil]. I 24, 3 [Basilides]). Die Identifikation der gefallenen Göttin (παρθένος Barbelo, Prunikos) mit der Sophia, Achamoth und gar dem Spiritus Sanctus erklärt sich aus dem vorchristlichen Antagonismus gegen das Judentum. Namentlich kann die hier vollzogene Degradation des Spiritus Sanctus (aus Gen. 1 erklärlich) nicht als ein Gedanke der christlichen G. begriffen werden. Die Berührung der G. mit dem Judentum war aber freilich eine vorwiegend feindliche; immerhin hat das Judentum (namentlich durch die Erzählungen des Alten Testaments) schon vor dem Aufkommen des Christentums seinen Beitrag zu dem großen Synkretismus der G. geliefert.

15. Verhältnis zum Christentum.

Dagegen haben G. und Christentum sich sehr bald nach dem Aufkommen des letzteren mit magnetischer Kraft gegenseitig angezogen. Diese Anziehung ging von einem bestimmten Punkt aus, nämlich von dem Erlösungsgedanken der neuen Religion und der christlichen Erlösergestalt. Wesentlich an diesem Punkt ist die Berührung erfolgt. Eine ganze Reihe gnostischer Sekten haben nichts anderes getan, als daß sie die Erlösergestalt Jesus irgendwie in ihr System einstellten. Die Amalgamierung der beiden Religionen war dabei eine recht äußerliche und die Verbindungsnähte sind leicht zu erkennen. So läßt sich noch nachweisen, daß bei einigen gnostischen Sekten (Barbelognostiker I 29, 1. Gnostiker Ι 30, 1) der Χριστός einfach an die Stelle der spezifisch gnostischen Figur der Ἄνθρωπος getreten ist. Im valentinianischen System verraten von den Aeonen der Ogdoas Λόγος und Ζωή vielleicht spezifisch johanneischen Einfluß. Rein äußerlich sind in der späteren Gestalt der Lehre die beiden spezifisch-christlichen Figuren Χριστός und Πνεύμα ἅγιον dem System der 30 Aeonen angehängt. Am deutlichsten aber zeigt sich das künstliche Flickwerk in der Darstellung des Vollzuges der Erlösung durch die historische Gestalt Jesu von Nazareth.

Denn der gnostischen Religion war die spezifisch christliche Idee einer auf der Höhe der Geschichte sich vollziehenden Erlösung und eines in bestimmten geschichtlichen Zusammenhängen stehenden Erlösers fremd und unerreichbar. Die genuin gnostischen Erlösungsmythen spielen in der Urzeit. Am deutlichsten ist das in der Religion der Mandäer; die Besiegung der bösen Mächte durch Mândâ d'Hajé oder Hibil Ziwâ geschieht in der Urzeit. Der Mythus im Poimandres vom Hinabsinken der Urmenschen und seiner Befreiung spielt am Anfang der Welt. Die manichäischen Erlösungsmythen liegen im Anfang alles Weltwerdens: wo es sich darum handelte, die Person Jesu in diesen Zusammenhang einzuschieben, ließ man durch ihn die Uroffenbarung an Adam kommen oder identifizierte ihn mit der erlösenden Macht des ,dritten Gesandten‘, die den seit Urzeit fortdauernden Erlösungsprozeß leitet (Hauptprobleme 273). Für den geschichtlichen Erlösungsgedanken war hier überall kein Raum. Dasselbe ist nun auch, genau besehen, bei der G. im engeren Sinn der Fall. Und besonders deutlich tritt die künstliche Einfügung der geschichtlichen Erlösergestalt Jesu in ein vorhandenes [1526] System bei den Gnostikern des Irenaeus und den Valentinianern heraus. Der ursprünglich hier heimatberechtigte Mythus von der Befreiung der Sophia durch ihren Bruder Christos (Anthropos) oder der Achamoth durch den Soter und dem ἱερὸς γάμος der beiden hatte mit der Gestalt Jesu von Nazareth gar nichts zu tun (s. o.), so wenig wie bei den Simonianern die Figuren des Simon und der Helena. Die künstliche Kompilation, die hier stattfand, wird daran deutlich, daß das Erlösungsdrama sich nun in zwei vollständig getrennten Akten vollzieht. Zunächst vereinigt sich bei den Gnostikern des Irenaeus (I 30) der Christos mit der Sophia. Die beiden werden sponsus und sponsa (30, 12). Lose angehängt ist dann die Erzählung von der Vereinigung des schon mit der Sophia geeinten Christus mit der menschlichen Gestalt Jesu (bei der Taufe). Die Valentinianer sprachen es ganz deutlich aus, daß der eigentliche, für sie in Betracht kommende Erlösungsakt, das eigentliche Mysterium in der Vereinigung des Soter mit der Sophia vorliegt, dem wirkungskräftigen Symbol für die Vereinigung der Gläubigen mit ihren Engeln, die sich im Sakrament des Brautgemachs vollzieht. Ausdrücklich wird gesagt, daß die Vereinigung des Soter mit Jesus und das durch diese Verbindung ermöglichte Erscheinen des Soter auf Erden nur um der ,Psychiker‘ willen vor sich geht (Iren. I 6. 1); d. h. ihre ganze ,Christologie‘ nach dieser Richtung hin erscheint als Konzession an die katholische Kirche. Noch deutlicher ist es, wenn die Valentinianer bei Hippolyt behaupten, daß der auf Erden erschienene Jesus seinem Wesen nach nur von der Sophia und dem Demiurg stamme (Refut. VI 35 p. 286, 89ff.), und wenn sie in der Aufzählung der ,drei Erlöser‘ den Soter, welcher die Achamoth befreit, bestimmt von dem durch Maria geborenen Jesus unterscheiden (Refut. VI 36). Ähnlich liegen die Verhältnisse in der Pistis Sophia. Ein Mythus von der in der Urzeit geschehenen Befreiung der Pistis Sophia durch den Befreier (Soter?) ist hier auf Jesus von Nazareth adaptiert und zum Teil in die Zeit seines Erdenwandels verlegt. Daher die verworrene Darstellung des Erlösungsprozesses mit seinen scheinbaren Wiederholungen (Hauptprobleme 271ff.). Wenn so oft in der gnostischen Darstellung der Erlösung aller Akzent auf das Hinabfahren des Erlösers durch die Welten der feindlichen Dämonen und deren Besiegung durch ihn gelegt wird, so erklärt sich das wiederum durch die Annahme, daß hier die Erzählung von dem mythischen mit den Ungeheuern der Tiefe kämpfenden urzeitlichen Erlöser (Typus: Mândâ d’Hajè, Urmensch bei den Manichäern) mit der Gestalt Jesu kombiniert ist. Alles was man Doketismus der Gnostiker nennt, und die ganze verzwickte Christologie der Valentinianer, ist schließlich nichts anderes als der immer wiederholte Versuch, zwei ganz verschiedene Auffassungen von Erlösung in der G. und im Christentum aufeinander zu reduzieren. Die Anschauung von der wirklichen Bedeutung der Gestalt Jesu von Nazareth ist dabei regelmäßig zu kurz gekommen. Nur etwa im marcionitischen System haben wir eine ernstliche, aber verzerrte Würdigung der Bedeutung seiner Erscheinung.

16. Einfluß des Christentums auf die Gnosis.

Es erhebt sich endlich die Frage, wie die [1527] zwei verschiedenen Religionssysteme der G. und des Christentums, die durch eine gewisse Verwandtschaft an einigen wenigen Punkten magnetartig sich gegenseitig anzogen, sich in der weiteren Entwicklung der Dinge beeinflußt haben.

Einen mächtigen Einfluß hat jedenfalls das Christentum auf die Bewegung der G. ausgeübt. Die vorchristliche G. scheint sich auf kleine, sektenartige, in der Weise der Mysterienvereine abgeschlossene Kreise beschränkt und keinen weiteren nennenswerten Einfluß ausgeübt zu haben. Erst indem die G. die Gestalt des Erlösers des Christentums in den Umkreis ihrer Gedanken aufnahm und sich mit dem christlichen Erlösungsgedanken amalgamierte, gewann sie wirklich historische Bedeutung. Erst auf diesem Boden wuchsen die großen einflußreichen Schulen und Schulsysteme. Erst hier bekam sie namhafte Führer und Schulhäupter. Während ihr früheres Stadium im großen und ganzen dadurch charakterisiert ist, daß die verschiedenen – sich vielleicht wenig voneinander abhebenden – Gruppen einfach als Gnostiker (Barbelognostiker, Ophiten usw., vgl. die Mandäer) bezeichnet wurden, und an einzelnen Namen uns etwa nur Simon (Helena, Dositheus usw.) begegnen, hören wir nun von Schulen des Basilides, Satornil, Karpokrates, Valentin (und seiner Schüler), Bardesanes usw. Ja Marcion gründet sogar, während den übrigen Richtungen der Schulcharakter und damit die Tendenz auf Anschluß an die Großkirche erhalten blieb, eine eigene Kirche mit besonderem Kanon und besonderer Verfassung, die in manchen Gegenden in erfolgreicher Weise mit der katholischen Kirche rivalisieren konnte. Dieser allmähliche Einfluß der christlichen Kirche zeigt sich auch vor allem in der Geschichte der gnostischen Literatur. Auf der ersten Stufe der Entwicklung begegnen wir einer bunten phantastischen Literatur: eigenen Erzeugnissen der gnostischen Sekten, Visionen und Offenbarungen orientalischer Propheten (Schriften unter dem Namen des Jaldabaoth, Epiph. 26, 8; Apokalypsen des Zoroaster, Zostrianos, Nicotheos, Offenbarungen des Barkabbas und des Parchor (Barkoph usw. wahrscheinlich = Pakor, persischer Name), Apokalypsen des Cham (wahrscheinlich = Zoroaster, Hauptprobleme 369ff.) ; des Seth (ebenfalls wahrscheinlich = Zoroaster, Hauptprobleme 378ff.), Elxaibuch. Daneben beginnt die Pseudepigraphie zu blühen. Durch Schaffung alttestamentlicher und neutestamentlicher Pseudepigraphen sucht man innerhalb der christlichen Kirche die Offenbarungen der G. zu legitimieren (apokryphe Evangelien, apokryphe Apostelakten; besonders beliebt sind Offenbarungen der Frauen: Evangelium Mariae, große und kleine Fragen der Maria usw.). Dabei waltet das unverkennbare Bestreben ob, durch irgendwelche Fiktion (mündliche Geheimtradition, geheime Offenbarungen Jesu in der Zeit zwischen Auferstehung und Himmelfahrt) diese Offenbarungsbücher der G. gegenüber den in der Großkirche verbreiteten Schriften als diejenigen hinzustellen, welche erst die eigentlichen und höchsten Offenbarungen enthalten (Liechtenhan 46ff.). Allmählich hat man sich dann mehr und mehr der genuinen christlichen Literatur zugewandt. Wenn Basilides Ἐξηγητικά zu den ,Evangelien‘ schrieb, so [1528] wird er (vgl. die Ausdrucksweise Iustins des Märtyrers) eben die in kirchlichen Kreisen anerkannten (drei oder vier?) Evangelien dabei im Auge gehabt haben. Die valentinianische Schule operiert in ihrem Schriftbeweis mit unseren Evangelien, auch mit dem vierten, doch mögen die Beweise aus dem vierten Evangelium erst einer späteren Schicht der Überlieferung angehört haben (hiezu Schwartz Götting. gel. Nachr. 1908, 125. 133ff.). Herakleon schreibt einen von Origenes achtungsvoll behandelten Kommentar zum vierten Evangelium. Welchen Eindruck dieses Verfahren der Gnostiker machte, daß sie mit anerkannten kirchlichen Schriften ihre Lehre zu beweisen begannen, ist aus Irenaeus Prooemium und aus dem Tatbestand zu ersehen, daß er in umfangreichen Partien seines Werkes den Schriftbeweis der Valentinianer behandelt. Marcions Evangelium war ein überarbeitetes Lukasevangelium. Es ist sogar möglich (doch nicht bewiesen), daß Marcion durch Hinzufügung der Paulusbriefe der Großkirche in der Bildung eines neutestamentlichen Kanons vorangegangen ist.

Selbst die Stellung zum Alten Testament ermäßigte sich allmählich. Der Antijudaismus der G. ist zwar, wie wir sahen, wurzelhaft und gehört bereits zu dessen vorchristlichem Bestande. Das kann man am besten daraus ersehen, daß in der Würdigung des Alten Testaments noch ein Unterschied gemacht wird zwischen Gesetz und Propheten, und zwar zu Gunsten des ersteren (nach Basilides stammt das Gesetz vom Demiurgen, die Propheten von den Archonten Iren. I 24, 5, vgl. die Stellung der Gnostiker I 30, 11, vom Satan stammende Prophetieen gar bei Satornil nach Iren. I 24, 2). Diese Stellung zum Alten Testament ist vom christlichen Standpunkt aus unbegreifbar, erklärt sich aber unter der Annahme, daß hier samaritanische oder jüdisch häretische, vorchristliche Einflüsse weiterwirken, und hat tatsächlich ihre Parallele in der Stellung der judenchristlichen G. zum Alten Testament (z. B. erkennt die Grundschrift der Pseudoclementinen nur das Gesetz, nicht die Propheten an). Aber allmählich erweicht sich selbst diese fundamentale gegensätzliche Stellung der G. zum Alten Testament. Namentlich geschah das wieder in der Valentinianischen Schule. Und zwar scheinen die Valentinianer in dieser Stellungnahme zum Alten Testament vorangegangen zu sein (es muß in dieser Frage scharf zwischen einer bloßen Beeinflußung der G. durch die alttestamentliche Literatur und deren Behandlung als heiliger oder teilweise heiliger Schrift unterschieden werden). Die Valentinianer des Irenaeus geben zu, daß manches im Alten Testament von dem σπέρμα (πνευματικόν) und der Mutter (Achamoth), manches andererseits vom Demiurg stamme (Iren. I 7, 3). Sie beginnen sich auf Stellen des Alten Testaments zu berufen und diese zu allegorisieren, d. h. als heilige Schrift zu behandeln (viele Beweise im Schriftbeweis der ptolemäischen Schule bei Irenaeus, Hippol. Refut. VI 55. Excerpta ex Theodoto 2. 47. 50 u. ö.). Besonders in dem Brief des Ptolemaeus an die Flora ist im starken Gegensatz gegen Marcions Auffassung eine derartige maßvolle und besonnene Position entwickelt, daß diese selbst für Anhänger der Großkirche [1529] zum Teil annehmbar erscheinen konnte (über die Stellung der Gnostiker zur Schrift vgl. Heinrici Valentinianische Gnosis u. d. hlg. Schrift, Berlin 1871. Liechtenhan Die Offenb. im Gnostiz. 69–83. Schwartz a. a. O. 133ff.).

17. Der gnostische Schule.

Infolge dieser veränderten Stellungnahme wurde nun der gnostische Schulbetrieb von neuen Schwierigkeiten bedrückt. Es galt, in ganz anderem Maße die gnostischen Spekulationen gegenüber den jetzt auch hier im großen und ganzen anerkannten ,heiligen‘ Schriften der Großkirche – namentlich des Neuen Testaments – zu rechtfertigen. So ist es leicht erklärlich, daß gerade die Gnostiker die ersten waren, die nun die Kunst der ,allegorischen‘ Erklärung auch auf das Neue Testament ausdehnten (vgl. die kühne Behauptung der Valentinianer, daß Jesus einiges vom Soter, einiges von der Mutter, einiges vom Demiurgen eingegebene geredet habe, Iren. I 7, 3; theoretische Begründung der Allegorese auch in den Evangelien Exc. ex. Theod. 66; über die Theorien und Prinzipien der gnostischen Allegorese Liechtenhan 71ff.), und daß nun gerade von Gnostikern die ältesten Kommentare (Basilides, Herakleon) zu Evangelienschriften angefertigt sind.

Im ganzen scheinen diejenigen Gruppen der Gnostiker, bei denen einmal der Verschmelzungsprozeß mit dem Christentum vorgegangen war – mit Ausnahme des Marcion – Wert auf ihre Zugehörigkeit zur offiziellen christlichen Gemeinschaft gelegt zu haben. Wider ihren Willen hat man die Valentinianer aus der Kirche herausgedrängt (Tertull. de praescr. haer. 30. Iren. III 15, 2; über andere Sekten vgl. Liechtenhan 45, 1). Die für die spätere Ausbildung der G. charakteristische Unterscheidung zwischen esoterischer und exoterischer Religion erleichterte ihnen das. Wie dieser Gesichtspunkt praktisch gehandhabt wurde und wie man mit seiner Hilfe der gnostischen Religion ein verhältnismäßig unschuldiges und unanstößiges Gepräge geben konnte, zeigt am besten der Brief des Ptolemaeus an Flora. Durch die dreifache Unterscheidung der Menschen in Gnostiker, Psychiker und Hyliker und durch weitgehende Konzessionen an die Psychiker (die katholischen Christen) versuchten namentlich die Valentinianer mit der Großkirche ihren Frieden zu schließen.

Dennoch erhält man von dieser ganzen Kompromiß- und Vermittlungstheologie der späteren Gnostiker den fatalen Eindruck einer vergeblichen und hoffnungslosen Sisyphusarbeit. Es waren doch zwei unvereinbare Dinge: die von orientalischen Mythologien vollkommen durchsetzte, auf dem Fundament des schroffsten materialistischen Dualismus sich erhebende Religion der G. und die auch von den Phantasien der jüdischen Eschatologie mehr und mehr sich abwendende junge aufstrebende Religion des Christentums! Freilich war es auch später für Männer wie Clemens und Origenes schwer, von ihrer mit philosophischer Weltanschauung vermittelten religiösen Erkenntnis die Brücke zum christlichen Gemeinde- und Laienglauben hinüberzuschlagen, und sie haben in Anlehnung an die gnostischen Häretiker auch ihrerseits den Ausweg aus den Schwierigkeiten in der Annahme einer esoterischen und einer exoterischen Religion und in der Unterscheidung von [1530] G. und Pistis gefunden. Aber was sich hier vollzog: die Amalgamierung der religiösen Anschauung der späteren antiken Philosophie, die seit der mittleren Stoa (Poseidonios von Apamea) in steigendem Maße wirklich religiöse Elemente in sich aufgenommen, mit dem Geist der christlichen, die materialistisch-jüdische Eschatologie allmählich abstreifenden Religion – war eben kein aussichtsloses Bemühen. Hier fanden sich zwei Geistesmächte, die trotz aller Divergenzen zueinander hinstrebten und aufeinander angewiesen waren, allmählich zusammen und schlossen ein Bündnis von weltgeschichtlicher Tragweite und Bedeutung. Demgegenüber standen jene Gnostiker trotz aller Versuche, sich von Phantasmen und Mythus zu befreien, auf einem verlorenen Posten. Das Christentum ließ sich in der dumpfen und schwülen Atmosphäre, aus der die G. hervorging, nicht halten. Es ist ganz gewiß richtig, daß man die späteren Schulhäupter der Gnostiker nicht nur beurteilen soll nach ihren komplizierten Systemen, aber man darf sie auch nicht nur nach einigen wenigen Fragmenten religiöser und sittlicher Äußerungen von hochstehender geistiger Art beurteilen und dabei vergessen, daß wir hier Blüten sehen, die doch auf einem sumpfigen Terrain gewachsen sind.

18. Einfluß der Gnosis auf die Entwicklung des Christentums.

Von hier aus läßt sich zum Schluß die Frage beantworten, wie weit die Erscheinung der G. fördernd und bestimmend in den Entwicklungsgang der christlichen Religion eingegriffen habe. Dieser Einfluß war in erster Linie ein mehr negativer und nur mittelbarer. Die G. hat die christliche Kirche gezwungen, sich zur Abwehr zu konsolidieren. Sie repräsentiert die Hemmungen, welche sich einer gesunden Entwicklung entgegenstemmten, aber auch Hemmungen entbinden Kraft. Wenn sich die katholische Kirche des 2. Jhdts. in ungeahnt rascher Weise organisierte und konsolidierte, sich eine einheitliche und zusammenhängende Verfassung (in der Gemeinschaft der Bischöfe) schuf, wenn sich der Begriff eines Bekenntnisses und einer Bekenntniskirche bildete, wenn ein Kanon heiliger Schriften abgegrenzt wurde, so war die G. indirekt bei alledem von gewaltigem Einfluß, so wie das Meer die Küstenbewohner zwingt, Dämme aufzuwerfen (dabei ist auch ein direktes Vorangehen der G. in dieser und jener Richtung [erstmalige? Schaffung eines neutestamentlichen Kanons durch Marcion] nicht ausgeschlossen).

Der direkte Einfluß der G. auf den geistigen Entwicklungsgang der Kirche darf dagegen nicht überschätzt werden. Vor allem darf man die Gnostiker kaum als erste Theologen oder Religionsphilosophen des Christentums betrachten, als hätten sie vor allen andern das Christentum erstmalig im Rahmen einer Weltanschauung dargestellt und so die Intellektualisierung (akute Hellenisierung) des Christentums herbeigeführt. Die Versuche, das Christentum in den Rahmen einer Weltanschauung einzuspannen, sind so alt wie dieses selbst. Schon die jüdische Apokalyptik ist gar nichts anderes, als Weltanschauung, in welcher jedes Ding und jeder Vorgang seinen bestimmten Platz bekommt. In dem Maße, als das Christentum sich von der jüdischen Apokalyptik emanzipierte, wurde in ihm das Bestreben [1531] lebendig, sich am Ganzen einer (neuen) zusammenhängenden Weltanschauung zu orientieren. Den gewaltigsten Fortschritt über das Evangelium Jesu hinaus repräsentieren hier bereits Paulus und Johannes, so fragmentarisch und so voll unbewußter Genialität die hier vorliegenden Anschauungen auch noch sind. Die Logosspekulation der Apologeten läuft den Systemen der G. parallel und ist ihr nicht etwa nur mühsam nachgefolgt, zumal wenn man sich vergegenwärtigt, daß letztere ursprünglich nichts anderes als phantastische, auf Vision und Ekstase und geheimnisvoller Tradition beruhende Mysterienweisheit war und erst bei den Ausläufern der Bewegung von einem energischen Erkenntnisstreben geredet werden darf. Nicht hat die G. die Forderung eines intellektuellen Ausbaues der Religion zum erstenmal und schöpferisch erhoben, sondern sie hat die Frage an das Christentum gestellt, ob dieses sich mit orientalischer – allerdings spiritualisierter – Mythologie und grobkörnigem Dualismus vermählen wollte, oder mit einer andern Weltanschauung. Sie hat so indirekt das entschlossene Bündnis zwischen der religiös gewordenen spätgriechischen Philosophie und der christlichen Religion beschleunigt und mittelbar zur Genesis der großen alexandrinischen Theologie beigetragen. Aber sie hat das Bündnis nicht geschaffen, nur durch den Gegensatz befördert. Man tut den meisten Gnostikern zu viel Ehre an, wenn man sie Theologen und Religionsphilosophen nennt; man wird sie besser unter die Mystagogen und Theosophen einreihen. Und selbst ihre großen Schulhäupter haben die Eierschalen der Vergangenheit nicht abstreifen können, es sind Gestalten, die auf der Grenzscheide von Neuem und Altem stehen blieben, und nicht Männer der Zukunft, die ihrer Zeit vorauseilten.

19. Positiver Einfluß.

Dennoch wird sich ein positiver Einfluß der G. an gewissen Punkten und eine Antizipation der später stattfindenden Entwicklung durch sie nicht leugnen lassen. Indem die G. von vornherein und von ihren vorchristlichen Ursprüngen an der Religion des Judentums in ihrer gesetzlichen und nationalen Beschränktheit feindlich gegenübertrat, dagegen von der Erlösungsreligion des Christentums sich gewaltig angezogen fühlte, hat sie innerhalb des Christentums das Bewußtsein von der geistigen Überlegenheit und dem besonderen Charakter der christlichen Religion gegenüber der jüdischen klarer herausgestaltet und gefördert. An diesem Punkt kann man allenfalls hier und da von religionsphilosophischen Betrachtungen der G. sprechen. Freilich hat sie sich, indem sie den Gegensatz überspannte, auch wieder des Einflusses in jener Richtung zum Teil begeben. Und Marcion hat mit seiner genialen Betonung des prinzipiellen Unterschieds der Religionen des gerechten und des guten Gottes die Großkirche eher wieder dazu gedrängt, die Unterschiede zwischen alttestamentlicher und neutestamentlicher Religion zu verwischen. Auch mit ihrer Ablehnung der urchristlich jüdischen Eschatalogie und ihrer prinzipiellen Vergeistigung aller Zukunftshoffnung hat die G. die Entwicklung der griechischen (morgenländischen) Kirche antizipiert. Denn hier fand sie sich, abgesehen von ihrem schroffen Dualismus, in Übereinstimmung [1532] auch mit der späteren von der Philosophie bestimmten griechischen Frömmigkeit, mit der das Christentum mehr und mehr ein Bündnis einging. In der Niederwerfung des Montanismus, in der Zurückdrängung der geistigen Einflüsse eines Buches wie der Apokalypse, in der Eschatologie wie sie Clemens und Origenes entwickelt, ist die griechische Kirche zagend und zögernd die Bahn gegangen, welche die Gnostiker ihr entschlossen voraufgingen. Und auf der andern Seite hat sich gerade in gnostischen Kreisen die sakramentale Frömmigkeit ausgebildet, die später noch in die Kreise der Großkirche einziehen und an beherrschende Stelle rücken sollte. In und mit der G. ist zuerst das antike Mysterienwesen – diese Erneuerung uralter Motive materialistischer, auf unterster Stufe stehender Frömmigkeit – in seiner reichen Mannigfaltigkeit und bunten Phantastik in das Christentum eingezogen.

Auch mit jenem Ineinander überstiegener asketischer Geistigkeit und krassesten sinnlosen Glaubens an wirksame Dinge und Mittel hat die G. die künftige Entwicklung inauguriert. Und zuletzt hat auch ihre Christologie, diese künstlichen Versuche einer Vereinigung der Gestalt des Erlösers der christlichen Religion mit überkommenen mythischen Erlösergestalten, in charakteristischer Weise die spätere Entwicklung vorweggenommen, bis auf die einzelnen Formeln (man vgl. die weitverbreitete Bekanntschaft mit dem Terminus ὁμοούσιος; z. B. Corpus Hermeticum I 10).

In einem Punkte ist die vom griechischen Intellektualismus und Optimismus bestimmte Frömmigkeit der morgenländischen Kirche genau den entgegengesetzten Weg gegangen als die G. Sie hat den Pessimismus und Dualismus dieser Religion schroff abgelehnt, sie hat im Bunde mit der zum Neuplatonismus sich gestaltenden antiken Frömmigkeit trotz aller Neigung zu Askese und Mönchtum den Glauben mit aller Energie festgehalten, daß diese sinnliche Welt aus Gottes Hand hervorgegangen und wenn auch niederen Wesens, so doch voll seiner Güte und Herrlichkeit sei. Ja sie hat sich eigentlich immer entschlossener einem in der Grundlage rationalen Optimismus und Moralismus zugewandt, in dessen Grundgewebe die Gedanken von Sünde, Erlösung und sakramentalen Gnadenmitteln nur einen gewissen Einschlag bildeten. Es ist von hier aus gesehen kein Zufall, daß in der Gestalt des Manichäismus orientalischer Dualismus und orientalische Mythologie noch einmal erobernd nach Westen drangen und gerade ernstere und tiefere Gemüter gewaltig anzogen, so lang, bis sein größter Bestreiter Augustin sich zunächst mit Hilfe des Neuplatonismus von ihm losrang und zugleich dem Christentum eine neue geistige Tiefe erschloß, durch welche der Moralismus und Optimus des morgenländischen Christentums überwunden wurden.

20. Literatur.

A. Neander Genet. Entw. d. vornehmsten gnostischen Systeme, Berlin 1818. F. Ch. Baur Die christl. Gnosis in ihrer gesch. Entw., Tübingen 1835. E. W. Möller Gesch. d. Kosmologie in der griech. Kirche bis Origenes, Halle 1860. R. A. Lipsius Gnostizismus (urspr. in Ersch und Grubers Encyklopädie), Leipz. 1860. [1533] E. W. King The Gnostic and their remains 18641. 18872. H. L. Mansel The gnostic Heresies of the 1 a. 2 Centuries, London 1875. M. Joel Blicke in die Religionsgeschichte, Breslau 1880. Weingarten Umwandlung der urspr. christl. Gemeindeorganisation z. kathol. Kirche, Histor. Ztschr. v. Sybel N. F. IX 1881, 441ff. Th. Koffmane D. Gnosis nach ihrer Tendenz u. Organisation 1881. K. Kessler Über Gnosis und altbabylonische Relig., Vortr. a. d. Orientalistenkongreß, Berlin 1881. A. Hilgenfeld Ketzergeschichte des Urchristentums, Leipzig 1884 (ders. Ztschr. f. wissensch. Theol. 1890 I Der Gnostizismus). W. Anz Zur Frage nach dem Ursprung des Gnostizismus, Leipzig 1897 (Texte und Untersuchungen XII 4). R. Liechtenhan Die Offenbar. im Gnostizismus, Göttingen 1901. C. Schmidt Plotins Stellung z. Gnostizismus u. kirchl. Christentum 1902 (Texte u. Untersuch. XX 4). E. de Faye Introduction à l’étude du Gnosticisme, Paris 1903. G. Krüger Art. Gnostizismus Theol. Realenzyklop.3 VI 728ff. M. E. Buonaiuti Lo Gnosticismo, Storia di antiche lotte religiose, Roma 1907. W. Bousset Hauptprobleme der Gnosis 1907. – Von allgemeinen Werken die geläufigen Kirchengeschichten (Kurtz I bearb. v. Bonwetsch, Möller, Müller), die Dogmengeschichten (vor allen A. Harnack³ I 271ff. Loofs Seeberg). Gruppe Griechische Mythologie und Religion II 162ff. P. Wendland Hellenistisch-römische Kultur, 1907, 161ff. A. Harnack Die Mission u. Ausbreitung des Christentums2 1906, 21ff. – Werke über der Gnosis verwandte Gebiete: G. Anrich D. antike Mysterienwesen 1894. G. Wobbermin Religionsgesch. Studien 1896. W. Kroll De oraculis chaldaicis 1894 (Berl. philol. Abh. VII). A. Dieterich Eine Mithrasliturgie 1903. R. Reitzenstein Poimandres, Leipzig 1904. F. Cumont Les religions orientales dans le paganisme Romain 1906. Vgl. die Literatur zum Art. Mandäismus, Manichäismus und die in diesem Art. zu § 2 und 16 angeführten Werke.
[Bousset.]

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