ART

Gallia ist der westlichste Teil des europäischen Rumpfes, umrahmt von natürlichen Grenzen, Rhein, Alpen, Pyrenäen und dem Meere (Caes. bell. Gall. I 1, 5. Sallust. frg. I 11 M. Cic. Pis. XXXIII 81. Panegyr. VIII 3 Baehr. u. a.). Das Land hat Anteil am offenen Ozean und am Mittelmeer. Diese Gewässer kommen einander im Südwesten bis auf weniger als 3000 Stadien (550 km) nahe, wie schon Poseidonios richtig angab (Strab. IV 188).

Küste und Meer.

Der Küstenanteil überwiegt bedeutend die Landgrenzen. Das Mittelmeergestade zerfällt in zwei durch das Rhônedelta geschiedene Teile: im Osten die Steilküste der Provence, wo die Meeralpen oft kaum einen Weg der See entlang gestatten (Strab. IV 184), mit vorgelagerten kleinen Felseilanden wie die Stoichaden (Strab. IV 184 gute Ankerplätze), Lero und Lerina (Plin. III 79) u. a. Westlich des ausgedehnten Rhônedeltas dehnt sich eine Flachküste (Venant. Fort. carm. VI 5. 213), versandet durch die westwärts abgetriebenen Sinkstoffe der Rhône (Avien. or. mar. 566), welche Flußmündungen sperren und Strandseen aufstauen (Mela II 79–81. Plin. III 4, 32. Avien. 569f. Strab. IV 181 u. a.). Daher ist die Küste hafenarm, wie Plin. III 4, 32 richtig begründet: oppida de cetero rara praeiacentibus stagnis. Hier sind es die offenen Flußmündungen, die als Ankerplätze benützt wurden. Fluß und Siedlung hat denselben Namen (Ruscino, Illiberis). Polybios (XXXIV 10) nennt den Atax Narbo nach der Stadt, deren Lage durch ihn bedingt war (vgl. Rev. ét. anc. VIII 323). Abwechslung in die Dünenküste bringen die felsigen Aufragungen von Leucate, Agathe und des fichtenbestandenen Setius mons (Avien. 609). Südlich der Mündung des Illiberis (Tech) beginnt wieder die Steilküste infolge [640] des Herantretens der Pyrenäen ans Meer (Avien. 533). Nach Mela (II 84) war Cervaria locus (Cap Cerbère) Galliae finis. Im Westen erreicht das Gebirge mit dem Vorgebirg Οἰάσσω (Marcian. II 20) den Γαλατικὸς κόλπος (Strab. IV 190), Aquitanicus sinus (Plin. IV 109), den Golf von Biskaya, der auch im Altertum durch seine Stürme verrufen war (Avien. 174f.). Die Küste nordwärts ist die berüchtigte Dünenküste des Landes (vgl. Petermanns Mitt. 1902, 30ff.) mit den vielen Strandseen, der häufigen Veränderung der Flußmündungen und den wandernden Sandrücken. Trefflich charakterisiert Sidon. Apoll. ep. VIII 12, 1 (vgl. Strab. IV 190) dieses Gebiet. Auch da bilden die offenen Flußmündungen die einzigen Ankerplätze; bezeichnend ist, daß Marcian genau die Flußmündungen angiebt, bis zur Garonnemündung aber keine Siedlung nennt. Zwischen Kap Κουρίαννον, Pte de Grave, und Σαντόνων ἄκρον, Pte de la Coubre, greift der breite, durch die Gezeitenströmungen offen gehaltene (Sidon. Apoll. carm. XXII 105f. Mela III 21) Girondetrichter tief ins Land. Die Lage von Burdigala an seinem Ende ist durch die günstigen Verkehrsverhältnisse bedingt. Einen gleich wichtigen Stützpunkt bietet der Schiffahrt das Aestuar des Liger (Loire). Hier lag der alte Flußhafen Koρβιλών, Polyb. XXIV 10, später der Portus Namnetum, CIL XIII 3105f.[1] Vor der etwas abwechslungsreicheren Marschenküste zwischen Gironde- und Loiremündung liegen mehrere Inseln, so Uliaros (Oléron), Plin. IV 109, und Ratis (Ré), Geogr. Rav. V 33. Die reiche Gliederung der steilen Bretagneküste, die vielen Inselchen draußen im Meer (insulae Veneticae Plin. IV 109) wiesen die Veneter früh auf die See hinaus (Caes. bell. Gall. II 34. III 8). Der westlichste Punkt der Halbinsel ist Kap Γαβαῖον (St. Mathieu) im Gebiet der Osismier (Caes. bell. Gall. IV 107. Strab. IV 195. Ptolem. II 8, 1. Marcian. II 25). Von da ab trennt der stürmische (Caes. IV 28. 29. Ammian. XXVII 8, 6), nebelreiche (Strab. IV 200. Paneg. V 17) Kanal (oceanus Britannicus Plin. IV 109) G. von Britannien. Der einzige gute natürliche Hafen der ganzen Küste ist der Trichter der Seine, durch den auch die wichtigste Verkehrslinie von Norden her ging (Strab. IV 189); doch haben auch andere Küstenplätze der antiken Schiffahrt genügt wie Portus Itius, Gesoriacum, welche wiederum die größte Nähe der Gegenküste für sich hatten. Östlich von Kap Gris-nez beginnt die typische Nordseeküste mit den zahlreichen Untiefen, Dünen, Watten (Caes. bell. Gall. VI 31, 3. Strab. IV 194).

Oberflächengestaltung.

Den Wert des Anteils an der See erhöht wesentlich der dem Verkehr besonders günstige orographische Bau des Landes. Die Erhebungen der südöstlichen Hälfte sind durch breite Tiefenlinien getrennt, durch welche meist schiffbare Flüsse fließen, der Nordwesten ist größtenteils Tiefland. Diese Verhältnisse deutet bereits Strabon (IV 177) klar an: ... δι' ὧν δὲ φέρονται χωρίων, πεδία ἐστὶ τὰ πλεῖστα καὶ γεωλοφίαι διάῤῥους ἔχουσαι πλωτοὺς · οὕτως δ' εὐφυῶς ἴσχει τὰ ῥεῖθρα πρὸς ἄλληλα ὥστ' ἐξ ἑκατέρας τῆς θαλάττης εἰς ἑκατέραν κατακομίζεσθαι, πορευομένων τῶν φορτίων ἔπ' ὀλίγον καὶ διὰ πεδίων εὐμαρῶς, τὸ δὲ πλέον τοῖς ποτάμοῖς, [641] τοῖς μὲν ἀναγομένων τοῖς δὲ καταγόμενων. Die Täler der Rhône-Saône, des Doubs-Rhein bilden die eine Tiefenlinie, die andere wird von der Garonne und Aude (Strab. IV 189) durchflossen. Südwärts dieser ziehen die Pyrenäen, mit den höchsten Erhebungen in die Schneeregion hineinreichend (Venant. Fort. carm. VI 5, 211; praef. ad Greg. pap. 4 u. a.). Drei Übergänge über das Gebirge bilden die Hauptverkehrslinien: der Col du Perthus (Summo Pyrenaeo Itin. Ant. 397. Strab. IV 160) im Osten, der Paß von Roncevaux (Nive-Pampelona 1409 m) und der Somport (Les Gaves-Saragossa 1632 m); auch diese beiden waren von römischen Straßen überschritten (Itin. Ant. 452. 455 summo Pyrenaeo); vgl. Jullian La Gaule Romaine I 51. Nordwärts dacht sich das Hochgebirge zum weiten Flachland des Adour und der Garonne ab, aus dem man ohne merkliches Ansteigen in das Gebiet der Mittelmeerflüsse gelangt. Jenseits dieser wichtigen Tiefenlinie, durch welche die Lage von Tolosa bedingt ist, steigt das Zentralplateau an. Unter seinen Gipfeln hat der Pays de Dôme seinen Namen aus dem Altertum. Er war die Stätte der Verehrung des Mercurius Dumias (CIL XIII p. 194.[2] Longnon 516. Compt. rend. ac. inscr. 1906, 393). Im Westen bildet das Plateau von Limousin (Aquitania montem habet, qui ... Petragoricam et Lemovicam civitates dirimit Vit. Vedast. Mon. Germ. Merov. III 413) den Rand, gegen die Ebene der Languedoc und das Rhônetal setzt das durch zahlreiche Flüsse sehr zertalte vulkanische Bergland in einem Steilrand ab, den Cevennen (Cebenna mons dorsa celsus Avien. or. mar. 625. Lucan. I 434). Sie bilden eine scharfe klimatische Grenze der mediterranen Narbonensis; denn das Zentralplateau mit einer mittleren Höhe von 800 m ist rauh (vgl. Caes. bell. Gall. VII 8). Ihm lagert sich im Norden das Pariser Becken an, dessen südöstliche Umrandung gegen die Rhône-Saônefurche schroff abbricht. Die Ms du Morvan erscheinen schon bei Venant. Fort. (vit. S. Germani XXIX Krusch 17: per Murvinnum), für die Côte d’or und das Plateau von Langres sind keine besonderen Namen überliefert. Die Monts faucilles sind als Teil des Wasgau betrachtet und Vosagus mons, wie er genannt worden (Vib. Sequ. 145, 16 läßt die Saône und Caes. bell. Gall. IV 10 die Maas aus dem Vosagus mons kommen). Der Gott des Waldgebirges erscheint auf Inschriften (CIL XIII 6027.[3] 6059 u. a.). Das weite waldbedeckte Hügelland der Ἀρδουέννα ὕλη (Strab. IV 194, der Name erstreckte sich auch auf die Argonnen und die Schwelle von Artois, die als Carbonaria silva bei Gregor. hist. Franc. II 9 erscheint) schließt das Pariser Becken im Osten. Durch die Tiefenlinie Rhein-Doubs-Saône ist der in seiner Höhe von Caesar (I 6, 1) überschätzte Jura vom französischen Mittelgebirg geschieden. Sein südlicher, höchster Teil tritt hart an die Rhône und den Genfersee heran, kaum Platz für eine Straße lassend, Caes. a. O. See und Fluß trennen das Gebirge von den Alpen. Sie bildeten zwar eine politische, aber nicht eine ethnographische Grenze, da sie im Verhältnis zu ihrer Höhe ziemlich leicht überschreitbar sind; dazu kommt, daß die Täler der Westabdachung viel länger sind und daher [642] allmählicher hinauf leiten auf die Paßhöhen als die der Ostseite (Ammian. Marc. XV 10); daher sind die Kelten über die Westalpen in die Poebene hinübergegangen. Über die Pässe u. a. vgl. o. Bd. I S. 1607. 1608.

Hydrographie.

Keine der Erhebungen bildet ein wesentliches Verkehrshindernis, nicht einmal so recht die beiden Hochgebirge, die überdies eine Grenzlage besitzen. Ein bedeutender Vorteil liegt aber auch in der gegenseitigen Annäherung der fünf großen Flußsysteme G.s, zwischen denen geringfügige Wasserscheiden liegen, ohne den Verkehr zu hemmen (vgl. Strab. IV 177. 193). Der Südwesten G.s ist im wesentlichen das Flußgebiet der schiffbaren (Strab. IV 193) Garonne (magnus Garumna Tibull. I 7, 11), die aus den Pyrenäen kommend dem Atlantischen Ozean zufließt, dessen Flut und Ebbe bis hinauf nach Burdigala, das am Anfang der Trichtermündung liegt, sich bemerkbar macht (Itin. Hieros. 549). Der aus den Pyrenäen kommende Atur fl. (Adour) und der dem Sandboden des Landes entspringende Sigmatis fl. (heute Leyre) gehen gleichfalls dem Meere zu. Aus dem Hochgebirge empfängt die Garumna den Egircias (Gers), dem Venant. Fort. ein eigenes Gedicht widmet (lang sei der Fluß sehr wasserarm, schwelle aber plötzlich nach andauerndem Regen hoch an – eine gewöhnliche Erscheinung bei den Flüssen Aquitaniens), aus dem Zentralplateau strömt ihr zu der Duranius (Dordogne) vom Mont dore (gelido de monte Auson. Mosella 464) mit der Visera (Vezère), der Oltis (Lot) mit dem Triobris (Truyère) und der Tarnis (Tarn) mit dem Avario (Aveyron). Gegen Norden und Nordwesten wird das Zentralplateau entwässert durch den Liger (Loire) und seine Nebenflüsse. Die Loire ῥεῖ ἐκ τῶν Κεμμένων Strab., nimmt links den aus den Monts de la Lozère kommenden Elaver (Allier), den Caris (Cher, Gregor. hist. Fr. V 41), den Angeris (Indre) und die aus dem Plateau de mille vaches kommende Vienne (Vingenna) auf; rechts strömen ihr die vereinigten Meduana (Mayenne), Sartha (Sarthe) und Ledus (Loir) zu. Der bedeutende Fluß ist schiffbar (CIL XIII 3105[1] naut(ae) Lig(erici)) und ein wichtiger Verkehrsweg, litt aber auch im Altertum wie die Garonne oft an bald zu niedrigem, bald allzu hohem Wasserstand, der wieder große Verheerungen anrichtete und die Kommunikation zwischen Aquitanien und dem Nordosten unterbrach (vgl. zum J. 354 Ammian. XIV 10. Caes. bell. Gall. VI 55, 10. Gregor. hist. Franc. V 33). Zwischen der Loire- und Garonnemündung erreicht der Carantonus (Charente) das Meer gegenüber der Insel Oléron (Uliaros).

Dort wo die Loire den nördlichsten Punkt ihres Laufes erreicht, kommt sie der Seine (Sequana) am nächsten; dem Verkehr von Strom zu Strom steht kein Hindernis im Weg, ihm verdankt Cenabum (Aureliana, Orléans) seine Lage. Die Seine entspringt am Plateau von Langres, an der Grenze des Lingonengebiets, ihre Quelle war als heilbringend aufgesucht und göttlich verehrt (CIL XIII 2858ff.).[4] Rechts fließen ihr Matrona (Marne) und Esia (Oise mit der Aisne, Axona), links Icauna (Yonne) und Autura (Eure) zu. Wie die Seine, so fließt auch die Somme (Samara) in den Kanal. Der Nordsee gehört die Schelde [643] (Scaldis), die von der Schwelle von Artois kommt, und der Rhenus, wie jene in einem großen Delta mündend. Sein südlicher Mündungsarm Vacalis (Waal) nimmt die Mosa (Maas) auf, die ex Lingonicis finibus fontem sumens post multos anfractus crebrosque terrae circuitus endet (Vit. Salaberg. I 4). Links kommt ihr die Sambre (Sabis) zu. Im Winkel zwischen den Monts Faucilles und den Vogesen entspringt die von Ausonius besungene Mosella (Mosel), die in großem Bogen dem Rhein entgegenströmt (Confluentia, Koblenz), verstärkt durch zahlreiche Seitenflüsse, den Saravus (Saar), Erubris (Ruwer) und Drahonus (Drohn) am rechten, Sura (Sauer mit Promea [Prüm] und Nemesa [Nims]), Celleis (Kyll), Salmona (Salm) und Lesura (Lieserbach) am linken Ufer. Im Helvetiergebiet geht dem Rhein die Aare zu, Arura der Inschriften CIL XIII 5096.[5] 5161.

Die wichtigste Wasserader, welche G. zum Mittelmeer hin entwässert, ist der Rhodanus (Rhône), der die Vallis Poenina (Wallis) und den Lacus Lemannus (Genfersee) durchströmt, πλεῖστον ἀνάπλουν ἔχων ἐκ πολλῶν πληρούμενος ῥευμάτων (Strab. IV 185), doch die Bergfahrt durch das bedeutende Gefälle nicht gerade förderte (Strab. IV 189). Bei Arelate beginnt das Delta. Wegen der häufigen Versandung des Fahrwassers daselbst hat Marius nach Südosten einen Kanal durchstechen lassen, der dem massiliotischen Handel zugute kam (Strab. IV 183).

Der wichtigste Nebenfluß der Rhône, schiffbar wie diese (corpus nautarum Rhodanicorum et Araricorum, vgl. die Zusammenstellung der Inschriften bei Waltzing Corporations III 524ff.) ist der langsam fließende (Caes. bell. Gall. Ι 12, 1. panegyr. VII 18) Arar, bereits von Ammian (XV 11, 17) Sauconna (Saône) genannt, der mit seinem bedeutendsten Zufluß, dem Doubs, dem Verkehr die wichtigste Route zum Rhein hin weist. Die übrigen zur Rhône auf der rechten Seite fließenden Gewässer sind geringfügig (Vardo, Gard), da das Zentralplateau steil zum Rhônetale absinkt; weit stattlicher sind die den Alpen entströmenden, Isara (Isère aus den Graischen Alpen), Druna (Drôme), Σούλγας (Strab. IV 185 Sorgue) mit der Ouvèze (Ovidis CIL XII 3316.[6] 3317. 4107?) und Druentia (Durance). Nur in ihrem untersten Teil wohl wurde diese mit Schiffen befahren, CIL XII 721.[7] 731; denn sie ist wie die Isère ein reißender Gebirgsfluß, der bei Schneeschmelze Verheerungen anrichtet (vgl. CIL XII 107[8] vias per fines Ceutronum vi torrentium eversas. CIL XII 2343).[9]

Dieselbe Eigenschaften haben die dem Mittelmeer zuströmenden Bäche der Westalpen (vgl. besonders Strab. IV 187), so der Var und der Argens (Argenteus fl.). Schließlich sind noch der Arauris (Hérault) und Orbis (Orb), die aus den Cevennen, Atax (Aude), Sordus (Agly mit dem Vernodubrus, Verdouble), Tetus (Tèt nach der Stadt von Polyb. XXXIV 10 Ῥόσκυνον genannt) und Ticis (Tech, Illiberis nach der daranliegenden Stadt), die aus den östlichen Pyrenäen dem Meere zuströmen, zu erwähnen.

Klima, Vegetation, Landwirtschaft.

G. zerfällt klimatisch in das Gebiet der mediterranen Flora, des kontinentalen Inneren und [644] Ostens und in die Region des ozeanischen Klimas im Westen und Norden. Nicht nur der politischen Stellung und der starken Romanisierung nach, sondern eben durch das Klima war die provincia (Languedoc, Provence) eine Fortsetzung Italiens. Τοὺς γὰρ αὐτοὺς ἐκφέρει, καρποὺς ἡ Ναρβωνῖτις ἅπασα ὥσπερ ἡ 'Ἰταλία, προιόντι δ' ἐπὶ τὰς ἄρκτους καὶ τὸ Κέμμενον ὄρος ἡ μὲν ἐλαιόφυτος καὶ συκοφόρος ἐκλείπει τἄλλα δὲ φύεται (Strab. IV 178). In dieser χώρα εὐδαίμονεστάτη (Strab. IV 177) gedeihen die charakteristischen Kulturbäume des Mittelmeerklimas, Ölbaum und Feigenbaum und besonders gut die Rebe (Strab. IV 179). Die Cevennen bilden eine scharfe Klimengrenze. Von ihnen herunter fällt der kalte Mistral, der Circius der Alten, in die gesegneten Ebenen und auf das Meer, das er in Bewegung bringt (Strab. IV 182. Gell. II 22, 20. Plin. II 120ff. u. a.). Doch reinigt er die Luft von den Ausdünstungen der Rhône- und Küstensümpfe. Seneca nat. quaest. V 17 Galliam Circius infestat: cui aedificia quassanti tamen incolae gratias agunt tamquam salubritatem caeli sui debeant ei ...; vgl. besonders Maass Österr. Jahresh. 1906, 176ff. Weiter im Norden ist der Ölbaum nicht mehr zu finden, dagegen überall der Weinbau, wo nicht gerade das sommerkühle Ozeanklima unmittelbar an der Küste das Reifen hindert (vgl. Strab. II 73). Begünstigt ist besonders die Nordküste und die Kanalinseln durch die Golfströmung, so daß selbst Feigenbäume zur Reife kommen (Iulian. misop. 340 γίγνεται δὲ καὶ χειμῶν ἐκεὶ πραότερος ὑπὸ τῆς θέρμης ... τοῦ Ὠκεανοῦ ...). Das rauheste Klima hat, abgesehen von den randlichen Hochgebirgen, das Zentralplateau (Caes. bell. Gall. VII 8), dessen Wintertemperatur ca. 8° geringer ist als die des Mediterrangebiets, wodurch die heftige Luftströmung entsteht, die wir als Circius (Mistral) zuvor besprachen.

Dem im allgemeinen sehr günstigen Klima und dem vorzüglichen Boden (Solin. 21, 1 Momms.; vgl. Martial. VI 11, 7) entspricht auch der Reichtum des Landes an Wein und Cerealien, wozu überdies die von den Galliern angewendete künstliche Düngung beitrug (Varro I 7, 8. Plin. XVII 42). Καὶ ἡ ἄμπελος δὲ προιοῦσι οὐ ῥαδίως τελεσφορεῖ. ἡ δὲ ἄλλη πᾶσα σῖτον φέρει πολὺν καὶ κέγχρον καὶ βάλανον ... Strab. IV 178.

Die reichsten Getreidedistrikte sind auch heute die Landschaft Limagne (Arvernerland, vgl. Vidal de la Blache in Lavisse Histoire de France I 299), von deren Fruchtbarkeit Sidon. Apoll. epist. IV 21, 5 und Gregor. hist. Franc. III 9 ein anschauliches Bild entwerfen, das im Nordwesten angrenzende Berry (Bituriges Cubi, Caes. bell. Gall. VII 13, 3. VIII 2, 2), das Aeduer- und Lingonengebiet (Bourgogne, Nivernais, vgl. Gregor. a. O. III 19), die Franche-Comté (Sequani, agri Sequani, qui esset optimus totius Galliae Caes. I 31, 10), das Suessionengebiet (um Soissons, Caes. II 4, 6. Venant. Fort. VII 4, 14). Aquitaniens Fruchtbarkeit wird besonders in einer Zeit gerühmt, als sie durch die fortwährende Kriegsnot nicht recht zur Geltung kommen konnte. Als Beispiel sei die Schilderung Salvians de gub. dei VII 2, 8 angeführt: nemini dubium est Aquitanos ac Novempopulanos medullam fere omnium Galliarum et uber totius fecunditatis habuisse [645] ... adeo illic omnis admodum regio aut intertexta vineis aut florulenta pratis aut distincta culturis aut condita pomis ... crinita messibus fuit, ut vere possessores ac domini terrae illius non tam soli istius portionem quam paradisi imaginem possedisse videantur. Constantius im J. 354 und Iulian im J. 358 beziehen das Getreide für das Heer aus Aquitanien, Ammian. XIV 10, 1. XVII 8, 1. Speziell für das Pictonengebiet vgl. Paul. Nol. carm. X 249. Plin. XVII 47.

Wie als Getreideland (Hauptweizenproduktion in ganz Europa vgl. Bracchelli-Juraschek Staaten Europas 1907, 454f.) war G. auch als Weinland bereits im Altertum bedeutend. Die Rebe ist wohl zuerst von den griechischen Kolonisten der Küste ins Land gebracht worden (Iustin. XLIII 4. Athen. IV 152; vgl. Hehn Kulturpflanzen6 76ff.) und gedieh im südlichen G. so sehr, daß die römische Handelspolitik den italischen Eigenbau durch Hemmung des gallischen zu fördern suchte, zunächst durch Einfuhrverbot (Gell. II 24, 2), bald aber durch Anbauverbot (Cic. de re publ. III 9 zum J. 129 v. Chr. nos vero iustissimi homines qui Transalpinas gentes oleam et vitem serere non sinimus quo pluris sint nostra oliveta nostraeque vineae). Das Verbot, das natürlich nur für die damals von Rom abhängigen Teile G.s gelten konnte, wird auch da kaum durchführbar gewesen sein. Domitian beabsichtigte die Vernichtung der Hälfte aller Reben, um dem Getreidebau noch mehr Ausdehnung zu geben. Schon daraus ist gegen die unbeschränkte Glaubwürdigkeit der Hist. Aug. Prob. 18, 8, Probus hätte erst den Galliern gestattet, ut vites haberent vinumque conficerent, Einsprache zu erheben, abgesehen von den so zahlreichen Beweisen gallischen Weinbaus zu allen Zeiten. Neben der Weinproduktion der südlichen Narbonensis (vgl. u. a. Strab. IV 179) ist noch besonders der des allobrogischen Gebiets (retsinierter Wein) zu gedenken. Vienna war der Hauptmarkt (Colum. III 2, 16. XII 23, 1. Martial. XIII 107. Plut. quaest. conv. V 1; vgl. noch CIL XIII 1954).[10] Die Weingärten des Garonnegebiets, die den ,Bordeaux‘ liefern, werden schon von Columella (III 7, 1) und Plinius (XIV 27; die Bituriges sind wohl die Bituriges Vivisci um Burdigala) erwähnt, werden später von Auson. Mosella 160; ep. IX 18. Venant. Fort. vit. S. Amantii X 69 und Salvian. a. O. gepriesen (vgl. auch Vit. S. Eutrop. Act. Sanct. 30. Apr.). Auf intensiven Weinbau, wenn auch vielleicht erst in später Zeit, an der mittleren und unteren Loire lassen Gregor. hist. Franc. VII 46 und insbesondere die hochinteressanten Nachrichten über den Weinhandel aus West-G., besonders dem pictavischen Gebiet (Poitou) nach Irland schließen, die Zimmer S.-Ber. Akad. Berlin 1909, 363ff. 430ff. aufzeigt. Im Seinegebiet ist bereits im 4. Jhdt. die Rebe heimisch (Iulian. misop. 341), in gleicher Zeit rühmt Auson. Mosella 150ff. die Moselweine. Die Weinkulturen des Aeduer- und Lingonenlandes (,Burgunder‘) schildern panegyr. VIII 6 Baehr. und Gregor. hist Franc. III 19.

Ziemlich ausgedehnt muß in alter Zeit das gallische Waldland gewesen sein, besonders im Nordosten. Die Wälder der Ardennen bezeichnet Caes. bell. Gall. VI 29, 4 als die größten G.s. [646] Vorherrschend waren es auch damals schon Niederwälder (so Strab. IV 194). Niederer Eichenwald bei den Menapiern (untere Schelde) lieferte eine besonders gute Mast für die berühmten menapischen Schweine, s. u. Die Fichtenbestände des Jura und der Vogesen lobt Plin. XVI 197; die Nadelhölzer der Alpen lieferten Harz, das auch auf der Rhône weiter verfrachtet wurde, Athen. V 216. Heute ist gerade der äußerste Südwesten des Landes am waldreichsten (56%). Das ist aber der Aufforstungstätigkeit in diesem ziemlich sterilen Gebiet zuzuschreiben. Es ist Sandboden, dessen Wanderdünen so zum Stehen gebracht werden. Eine vorzügliche Beschreibung desselben gibt uns Sidon. Apoll. ep. VIII 12, 1. Steril war noch das ,Steinfeld‘ zwischen Massilia und der Rhône (Strab. IV 182, vgl. Maass Österr. Jahresh. IX 150), da und dort versumpfte Striche (um Arles, vgl. Maass a. O. X 167. Caes. bell. Gall. IV 28, 2. VI 5, 4. VII 15, 5. 57, 4. Strab. IV 194 u. a).

Landesprodukte (landwirtschaftliche s. o. unter Vegetation und u. S. 648).

Fischerei.

a) Flußfischerei. Die Nachrichten sind nicht besonders zahlreich. Ein sehr geschätzter Fisch, der Lachs (salmo), wurde besonders in den aquitanischen Flüssen (Plin. IX 68) und in der auch sonst sehr fischreichen Mosel gefangen (Auson. Mosella 97ff.). Von Aalfang in den gallischen Mittelmeerflüssen berichtet Strab. IV 182; vgl. noch Athen. VIII 4. Plin. IX 29f. Gregor. hist. Franc. III 19. Jullian La Gaule Rom. I 87.

b) Seefischerei. Mehrfach wird über Fischereibetrieb an der gallischen Mittelmeerküste berichtet. Massilia war nach Pomp. Trog. XLIII 5, 2 mit Karthago wegen Wegnahme einer Fischerflottille in Krieg geraten. Gefangen wurde besonders der thynnus (Thunfisch), Aelian. nat. an. XIII 16, aus dem in Antipolis (Antibes) Konserven hergestellt wurden, Plin. XXXI 94. Martial. IV 88, 5. XIII 103. Korallen, von den Galliern gern als Schmuck verwendet (vgl. Reinach Rev. celt. XX 24. 121), wurden bei den Stoichaden gefischt (Plin. XXXII 21). Die atlantische Küste lieferte bis auf den römischen Markt Austern, mit deren Sammeln medullische und santonische Fischer sich beschäftigten (Plin. XXXII 62. Auson. ep. IX 31. VII 3). Geschätzte Langusten kamen von der Küste von Labourd, Sidon. ep. VIII 12, 7 vgl. Rev. étud. anc. 1905, 151.

Mineralische Produkte.

Pyrenäen. Von den Montanprodukten des Gebirges nennt Strabon (IV 190) Gold im Gebiet der Tarbeller (Béarn, Gascogne) in den Westpyrenäen und bei den Tektosagen in dem östlichen Teil des Gebirgs (IV 187). Wenn der in der Inschrift CIL XII 4398[11] gemeinte Fluß (conductor ferrariarum ripae dextrae) die Aude ist (vgl. Hirschfeld. Verw.-Beamt.2 158 und Desjardins Géogr. I 414), so wäre die Inschrift ein Beleg für die Ausbeutung der Eisengruhen von Valmanya und Corsavy (Dép. Pyr. or.) im Altertum. Über den Erzreichtum des Gebirges im allgemeinen vgl. Strab. III 146, über Häufigkeit von Kupfergruben in Aquitanien Caes. bell. Gall. III 21. Die noch heute bestehenden Marmorbrüche bei St. Béat (Haute-Garonne) wurden schon in römischer Zeit abgebaut, [647] CIL XIII 38.[12] Den aquitanischen Marmor erwähnt Sidon. Apoll, ep. II 10, 4; vgl. Dubois Études sur l’administration ... des carrières 1908, 21ff. Mittelgebirge. Im allgemeinen spricht Strab. III 146 von den μέταλλα τὰ ἐν τῷ Κεμμένῳ ὄρει. Im besonderen gibt er im Gebiet der Rutenen an (IV 191); in der Tat sind im Département Aveyron zahlreiche Reste des gallisch-römischen Minenbetriebs konstatiert und dieser ist auch durch eine Inschrift aus Villefranche de Rouergue (CIL XIII 1550)[13] bestätigt. Hierauf bezieht sich wahrscheinlich Plin. XXXIII 23, 1; vgl. Daubrée Exploition des métaux dans la Gaule, Rev. arch. XLI (1881) 204f. Die Silberminen bei Vialas u. a. in den Ostcevennen im Quellgebiet des Tarn (dieser nach Auson. Mosella 465 goldführend) sind wohl identisch mit den von Strab. IV 191 erwähnten ἀργυρεῖα der Gabaler. Die heute bedeutenden Eisengruben des Départements Cher (Brives, Mehun usw.) sind die von Strab. IV 191 den Bituriges Cubi zugeschriebenen (vgl. Caes. bell. Gall. VII 22 und u. S. 649). Eisen gewannen auch die Petrocorii (Périgord), Strab. a. O. Über die Eisenwerke in der Haute-Marne (Vassy, St. Dizier) und ihren wahrscheinlichen Betrieb im Altertum vgl. Bulard Annal. de géogr. XIII 223ff. Über die Ausbeutung der Tonfundstätten s. u. S. 649. Über die Gewinnung von Steinsalz im französischen Jura (heute Salins) haben wir aus dem frühen Mittelalter Nachricht, Vit. patr. Iurens. Mon. Germ. Merow. III 161. Alpen. Plin. XXXIV 3 berichtet von Kupfergewinnung im Ceutronengebiet (Tarentaise).

Seesalzgewinnung.

Seesalzgewinnung betrieben die Menapier und Moriner an der Flachküste östlich von Grisnez (CIL XI 390.[14] 391), die Veneter an der Ozeanküste (Vita S. Albini episc. Andegav. III 12 (Acta Sanct. 1. März): in Venetiensi namque territorio vicus quidam est in littore Oceani maris situs, quem Britannica lingua Gueran (heute Guerande, Arrondissement S. Nazaire) vocant, ob plurimum commercium salis valde populosus). Allgemeine Angaben über den Erzreichtum des Landes bieten Diodor. V 27. Plin. XXXIV 164. Athen. VI 233. CIL VI 31863.[15] X 7383f.[16] XIII 1576f.[17] 1797. 1808. 1811. 1825. 3162. Über die Bergwerksverwaltung in römischer Zeit (teils kaiserlich, teils privat) Hirschfeld Verw.-Beamt.2 147. 157ff.

Thermen.

Zahlreiche, heute wie im Altertum aufgesuchte Heilquellen, die auch Anlaß zu Siedlungsgründungen waren, weist die Nordabdachung der Pyrenäen auf. Darüber im allgemeinen Plin. XXXI 4 frigidae, aliae aliae calidae aliae iunctae sicut in Tarbellis, Aquitanica gente, et in Pyrenaeis montibus. Im einzelnen werden genannt Aquae Convenarum oder Bigerronum, Bagnères de Bigorre im oberen Adourtal (CIL XIII 390. 391; vgl. auch für die anderen Aquae o. Bd. II S. 295ff.), am unteren Adour Aquae Tarbellicae, heute Dax (o. Bd. II S. 306, dazu noch Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. XX 435), die Aquae Siccae südlich von Tolosa; τὰ τῶν Ὀνησιῶν θερμά Strab. IV 190. Zahlreich sind die heißen Quellen in dem vulkanischen Zentralplateau; solche sind: die Quellen von Cahors (Quercy), Auson. urb. nob. 160f., die Aquae calidae der Arverner, heute Vichy, die Aquae Neri [648] der Bituriges Cubi, heute Neris, die Heilquellen von Bourbon Lancy, wahrscheinlich die Aquae Nisinciae, die von Bourbon-l'Archambault die Aquae Bormonis, im Lingonengebiet (Langres) die Quellen von Bourbonne-les-Bains, die im Altertnm sehr frequentiert wurden, CIL XIII 5911ff.;[18] die Quellen der Gegend von Dijon erwähnt Gregor. hist. Franc. III 19, die von Luxovium (Luxueuil) im Wasgau und ihren starken Besuch Jonas Bob. vit. S. Columbani 17; vgl. noch CIL XIII 2[19] p. 79. Im Alpengebiet seien genannt die Aquae Sextiae in der Provence, vgl. o. Bd. II S. 305. CIL XII p. 65;[20] Aquae, Aix-les-Bains in Savoyen CIL XII 2443f.;[21] die Aquae Helveticae, Baden am Limath CIL XIII 2[19] p. 42. Vgl. im allgemeinen Jullian Gaule Rom. I 107f. Greppo Etudes arch. sur les eaux thermales de la Gaule.

Gewerbe. Textilindustrie.

Woll- und Leinenwaren sind hervorragende Ausfuhrartikel gewesen. Der Südwesten und der Nordosten des Landes ist besonders an ihrer Herstellung beteiligt. Cadurci, Caleti, Ruteni, Bituriges ultimique hominum existimati Morini immo vero Galliae universae vela texunt sagt Plin. XIX 8. Die Cadurci erzeugten überdies Polster, die wegen ihrer Qualität auch in Rom sehr geschätzt waren (Plin. XIX 13. Iuven. VI 537. VII 221 u. Schol.), Strab. IV 191 berichtet wie Plin. a. O. von ihrer Leinenerzeugung. Die Schafherden des Heidelandes der Landes und der unteren Garonne lieferten die Wolle für grobes Tuch und Mäntel, welche die Santones herstellten, Iuven. VIII 144, dazu Schol. und CIL XIII 1056.[22] Von der Leinenindustrie der schon oben genannten Bituriges zeugt auch Diocletian Maximaltarif p. 37 Mommsen-Blümner. Wie im Mittelalter und heute erfreute sich flandrische Leinwand und flandrisches Tuch auch im Altertum eines guten Rufes. Caleten, Ambianer, Moriner, Atrabaten und Nervier erzeugten es, Maximaltarif XIX 27. 32. 60. XXII 21. Strab. IV 197. Hist. Aug. Gallien. VI 6; Carin. XX 6. Hieron. adv. Iovian. II 21. CIL XIII 1056.[22] 1998. Eine kaiserliche Leinwandfabrik in Vienna nennt die Not. dign. Occ. XI 62. Über gallische Stofffärbereien Plin. VIII 191. 192. XVI 77. XXI 170. Not. dign. Occ. XI 72.

Nahrungsmittelerzeugung.

Zu nennen wäre der nach Italien ausgeführte Käse, welcher der Almwirtschaft der Cevennen entstammte, Plin. XI 240 laus caseo Romae, ubi omnium gentium bona comminus iudicantar e provinciis Nemausensi praecipua Lusurae (Lozère) Gabalicique pagi (Gévaudan). Nemausus (Nîmes) wird wie Tolosa (Toulouse) für die westlichen Gegenden G.s der Hauptmarkt gewesen sein (Martial. XII 32, 18 nec quadra deerat casei Tolosatis). Sehr geschätzten Käse lieferten auch die Almen des Ceutronengebiets (Tarentaise, Maurienne): caseus Vatusicus τυρὸς Βαθύσικος, Plin. XI 240. Galen. de aliment. facult. III 17.

Ein anderes in Rom sehr geachtetes Landesprodukt waren die Schinken aus dem nordöstlichen G. und aus dem Gebiet der Cavares (zwischen Durance und Isère), Varro r. r. II 4, 10. 11. Strab. IV 192. 197. Martial. XIII 54, Maximaltarif IV 8. Mehrmals wird das gallische Bier erwähnt, Athen. IV 152. Iulian. epigr. a. εἰς [649] οἶνον ἀπὸ κριθῆς, vgl. o. Bd. III S. 462–464. Hehn Kulturpflanzen6 146ff. Über die Herstellung von Fischkonserven in Antipolis s. o.

Glasherstellung. Keramik.

Die Kunst, Glas zu bereiten und zu verarbeiten, ist in G. sehr entwickelt worden. Beweis sind die zahllosen Funde. Darüber allerdings etwas dürftig (die geographische Nomenklatur bedarf einer Revision!) Kisa Das Glas im Altertum 1908 I 190–240. Ferner Blümner Technologie IV 385. Als literarisches Zeugnis kann nur Plin. XXXVI 194 angeführt werden. Beachtenswert ist, daß in Lugdunum als opifex artis vitriae ein Afrikaner aus Karthago ansässig war, CIL XIII 2000.[23] Über größere Werkstätten CIL XIII 3[24] p. 662; in dem Bande sind die Inschriften auf Glasgefäßen aus G. gesammelt.

Weit besser sind wir infolge umfassender Publikationen über die Keramik unterrichtet. Die größten Fabriken scheinen im Gebiet des Zentralplateaus gewesen zu sein, begünstigt durch das silikatreiche Tonmaterial, das besonders die Limagne liefert (Blanchet Mélanges d’archéol. Gallo-Rom. 2. fasc. 1902, 88ff.). Lezoux östlich von Clermont ist eine dieser (Déchelette Les vases céramiques ornés de la Gaule Rom. 1904 I 5. 138ff. 193ff.), eine andere war in der Gegend von Banassac (Lozère) am oberen Lot, Déchelette a. O. 177ff. Die dort in den Scherbenmassen gefundenen Gefäße mit der Aufschrift Lingonibus feliciter, Remis f., Gabalibus f. zeigen das Absatzgebiet in G. an; vgl. Gazette arch. 1877, 172. CIL XII 5687[25] 50. 52. Andere Fabrikstätten waren Montons (am Tarn westlich von Albi), Saint-Remy-en Rollat (Allier), Déchelette I 41. Rev. arch. 1901 I 360ff., Gannat und Vichy Déchelette I 60, das allobrogische Gebiet (Straßenstation Figlinis bei Vienna, vgl. Rev. étud. anc. I 158). Die allem Anschein bedeutendsten Terrasigillatafabriken waren bei Graufesenque (Aveyron, Rutenen, vgl. Déchelette I 108–113. Rev. étud. anc. 1903, 36–78) mit ausgedehntem Absatzgebiet und Rheinzabern (s. Tabernae). Im allgemeinen vgl. H. B. Walters History of ancient pottery 1905 II 379ff. 451. 515ff. CIL XIII/3.

Metallindustrie.

Strabon IV 191 schreibt den Petrocorii und Bituriges Cubi σιδηρουργεῖα ἀστεῖα zu. Diese Angaben bestätigt Caes. bell. Gall. VII 22, der von den magnae ferrariae der Bituriger (Avaricum) spricht, und Plin. XXXIV 162 insoweit, als er den Biturigern die Kunst des Versilberns, argentum incoquere, zuschreibt. Diese Technik gerade war in G. bodenständig, eine Hauptstätte ihrer Ausübung Alesia im Mandubiergebiet. Das Aeduerland weist ebenfalls Metallindustrie auf. Schmelzöfen sind in Bibracte gefunden worden (Rev. arch. 1870, 153ff.); in dem nicht weit davon von Augustus gegründeten Augustodunum finden wir opifices loricari, qui Aeduis consistunt, CIL XIII 2828,[26] loricaria und scutaria noch in der Not. dign. Occ. IX 33. In Dibio (Dijon) setzten fabri ferrarii Dibione consistentes die Inschrift CIL XIII 5474,[27] in Interanum (Entrains, Dep. Nièvre) aerarii jene CIL XIII 2901.[28] In Lugdunum (Lyon) war nach CIL XIII 2036[29] eine fabrica ferraria (vgl. noch XIII 1963. 2024 Silberarbeiter); die Not. dign. [650] Occ. a. a. O. gibt als kaiserliche Waffenfabriken Argentoratum (Straßburg), Matisco (Mâcon a. d. Saône), Suessiones (Soissons), Remi (Reims), Treveri (Trier) und Ambiani (Amiens) an. Über Metallverarbeitung in Massilia Strab. IV 180. Von Erzeugnissen werden besonders genannt die μάχαιρα Κελτική (Polyb. III 114. Pollux onom. I 149), die gallica, ein Ringelpanzer, Varro de l. l. V 116, eiserne Ketten, Caes. bell. Gall. III 113. Im allgemeinen Mommsen Berichte der sächs. Gesellschaft 1852, 246. Blümner Gewerbliche Tätigkeit 140ff.

Älteste Bevölkerungsschicht.

Als älteste Bevölkerungsschicht der südlichsten Gebiete G.s in historischer Zeit sind wohl die Ligurer zu betrachten. Nach Avien 130f. haben sie auch die Ozeanküste berührt, sind aber von dort vor den einwandernden Kelten zurückgewichen (caespitem, Ligurum subit cassum incolarum: namque Celtarum manu crebrisque dudum proeliis vacuata sunt: Ligures pulsi, ut saepe fors aliquos agit, venere in ista, quae per horrentis tenent plerumque dumos ...).

Kelten.

Die Kelten sind immer weiter nach Süden vorgedrungen. Der ligurische Stamm der Elisycer (Hekat. bei Steph. Byz.), der um Narbo saß, wie Avien 584ff. berichtet, war zur Zeit der Urquelle des Avien von dort verdrängt. Hekataios nach Steph. Byz. bezeichnet Narbo bereits als keltische Stadt. Freilich steht diese Angabe in einem Widerspruch mit den anderen Nachrichten. Die Ligurer sind nicht nur von Norden her gedrängt worden, sondern auch von Südwesten durch die Iberer, die sich über die Pyrenäen vielleicht Anfang des 5. Jhdts. geschoben haben. Skylax 3 kennt zwischen Pyrenäen und Rhône Ligurer und Iberer nebeneinander: Ἀπὸ δὲ Ἰβήρων ἔχονται Λίγυες καὶ Ἴβηρες μιγάδες μέχρι ποταμοῦ Ῥοδανοῦ. Παράπλους Λιγύων ἀπὸ ἐμπορίου μέχρι Ῥοδανοῦ ποταμοῦ ...). Nach Avien. 612f. lag die Grenze des ligurischen und iberischen Bereichs am Oranus, einem Flüßchen bei Cette, Taurum paludem namque gentici vocant Orani propinquam flumini. huius alveo Hibera tellus atque Ligyes asperi intersecantur). Scymnus 206f. läßt Agathe und Rhodanusia im iberischen Gebiet liegen. Vielleicht war die Besetzung Narbos ein vereinzelter Vorstoß der Kelten. Die Iberer scheinen sogar zeitweise bis zur Rhône hin die Ligurer unterdrückt zu haben, Strab. III 166 ἐπεὶ καὶ Ἰβηρίαν ὑπὸ μὲν τῶν προτέρων καλεῖσθαι πᾶσαν τὴν ἔξω τοῦ Ῥοδανοῦ, vgl. Scymn. a. O.). Doch scheint die ligurische Bevölkerung nicht verschwunden zu sein. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. XX 446f. macht auf den Umstand aufmerksam, daß in Aquitanien Götternamen vorkommen, die in Spanien fehlen, was vielleicht auf die ältere Bevölkerungsschicht zurückzuführen ist, ebenso wie die von jener der Iberer etwas verschiedene somatische Beschaffenheit der Aquitaner, Strab. IV 189. Diese aquitanische Bevölkerung schied sich streng, sprachlich und körperlich, von der keltischen (Strab. a. O.), was auch in der späteren Kaiserzeit durch Ausscheiden der Novempopuli (Iberer) aus dem Verband der aquitanischen Provinz, zu der durch die Maßregeln des Augustus Kelten und Iberer geschlagen wurden, ersichtlich ist (vgl. Hirschfeld a. O. 435f.). Die Ligurer hielten sich östlich der Rhône (Scymn. 201), auch [651] hier von Nord her von den Kelten zusammengedrängt (Hekat. bei Steph. Byz. Μασσαλία πόλις Λιγυστικῆς κατὰ τὴν Κελτικήν) und von ihnen durchsetzt. Dieses Mischvolk waren nach Strab. IV 203 die Salluvii. Der Bevölkerungszahl nach am schwächsten, aber durch den Einfluß auf das wirtschaftliche Leben der übrigen Stämme wichtig (Iustin. XLIII 4, 2) waren die Griechen der Küstenstädte. Daß vor der phokaeischen Kolonisation sich schon andere griechische Kolonisten an der Küste angesiedelt hätten (Kreter, Rhodier), sucht Maass auf Grund der Ortsnamen zu beweisen (Die Griechen in Südgallien, Österr. Jahreshefte 1906, 139ff. 1907, 85ff., vgl. dazu Rev. ét. anc. VIII 1906, 265). Jedenfalls hat aber erst durch die Begründung von Massilia durch Phokaeer (c. 600 v. Chr., vgl. Busolt Griechische Gesch. Ι² 433. CIL XII p. 55)[30] das Griechentum in Süd-G. Bedeutung erlangt. (Die Annahme einer früheren phoenikischen Siedlung auf Grund einer in Massilia gefundenen Inschrift ist haltlos, da die Inschrift eingeschleppt ist, Jullian Gaule Romaine I 389). Gegen Ligurer und Kelten, karthagische und etruskische Konkurrenz hatte sich die Stadt zu wehren (Thukyd. I 13, 6. Diodor. XIV 93, 5. Paus. X 8, 6), gründete aber bereits im 5. Jhdt. Handelsniederlassungen an der gallischen Südküste (Agathe, Antipolis, Nikaia, Olbia u. a.) und sicherte auch im Inneren ihre Handelsverbindungen (Rhodanusia Skymn. 208f. Strab. IV 184, vgl. Diodor. V 38, 5).

Im äußersten Nordosten sind germanische Stämme den Kelten über den Rhein hin nachgedrungen. Germanen sind die Bataver (o. Bd. III S. 118), von den Tungern bezeugt es Tac. Germ. 2 Quoniam qui primi Rhenum transgressi Gallos expulerint ac nunc Tungri tunc Germani vocati sint. Caesar bell. Gall. VI 32 zählt die Sequi und Condrusi zu den Germanen, als solche sollen sich nach Tac. Germ. 32 die Nervier gegeben haben.

Somit findet die römische Eroberung fünf Bevölkerungselemente vor: Iberer, Griechen und Ligurer im Süden, vermischt untereinander und mit den allen andern an Zahl überlegenen Kelten (über den Namen Galli-Celtae vgl. Galli. Zupitza Zeitschr. f. kelt. Phil. IV [1902]. Rhys Celtae and Galli, Proceed. of the Brit. Acad. 1905. Jullian Gaule Rom. Ι 318) und endlich Germanen.

Die iberische Bevölkerung zwischen Pyrenäen und Garonne zerfiel in viele kleine Stämme, Strab. IV 189. Plin. IV 108. Es bildeten diese iberischen Stämme einen Körper (Aquitani) unter den übrigen (keltischen) Gauen, welche von Augustus zu den iberischen geschlagen und zur Provincia Aquitania mit ihnen vereinigt wurden. Die Aquitani lösten sich in der Folge in mehrere Gauverbände auf, indem die Tarbelli (am Adour), die Auscii (Plateau von Lannemésan) und die Convenae (oberste Garonne) zunächst, dann auch die Elusates und Vasates (untere Garonne) die aquitanischen Stämme am Lyoner Landtag vertreten (vgl. Kornemann Klio I 332f.). Aus diesen fünf bei Ptol. II 7 genannten civitates sind dann noch weitere vier ausgeschieden (Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. XX 439), so daß im 3. Jhdt. der Gesamtname Novempopuli auf kommt. Die Novempopulana wurde durch die Diokletianische Reichsreform von [652] den keltischen Gebieten der Aquitania getrennt und selbständige Provinz (Lat. Veron. IX 5). Über die verschiedenen Stämme der Aquitani vgl. o. Aquitani. Auguste Longnon Atlas historique de la France Pl. 1. 2. Die Kelten der aquitanischen Provinz: Die Bituriges Vivisci um die Garonnemündung herum sind ein Teil des großen zwischen Garonne und Loire sitzenden Stammes der Bituriges (Cubi, Berry), bei dem einmal nach Liv. V 34 Celtarum summa imperii fuit. In die viviscische Civitas fielen auch die Meduli (Médoc) im Winkel zwischen dem Ozean und der Gironde. Ihnen gegenüber am Nordufer dieser saßen die Santones (Gebiet der Charente). Um die mittlere Isle und Dordogne bis zum Abfall des Plateaus von Limousin, des Gebietes der Lemovices, saßen die Petrocorier (Périgord). An sie schlossen sich südwärts die Nitiobriges und Cadurci (Quercy) an. Das Gebiet des Departements Aveyron zwischen Cantal und den Monts d' Espinouse war der Wohnsitz der Rutenen (Rouergue), von denen ein Teil schon vor Caesar unter römische Herrschaft gekommen und zur Provinz Narbonensis geschlagen war, Caes. bell. Gall. VII 7, 4. Auf dem Zentralplateau und zwar im nördlichen vulkanischen, siedelten die Arverner (Auvergne) zu beiden Seiten des Elaver (Allier). Ihre Herrschaft reichte in vorrömischer Zeit weit nach Süden, wie sich aus Liv. XXVII 39 und Strab. IV 191 ergibt. So standen sub imperio Arvernorum noch zu Caesars Zeit die Gabali (Gévaudan, Hochflächen des Causses) und die Vellavi (nordwestlich davon in der Lozère), Caes. VII 75. Das ersieht man auch daraus, daß Caes. VII 8, 2 die Cevennen als Grenze zwischen Arvernern und Helviern (in der Provincia) angibt; vgl. auch Ptolem. II 8, 11. Augustus hat dann diese Stämme selbständig gemacht, Strab. IV 190. Im Norden des Zentralplateaus, ostwärts an die Loire reichend (Caes. VII 5, 4), in der Landschaft Berry, saßen die bereits genannten Bituriges Cubi, westlich von ihnen bis ans Meer die Pictones (Poitou). Über die Sitze der keltischen Ambilatri und Anagnutes (Plin. III 108 im aquitanischen Katalog) ist nichts Näheres bekannt, vgl. Kornemann Klio I 335. Ihm o. s. v. Die genannten 14 keltischen Civitates, welche Plinius aufzählt, sind jene τετταρακαίδεκα ἔθνη Γαλατικά zwischen Γαρουνά und Λίγηρ, welche Augustus nach Strab. IV 177. 189 mit den aquitanischen zur Provinz Aquitanien vereint hat.

Lugdunensis.

Zahlreich waren die keltischen Stämme zwischen Loire und dem Kanal. Der südlichste in der Landschaft Bretagne war der Stamm der Namnetes an der Loire. Nordwärts daran die südliche Küste der Bretagnehalbinsel besitzend, siedelten die schiffahrtskundigen Veneter, den äußersten Westen jener nahmen die Osismii ein. Bis zur Bucht von St. Malo etwa reichte das Gebiet der ihnen benachbarten Coriosoliten, im Süden etwa bis an die Vilaine. An deren oberem Lauf bis zur Bai von St. Michel saßen die Redones (um Rennes), östlich von ihnen die Diablintes, nach Ptolem. II 8, 7 zu dem weitverbreiteten Aulercerstamm gehörig. Ein Teil dieses, die Aulerci Cenomani, bewohnte das Flußgebiet der Sarthe, ein anderer, die Eburovices, siedelte in dem Gebiet der Diözese Evreux (Mediolanum [653] Eburovicum). Aus dieser Civitas wohl schied in späterer Zeit die Civitas Sagiorum oder Saiorum an der oberen Orne. Endlich wissen wir noch von Aulerci Brannovices, Klienten der Aeduer nach Caes. VII 75, 2; vgl. o. Bd. II S. 2403. Auf der weit in den Kanal vorspringenden normannischen Halbinsel saßen die Unelli (Venelli); in späterer Zeit war Constantia ihr Vorort, von dem das heutige Constances und die ganze Halbinsel Cotentin den Namen herleitet. Die kleine in die Bai von St. Michel mündende Selune durchfloß das Gebiet der Abrincatui (o. Bd. I S. 111), der südlichen Nachbarn der Venelli; deren östliche Anwohner waren die Baiocasses (Bayeux), an welche sich längs der Küste bis zur Seinemündung hin die Viducasses und Lexovii (Lisieux) anschlossen.

An der unteren Loire um die Nebenflüsse Mayence, Sarthe und Loir siedelten die Andicavi (Anjou, Angers), in der Touraine die Turones, welche über die Loire nach Süden reichend Nachbarn der Bituriges Cubi waren (Venant. Fort. vit. S. Martin. III 269). An beide Stammesgebiete grenzte das der Carnutes, das sich zu beiden Seiten der nördlichsten Loire um Cenabum (später als C. Aureliana selbständige Civitas, Orléans), Caes. bell. Gall. VIII 5, 2 erstreckte und nordwärts die Seine erreichte. Mittelpunkt war Autricum Carnutum, Chartres (Ptolem. II 8, 10). Der großen Ausdehnung des camutischen Gebietes entspricht auch das bedeutende (12 000 Mann), ihnen im Aufstand des Vercingetorix auferlegte Truppenkontingent, Caes. bell. Gall. VII 75. Östlich von ihnen saßen die Parisii und Senones, erstere zu beiden Seiten der Seine an der Marnemündung um Lutetia (Paris), letztere flußaufwärts und an den Nebenflüssen Loing und Yonne, an welch letzterer Agedincum Senonum (Sens) lag. Ihnen waren die Tricasses im Osten, die mächtigen Aeduer im Südosten benachbart; das Aeduergebiet lag zwischen Loire und Allier einer- und Saône anderseits, im Norden in das Gebiet der linken Seinezuflüsse reichend; sie waren alte Freunde des römischen Volkes und als erste mit dem ius honorum ausgestattet, s. o. Bd. I S. 475. In vorrömischer Zeit erstreckte sich ihre Oberherrschaft auf andere auch räumlich entlegenere Stämme, vgl. CIL XIII p. 402.[31] Unter Augustus sind diese aber selbständig gewesen oder geworden. So die Segusiavi und Ambarri, von der Provincia durch die Rhône getrennt. Die Mandubii in der Côte d'or sind wohl immer Clienten der Aeduer geblieben, CIL XIII p. 439.[32] Zu all diesen Stämmen wurden wohl erst in der Augusteischen Provinzordnung die belgischen Caletes- und Veliocasses östlich der untersten Seine geschlagen. Häufig begegnet dessenungeachtet in den Quellen die Seine als Grenze zwischen der Lugdunensis und Belgica. Im Plinianischen Katalog der Lugdunensis IV 107 erscheinen auch noch die Meldi, anscheinend bis auf Caesar Klienten der Suessiones, vgl. Jullian Rev. ét. anc. V 1903, 32, und die nicht weiter bekannten Atesui. Über die Stämme der Gallia Belgica siehe unter Belgae o. Bd. III S. 205; vgl. Longnon a. O.

Narbonensis.

Die Provincia ist der älteste Besitz Roms im transalpinen G., dem nach italischem Vorbild die Kolonialverfassung aufgeprägt [654] wurde. Nur das Stammesgebiet der Vocontier ist nicht in das Kolonialsystem der Provincia hineingezogen worden, blieb also eine politische Einheit, während die anderen Stammesgebiete den Städten attribuiert wurden. Die Provinz umfaßte Gebiete ehemals iberischer und ligurischer Bevölkerung, die mit keltischer vermischt war oder von dieser verdrängt und ersetzt wurde. Am weitesten nach Südwesten haben sich die Volcae geschoben, deren frühere Sitze östlich des mittleren Rheins Caes. VI 24, 2 erwähnt. Wahrscheinlich sind die Sardones an der Nordabdachung der Ostpyrenäen von ihnen unterworfene Iberer. Die Volcae zerfielen in die zwischen Pyrenäen und Zentralplateau sitzenden Tectosages und die Arecomici zwischen Cevennen, Mittelmeer und Rhône. An diese grenzten im Norden die Helvii (Vivarais). Deren östliche Nachbarn waren die Segovellauni um Valentia (Valence) und die Tricastini (Tricastin). Bedeutenden Umfang hatte das Gebiet der Allobroger, die von der Isèremündung bis zum Genfersee und weit hinein in die Alpentäler siedelten, ebenso wie ihre südlichen Nachbarn, die Vocontii, deren Verhältnis zu den Römern ein bundesgenössisches war (Strab. IV 203. Plin. III 37) und die bei ihren Gauverbänden blieben (vgl. Hirschfeld Klio VIII 468). An sie grenzten südwärts die Cavares (um die Durancemündung). Östlich von diesen im heutigen Département Vaucluse saßen die Memini und Vulgientes, bald als Ligurer bald als Kelten angesprochen. Die südwärts der Durance bis ans Meer hin siedelnden Salluvii werden oft direkt als Ligurer bezeichnet (Plin. III 47. Obsequ. 90. Steph. Byz.), von Liv. per. LX als Gallier, von Strab. IV 185 wohl richtig als Mischvolk aus Kelten und Ligurern. Im Rhônedelta werden Avatici genannt. Über die Alpenvölker, welche in der Kaiserzeit zu Präfecturen zusammengefaßt wurden, siehe Alpes.

Geschichte.

Die karthagische und massiliotische Konkurrenz hat die Griechen mit dem aufstrebenden Rom verbündet und in diesem Factum liegen die Keime zur römischen Herrschaft in G. Die Kelten freilich haben die römische Macht als ihnen ungefährlich betrachtet, sonst hätte Hannibal nicht soviel Widerstand auf dem Zug durch Südfrankreich gefunden. Massilia stand treu bei Rom im zweiten Punischen Krieg. So haben die Römer auch Hilfe geleistet, als 154 v. Chr. Deciaten und Oxybier Kolonien der Massilioten, Nicaea und Antipolis, angriffen. Das von Consul Opimius eroberte Gebiet fiel an Massilia, Polyb. XXXIII 8. 9. 10. Liv. per. XLVII. Und die Römer hatten großes Interesse, Massilia zu fördern, da der Landweg von Italien in die neu erworbene spanische Provinz durch Süd-G. führte. Ein neuer Anstoß zur römischen Intervention bildete der Angriff der Salluvier (125), qui fines Massiliensium populabantur, Liv. per. LX. Die Siege des Fulvius Flaccus und des Sextius Calvinus (Act. triumph. 123. 122) führten zu einer Gebietserweiterung der Griechenstadt und der Anlage einer römischen Festung auf salluvischem Gebiet, Aquae Sextiae, Liv. per. LXI, vgl. o. Bd. IV S. 517. Die dauernde Festsetzung Roms im Lande ließ besonders die Rivalität unter den gallischen Stämmen erwarten. Arverner, Allobroger [655] und Vocontier standen gegen die Aeduer. Nun waren die Arverner und Allobroger in der Salluvieraffaire in einen Gegensatz zu Rom gekommen (Liv. a. O.), und zugleich verbündeten sich die Aeduer mit den Römern, da sie von ihren keltischen Rivalen bedrängt wurden (Liv. a. O. Flor. III 2). Seither ist das Bundesverhältnis nicht mehr vergessen worden bis in die späte Kaiserzeit. Die Besiegung sämtlicher Gegner durch die Consuln Gn. Domitius Ahenobarbus und Q. Fabius Maximus (Act. triumph. 120, vgl. o. Bd. V S. 1322–1324) führte zu dauernder Provinzialisierung Südostfrankreichs und zur Schaffung einer direkten Verbindung mit Spanien (Via Domitia). Die Arverner und Rutenen sind damals weder provinzialisiert noch mit einem Tribut belastet worden (Caes. bell. Gall. I 45, 2), die Volcae der Languedoc wurden Bundesgenossen der Römer, die in Tolosa eine Besatzung stehen hatten (Cass. Dio frg. 90 zum J. 106 v. Chr.). Im J. 118 wurde dann die erste und für lange Zeit einzige Bürgerkolonie nach Narbo geführt (Vell. I 15. II 7, 8. Eutrop. IV 23. Cic. Brut. 43 u. a.), eine specula populi Romani ac propugnaculum istis ipsis nationibus oppositum et obiectum, Cic. pro Font. V 13. Der neue Besitz Roms ist bald darauf durch die Cimbern-Teutonenwanderung ernstlich gefährdet worden. Daß die gallischen Stämme an der römischen Herrschaft keineswegs ihre Freude hatten, zeigte die Auflehnung der Volcae, welche die römische Besatzung aus Tolosa verjagten (Dio a. O.). Der hochfahrende Servilius Caepio nahm zwar die Stadt wieder zurück, erlitt aber zusammen mit Gn. Mallius Maximus bei Arausio mitten in der Provincia eine furchtbare Niederlage durch die Cimbern. Erst durch des Marius Sieg bei Aquae Sextiae 102 über die Teutonen war die Gefahr beseitigt. Die römische Bevölkerung in der Provinz nahm rasch zu, Cicero kann im J. 69 (pro Fonteio) sagen: Referta Gallia negotiatorum est, plena civium Romanorum. Nemo Gallorum sine cive Romano quicquam negotii gerit, nummus in Gallia nullus sine civium Romanorum tabulis commovetur. Man sieht aber aus diesem Prozeß, daß die römische Verwaltung die gallischen Stämme schwer belastete, so daß es zur Anklage des Fonteius durch die Allobroger kam.

Auch die Aufstände während der Statthalterschaft des C. Calpurnius Piso (66–65) und der Prozeß gegen diesen seitens der Allobroger (63, o. Bd. III S. 1377) deuten auf dasselbe. Gerade dieses nördlichste Randgebiet der Provinz brauchte am längsten, um sich der römischen Herrschaft anzubequemen. Schon im J. 61 sehen wir die Allobroger wieder im Aufstand, dessen Bewältigung viel Zeit erforderte, Liv. per. CIII. Dio XXXVII 47. 48, vgl. CIL I² p. 179 zum J. 54.

Mittlerweile waren in die Rivalität der Aeduer, Arverner und Sequaner, den mächtigsten und um die Vorherrschaft im freien G. streitenden Stämmen rechtsrheinische Germanen hineingezogen worden, Caes. bell. Gall. I 31, 3. Die auf römische Hilfe pochenden Aeduer sind von diesen unter Ariovist besiegt worden und kamen unter die Botmäßigkeit der Sequaner, die ihrerseits Ariovist und seinen Germanen Land einräumen mußten (vgl. o. Bd. II S. 842f.). Wenn man auch in Rom die Gefahr [656] einer germanischen Herrschaft über das freie G. für die Provincia erkennen mußte, so stellte man sich vorläufig, durch die inneren politischen Kämpfe veranlaßt, mit Ariovist auf guten Fuß. Doch bald gab der Auswanderungsversuch der Helvetier und ihre Absicht, durch das Provinzgebiet oder das der mit Rom verbündeten Aeduer zu marschieren, dem Statthalter G.s, C. Iulius Caesar, die Veranlassung zum Eingreifen in die Verhältnisse des freien G. Die Helvetier wurden zur Rückkehr in ihre Gebiete in der Westschweiz gezwungen. Jetzt wandten sich die gallischen Bundesgenossen der Römer an Caesar, um durch diesen den Ariovist loszuwerden. Durch dessen Besiegung wurde Caesar Herr des mittleren G. In den folgenden Jahren bis 51 wurde nach verschiedenen wechselvollen Kämpfen, die hier nicht des breiteren erzählt werden sollen und über welche genau S. 226–332 des dritten Bandes der durch Groebe neu herausgegebenen Geschichte Roms von Drumann orientiert (vgl. auch Galli), das gesamte freie G. der römischen Herrschaft unterworfen; doch war es Caesar nicht möglich, das große Gebiet staatlich zu organisieren, da mittlerweile sein Verhältnis zu Pompeius und dem Senat ein außerordentlich gespanntes geworden war.

Der Bürgerkrieg spielt auch in die gallischen Verhältnisse hinein. Massilia, mit seinem großen Gebiet ein Staat im Staate, ergriff die Partei des Senats und nahm den von diesem mit der Verwaltung G.s betrauten L. Domitius Ahenobarbus auf. Die Stadt wurde von C. Trebonius und D. Brutus, den Legaten Caesars, belagert und von diesem nach seinem Abmarsch aus Spanien erobert; sie blieb zwar dem Namen nach frei, verlor aber den größten Teil des Besitzes, Dio XLI 25; vgl. Drumann-Groebe III 418f.

Caesar schickte ἐς τὴν νεόληπτον Γαλατίαν den D. Brutus als Statthalter, Appian. bell. civ. II 48, und triumphierte 46 über Massilia und G., das freilich bis zur völligen Pazifizierung noch 20 Jahre brauchte. Denn gerade in diesem Jahre rebellierten die tapferen Bellovacer (Liv. per. CXIV), die aquitanischen Stämme standen 38 in Waffen und kämpften gegen Vipsanius Agrippa (Appian. bell. civ. V 92), doch bedurfte es noch eines Feldzuges am Anfang der zwanziger Jahre (M. Valerius Mesalla. Tibull. I 7, 9, vgl. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. XX 434), um endlich Ruhe zu schaffen. In derselben Zeit waren auch die belgischen Stämme wieder in Bewegung gekommen, Treverer, Moriner und andere, die Carrinas und Nonius Gallius niederwarf (Act. triumph. 28. Dio LI 21). Viel trugen zur Aufrechterhaltung der Ruhe die Heerstraßen bei, welche Agrippa von dem erst kürzlich mit einer Bürgerkolonie versehenen Lugdunum nach Aquitanien und das Belgergebiet führen ließ, Strab. IV 208.

Caesar hat nur in der Narbonensis organisiert, Militärkolonien nach Narbo und Arelate geführt (Kromayer Herm. 1896, 1ff.); zu einer endgültigen Regelung der Verwaltung des neu erworbenen G. ist er nicht gekommen. Im J. 44 hat er die Narbonensis mit dem diesseitigen Spanien zusammengelegt (Dio XLIII 51, 8). das andere G. in zwei Verwaltungsgebiete geteilt (vgl. Hirschfeld Klio VIII 464).

Nach Caesars Tod hat Antonius ganz G. [657] wieder vereinigt. Vielleicht hatte der Gründung der Bürgerkolonie Lugdunum der Plan einer einzigen großen gallischen Provinz zugrunde gelegen. Die Neuordnung des J. 27 hat aber den Zusammenhang des transalpinen G. zerrissen. Die Narbonensis ist als eigener Verwaltungsbezirk getrennt worden von Aquitania und der Gallia comata, welch letztere wohl alle gallischen von Caesar dem Reich neu zugefügten Stämme umfaßte, vgl. Gardthausen Augustus I 662. Augustus hat sich alle gallischen Provinzen zuweisen lassen, ist selbst 27 nach G. (Narbo) gegangen und hat mit den statistischen Arbeiten zu einer durchgreifenden Organisation begonnen. Die Narbonensis ist im J. 22 v. Chr. der Senatsverwaltung übergeben und damit endgültig von den übrigen gallischen Gebieten, von denen sie sich durch die Romanisierung und das Kolonialsystem (über die unter Augustus entstandenen Kolonien in der Narbonensis vgl. Kromayer a. O. und o. Bd. IV u. Colonia) unterschied, getrennt. Narbo war der Sitz der römischen Behörden und des Provinziallandtages.

Im übrigen G. führten die Kämpfe mit den Germanen, die dem Lollius eine schwere Niederlage zufügten, zu den endgültigen Änderungen. Die römischen Truppen, welche bisher im Inneren der Comata zur Aufrechterhaltung der Botmäßigkeit standen (vgl. besonders Ritterling Zur Geschichte des römischen Heeres in Gallien unter Augustus, Bonner Jahrb. 1906, 159ff.), wurden an der Rheingrenze konzentriert, und dort ist ein selbständiges Militärkommando geschaffen worden.

In dieselbe Zeit kurz nach 16 v. Chr. fällt auch die Dreiteilung des Caesarianischen G. in die praetorischen Provinzen Aquitania, Lugdunensis und Belgica. Die alte Gaueinteilung mit den dorfartigen Vororten wurde belassen, die Civitas ist der politische Faktor, nicht die Stadt, der ein Landgebiet attribuiert ist. Doch wurden die Völkerschaftsverbände gelockert, indem mit den Aquitanern iberischer Nationalität gallische Civitates zu einer Provinz vereinigt wurden, ebenso mit den gallischen Stämmen belgische. (Über die wahrscheinlichen Gründe dieser Politik vgl. Hirschfeld Klio VIII 464ff., vgl. v. Domaszewski Röm. Kaiser I 202).

Der Mittelpunkt der Tres Galliae wurde die Ara Romae et Augusti bei Lugdunum, wo das Concilium Galliarum zusammentrat (CIL XIII p. 227ff.[33] Hirschfeld Westd. Zeitschrift 1904, 89). Zwei Procuratoren besorgten die Finanzverwaltung, einer in der Lugdunensis und in Aquitanien, ein zweiter in der Belgica, dem zugleich die der beiden bis auf Domitian militärisch organisierten beiden Germanien übertragen war (procurator Belgicae et duarum Germaniarum u. ä., vgl. Hirschfeld Verw.-B.2 377). Die drei Gallien, die Narbonensis, die cottische und Seealpenpraefectur bildeten dagegen zusammen ein Zollgebiet mit 21/2% Grenzzoll; die Einhebung war zunächst an Gesellschaften verpachtet, am Ende des 2. Jhdts. tritt die direkte staatliche Einhebung ein (Hirschfeld a. O. 85. Cagnat Impots indirects 47ff.).

Viel Verstimmung machten in G. die ungewohnten schweren Steuern, welche durch Härte und Habgier von Beamten noch drückender wurden. [658] Sagt ja Velleius II 39 Galliae ... plane idem, quod totus terrarum orbis, in aerarium conferunt stipendium. Aufruhr entstand im J. 12 v. Chr. wegen des Census, Liv. per. CXXXIX. Ein Beispiel aus augusteischer Zeit für die Ausbeutung der Bevölkerung durch unredliche Beamte (daß es diesen nicht schlecht ging, zeigt CIL VI 5197,[34] dazu Gardthausen 616) gibt Dio LIV 21 (Licinus, Prosop. imp. Rom. II 288). Die Verschuldung der Gemeinden infolge des römischen Wuchers führte 21 n. Chr. zu einem Versuch, die römische Herrschaft abzuschütteln (Tac. ann. III 40 Galliarum civitates ob magnitudinem aeris alieni rebellionem coeptavere cuius exstimulator acerrimus inter Treviros Iulius Florus, apud Aeduos Iulius Sacrovir). Geklagt wurde de continuatione tributorum, gravitate foenoris, saevitia ac superbia praesidentium. Ein vorzeitiger Ausbruch der Erhebung bei den Audecavern und Turonen ließ sie mißglücken. Bei Augustodunum, dem von Augustus neugegründeten Aeduervororte, sind die Aeduer unter Sacrovir geschlagen worden. Schweres Ungemach noch hatte das Land von dem wahnsinnigen Caligula zu erdulden, Cass. Dio LIX 22 ᾔτησὲ τε τὰς τῶν Γαλατῶν ἀπογραφὰς καὶ ἐξ αὐτῶν τοὺς πλουσιωτάτους θανατωθῆναι κελεύσας ...

Claudius schweigt in seiner Rede (CIL XIII 1668)[35] über diese Bedrückungen. Er will den Tres Galliae das Ius honorum zuteil werden lassen, zumal sie durch hundert Jahre den Frieden nicht gestört hätten! Doch hat der Senat nur den ,Brüdern‘, den Aeduern, dies Recht zugestanden, Tac. ann. XI 25. Neros Greuelherrschaft hat auch G. sehr in Mitleidenschaft gezogen. Οἱ Γαλάται βαρυνόμενοι ταῖς εἰσφοραῖς ἤσχαλλον ἐκ πλείονος, Zonar. XI 13. Da stellte sich der tatkräftige Statthalter der Lugdunensis Iulius Vindex an die Spitze des ausbrechenden Aufstandes, συναθροίσας τοὺς Γαλάτας πολλὰ πεπονθότας τε ἐν ταῖς συχναῖς ἐσπράξεσι τῶν χρημάτων καὶ ἔτι πάσχοντας ὑπὸ Νέρωνος, Dio frg. LXIII 22. Die Bewegung fand am Rheinheer, das ,kaiserlich‘ blieb, einen starken Widerstand; Treverer und Lingonen ergriffen die Partei der Armee, so daß sich die ganze Sache verschob und zu einem Kampf gegen die ,Römer‘ wurde. Vindex hat nicht überall in G. Unterstützung gefunden; Lugdunum erklärt sich gegen, Vienna daher aus alter Rivalität gegen die Hauptstadt, für ihn. Die Niederlage bei Vesontio trieb Vindex zum Selbstmord. Die folgenden Bürgerkriege des Vierkaiserjahres ziehen G. in den vernichtenden Hader der Parteien hinein.

Neros Gegenkaiser würde Galba, der sich als Rächer des Vindex in G. aufspielte, den zu unterstützen er zu feige war. Er verfolgte die Feinde des Vindex: reditus Lugdunensium occasione irae in fiscum verterat, multus contra in Viennenses honor Tac. hist. I 65. Treveri ac Lingones quasque alias civitates atrocibus edictis aut damno finium Galba perculerat. Tac. hist. I 53. ... quod civitates Hispaniarum Galliarumque, quae cunctantius sibi accesserant, grandioribus tributis, quasdam etiam murorum destructione punisset Suet. Galba 12. Galba steht daher auch im Gegensatz zum Rheinheer, das den Vitellius zum Gegenkaiser erbebt, während in Rom Galbas Mörder Otho für wenige Wochen [659] den Purpur trägt. Der Marsch der Vitellianer von Metz bis zu den Alpenpässen der Narbonensis wie durch das Helvetiergebiet war eine furchtbare Plage für die Gemeinden, Tac. hist. I 61–67. Es war kein Wunder, daß sich auch die Gallier dem Aufstand anschlossen (Joseph. bell. Iud. VII 76f.), den Civilis bei den rheinischen Germanen zunächst gegen Vitellius, dann überhaupt gegen die römische Herrschaft anzettelte.

Aber die den Galliern eigene Großrederei, welche jetzt als Schlagwort das imperium Gallorum verkündete (Tac. hist. IV 59), ward durch die Zerstörung dieses Planes infolge der Sonderinteressen der Stämme offenkundig. Der Lingone Iulius Sabinus, der ein solches Imperium aufrichten wollte, stieß auf den heftigen Widerstand der Sequaner, an dem er scheiterte (Tac. hist. IV 67). Die Gallier haben dem römischen Rat zum Frieden auf dem Tage zu Reims Gehör geschenkt, Treverer und Lingonen, welche bei Civilis und den Batavern ausharrten, sind von Petilius Cerialis niedergeworfen worden. Daß aber trotz arger Unruhen und schwerer Steuerlast gerade in dieser Zeit von den Galliern gesagt wurde: τὰς δὲ πηγάς, ὡς ἄν τις εἴποι, τῆς εὐδαιμονίας ἐπιχωρίους ἔχοντες καὶ τοῖς ἀγαθοῖς σχεδὸν ὅλην ἐπικλύζοντες τὴν οἰκουμένην, ἀνέχονται Ῥωμαίων πρόσοδος ὄντες καὶ ταμιευόμενοι παρ' αὐτῶν τὴν οἰκείαν εὐδαιμονίαν (Joseph. bell. Iud. II 16) ist nur zu begreifen, wenn man die reichen Schätze des Landes an Bodenprodukten sich vor Augen hält; sie sind nun besonders in der mehr als hundertjährigen Ruhepause seit 70 n. Chr. gehoben worden.

Die Städte der Narbonensis, von welchen eine tiefgreifendere Romanisierung der attribuierten Gebiete ausging, haben sich zu besonderer Blüte entfaltet. Das alte Massilia blieb sedes ac magistra studiorum, locus Graeca comitate et provinciali parsimonia mixtus ac bene compositus (Tac. Agr. 4) Daneben erlangte als Handelsstadt Arelate, das unter Caesar römische Bürgerkolonie und mit konfisziertem massiliotischen Gebiet ausgestattet wurde, besonderen Glanz. Das zeigen die zahlreichen Prunkbauten, reichverzierten Sarkophage (vgl. Recueil génér. des basreliefs de la Gaule Rom. von Espérandieu, Paris 1907 I 114ff.), die häufigen Inschriften von Schiffahrts- und Schiffbaukorporationen (Waltzing Corporations professionelles III 524f.), ebenso wie die Zeugnisse der Schriftsteller. Arelate war der Hauptmittelmeerhafen (die Fossa Mariana verband die Stadt mit dem Meere) für den Transitverkehr an den Rhein (vgl. Maass Österr. Jahresh. X 99ff. Rev. arch. 1905 I 272). Narbo, die älteste und wiederholt durch römische Kolonisten verstärkte Bürgerkolonie, trieb lebhaften Handel (CIL XII p. 521f.)[36] und wird von Martial. VIII 72, 4 als pulcherrima bezeichnet. Ihr Aufblühen ist bedingt durch die günstige Lage an einem Verkehrsknoten (Narbo-Tolosa-Burdigala; Spanien-G.). Daneben kam Nemausus empor, das zu Augustus' Zeiten durch kaiserliche Gunst ausgestaltet (CIL XII 3151),[37] von Mela (II 75) bereits unter den bedeutenden Orten der Provinz aufgezählt wird. Tolosa wie Narbo ein wichtiger Verkehrsknoten (vgl. o. S. 641, 21) und reich (Auson. Prof. 17, 11), ist einer der Hauptsitze gallisch-römischer Gelehrsamkeit und [660] Beredsamkeit geworden (Martial. IX 99. Palladia T. Hieron. Chron. 2073; viele Stellen bei Auson.; vgl. Holder Altkeltisch. Sprachschatz II 1878). Vienna, die Metropole der Allobroger an der schiffbaren Rhône, dort gelegen, wo die Straße über den niedrigsten Westalpenpaß (Mont Genèvre) in die Rhônestraße einmündete (Itin. Ant. 356), erfreute sich großer Wohlhabenheit (Tac. hist. I 65. 66. II 29. Martial. VII 88. Euseb. V 11) und wurde später Diözesanhauptstadt (s. u. S. 662, 20). Daneben gab es eine Menge recht ansehnlicher Provinzstädte, wie Aquae Sextiae, Beterrae, Cularo, Forum Iuli, Valentia u. a.

In den Tres Galliae dagegen ist die Romanisierung sehr langsam wohl infolge des Civitätssystems und des Mangels an Bürgerkolonien vorgeschritten, am meisten in dem militärisch besetzten Rheingebiet. Berichtet ja Irenaeus, seit 177 n. Chr. Bischof von Lugdunum, das ja die einzige römische Kolonie war, daß er keltisch predigen müsse (III 4, 1). In Aquitanien ist als bedeutende Siedlung, in der das römische Element eine große Rolle spielte, nur Burdigala zu nennen, der Seehafen für das Garonnegebiet und den Transitverkehr zum Mittelmeer, viel gerühmt wegen seiner Rhetoren- und Grammatikerschulen. In der Lugdunensis sei Augustodunum genannt, eine Stätte geistiger Betätigung der gallischen Jugend im 1. wie im 3. Jhdt. noch (Tac. ann. III 43. Eumenius pro restaur. scholis). Lugdunum ist als Landeshauptstadt und Mittelpunkt des politischen Lebens der drei G., als Sitz der Behörden und einer kaiserlichen Münzstätte die vornehmste Siedlung, reich an prächtigen Bauten und wohlhabend, der Knotenpunkt des gallischen Wegnetzes, mit lebhaftem Weinhandel und großer gewerblicher Tätigkeit (Strab. IV 192. 208. Senec. ep. 91, 2. 10. Herodian. III 7, 2. Waltzing a. O. III 558ff). Durch die ständige Besatzung (eine Cohorte) ist die Stadt als zweite Hauptstadt neben Rom gekennzeichnet (Mommsen Herm. XVI 643). In der Belgica sind Durocortorum und Treveri besonders schon als Sitz der Regierungsbehörden als die bedeutendsten Plätze gekennzeichnet.

Im Lauf des 2. Jhdts. hat auch das Christentum in G., zunächst freilich nur in dem romanisierten Süden, Eingang gefunden. Die erste heftige Verfolgung im Lande 177 n. Chr. (Sulp. Sever. Chron. II 32), zeigt uns Gemeinden in Vienna und Lugdunum (Euseb. V 1ff.) noch von geringer Stärke. In der letzten Zeit des 2. Jhdts. gab es in der Narbonensis wahrscheinlich schon mehrere Bistümer; vgl. Harnack Mission und Ausbreitung des Christentums II2 223ff. Hirschfeld Zur Geschichte des Christentums in Lugudunum, S.-Ber. Akad. Berl. XIX 381.

Kurz vorher war nach Jahrzehnten der Ruhe ein Ereignis eingetreten, das sich von da an immer häufiger und gefährlicher wiederholte: die Bedrohung der östlichen Gebiete durch die Germanen. Didius Iulianus hat als Legat der Belgica die Chauken, welche in die Provinz eingefallen waren, tumultuariis auxiliis provincialium geschlagen (Hist. Aug. Did. Iul. 1, 7; vgl. o. Bd. V S. 415). Unter Commodus sind die Grenzkämpfe von Clodius Albinus (Hist. Aug. Clod. Alb. 6, 3, vgl. o. Bd. IV S. 70) weitergeführt worden. Bald [661] darauf trat G. in den Thronkämpfen nach des Pertinax Ermordung besonders in den Vordergrund. Der von den britannischen Legionen gegen Septimius Severus ausgerufene Clodius Albinus ist nach G., dem Mittelpunkt der ihm ergebenen Provinzen (vgl. o. Bd. IV S. 73), übergesetzt und hat daselbst Truppen zusammengezogen. Er wählte zum Hauptquartier Lugdunum (Cohen III2 p. 419, Genius der Stadt auf Münzen des Albinus). Der Statthalter der Lugdunensis hatte die Provinz geräumt, CIL XIII 1673.[38] Freilich hatte Albinus nicht an allen Anhänger. Ein Schulmeister Numerian brachte ein Aufgebot für Severus zusammen (Dio LXXV 5), der nun über die Alpenpässe ad opprimendam factionem Gallicanam (so berichtet eine Inschrift CIL III 4037[39] von einem Tribunen) nach G. einrückte und Albinus bei Lugdunum schlug. Die Stadt wurde durch Plünderung und Einäscherung (Herodian. III 7, 7) schwer getroffen, die Anhänger des Albinus in G. mit dem Tod und Güterkonfiskation gestraft. Unter Severus Alexander beginnen die Germaneneinfälle gewöhnlich zu werden (Victor Caes. XXIV 2), der Rhein erwies sich nicht mehr als schützende Linie. So begann man die Städte zu ummauern. Unter Gallienus erfolgte ein verheerender Einbruch von Franken und Alamannen, der G. verwüstete, Spanien und Italien bedrohte, Victor Caes. XXXIII 3. Damals wahrscheinlich ist das große Heiligtum des Mercur im Arvernerland zerstört worden (Gregor. hist. Franc. I 32. CIL XIII p. 194).[2] Die Hut der Rheingrenze ist dem Cassianius Latinius Postumus (o. Bd. III S. 1657ff.) übergeben worden, der gegen Ende 258 von seinen Soldaten zum Kaiser gegen Gallienus ausgerufen wurde: ab omni exercitu et ab omnibus Gallis Postumus gratanter acceptus talem se praebuit per annos septem, ut Gallias instauraverit, cum Gallienus luxuriae et popinis vacaret, Hist. Aug. tr. tyr. 3, 4. Amor erga Postumum omnium erat in Gallicanorum mente populorum, quod summotis omnibus Germanicis gentibus Romanum in pristinam securitatem revocasset imperium (a. O. 3, 6). Davon zeugen auch die Münzen, Cohen VI p. 49. 50. 56–59. Nach des Postumus Ermordung ist das gallische Reich (über seine Ausdehnung o. Bd. VI S. 699; CIL XII 2228[40] zeigt, daß ein Teil der Narbonensis dem Claudius ergeben war) nacheinander von mehreren Prätendenten regiert worden, zuletzt von Esuvius Tetricus, der sich offenbar Mühe gab, G. zu heben (viele Meilensteine). Aber auch jetzt war das Land der Tummelplatz der einfallenden Germanen, die Küsten wurden von Piraten heimgesucht, wie besonders die zahlreichen Münzvergrabungen zeigen (vgl. Homo Aurelian 116ff.; vgl. o. Bd. VI S. 701), die Aeduer haben die Partei des Claudius ergriffen (Paneg. VIII 4; vgl. CIL XIII S. 401), da und dort meuterten Truppen. Tetricus sah ein, daß die Wiedervereinigung G.s mit dem römischen Reich, das jetzt unter Aurelian besseren Zeiten entgegenzugehen schien, das beste wäre. Er hat mit Aurelian unterhandelt und ist selbst während der Schlacht von Châlons zu ihm übergegangen. Aurelian hat in G. wieder die Verwaltungsbehörden eingerichtet (Zonar. XII 27). Der tatkräftigen Regierung einzelner dieser gallischen Kaiser ist es doch nur zu verdanken, ne... [662] possidendi Romanum solum Germanis daretur facultas (Hist. Aug. tr. tyr. 5, 5. 6). Als Aurelian beseitigt war, haben Franken und Alamannen wieder den Rhein überschritten (Hist. Aug. Tac. 3, 4), eine große Zahl von Städten eingenommen und G. verwüstet, bis Probus sie kräftig zurückwies (Hist. aug. Prob. 13, 5. Hieron. 2299: Probus Gallias a barbaris occupatas ingenti virtute restituit). Die wirtschaftlichen Zustände waren sehr traurige geworden. Die arg gedrückten Bauern erhoben sich gegen die Gutsherren, stellten sogar Gegenkaiser auf; erst Diocletians Caesar Maximian konnte den Bagaudenaufruhr unterdrücken (vgl. Liebenam Städteverwaltung 519. Sickel Westd. Ztschr. XV 111. Schiller Kaiserzeit II 124).

Die Neuordnung der gesamten Reichsverwaltung unter Diocletian führte zur Schaffung einer Praefectura Galliarum, welche in die Diözesen Spanien, Britannien und die das eigentliche G. bildenden Diözesen Galliarum und Viennensis zerfiel. Trier wurde Sitz der Praefectur (vgl. Hirschfeld CIL XIII p. 584).[41] Die Dioecesis Galliarum umfaßte mit ihren Provinzen Lugdunensis I, Lugdunensis II, Belgica I, Belgica II, Germania I, Germania II, Sequania, Alpes Graiae et Poeninae das Gebiet der ehemaligen Provinzen Lugdunensis, Belgica und der beiden Germanien; die Viennenser Diözese bestand aus den früheren Provinzen Aquitania und Narbonensis und weist bereits im Laterc. Veron. sieben Provinzen (Viennensis, Narbonensis I und II, Novem populi, Aquitania I und II und Alpes maritimae) auf. Durch spätere Teilungen sind noch mehrere neue Provinzen entstanden (vgl. Lat. Veronens., Pol. Silv. Not. Gall. Not. dign. Ammian. XV 11). Das durch Prätendentenkämpfe, Bauernunruhen, Piraterie und Germaneneinfälle schwer geschädigte G. genoß jetzt dank der energischen Verteidigung der Rheingrenze durch Constantius und Constantin Ruhe. Neue Arbeitskräfte wurden durch Ansiedlung von Franken, Chamaven, Sarmaten u. a. in den ziemlich entvölkerten Gebieten gewonnen (Panegyr. V 21. VII 6. VIII 2. Auson. Mosella 9), die arg mitgenommenen oder zerstörten Städte wurden mit reichen Mitteln unterstützt oder neu aufgebaut, der gallische Census geregelt, Steuernachlässe in besonders heimgesuchten Gegenden gewährt (Panegyr.).

Auch ist durch die Christenverfolgung 303 G. wenig tangiert worden. Das geht aus der Eingabe der donatistischen Bischöfe an des Constantius Sohn Constantin (pater ⟨tuus⟩ inter ceteros imperatores persecutionem non exercuit et ab hoc facinore immunis est Gallia, Optat. Milev. I 22) hervor wie aus Lactant. mort. persec. 15, 16; vgl. Euseb. hist. eccl. VIII 13, 13. Vgl. über die Verbreitung des Christentums in G. im 4. Jhdt. Harnack a. O. II2 226ff. Über die Ruhe im Lande Liban. orat. III 316ff. Sie wurde gestört durch die Militärverschwörung des Magnentius, der sich in Augustodunum zum Kaiser ausrufen und Constans 350 an der Südgrenze ermorden ließ. Für G. war die Angelegenheit umso schlimmer, als jetzt Constantius gegen Magnentius Alamannen und Franken nach G. rief, die dort schlimm hausten. Zosim. II 53. Ammian. XVI 12, 5. Iulian. ep. ad s. Athen. 278. 279. S. o. Bd. IV S. 1066. 2268. Endlich ist der Kriegsschauplatz [663] nach G. verlegt worden. Zwar hat Constantius nach dem Selbstmord des Magnentius in Lugdunum eine Amnestie erlassen (Cod. Theod. IX 38, 2), trotzdem aber viele verfolgen lassen. S. o. Bd. IV S. 1071f. Der Alamannen hat Constantius zwar 354 Herr werden können, Ammian. XIV 10, doch waren die in G. herumstreifenden oder festgesetzten Feinde eine schwere Landplage, cum diuturna incuria Galliae caedes acerbas rapinasque et incendia barbaris licenter grassantibus nullo iuvante perferrent, Ammian. XV 5, 2; vgl. Zonar. XIII 9. Sie zu vertreiben war Claudius Silvanus beauftragt. Doch trieb Constantius diesen tüchtigen Führer selbst zur Empörung, welche ihn vernichtete, s. o. Bd. IV S. 1076f. Mittlerweile hatten die Alamannen, Franken und Sachsen eine Menge rheinischer Städte zerstört und die Bewohner zu Sklaven gemacht (Zos. III 1). Da wurde endlich Flavius Claudius Iulianus zum Caesar gemacht und nach G. geschickt. Die Zustände, die er vorfand, waren furchtbar. Florentissimas quondam antiquissimasque urbes barbari possidebant; porro aliae quas a vastitate barbarica terrarum intervalla distulerant iudicum nomine a nefariis latronibus optinebantur. Gallorum illa celebrata nobilitas aut ferro occiderat aut immitibus addicta dominis serviebat usw. (Gratiar. act. Iulian. IV); vgl. Zosim. III 3. So war Augustodunum im Zentrum G.s von den Germanen eben bedroht (Ammian. XVI 2). Iulian entsetzte es, geht über Reims gegen Köln vor, das er den Franken entreißt, und zwingt sie zum Frieden. Im J. 357 führte er den Hauptschlag gegen die Alamannen bei Argentoratum, trieb auch die Franken wieder zurück (Ammian. XVI 12. XVII 2. 8). Summoti ultra Rhenum Germani et finibus suis Romanum imperium restitutum (Eutrop. X 14). Aber nicht bloß durch die Abwehr der Feinde, sondern durch Reorganisation des arg mitgenommenen Landes hat Iulian den Dank desselben erworben. Iulianus urbes Galliae ex favillis et cineribus excitavit, illae provinciae obsessae expugnatae ferro ignique vastatae beatiores sunt his oppidis quae habet sine hoste Constantius (Gratiar. act. Iulian. a. a. O.). Er hat das unredliche Gebaren der Steuerbeamten in der Belgica II verfolgt (Ammian. XVII 3). Dabei hatte er fortgesetzt mit Intriguen von Seiten des Kaisers zu kämpfen (vgl. im allgemeinen Schiller Kaiserzeit II 303–315). Als nun Constantius einen großen Teil der gallischen Truppen Iulians für den Orientkrieg forderte, erregte diese Maßregel unter den Soldaten, die, zum größeren Teil Auxilien, nur für den Dienst in G. geworben waren, große Mißstimmung, und die ausbrechende Revolte führte zur Erhebung Iulians zum Kaiser, der freilich dadurch seiner segensreichen Tätigkeit in G. entzogen wurde. Nach seinem Tod brachen die Alamannen wieder über den Rhein (Ammian. XXVI 4, 5). Valentinian hat sein möglichstes zur Deckung der gallischen Provinzen getan (Ammian. XXVI 4, 5. 5, 14); lange Jahre ist er am Rhein geblieben und hat eine neue Befestigungsreihe anlegen lassen, die immerhin geraume Zeit wirksam war (Ammian. XXVIII 2, 1). Wie die Gesetze zeigen, hat er auch die Verwaltung zu bessern gesucht und auch für das [664] geistige Leben in den Städten gesorgt (Cod. Theod. XIII 3, 11). Es ist die Zeit, da Ausonius die Mosella schrieb. Freilich allgegenwärtig konnte der Kaiser nicht sein, und so kann Ammian. XXVIII 2, 10 von zahlreichen Räubern berichten, welche die celebres vias G.s (im J. 369) unsicher machten. Eine Maßregel, welche zeigt, wie gefährdet trotz aller Kastellbauten und glücklichen Abwehr die Rheingrenze am Ende des 4. Jhdts. war, ist die Verlegung der Praefectur von Trier, der großen, festen Moselstadt, nach Arelate an der unteren Rhône kurz vor 402 (vgl. insbesondere J. Zeller Die Zeit der Verlegung der praefectura Galliarum von Trier nach Arles, Westd. Ztschr. 1904, 91ff. und Das concilium der septem provinciae in Arelate, ebd. 1905, 1ff.). Durch die Verlegung der Praefectur nach Arles und der Einberufung des Landtages der sieben Provinzen der Viennenser Diözese dorthin ist die große Handelsstadt (Constitutio Honorii a. 418, Monum. Germ. epist. Merow. I p. 13f. tanta enim loci opportunitas, tanta est copia commerciorum, tanta illic frequentia commeantium, ut, quidquid usquam nascitur, illic commodius distrahatur usw.) auch in kirchlicher Hinsicht gefördert worden; es hat Vienna den Rang abgelaufen und bedeutende Zugeständnisse bezüglich der kirchlichen Hoheit über G. wurden dem Bischof von Arles gemacht. Vgl. Gundlach Arles und Vienne, N. Archiv f. alt. deutsche Geschichtskunde XV 236ff. Es war wie eine Vorahnung kommender Ereignisse diese Verlegung der ersten Verwaltungsbehörde nach dem Süden. Denn wenige Jahre darauf erfolgte 406 der gewaltige Einbruch der Alanen, Vandalen und Sueben nach G. Zahlreiche Städte fielen ihnen zum Opfer. An den Pyrenäen fanden sie Widerstand und überschwemmten Südfrankreich (Prosper a. 406. Oros. VII 40. Hieron. ad Ageruchiam 23 Remorum urbs praepotens, Ambiani, Attrebatae, extremique hominum Morini, Tornacus ... translatae in Germaniam. Aquitaniae novemque populorum, Lugdunensis et Narbonensis provinciae praeter paucas urbes populata sunt cuncta. Quas et ipsas foris gladius, intus vastat fames usw.). Gleichzeitig gingen wieder die Alamannen über die Grenze, gedrängt von den Burgundern, die sich bald darauf am Rhein festsetzten, Prosper a. 413. Burgundiones partem Galliae propinquam Rheno obtinuerunt. Die wirren Zustände, welche die Germaneninvasion und die Usurpationen des Constantinus und Iovinus (s. o. Bd. IV S. 1028ff.) mit sich brachten (incuria temporum vel desidia tyrannorum Constitut. Honor. a. O.), suchte Ataulf, der die Westgoten führte, auszunützen. Er hat zuerst mit Iovinus, der mit Regulären, burgundischen, vandalischen, fränkischen und alemannischen Hilfsvölkern sich in der Auvergne festgesetzt hatte (Gregor. hist. Franc. II 9), unterhandelt (Olympiodor. frg. 17), dann aber, als Iovinus in ihm einen Rivalen sah, mit Honorius paktiert und Valentia, wohin sich Iovinus zurückgezogen hatte, erobert (Chron. Gall. 71). Die Goten, in ihren Ansprüchen nicht zufriedengestellt, suchten sich nun Massilias zu bemächtigen, doch gelang ihnen nur die Einnahme von Narbo, wahrscheinlich such Tolosas, während Burdigala sich freiwillig ergab (vgl. insbesondere L. Schmidt [665] in Sieglins Quellen und Forschungen X 224). Das Erscheinen des Constantius mit einem kaiserlichen Heer in Süd-G. (s. o. Bd. III S. 1100) zwang die Goten, vorläufig G. zu räumen und nach Spanien zu gehen (Oros. VII 43). Erst 419 wurde ihnen von Constantius im Namen des Honorius Land eingeräumt, Prosper Aquit. 419 Constantius patricius pacem firmat cum Wallia, data eidem ad habitandum secunda Aquitania et quibusdam confinium provinciarum. Sie waren Föderaten mit 2/3 Landanweisung, eine staatliche Gebietsabtretung ist damals also nicht erfolgt. Die Goten trachteten in der Folge nach dem Besitz der Mittelmeerküste, zuerst ohne Erfolg. Ein Vorstoß auf Arelate ist an des Aetius Wachsamkeit gescheitert. Den Einfall der Burgunder in die Belgica 435 und die Erhebung in West-G. benutzten die Goten, um Narbo anzugreifen (Hydat. 436). Doch sind sie von Aetius General Litorius mit den hunnischen Hilfsvölkern zurückgedrängt worden, und 439 kam durch Vermittlung des Avitus pr. pr. (s. o. Bd. II S. 2396) ein Friede zustande. Kurz vorher, 435, waren die Burgunder von Aetius geschlagen und 437 der Aufstand im Innern niedergeworfen worden (Chron. Gall.). Den Burgundern, die von den Hunnen besonders schwer geschlagen worden waren (s. o. Burgundiones), wurde 443 (Prosper) die Sabaudia cum indigenis dividenda eingeräumt, das ist das Gebiet um den Ausfluß der Rhône aus dem Genfersee. Um Valentia herum fanden Alanen Wohnsitze (Chron. Gall. 440. 442), die mit Gewalt das ihnen von Aetius gegebene Ansiedlungsrecht den Grundbesitzern gegenüber geltend machten. Andere Alanen finden wir in Aureliana (Orléans), Iord. Get. 194. 226. Gregor. hist. Franc. II 7. Von Britannien herüber wanderten zahlreiche Bewohner vor den Angeln und Sachsen nach dem gallischen Festland, wo sie sich im Nordwesten festsetzten. Die Franken haben sich bis an die Somme hin ausgedehnt, nachdem sie Camaracum (Cambrai) besetzt hatten (Gregor. a. O. II 9). Um 450 besaßen sie bereits Trier (Hauck Kirchengeschichte I4 104). Die Auflösung der römischen Herrschaft in G. hat es Attila am besten erscheinen lassen, dort zunächst das weströmische Reich anzugreifen. Die gemeinsame Gefahr vereinigte Römer, Franken, Goten u. a. zur Abwehr der Hunnen, die gelang (über die näheren Umstände vgl. Schmidt a. O. in Sieglins Quellen und Forschungen XII 246ff.). Bald darauf haben die Goten aufs neue mit der Erweiterung ihres Gebietes auf Kosten des römischen begonnen. Sie eroberten alles Gebiet bis zur Loire hin (Gregor. a. O.) und versuchten wieder einmal, Arelate zu nehmen (Chron. Gall. c. 621. Sidon. ep. VII 12, 3), was mißlang. Eine kurze Pause in ihren Angriffen brachte das Kaisertum des arvernischen Adeligen Avitus, den sie förderten. Wie aber seine Herrschaft in Italien scheiterte (456), nahmen sie keine Rücksicht mehr auf das Imperium. Sie veranlaßten die Burgunder, ihr Gebiet über die Lugdunensis prima mit Lugudunum auszudehnen (Marius chron. 456. Prosp. 457), gingen selbst wieder vergeblich gegen Arelate vor. Freilich hat Maiorian 459 Lugudunum wieder zurückerobert, doch beließ er die [666] Burgunder gegen Anerkennung der römischen Oberhoheit in der Provinz. Die Westgoten schlossen Frieden (Priscus frg. 27). Als aber der tüchtige Kaiser gestürzt wurde und der Comes et magister utriusque militiae in G., Aegidius (s. o. Bd. I S. 476) in Anhänglichkeit an jenen gegen Ricimer und dessen Kaiser Severus Stellung nahm, haben die Goten das unter dem Comes Agrippinus, einem Parteigänger Ricimers, stehende Narbo ,zum Schutz vor Aegidius‘ besetzt und so den langersehnten Anteil am Mittelmeer erhalten. Aegidius ist nach einer Niederlage, die er den Goten an der Loire beibrachte, 464 gestorben. Mit Eurich (seit 466) beginnt eine neue Periode der gotischen Eroberungspolitik (Euricus ... crebram mutationem Romanorum principum cernens Gallias suo iure nisus est occupare, Iord. Get. 237). Mit ihm konspirierten gallische Würdenträger (s. Arvandus o. Bd. I S. 486. Dessen Programm bei Sidon. Apoll. ep. I 7, 5 pacem cum Graeco imperatore dissuadens, Britannos supra Ligerim sitos impugnari oportere demonstrans, cum Burgundionibus iure gentium Gallias dividi debere confirmans; vgl. Schmidt a. O. 261). Doch hatte Anthemius der Kaiser immerhin noch bedeutenden Anhang in G., so des Avitus Sohn Ekdikios (s. o. Bd. V S. 2159), Apollinaris Sidonius, in der Zeit der gotischen Eroberung Bischof von Arverni und Agitator wie der übrige katholische Klerus gegen die arianischen Goten, ferner die Burgunder, Franken und Bretonen. Trotz allem gelang es Eurich, die gotische Herrschaft bis an die Loire und Rhône auszudehnen (veterum finium limitibus effractis ... metas in Rhodanum Ligerimque proterminant Sidon. Apoll. ep. III 1). Die Umwälzung vom J. 476 benützte Eurich, auch noch die Provincia südlich der Durance wegzunehmen. Das Gebiet nördlich der Loire, das noch als römisches Land das weströmische Reich überlebte, ward 486 von dem Franken Chlodwig dem Syagrius entrissen und damit ganz G. unter germanischen Reichen aufgeteilt.

Literatur.

Aus der gewaltigen Literatur sei neben den bereits oben angeführten Arbeiten noch angeführt: CIL XII. XIII. Cagnat Gallia bei Ruggiero Dizionario epigr. Desjardins Géographie historique et administrative de la Gaule I–IV. Duchesne Fastes episcopaux de l’ancienne Gaule. Foustel de Coulanges La Gaule Romaine. E. Herzog Galliae Narbonensis provinciae historia. O. Hirschfeld Gallische Studien, S.-Ber. Akad. Wien 1883. 1884; Die römischen Meilensteine, S.-Ber. Akad. Berl. 1907. Jullian La Gaule Romaine. Jung Grundriß2 in Müllers Handbuch 96ff. mit vieler Literatur. E. Lavisse Histoire de France depuis les origines jusqu’ à la révolution. Longnon Géographie de la Gaule au VI. siècle. Mommsen Röm. Geschichte V u. v. a.
[Weiss.]
Anmerkungen (Wikisource)
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 3105.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 194.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 6027.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 2858.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 5096.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 3316.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 721.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 107.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 2343.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 1954.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 4398.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 38.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 1550.
Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 390.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 31863.
Corpus Inscriptionum Latinarum X, 7383.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 1576.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 5911.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 2.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 65.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 2443.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 1056.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 2000.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 3.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 5687.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 2828.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 5474.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 2901.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 2036.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 55.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 402.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 439.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 227.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 5197.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 1668.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 521.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 3151.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 1673.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 4037.
Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 2228.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 584.

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