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Sabai. 1) Σάβαι, Hauptstadt der Sabäer, in der südwestlichen Arabia felix. Diese Namensform [1516] bezeugen Diod. III 47 (nach Agatharch. 100 M. [Geogr. gr. min. I 188]) und Steph. Byz. s. Λάβαι und Τάβαι bei dem übrigens das Wort an beiden Stellen ohne Rücksicht auf seine Bedeutung nur als Beispiel für die Namensbildung zum Vergleiche mit dem Stichworte angeführt wird. In der Nominativform Σάβας (in den Hss. Σαβᾶς), welche sich im Auszug des Photios aus Agatharchides (a. a. O.) findet (ἄστυ ...ὁ καλεῖται Σάβας), möchten wir mit Rücksicht auf die Akkusativform bei Diodor μητρόπολις ...ἣν καλοῦσι Σάβας; der Dativ ἐν Σάβαις im selben Kapitel) keine Variante von Σ., als welche sie regelmäßig verzeichnet wird, sondern ein Mißverständnis des Exzerptors erblicken, welcher Σάβας als Akkusativ, wie er noch bei Diodor zu lesen ist, auch bei Agatharchides vorgefunden, jedoch irrtümlich für ein Indeklinabile nach dem Arabischen gehalten und dazu den Nominativ gleichlautend aus eigenem gebildet zu haben scheint. Daß dieser Σάβαι lautet, beweisen übrigens auch die Anführungen bei Stephanos. Die Namensform Saba, mit welcher die Sabäerhauptstadt namentlich in älteren Werken bezeichnet wurde, ist in der griechischen und römischen Literatur nicht bezeugt (s. o. Saba Nr. 1 S. 1300). Als ein Zeugnis hiefür ist nicht anzusehen, daß im 5. Jhdt. n. Chr. Philostorg. hist. eccl. II 6 von einer Σάβα μητρόπολις spricht. Diese Form ist offenbar von dem Landes- und Volksnamen auf die Hauptstadt übertragen. Welchen Wert übrigens seine ganze Notiz (s. o. S. 1494) hat, erhellt daraus, daß er die Sabäer ein indisches Volk nennt. S. ist auch nicht identisch mit dem von Theophr. h. pl. IX 4, 2 erwähnten Σαβά (s. o. S. 1299), sondern mit Μαρίαβα, welches Strab. XVI 768 (nach Erathosthenes) die Hauptstadt der Sabäer nennt und auch 778 (nach Artemidor) als solche erwähnt und in ganz gleicher Weise beschreibt, wie Diodor S. (s. o. S. 1391). Die an letzterer Strabonstelle in den meisten Hss. überlieferte Lesart μερίαβα (μεριάβα)) ist schon von Tzschucke auf Grund des Vergleiches von 768, von Steph. und anderen Zeugnissen verbessert worden. Dagegen ist S., d. i. Μαρίαβα an beiden Stellen Strabons, gegen die herkömmliche Auffassung, von Μαρσύαβα zu trennen, welches Strab. 782 als Ziel der vergeblichen Belagerung durch Aelius Gallus anführt (s. o. S. 1357; 1359 über die Lesung dieses Namens, welcher auf Grund der Identifizierung mit der Sabäerhauptstadt seit Kramer gleichfalls Μαρίαβα geschrieben wird). S. hat aber auch nichts mit Mariba (Mariva) zu tun, welches nach Plin. n. h. VI 159f. von Aelius Gallus zerstört worden ist, und war überhaupt nicht der Gegenstand der Angriffe des Gallus, noch seine Siegesbeute (vgl o. S. 1355. 1358f. 1391. 1442f.), sondern ist vielmehr identisch mit Mareliabata bei Plin. VI 154 (s. o. S. 1442f.: ebd. über die irrige Meinung anderer, welche noch eine andere Stadt bei Plinius mit Mariaba identifizieren). Μαρίαβα erwähnt auch Steph. Byz. (nach Strabon, dessen XVI. Buch er zitiert). Dagegen ist seine Σαβαὶ πόλις die äthiopische Küstenstadt (s. u. Nr. 3); daher zählt diese Stelle nicht für die Erwägungen über den Namen der Sabäerhauptstadt bei Mordtmann-Müller Sabäische Denkmäler 1883 3. 1. Ein unwidersprechlicher [1517] Beweis für die Identität von Mariaba bei Strabon und S. bei Diodor liegt in der selbst in unwesentlichen Einzelheiten hervortretenden Übereinstimmung zwischen Strabons (vgl. o. S. 1337) und Diodors Bericht über die Lage der Stadt auf einem Berge (s. o. S. 1392), über die verschiedenen Aromata, welche an der Küste und im Innern des Landes gedeihen, über Erdpech und Bocksbart als Gegenmittel gegen die schädliche Wirkung der betäubenden Wohlgerüche, über das Vorkommen von spannenlangen, purpurroten Schlangen, deren Biß unheilbar ist, über Wohlstand und Handel der Sabäer, über ihren Reichtum an Schmuckgegenständen und wertvollem Hausgerät, über die Rechte und Pflichten des Königs, welcher den Palast bei Strafe der Steinigung nicht verlassen darf (auf die Analogie zwischen Artemidors Mitteilung über die strenge Bewachung des Sabäerkönigs und Stellen südarabischer Inschriften, welche von Leibwächtern des Königs sprechen, verwies D. H. Müller [Burgen und Schlösser Südarabiens 1881 II 1026, wo nur irrtümlich Eratosthenes als Quelle Strabons angegeben ist]; mit derselben Nachricht Strabons verglich Kremer Über die südarabische Sage 1866, 150 die Notiz des Kāmūs über dū-Fāiš, der sich alljährlich nur einmal dem Volke verschleiert zu zeigen pflegte). Diese bis auf den sprachlichen Ausdruck und die Reihenfolge der Gedanken sich erstreckende Übereinstimmung zwischen Diodor und Strabon in charakteristischen Einzelheiten, welche nicht auf Zufall beruhen kann, beweist nicht nur die Identität der beiden gleichartig beschriebenen Städte, Mariabas und S.s, sondern auch die Gemeinsamkeit der Quelle, der Darstellung des Agatharchides, für Diodor wie für Artemidor, aus welchem wieder Strabon (XVI 778) unmittelbar schöpfte (s. o. S. 1389. 1391). Dieselbe Stadt versteht wahrscheinlich Ptolem. VI 7, 37 (VIII 22, 11) unter Μάρα μητρόπολις, Ammian. Marc. XXIII 47 unter Baraba und Geogr. Rav. II 5 unter Periba (vgl. o. S. 1489 und 1493f.). Unsicher ist das arabische Μάρ bei Joseph. ant. III 1, 1. Diese mehrfach erwähnte Stadt ist also die aus den arabischen Quellen bekannte Sabäerhauptstadt, Mārib der Inschriften, Ma’rib der Schriftsteller, deren Namen heute noch erhalten ist (s. darüber o. S. 1329. 1391f.). Mannert VI 1, 66 hat zwar ein heutiges ,Saade` für S. gehalten und nach ihm andere, auch noch Forbiger Handb. II 756 und in der früheren Auflage dieses Werkes (unter Saba Nr. 1 und Sabbatha) Mārib für Σάβατα, die Hauptstadt von Ḥaḍramūt; doch ist schon Forbiger selbst in seinem Atlas der Alten Welt und in seiner Strabonübersetzung von dieser Ansicht abgegangen (vgl. o. S. 1355 und u. im Art. Sabbatha). Es ist aber darum nicht mit Forbiger und anderen anzunehmen, daß Mariaba der spätere Name der Stadt gewesen sei und S. oder gar Saba der ältere, und auch nicht mit Mannert VI 1, 80, daß das Volk seine Benennung nach der Hauptstadt S. erhalten habe: auch Sprenger Die alte Geographie Arabiens 1875, 162 tat nicht gut daran, Stephanos beizustimmen, der vom Stadtnamen Σαβώ (s. d.) den Volksnamen ,Sabäer‘ herleitet. Es ist vielmehr S. als Bezeichnung für die Stadt nur dem [1518] Namen des Landes und Volkes entnommen worden und bedeutet ,die Sabäerstadt‘. Dies scheint auch aus den Worten des Auszuges des Photios (a. a. O. I 188) hervorzugehen: τὸ τῶν Σαβαίων ἄστυ τοῦ παντὸς ἔθνους προσηγορίαν δηλοῦν (gegen die Deutung bei Ritter Erdk. XII 247f. u. a.; vgl. Niebuhr Beschreibung von Arabien 1772, 279). Es erregt also nicht, wie Sprenger 159 meinte, ‚einiges Bedenken‘, daß Agatharchides die Hauptstadt der Sabäer Sabas (richtig S.) und ein Ungenannter bei Steph. Byz. Sabō nennt. Über ein Analogon zu dieser Doppelbenennung bei den Arabern, welche Niebuhr (ebd.) und andere in Zweifel gezogen haben, s. o. S. 1392. Die Etymologie des Namens Mariaba (über die inschriftlichen Formen vgl. o. S. 1324) ist nicht sicher (über die unmögliche Deutung bei Ritter XII 283 s. o. S. 1393). Eine Zusammenstellung älterer Erklärungen gab Mordtmann ZDMG XXX 320f. Gegen seine Erklärung sprach sich D. H. Müller Burgen 968 aus; anders erklärt auch Glaser Skizze II 20. Auch Hommels (Aufsätze und Abhandlungen 1900, 231, 1; Grundriß der Geographie ... des alten Orients I 1², 1904 [= Handb. d. klass. Altertumswiss. III 1²], 142) Zusammenstellung mit dem biblischen Jareb und mit Aribi (s. o. Art. Saba S. 1500) ist nicht ohne Bedenken. Die neuere Schreibung Ma’rib der Schriftsteller erklärt Landberg Arabica III 1895, 121 als Folge irriger Etymologie der Araber.

Niebuhrs (277f.) dürftiger und irriger Bericht über Ma’rib und seine Ruinen auf Grund seiner Erkundigungen in San’ā, (,man soll daselbst noch einige Überbleibsel eines Palastes der Balkis finden, aber gar keine Inschriften, und also verdienen diese Ruinen vielleicht nicht einmal gesehen zu werden‘) war nicht geeignet, eine richtige Vorstellung vom Tatsächlichen zu erwecken. Erst durch Cruttendens Erkundigungen und Funde in San’ā im J. 1836 wurde die Aufmerkeamkeit wissenschaftlicher Kreise auf das Ruinenfeld von Ma’rib gelenkt. Über die erste Entdeckung der Ruinen und Anfertigung von Inschriftenkopien durch Arnaud (im J. 1843), dessen Erfahrungen auch den späteren Forschern zur Richtschnur dienten, sowie über Halévys Reise (im J. 1869) s. die Literaturangaben im Art. Saba o. S. 1402 (vgl. S. 1502; übersichtliche Zusammenstellung bei Weber Forschungsreisen in Südarabien [Der alte Orient VIII] 1907. 15f. 21f.). Halévy hatte auf seiner denkwürdigen, überaus erfolgreichen Reise speziell zu Ma’rib in epigraphischer Hinsicht kein sonderliches Forscherglück. Der erste Bericht Arnauds ist bei Ritter XII 761f. 840f. verarbeitet, Halévys Mitteilungen bei Zehme Arabien und die Araber seit hundert Jahren 1875. 83f., Arnauds älterer und späterer Bericht, sowie Halévys Beschreibung bei D. H. Müller Burgen 957f. (über Arnaud vgl. nebst den oben angeführten Literaturverweisen noch Rév. d’Égypte I 34f. II 161f.). Halévy Voraussagung: Un futur voyageur pourra avoir meilleure chance wurde in ungeahnter Weise durch Glaser erfüllt. welcher das von Arnaud entdeckte und nach diesem von Mackell und Halévy besuchte Ma’rib erst eigentlich durchforschte und [1519] dort zahlreiche Inschriften kopierte; über Beine Ergebnisse s. Weber Glasers Forschungsreisen (a. a. O. X) 1909, 12f. mit Benützung eines kurzen Originalberichtes Glasers. Eine Karte auf Grund topographischer Aufnahmen und zahlreiche geographische und archäologische Bemerkungen verleibte er dem Entwurfe für sein Reisewerk ,Saba‘ ein, das aus seinem Nachlaß noch nicht veröffentlicht ist (vgl. Art. Saba S. 1503). Seine wenigen Veröffentlichungen, die allein ausreichen, Arnauds Beschreibung der Stadt zu berichtigen und zu ergänzen, sind o. S. 1402 erwähnt (ebd. Literaturangaben über genauere Beschreibungen und Pläne des Stadtgebietes). Unter den Funden sind für die Kenntnis der Geschichte der Stadt namentlich zwei große Inschriften am Damme von Ma’rib von Bedeutung, welche über den geschichtlich berühmt gewordenen Bruch des Dammes handeln (vgl. über diesen großartigen Bau Art. Saba o. S. 1400). Den traditionellen Berichten zufolge erklärten die Ḥimjaren die Königin Bilḳīs, welche mit der legendarischen Königin von Saba identifiziert wurde (s. o. S. 1500), als Urheberin des Dammbaues; andere Jemener wiesen dieser Königin nur das Verdienst der Ausbesserung dieses Wunderwerkes zu, dagegen das seiner eigentlichen Erbauung dem sagenhaften Loḳmān oder dem viel späteren Sabas, dem mythischen Gründer Ma’ribs überhaupt (s. D. H. Müller Burgen 965 über den wirklichen Erbauer nach den Inschriften, Iṯ’iamar Baijin). Um die Erinnerung an den Dammbruch haben sich gleichfalls Sagen gesponnen. Auch das Verhältnis zwischen den beiden Tatsachen, einerseits der Zerstörung des Dammes, des Wahrzeichens der Stadt, an welches man die Fruchtbarkeit des Landes und geradezu die nationale Wohlfahrt Südarabiens geknüpft dachte, anderseits der Verödung und des Verfalles des Landes und der Auswanderung mächtiger jemenischer Stämme nach dem Norden, hat die Sage und die von ihr geleitete arabische Tradition, auch der Ḳorān (34, 15), vielfach aber auch noch neuere Darstellungen umgekehrt, wie z. B. Flügel Geschichte der Araber 1867, 29 und seltsamerweise auch Mordtmann ZDMG XXXI 72 (s. o. S. 1401). Der Dammbruch war nicht die Ursache, sondern die Folge oder Begleiterscheinung des Verfalles des Reiches (s. bereits Niebuhr 279. Ritter XII 80., Kremer XIII. D. H. Müller Burgen 987. Encyclopaedia Britannica 1888⁹, Art. Yemen 739. A. Müller Der Islam 1885 I 26 u. a.). Gegen die Tradition spricht auch die Tatsache, daß der Dammbruch, der gewöhnlich in die Mitte des 2. Jhdts. n. Chr. verlegt wird, weit später fällt als der Beginn des Verfalles des Sabäertums. Glaser (Zwei Inschriften über den Dammbruch Mitt. der Vorderasiat. Gesellsch. 1897, 126 im Unterschiede zu 29. 64. 68) berechnete die erste Zerstörung auf das J. 447 n. Chr., in welchem der Damm wieder aufgebaut wurde, die zweite auf 539 und bald nachher die letzte endgültige; diese fand nach Glaser Die Abessinier 1895, 136 wahrscheinlich eine Reihe von Jahren nach 540 statt.

Die Dammreste liegen gegen zwei Stunden südwestlich von Ma’rib. Dieses heutige Dorf [1520] nimmt nur einen Teil der Stätte des alten S. ein. Das Ruinenfeld befindet sich am Rande einer in endlose Weite nach Osten sich dehnenden öden Ebene. Unter den Trümmern sind inschriftenbedeckte Reste der alten Stadtmauer zu sehen. Ungefähr eine halbe Stunde nordöstlich von Ma’rib steht ein ellipsenförmiges Bauwerk mit Inschriften, das sog. ḥaram (Palast, Gynäceum [Tempel? vgl. Müller Burgen 972. CIS IV 2, 22; anders Hartmann Die arabische Frage 1909, 158]) der Bilḳīs. Nahe bei seinem Haupttore, nordöstlich, erheben sich acht prismatische, vierseitige Pilaster, ungefähr 1/4 Stunde weit die fünf sog. Pilaster der Bilḳīs, nordöstlich vom ḥaram, gegen 3 km entfernt, der miḳrāb (,Tempel‘), jetzt ein Hügel mit Ruinen. Neue Mitteilungen über das alte S. sind von der Herausgabe des literarischen Nachlasses Glasers zu erwarten.
[Tkač.]

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