ART

Eschara. E. erscheint in der älteren Zeit als Bezeichnung der Feuerstätte, seit dem 5. Jhdt. als Bezeichnung des Altars, dann des Feuerbeckens, endlich auch als Name verschiedener, durch eine Höhlung charakterisierter Gegenstände. Ob das Wort in seiner ursprünglichsten Bedeutung die für das Feuer bestimmte Höhlung des Herdes, das Feuerloch (ἐσχάρα πυρός Il. X 418. Aisch. Eumen. 108; βώμιος ἐ. Eurip. Phoen. 274 [vgl. Androm. 1102. Soph. frg. 35], s. Deneken Roschers Lex. I 2501), oder die Herdstätte oder das verglühende Feuerungsmaterial bezeichnete, mögen die Sprachvergleicher entscheiden.

In der Odyssee werden sowohl der große Herd im Megaron (VI 52. 305. VII 153. XIX 389. XX 123. XXIII 71) wie die Feuerstätten des Eumaios (XIV 420) und der Kalypso (V 59) als E. bezeichnet (τόπος ἐφεστίου πυρός Eustath. Od. V 59). Πυρὸς ἐσχάραι heißen Il. X 418 die Feuerstätten der Troer, vgl. dazu die pseudohomerischen Verse Certam. Hesiodi p. 319, 12. Auch späterhin findet sich E. als Bezeichnung der häuslichen Feuerungsstätte (Eur. Cyc. 384), des Heizherdes im Badehaus (Alexis frg. 101 Kock. Poll. VII 166) und des Kochherdes (Schol. Aristoph. Av. 436).

Von der häuslichen Feuerstätte, an der auch Opfer verrichtet wurden (Od. XIV 420), ist die Bezeichnung E. in nachhomerischer Zeit auf die Brandopferaltäre übertragen worden. Sie wurde insbesondere in der gehobenen Sprache der Dichtung beliebt (vgl. in ähnlicher Verwendung auch ἑστία Aisch. Sept. 257; Eum. 278. Eurip. Ion 461). Nur einmal (Soph. Antig. 1016) erscheinen βωμοί und ἐ. als zwei Gruppen neben einander, und Euripides Androm. 1102 spricht von βωμοῦ ἐ. (vgl. Eur. Phoen. 274. Soph. frg. 35), sonst wird E. unterschiedlos zur Bezeichnung derselben Altäre, wie βωμός, verwendet, Aisch. Pers. 205 (vgl. 203); Eumen. 108. 794 Kirchh. Eurip. Alc. 120; Androm. 1102. 1240; El. 801 (vgl. 804); Suppl. 33. 290. Aristoph. Av. 1232. Apoll. Rhod. II 1173. 1178. In Prosa und auf Inschriften erscheint das Wort in dieser Bedeutung selten, vgl. Lykurgos, ἐν τῷ περὶ ἱερείας (Harpocr. 87, 15). [Demosth.] LIX 116 (E. in Eleusis, vgl. Svoronos Journ. d’archéol. numism. IV 352). Kleidemos bei Bekker Anecd. I 326, 32 (E. des Poseidon Helikonios in Agrai). IG II 1658: Ἡρακλειδῶν ἐ. (4. Jhdt. v. Chr.). 470 Z. 11. 471 Z. 12. 76: ἐ. Διονύσου (2. Jhdt. v. Chr., vgl. Alkiphr. II 3, 15). Strab. IX 404 (?. des Zeus Astrapaios). Paus. IV 17, 3 (Altar des Zeus Herkeios), vgl. V 13, 8. Zosim. Hist. nov. II 1 (?. der Persephone und des Hades); vgl. II 2. Hier wird wenigstens an einigen Stellen eine bestimmte, durch den Kultgebrauch festgelegte Namengebung für die betreffenden Altäre anzuerkennen sein.

[615] Die von den Gelehrten des Altertums zwischen βωμός und ἐ. aufgestellten Unterscheidungen können jedoch nur mit großen Einschränkungen als gültig anerkannt werden. Neanthes von Kyzikos hat ἐν τρίτῳ τῶν κατὰ πόλιν die E. als Heroenaltar im Gegensatz zum βωμός, dem Götteraltar, definiert (Ammon. diff. vocab. p. 35 Valck. Eustath. Od. VI 305 p. 1564). vgl. Poll. I 8. Porphyr, antr. nymph. 6 (ἱδρύσαντο χθονίοις τε καὶ ἥρωσιν ἐσχάρας, ὑποχθονίοις δὲ βόθρους). Ammonios ὁ Λαμπτρεύς (vgl. über ihn Suppl. I S. 70) hat in seinem Werk περὶ βωμῶν καὶ θυσιῶν (auf das vielleicht auch das Zitat aus Neanthes zurückgeht) die ἐ. definiert als μὴ ἔχουσαν ὕψος ἑστίαν ἀλλ’ ἐπὶ γῆς ἱδρυμένην (ἢ) κοίλην (Harpocr. p. 87, 15. Phot. Suid. Etym. M. p. 384, 13), wobei der Zusatz κοίλη zwischen der Bedeutung ,Altar‘ und den ebenfalls als ἐ. bezeichneten Wunden vermitteln soll.

In anderer Fassung erscheint diese Lehre bei Ammon, (Herennius Philon) diff. voc. p. 34 Valck. (vgl. Eustath. Od. VI 305 p. 1564): βωμοὶ μὲν οἱ τὰς προσβάσεις ἔχοντες, ἐ. δὲ ἡ πρὸς βιωτικὴν γενομένη χρῆσιν ἐπὶ γῆς … vgl. Phot. (= Bekker Anecd. p. 256, 32): ἐ. ἐπὶ γῆς ἑστία στρογγυλοειδής (ein Zusatz, der durch die Rundform des Herdes veranlaßt ist), ὁ δὲ βωμὸς τὸ ἐν ὕψει ἐστὶ πρὸς θυσίαν οἰκοδόμημα. Apoll. Lex. Hom. 78 (Hesych. Eustath. Od. XXIII 71 p. 1939): ἐ. βωμὸς ἰσόπεδος οὐκ ἐκ λίθων ὑψούμενος. Schol. B Eurip. Phoen. 274: ἐ. ἡ ἐν τετραγώνῳ ἐπὶ γῆς βάσις βωμοῦ τάξιν ἔχουσα ἄνευ ἀναβάσεως. Eine Umformung oder Weiterführung dieser Definition (veranlaßt durch die Meinung, daß ἐ. eine Höhlung bezeichne) liegt vor bei Steph. Byz. p. 191, 8 Mein.: ὁ βωμὸς … οἰκοδομητός, ἡ δὲ ἐ. σκαπτή. Schol. MTB Eurip. Phoen. 274: ἐ. … ὁ ἐπὶ γῆς βόθρος, ἔνθα ἐναγίζουσι τοῖς κάτω ἐρχομένοις.

Daß der Sprachgebrauch, wenigstens der der Dichter, mit diesen Definitionen nicht zusammenstimmt, haben die alten Erklärer selbst vermerkt (vgl. Poll. I 8), aber auch für die Prosa und den Kultbrauch hat die von Ammonios aufgestellte Terminologie durchaus nicht allgemeine Gültigkeit. Doch bezeugt Pausanias V 13, 8 für Attika die Bezeichnung unscheinbarer Opferstätten als αὐτοσχέδιος ἐ., und die Opferstätte, die durch den Stein IG II 1658 (nicht ein Altarstein, sondern ein Horosstein, vgl. Ἐφημ. ἀρχ. 1862, 84) als Ἡρακλειδῶν ἐ. in Porto Raphti bezeichnet ward, mag solcher Art gewesen sein, ebenso vielleicht (wie Dittenberger Syll.² 626 erläutert) die ἐσχάραι in Lindos, auf die sich die in den Felsboden gehauenen Inschriften (IG XII 1, 791–804): θυσία προσχάραιος (d. i. πρὸ τῆς ἐσχάρας) beziehen, wo man freilich auch an Opferbecken denken könnte (s. u.). Daß aber auch solche Steinhäufungen und überhaupt alle stufenlosen Altäre βωμοί genannt worden sind, ist durch zahlreiche Belegstellen beweisbar, vgl. Bd. I S. 1664f. III S. 682.

Wie auf die Brandopferaltäre ist die Bezeichnung ἐ. (und ἐσχαρίς) ebenso wie focus (foculus) auch auf den tragbaren metallenen ,Herd‘ übertragen worden, sowohl auf das beim Opfer verwendete Feuerbecken (Xen. Cyrup. VIII 3, 12. Callix. bei Athen. V 202 B. Plut. Poplic. 17; Crass. 16), wie auch auf das zum Heizen und Kochen verwendete ἀνθράκιον (Bekker Anecd. [616] p. 14, 5: ἐ. τὸ σκεῦος, ἐφ' ᾧ ὀπτᾶται κρέας ἢ ἰχθύς, vgl. Anth. Pal. VI 101, 4: τετράπουν πυρὸς γέφυραν, ἐ. κρεηδόκον) und auf das Räucherbecken, wofür vorzugsweise die Deminutive ἐσχαρίς und ἐσχάριον verwendet werden (Hesych. Phot, Poll. X 65. Eustath. Od. V 59), vgl. Aristoph. Ach. 887; Vesp. 938; frg. 516 Kock. Strattis frg. 55 II p. 727 K. (Poll. X 101. 104). Alexis II 389 K. (Athen. XIV 642 F). Wie bei der Pompe des Ptolemaios Philadelphos neben βωμοί und Thymiaterien auch kolossale ἐ. ἐπίχρυσοι getragen wurden (Callix. bei Athen. V 202 B), so werden auch in den Inschriften unter den Geräten und Weihgeschenken der Tempel neben anderem Metallgerät mehrfach ἐσχάραι und ἐσχαρίδες aufgezählt, die als Opferherde und Weihrauchbecken anzusehen sein werden; vgl. IG II 675 Z. 41: ἐ. χαλκᾶ. II 816 Z. 9: ἐ. μεγάλη αὐτόστροφος. II 61 Z. 46: ἐσχάραι χαλκαῖ ἐφ’ [ὧν πῦρ] κάειν οὐχ ὑγιεῖς (s. IG II 5, 700 b, col. B 26). Z. 58: ἐσχαρίδες ὐχ ὑγιεῖς. II 834 c (p. 527) ἐσχαρὶς ἐπὶ τὸν λίθον (Eleusis). Bull. hell. XIV 413 Z. 24 (Delos): ἐσχάραι πυρκαιοί (vgl. Bull. hell. VI p. 48. Dittenberger Syll.² 588 Z. 172); p. 411 Z. 102: ἐσχαρὶς ἀργυρᾶ … σὺν τῷ ἐμπύρῳ. CIG II 2859: ἐσχαρὶς χρυσῆ (Branchidenheiligtum). Paton-Hicks Inscr. of Cos p. 64 nr. 36 (Dittenberger Syll.² 734) Z. 121: ἐ. τετράπεδος; nicht in diesen Zusammenhang gehört das ἐσχαρεῖον IG II 5, 834 b col. II 96.

In den neueren Besprechungen der Altäre ist mehrfach der Versuch gemacht worden, im Anschluß an die oben besprochenen Definitionen den Namen E. für einzelne Altartypen anzuwenden (vgl. Stengel Griech. Kultusaltert.² 17), so einerseits für die niedrigen runden oder viereckigen Heroenaltäre (vgl. o. Bd. I S. 1665f. Olympia II Baudenkmäler S. 165), insbesondere für die flachrundlichcn Opferstätten im Typus der von Loewy Arch. Jahrb. II 109 besprochenen (vgl. Deneken Roschers Lex. I 2500), andererseits auch für die mit durchlöcherten Steinplatten geschlossenen Opfergruben (Stephani Compte rendu archéol. St. Petersburg für 1865, 6. Rohde Psyche 33), oder endlich für größere, aber des Stufenbaues entbehrende Altäre der Erdgottheiten (Koldewey-Puchstein Die griech. Tempel in Unteritalien 84. 190). Bei dem Schwanken des antiken Sprachgebrauches und der Mannigfaltigkeit der von den Alten unter E. bezeichneten Formen muß aber die Verwendung des Wortes in der modernen Terminologie immer mehr oder weniger willkürlich bleiben und ist daher weder von wissenschaftlichem noch praktischem Nutzen. Zudem muß die Berechtigung, auch feuerlose Opferstätten als E. zu bezeichnen, zweifelhaft erscheinen.

Auch noch in anderer Bedeutung, als Name von Eintiefungen auf der Oberfläche der Altäre, ist der Name E. von den Neueren vielfach verwendet worden, im Anschluß an Schol. Eurip. Phoen. 274 (βώμιοι ἐσχάραι· τὰ κοιλώματα τῶν βωμῶν· ἐ. δὲ ὁ λύκκος ἐν ᾧ ἱερὰ ἔκαιον). Darnach mag der Name dort seine Berechtigung haben, wo wirklich die Vertiefungen zur Aufnahme des Feuers bestimmt waren, so vielleicht bei dem altertümlichen Altar von Krissa IGA 314 (Collitz Dialektinschr. II 1537), vgl. Ulrichs Reisen [617] und Forschungen I 21 und die o. Bd. I S. 1667 angeführten Altäre. Aber in weitaus den meisten Fällen sind die napfartigen Eintiefungen nur zur Aufnahme von Trankspenden und kleineren Gaben bestimmt, vgl. die Platte aus Theben IG VII 2454 (Ἡσιόνης), das athenische Altärchen des Zeus IG III 199, die kleinen Altäre von Epidauros IG IV 1042ff. (vgl. die Steinbecken IG IV 457ff.), die Steine von Troizen Bull. hell. 1897, 548. 1900, 189. Auch die großen wannenartigen Eintiefungen der Platte IG II 986 b (p. 539), die um 400 v. Chr. von einem Priester des Herakles und seinem Thiasos geweiht wurde, scheinen nicht für Feuerung bestimmt. Die vielfach als E. angesehenen runden Löcher auf dem berühmten Inschriftstein von Eleusis IG I 5 waren zur Aufnahme von säulenartigen Stützen eines Opfertisches bestimmt, vgl. v. Prott Athen. Mitt. 1899, 243. Vgl. die Literatur zu Altar.
[Reisch.]

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