ART

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Ergane (Ἐργάνη). Schon bei Homer ist Athena die Göttin der weiblichen ἔργα (Hom. Il. IX 390; Od. VII 111 = II 117. XX 72), des Webens (Hom. Il. XIV 178. V 735) und auch anderer Arbeit und Kunstfertigkeit (vgl. o. Bd. II S. 1944). Kunst und jegliches Handwerk steht unter ihrem Schutz (vgl. die Zusammenstellung der Handwerke und Erfindungen bei Preller-Robert Griech. Myth. I 221ff.). Daher führt sie auch Beiworte wie ἐργοπόνος, IG III 2, 1330 = Kaibel Epigr. Gr. 97 (Athen). Nonn. Dionys. XXIV 329. Kolluth. rapt. Hel. 194; oder καλλίεργος, IG IV 1064. 1072 (Epidauros). Unter dem Namen E. wird Athena einerseits von den Handwerkern verehrt, Sophokl. frg. 760 Nauck2 (Clem. Alex. Protr. X 97 p. 78 Potter. Plut. de fortuna 4 p. 99 B: τὴν γὰρ Ἐργάνην αἱ τέχναι πάρεδρον, οὐ τὴν Τύχην ἔχουσι; praec. reip. gerend. p. 802 B). Artemidor oneirocr. II 35. Andererseits heißt sie E. auch speziell als die Göttin der Webekunst, Aelian. nat. an. I 21. VI 57; var. hist. I 2. III 42. Oder es wird diese Epiklesis allgemein von den zahlreichen ἐπιστῆμαι und εὑρήματα der Göttin hergeleitet, Diod. V 73. Paus. bei Eustath. Hom. 1437, 48. Phot. Lex. s. Ἐργάνη. Etym. M. 369, 51. Diogenian. (Wentzel Ἐπικλήσεις II 5. VII 17) bei Hesych und Suidas. Vgl. ferner Plutarch. proverb. ed. Crusius, Progr. Tübingen 1887, 18 nr. 36. Harpokr. s. Ὑγεία Ἀθηνᾶ. Als Göttin eifriger Arbeit ist E. besonders dem gnädig, der früh aufsteht (vgl. Plut. quaest. conviv. III 6, 4 p. 654 F), und den Hahn möchte Paus. VI 26, 3 deshalb speziell als das heilige Tier der Athena E. ansehen. Von einzelnen Kultstätten der Athena E. sind zu erwähnen: 1. Athen, wo sich namentlich auf der Akropolis Weihinschriften gefunden haben, IG II 1434 = Kaibel Epigr. Gr. 776- [429] IG I Suppl. p. 205 nr. 373, 271 (beide von Frauen gestiftet). IG II. 1329 Ἀθηνᾷ τῇ Ὀργάνῃ und 1429 (beide von Männern gestiftet); ferner IG II 1428. 1438; dazu kommen noch zahlreiche Weihungen, die der E. gelten, obwohl die Epiklesis nicht besonders hinzugefügt ist, z. B. IG I Suppl. p. 197 nr. 373, 12 b: ἀνέθηκεν ἀπαρχήν ἔργων Ἀθηναίᾳ (auf einer Vasenscherbe). Kaibel Epigr. gr. 796 und viele andere. Paus. I 24. 3 behauptet, die Athener hätten zuerst der Athena die Epiklesis E. beigelegt, doch muß dies angesichts der großen Verbreitung des Kultes der E. dahingestellt bleiben. Ebenso unsicher ist die neuerdings gelegentlich vertretene Meinung, daß die Weihung des Peplos der Athena Polias speziell in ihrer Eigenschaft als E. gegolten habe (vgl. Roscher Myth. Lex. I 681). Über die Frage, ob es in Athen einen besonderen Tempel der Athena E. gab, vgl. die Literatur bei Hitzig-Blümner Paus. I 265ff. Frazer Paus. II 296f. Judeich Topogr. Athens 219. Bestritten ist dies namentlich von Robert Herm. XXXII 135. Dörpfeld Athen. Mitt. XIV 304ff. Dümmler o. Bd. II S. 1967. 2. Thespiai: Statue der Athena E. neben Plutos, Paus. IX 26, 8. 3. Delphi: Tempel, Cippus mit Weihinschrift Ἀθανα Ϝαργανα, Homolle Rev. de l’art anc. et moderne X 1901, 373ff. Perdrizet Mélanges Perrot 259 Fig. 1. Inschrift aus Delphi nach der Bibliothek auf dem Palatin verbracht, Plin. n. h. VII 210. Bücheler Rh. Mus. XXXVII 337. Preger Inscr. graec. metricae p. 97 nr. 117. 4. Epidauros: IG IV 990. 1162. 5. Sparta: Heiligtum der Athena E., Paus. III 17, 4, vgl. S. Wide Lakon. Kulte 54. 6. Olympia: Altar, auf dem auch die angeblich von Pheidias abstammenden φαιδρυνταί bezw. φαιδυνταί opferten, Paus. V 14, 5. 7. Megalopolis: Athena E. unter den Ergatai (s. d.), Paus. VIII 32, 4. 8. Delos: Felsinschrift Ἀθηναίης Ὀργάνης, Bull. hell. VI 351. 9. Samos: Hesych. Suid. An all diesen Kultstätten erscheint E. als Epiklesis der Athena und dort, wo der Name E. scheinbar selbständig vorkommt, wie z. B. bei Sophokl. frg. 760. Plut. de fortun. 4 ist meistens aus dem Zusammenhang ersichtlich, daß es sich um Athena E. handelt; auch Aelian. v. h. I 2 Ἐργάνης δαίμονος. III 42 τὴν Ἐργάνην: nat. an. I 21 τὴν θεὸν τὴν Ἐργάνην. VI 57 τὴν Ἁθηνᾶν τὴν Ἐργάνην hat trotz der verschiedenen Bezeichnungen doch wohl stets dieselbe Athena E. vor Augen. Jedenfalls ist die Verwendung von E. als Epiklesis das Ältere, und da sich diese Epiklesis aus den ἔργα der Menschen (Handwerker und Frauen) erklärt, ist es nicht wahrscheinlich, daß eine natursymbolische Bedeutung ihr zu Grunde liegt; anders urteilt Roscher Myth. Lex. I 681, indem er auf die Vorstellung verweist, daß Wolke und Nebel als eine Art Gespinst oder Kleid aufgefaßt werden, und daraus die Beziehungen der Athena E. zum Spinnen und Weben erklärt.

Unter den Darstellungen der Athena finden sich eine ganze Anzahl, auf die der Name E. gut paßt, so z. B. Athena mit der Spindel in Erythrai (Paus. VII 5, 9), Neu-Ilion (Apollod. III 12, 3, 3; Münzen, Catal. coins Brit. Mus. Troas 57ff. Taf. XI 3ff.) und anderswo – Athena in der Töpferwerkstatt auf einer Vase aus Ruvo, Ann. d. Inst. 1876 Taf. D. E = Daremberg-Saglio [430] Dict. des antiqu. II 2027 Fig. 3041, und auf einer Vase aus Athen, Arch. Anz. 1893, 19 –, Athena ein Pferd modellierend, auf einer Vase in Berlin nr. 2415, Ann. d. Inst. 1880 Taf. K; Athena bei der Anfertigung des hölzernen Pferdes anwesend, auf einer Vase in München nr. 400, Gerhard Auserl. Vasenb. III Taf. 229–230; Athena vor einem Handwerker und Athena mit der Spindel, Perdrizet Mélanges Perrot 259ff.
[Jessen.]

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