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Cura (curatio). 1) Im Staatsrecht. Die Verteilung des Stoffes unter die Artikel Cura (curatio) und Curatores ist in der Weise erfolgt, dass unter Cura die allgemeine Charakteristik, die geschichtliche Entwicklung und die verschiedenen Erscheinungen dieses zunächst unständigen Hülfsbeamtentums in der republicanischen und der Übergangszeit zum Principat und die wenigen Beispiele solcher unständiger Commissare unter dem Principat selbst gegeben werden, während diejenigen curae oder curationes der Kaiserzeit, für welche eigene, ständige Beamte mit dem Titel curatores geschaffen wurden, unter diesem Stichworte behandelt werden. Cura, curatio sind staatsrechtlich zunächst keine technischen Begriffe. Es ist aber frühzeitig Sitte geworden, jedes Amt ausserordentlicher Art im Amtsgebiet domi, das extra ordinem, neben dem certus ordo der Magistrate, vergeben wird, im gewöhnlichen Sprachgebrauch mit einem dieser Ausdrücke zu belegen. Im officiellen Gesetzesstil vermeidet dagegen Cicero die Substantiva und bedient sich nur des Verbums curare, de leg. III 10: ast quid erit, quod extra magistratus coerari oesus est, qui coeret populus creato eique ius coerandi dato. Es mangelt im Grund diesen Hülfsämtern wie dem dadurch erforderten Hülfsbeamtentum an [1762] einem bestimmten Titel. Wie die höheren, namentlich die ins Amtsgebiet militiae gehörenden Hülfsbeamten als cum imperio, werden die hier in Betracht kommenden niederen, nicht militärischen als cum potestate bezeichnet, Fest. ep. p. 50 ,eum imperio est‘ dicebatur apud antiquos, cui nominatim a populo dabatur imperium: ,cum potestate est‘ dicebatur de eo, qui a populo negotii) alieni praeficiebatur. Da cum potestate est also die offizielle Bezeichnung des gewöhnlich curator genannten Beamten ist, so bildet potestas das Synonym technischer Art zu den nicht technischen cura, curatio, und beide Bezeichnungsarten werden neben einander angewandt, wenn es gilt, das ausserordentliche niedere Amt von dem ordentlichen gleicher Art, das auch potestas heissen kann, zu unterscheiden; so nennt Cicero de leg. agr. II 21 potestas curatiove das Amt der IIIviri agris dandis assignandis, vgl. ebd. II 22. 25. 17, wo nebeneinander gestellt werden potestates, imperia, curationes, und in der Kaiserzeit erscheinen dieselben Worte in dieser oder einer ähnlichen Reihenfolge in den Gesetzen, um neben magistratus die nichtmagistratische Amtsgewalt zu bezeichnen, im iulischen Repetundengesetz, Dig. XLVIII 11, 1 in magistratu potestate curatione legatione, in der Lex de imperio Vespas. CIL VI 930 Z. 10 magistratus potestas imperium curatiove cuius rei, während bei Aufzählungen dieser Art in den uns erhaltenen republicanischen Gesetzen nur magistratus imperiumve gesagt wird (vgl. darüber Mommsen St.-R. I³ 117, 1). In der Litteratur der Kaiserzeit ist officium, das ständige Synonym von cura und curatio, Front. de aquae duct. Vorrede § 1. c. 102. Plin. ep. V 14. Suet. Aug. 37, vgl. auch CIL XIV 2922 officium viarum.

Mommsen vermutet mit Recht (St.-R. II³ 614), dass diese Hülfsmagistraturen ,eher unter als mit der Republik entstanden sind, wie sie denn auch mehr den Höhe- als den Ausgangspunkt der republicanischen Entwicklung bezeichnen‘. In jeder Beziehung sind sie den ordentlichen republicanischen Magistraturen gleichgestellt. Nur durch ein Specialgesetz des populus Romanus oder etwas, was dem gleichsteht, treten sie ins Leben; die Inhaber der curationes müssen verfassungsgemäss aus der Volkswahl hervorgegangen sein (Cic. de leg. III 10; de leg. agr. II 17. 31), und zwar geschieht die Wahl in den Tributcomitien (Cicero und Livius passim). Sie erhalten das nötige Hülfspersonal an Apparitoren, Schreibern u. s. w. (Cic. de leg. agr. II 32), aber ihre Stellung bleibt, so einflussreich manches dieser Amter auch wird, äusserlich eine bescheidene, abgesehen von der allerletzten republicanischen Zeit (vgl. für diese letzte Zeit den Antrag des Volkstribunen Rullus auf Gleichstellung seiner Ackercuratoren mit der Praetur, Cic. de leg. agr. a. a. O. und das Auftreten mancher dieser Curationen im Cursus honorum der Beamten). Die Amtsdauer ist entweder gegeben durch die Zeit, die die betreffende ausserordentliche Funktion erfordert, oder durch das Specialgesetz festgelegt, namentlich wenn sie die gewöhnliche einjährige Amtszeit überschreitet. Doch wird das letztere nach Möglichkeit vermieden, ja kommt eigentlich nur bei curationes mit einer der censorischen [1763] potestas analogen bezw. im censorischen Amtsgebiet enthaltenen Gewalt vor; so werden die im J. 557 = 197 v. Chr. zur Gründung von fünf coloniae maritimae gewählten tresviri auf drei Jahre (Liv. XXXII 29, vgl. XXXIV 25), die decemriri nach der Lex Servilia agraria auf fünf Jahre (Cic. de leg. agr. II 32) bestellt, wogegen das sempronische Ackergesetz von 621 = 133 v. Chr. an der Annuität festhält (Appian. bell. civ. I 9). In anderen Fällen ist das Verlassen des Princips der Annuität schon ein Zeichen des Niedergangs der Republik, kommt also erst im letzten Jahrhundert derselben vor. Noch strenger als an der Annuität wird bei diesen Hülfsämtern zunächst an der Collegialität festgehalten; selbst in Fällen, wo die betreffende Verrichtung nur einen Commissar erforderte, ist die Zweizahl das Gewöhnliche, und es kommen wohl mehr, dagegen in der besseren republicanischen Zeit nie weniger Amtsinhaber vor. Auch das Auftreten des Einzelcurators ist ein Zeichen des Sinkens der Republik und der republicanischen Grundsätze im 7. Jhdt. der Stadt; ganz besonders bezeichnend für die neue Zeit aber ist die Ausstattung eines Einzelcurators mit einer solchen Machtfülle, wie sie Cn. Pompeius durch die Lex Cornelia Caecilia vom J. 697 = 57 in Gestalt einer cura annonae erhielt, nämlich zusammen mit dem proconsularischen imperium infinitum, Cic. ad Att. IV 1, 7. Wäre nicht Pompeius der Inhaber dieser C. gewesen, so hätte vielleicht daraus die Monarchie sich entwickelt. Augustus hat, um das hier vorauszunehmen, dieselbe C. mit gleicher Machtfülle, wie Pompeius, aber nur für ganz kurze Zeit im J. 732 = 22 bekleidet (Mon. Ancyr. gr. III 5–9. Dio LIV 1, dazu O. Hirschfeld Verwaltungsgesch. I 138, 1; falsch Mommsen St.-R. II³ 1038); aber auch er hat weder diese cura annonae noch die ihm dreimal in den J. 735 = 19, 736 = 18 und 743 = 11 vom Senat und Volk angebotene cura legum et morum maxima potestate (Mon. Ancyr. gr. III 14f., die Angaben der Schriftsteller über diesen Punkt sind falsch) zur Grundlage seiner Stellung gemacht (über die letztere C. vgl. Mommsen St.-R. II³ 705ff.). Mit diesen beiden curae spielen die hier zu betrachtenden ausserordentlichen Magistraturen für kurze Zeit eine Rolle in der grossen politischen Geschichte, um dann durch die Neuorganisation des Augustus für immer wieder daraus zu verschwinden. Über die staatsrechtliche Stellung der curae bezw. curatores der Kaiserzeit und die verschiedenen Arten der kaiserlichen Curationen vgl. Art. Curatores.

Die republicanischen curae oder curationes teilen wir mit Mommsen (St.-R. II³ 613ff.) ein in A. die verfassungsmässig vorgesehenen, der Competenz der ordentlichen Magistrate ein für allemal entzogenen Geschäfte, und B. die innerhalb der Competenz der ordentlichen Magistrate gelegenen, aber zeitweise selbständig gemachten Functionen. Unter A fallen:

1. Die duoviri perduellioni iudicandae Mommsen a. a. O. 615ff.: Röm. Strafr. 154f., s. Art. Perduellio und Duoviri perduellionis.

2. Duoviri aedi dedicandae und aedi locandae (Mommsen St.-R. II³ 618ff. Ruggiero Dizion. epigr. I 165ff.), die neben den Oberbeamten oder [1764] den durch besonderen Volksbeschluss beauftragten niederen Magistraten speciell für die Location oder Dedication eines Tempels bis etwa ins 7. Jhdt. bestellt werden (Belege bei Mommsen a. a. O. 621, 1; der duovir lege Plaetoria CIL VI 3732 gehört wohl auch hierher; letzte Anwendung dieses Verfahrens unter Augustus im J. 752 = 2 v. Chr. bei der Dedication des Marstempels, Dio LV 10). ,Das Festhalten an der Collegialität als dem Grundprincip der republicanischen Ordnung und zwar in der ursprünglichen Form der Zweizahl tritt vielleicht nirgends so scharf hervor, wie bei diesem Duovirat und bei dem analogen für Perduellion, da die Acte selbst die collegialische Vollziehung ausschliessen‘ (Mommsen 622). Vgl. Art. Dedicatio, Locatio.

3. Die Beamten agris dandis adsignandis und coloniae deducendae (Mommsen a. a. O. 624ff. Ruggiero Diz. epigr. I 108ff.). Vergebung von Gemeindeland und Kolonisation liegen in der ausgebildeten Republik nicht in den Händen der ordentlichen Magistrate, sondern erfolgen auf einen Specialbeschluss des Volkes hin. Die zur Ausführung dieses Beschlusses in den Comitien gewählten Beamten treten auf in Collegien von drei, fünf, sieben, zehn, fünfzehn und zwanzig Männern, IIIviri, Vviri, VIIviri, Xviri, XVviri, XXviri a. d. a. Nur in dem Ackergesetz von 643 = 111 v. Chr. begegnen duoviri. Wenn Mommsens Vermutung (St.-R. II³ 629), dass der eine derselben die Ackeranweisung in Africa, der andere in Griechenland ausführen sollte, richtig ist, so stellt das schon einen Versuch dar, ,durch die Teilung der Competenz die Collegialität illusorisch zu machen.‚ Denn ,auch auf diesem Gebiet räumt mit dem Ende der Republik das collegialische Princip vor dem monarchischen das Feld‘ (vgl. den curator qui hac lege erit in dem caesarischen Ackergesetz von 695 = 59, Bruns Fontes⁵ 95). Eine besondere Wahlqualification war zu dem Amt nicht nötig; häufig war die Cumulation dieses ausserordentlichen Amtes mit einer ordentlichen Magistratur, insbesondere dem Consulat und dem Volkstribunat (die Gracchen und C. Marius!). Die wesentliche Aufgabe dieser Beamten bestand in dem, was ihre Amtsbezeichnung andeutet, in der rechtlichen Übereignung und factischen Überweisung von Gemeindeland, teilweise mit der sich dabei ergebenden Iudication und dem Coercitionsrecht. Neben der Bezeichnung durch die Zahl ihrer Mitglieder (IIIviri. Vviri, Xviri u. s. w.) findet sich für diese Hülfsbeamten auch die Bezeichnung curatores (Fest. ep. p. 48. Cic. de leg. agr. II 17. Lex Iulia agraria von 695 = 59 v. Chr. a. a. O.). Vgl. die Art. Adsignatio und Coloniae oben S. 568ff.

4. Beamte für Münzprägung und Staatsdarlehen (Mommsen St.-R. II³ 639ff.). Die städtische Münzprägung wird geleitet entweder auf Grund eines besonderen Auftrags des Senats von den Quaestoren und den Aedilen, welcher Specialauftrag auch als eigene C. aufgefasst wird (vgl. die wahrscheinlich 680 = 74 v. Chr. ex s. c. geschlagenen Münzen des Quaestors Cn. Lentulus, auf denen er sich bald q(uaestor), bald cur(ator denariis) fl(andis) nennt, CIL I 445 p. 138. Mommsen Röm. Münzw. 611), oder von eigenen offenbar ausserordentlicherweise für diesen Zweck [1765] erwählten Männern, IIIviri aere argento auro flando feriundo (die älteste ausdrückliche Erwähnung in dem Elogium des Consuls von 662 = 92 v. Chr. C. Claudius Pulcher CIL I² p. 200 nr. XXXIII, der zwischen Quaestur und Aedilität IIIvir a. a. a. f. f. war). Seit dem Bundesgenossenkrieg findet sich diese Magistratur unter den regelmässigen Jahresämtern, und zwar des niedrigsten Ranges.

Besondere Commissionen zur Vergebung von Staatsdarlehen an einzelne Bürger werden zweimal in schweren Zeiten erwähnt, 403 = 351 v. Chr (Liv. VII 21) und im Jahre der Schlacht bei Cannae 538 = 216 (Liv. XXIII 21, 6): wozu noch ein dritter Fall aus der Kaiserzeit tritt (unter Tiberius, Tac. ann. VI 17 z. J. 33). Das Verfahren in der republicanischen Zeit entspricht dem bei der Adsignation eingehaltenen. Nach Beschluss der Massregel wird eine Commission von 3 oder 5 Mitgliedern gewählt: tres viri oder quinque viri mensarii, welche länger als auf Jahresfrist im Amte sind; die IIIviri von 538 = 216 fungieren noch 544 = 210, vgl. Liv. XXVI 36, 8. Allerdings sind diese Commissare auch als Hülfsbeamte für die gewöhnlichen Geschäfte des Aerars verwendet worden (Liv. a. a. O. XXIV 18, 12).

5. Ausserordentliche Beamte für den Friedenschluss begegnen in der Zeit der punischen Kriege, so nach dem ersten punischen Krieg Xviri, Polyb. I 63; ähnliches vermutet Mommsen auch für den Frieden nach der Zerstörung Karthagos 608 = 146 v. Chr. (Appian. Pun. 135. Ackergesetz von 643 = 111 v. Chr., Bruns Fontes⁵ p. 72ff. Z. 77. 81 und dazu Mommsen St.-R. II³ 643, 2). Dann ist offenbar dieses alte Volksrecht nicht mehr geübt worden, vielmehr sind die Friedensschlüsse zu stande gekommen durch die Feldherren und zehn beigeordnete Legati des Senats. Der Versuch des Volkstribunen P. Servilius Rullus 693 = 61 den alten Zustand wieder herzustellen misslang (CIL I p. 99. Mommsen St.-R. II³ 642ff.).

B. Von den ausserordentlichen Hülfsämtern für gewisse in den magistratischen Competenzen gelegene Functionen, die wahrscheinlich sehr zahlreich, aber meist politisch bedeutungslos waren, kennen wir offenbar nur einen verhältnismässig sehr kleinen Teil (Mommsen St.-R. II³ 667). Was uns durch die römische Annalenlitteratur und durch die Inschriften in dieser Beziehung bekannt geworden ist, hat Mommsen a. a. O. 662ff. zusammengestellt.

1. Aushülfsbeamte im praetorischen Amtsgebiet treten auf infolge einiger im 7. Jhdt. erlassener crimineller Ausnahmegesetze, durch die nicht nur Specialgerichte, sondern auch ausserordentliche Magistrate zur Untersuchung der betreffenden Fälle angeordnet wurden, so durch das peducaeische Plebiscit vom J. 640 = 114 gegen den Incest verschiedener Vestalinnen (hierbei populus Cassium creavit, qui de eisdem virginibus quaereret, Ascon. Mil. p. 46), das mamilische Plebiscit vom J. 644 = 110 wegen landesverräterischer Vergehen römischer Feldherren und Gesandten im iugurthinischen Krieg (gewählt werden für die zahlreichen Processe drei Quaesitoren, jeder mit einem consilium, Sallust. Iug. 40), das pompeische Consulargesetz vom J. 702 = 52 wegen der Ermordung des Clodius und der damit in Zusammenhang [1766] stehenden Verbrechen, wobei ein quaesitor vom Volk aus den Consularen, und zwar L. Domitius Ahenobarhus, gewählt wird (Ascon. Mil. p. 39). Einen bestimmten Amtstitel führen auch diese Hülfsbeamten nicht; quaesitor, die Benennung sowohl der amtlichen wie der nichtamtlichen Leiter von Criminalgerichten, wird auch für sie gebraucht, vgl. Mommsen St.-R. II³ 664ff.; Strafr. 196. 207ff.

2. Die Aushülfsbeamten im censorischen Amtsgebiet sind die zahlreichsten, weil die Censur, so recht eine Behörde des engherzigen Stadtstaates, für die grossen Verhältnisse des Flächenstaates am ersten nicht mehr genügte, von Sulla sogar vorübergehend thatsächlich beseitigt und vom J. 684 = 70 ab nie wieder so recht lebensfähig wurde.

a) Für die Aushebung, d. h. das censorischc Geschäft, die Dienstpflichtigen zu verzeichnen, treten in der Notzeit des zweiten punischen Krieges während der langen Unterbrechung der Censur 542 = 212, wie für andere censorische Geschäfte (s. u.), ausserordentliche Magistraturen ein, und zwar zwei Dreimännercollegien. Liv. XXV 5, 9. Mommsen St.-R. II³ 662f.

b) Für das Bauwesen: α) Für den Mauerbau wurden in demselben J. 542 = 212 auf Grund eines Plebiscits Vviri muris et turribus reficiendis gewählt, Liv. XXV 7, 5; β) für die Wiederherstellung von Tempeln in demselben Jahr IIIviri reficiendis aedibus und zugleich IIIviri sacris conquirendis donis persignandis, d. h. für die Herbeischaffung und Einziehung der zum Einschmelzen und Vermünzen geeigneten Weihgeschenke der Tempel (Liv. a. a. O.). Die C. für die Wiederherstellung des im J. 671 = 83 abgebrannten capitolinischen Tempels wurde zuerst dem Dictator Sulla, nach dessen Tod 676 = 78 dem damaligen Consul Q. Lutatius Catulus übertragen, der sie trotz des Widerstandes des Praetors Caesar im J. 691 = 62 (Suet. Caes. 15. Dio XXXVII 44) bis an seinen Tod behielt. Catulus heisst daher bei Varro (Gell. II 10) curator restituendi Capitolii; er hat den wiederhergestellten Tempel auch dediciert, vgl. CIL I 591. 592 = VI 1313. 1314 und I p. 171. Mommsen (St.-R. II³ 670) nimmt fälschlich Übertragung dieser curatio nur durch Senatsbeschluss an, vgl. dagegen Cicero Verr. IV 69: senatus populique Romani beneficio.

γ) Für Wasserleitungsbauten reichte die censorische Amtsfrist in der Regel nicht aus. Wenn nicht völlig ungesetzliche Verlängerung des ordentlichen Amtes, wie der Censur des Appius von 442 = 312 beim Bau der appischen Leitung (Frontin. de aquaeduct. 5, vgl. Art, Appia aqua), oder in völlig anomaler Weise Prorogation, wie der an Stelle der Censur herangezogenen städtischen Praetur im J. 610 = 144 beim Bau der marcischen Leitung, stattfand (Frontin. 7i, wurden auch hier Hülfsbeamte creiert. z. B. IIviri aquae perducendae für die im J. 482 = 272 begonnene Anioleitung, von denen jedoch der eine nach vier Tagen starb, so dass der College allein das Werk zu Ende führte (Frontin. a. a. O. 6). δ) Für die Wegebauten reichte ebenfalls die Amtsdauer der ordentlichen Magistrate, selbst der Censoren, nicht aus. Wie die appische Wasserleitung, sind auch die appische Strasse und ähnlich wahrscheinlich [1767] später die übrigen grossen italischen Chausseen auf exceptionellem Wege hergestellt worden. Von einer eigenen c. viarum, die auf Grund einer lex Visellia (CIL I 593 = VI 1299) vielleicht, wie Mommsen (St.-R. II³ 670) vermutet, durch C. Gracchus (Plut. C. Gracch. 7. Appian. bell. civ. I 23) eingerichtet war, haben wir erst Kunde aus dem letzten Jahrhundert der Republik, CIL I² p. 200 nr. XXXIII = VI 1283: C. Claudius Pulcher, Consul 662 = 92, curator viis sternundis, zwischen der Praetur und dem Consulat; CIL VI 3824 = (besser) Not. d. scavi 1896, 87ff. (nach Hülsen Notiz. a. a. O. aus der sullanischen Zeit etwa, nicht, wie Mommsen will, von 639 = 115): der Quaestor urbanus T. Vibius Temuudinus vergiebt als curator viarum Herstellungsarbeiten an der Via Caecilia (s. d.); CIL I 593 = VI 1299 (von 683 = 71) ein curator viarum e lege Visellia, zugleich Tribunus plebis; die Abnahme erfolgt hier de con(legarum) sen(tentia), d. h. der übrigen 9 Volkstribunen, deren Namen verzeichnet sind (falsch v. Domaszewski Eranos Vindobonensis 62); der Praetor des J. 689 = 65 Q. Minucius Thermus ist zu gleicher Zeit curator viae Flaminiae, Cic. ad Att. I 1, 2; in demselben Jahr war Caesar als Aedil curator viae Appiae, Plut. Caes. 5; endlich erbaute L. Fabricius als curator viarum im J. 692 = 62 die Brücke zwischen dem Campus Martius und der Tiberinsel (CIL I 600 = VI 1305. Dio XXXVII 45). Zur Erlangung dieser C. war also nicht eine gewisse Rangstufe erforderlich, sondern nur senatorische Herkunft; auch konnte dieselbe mit jedem ordentlichen Amt cumuliert werden (v. Domaszewski a. a. O. 60f). Das Princip der Annuität scheint nicht mehr für dieselbe gegolten zu haben, aber wie alle Curatoren der Republik, gingen auch diese aus der Volkswahl hervor. Nicht gelungen ist der Versuch v. Domaszewskis (a. a. O. 61) eine enge Verknüpfung dieser C. mit der Censur und eine Zusammensetzung aus 10 Mitgliedern zu erweisen (Hülsen Not. d. scavi 1896, 93f.). Vieles ist noch dunkel, z. B. was das visellische Gesetz bestimmte, ob die curatores viarum von Fall zu Fall eingesetzte Specialbeamte waren oder nicht, wie viel Stellen diese C. umfasste u. s. w. Mommsen St.-R. II³ 668ff. v. Domaszewski Eranos Vindobonensis (1894) 60–64. Hülsen Not. d. scavi 1896, 87–94. Vgl. Art. Viae und Curatores u. S. 1781ff.

3. Aushülfsbeamte für aedilicische Competenzen. a) Die Ausrichtung der Volksfeste – c. ludorum – und zwar nicht nur die der jüngeren Feste, sondern auch die ursprünglich den Consuln zustehende C. der Ludi Romani, des hauptsächlichsten und lange Zeit einzigen römischen Festes, ist schliesslich als die wichtigste Aufgabe den Aedilen zugefallen, Cic. de leg. III 7 suntoque aediles curatores urbis, annonae ludorumque sollemnium (mit Ausnahme der vom Stadtpraetor ausgerichteten Ludi Apollinares), bis sie Augustus im J. 732 = 22 den Aedilen abnahm und den Praetoren überwies (Dio LIV 2), denen sie im wesentlichen geblieben ist. Mommsen St.-R. II³ 5l7ff. Friedlaender bei Marquardt-Wissowa Röm. St.-V. III² 486f.; S.-G. II⁶ 306-310. Über kaiserliche Curatores ludorum vgl. Art. Curatores S. 1798.[1768]

b) Für das Getreidewesen von Rom, wofür ursprünglich auch allein die Aedilen zu sorgen hatten (Cic. de leg. a. a. O.), bedurfte es seit der durch C. Gracchus erfolgten Einführung der stehenden Frumentationen einer besonderen c. annonae oder c. frumenti, die zunächst mit den ordentlichen Magistraturen cumuliert wurde. Von C. Gracchus selbst wissen wir, dass er bei seinen Getreideverteilungen wenigstens anwesend war (Cic. 10 Tuscul. III 48); möglich ist daher, dass er neben dem Volkstribunat wie IIIvir agris dandis, so curator annonae gewesen ist. In der ciceronischen Zeit scheint nach der Lex Terentia ein Praetor bei den Frumentationen beteiligt gewesen zu sein: Ascon. Cornel. p. 59, praetor . . . avocatus propter publici frumenti curam; für die anfänglichen Einrichtungen Caesars vgl. Suet. Caes. 41. Lex Iulia municipalis vom J. 709 = 45 Z. 17, dazu Hirschfeld Philol. XXIX 41; auch der in Ostia stationierte Quaestor scheint frühzeitig, wie auch später, mit der c. frumenti zu thun gehabt zu haben, Cic. de har. resp. 43; pro Sest. 39; pro Mur. 18. Vell. II 94. Wahrscheinlich sind daneben auch nicht selten ausserordentliche Beamte eingesetzt worden, zunächst vermutlich Collegien von Curatoren (Verrius Flaccus bei Fest. ep. p. 48, vgl. z. d. St. Mommsen St.-R. II³ 671, 4), späterhin Einzelcuratoren, die in den wirtschaftlichen Kämpfen des 7. Jhdts. vom Volke offenbar oft begehrt wurden. Die durch die annalistische Pseudogeschichtschreibung in die frührömische Zeit verlegte Forderung des Volkes nach solchen Einzelcuratoren (Liv. IV 12, 8. 13, 7) verdankt den Tageskämpfen der eigenen Zeit ihre Entstehung (Mommsen Herm. V 266f.; St.-R. II³ 671 f.). Die älteste geschichtlich nachweisbare Curation dieser Art ist die des Consulars M. Aemilius Scaurus vom J. 650 = 104, Cic. de har. resp. 43; pro Sest. 39. Dann kennen wir nur noch die schon erwähnte, mit der grössten Machtvollkommenheit ausgestattete c. annonae des Cn. Pompeius durch die Lex Cornelia Caecilia vom J. 697 = 57 (Cic. ad Att, IV 1, 7). Über die Pflichten der von Caesar 710 = 44 eingesetzten aediles Cerials (Dio XLIII 5, 3) wissen wir weiter nichts, als was Pomponius (Dig. I 2, 2, 32) sagt, eine Angabe, an deren Richtigkeit man auch schon gezweifelt hat, vgl. Hirschfeld Philol. XXIX 41f.; auf alle Fälle sind nach Caesar die alten Verhältnisse wieder eingetreten. Cassius Dio (XLVI 39) berichtet zum J. 711 = 43, dass der Senat durch einen besonderen Beschluss die Einhaltung des Collegialitätsprincips in der Getreideverwaltung eingeschärft habe. Von den inschriftlich bezeugten curatores frumenti gehört vielleicht C. Papirius Masso, CIL XI 1480. 1481 = Henzen 6493, noch in diese Zeit vor die Neuregelung der ganzen Institution durch Augustus 732 = 22 (Mommsen Herm. IV 364. 2), kaum dagegen L. Memmius auf der Inschrift CIL VI 1460 = XIV 2264, der als frumenti curator ex s. c. wie die augusteischen, bezeichnet wird; darüber Art. Curatores S. 1779.

In der Kaiserzeit sind für die meisten der berührten Specialgebiete ständige curatores (s. d.) bestellt worden, doch kommen daneben auch noch unständige Commissionen und Einzelcommissare vor, die sich aber von denen der Republik [1769] durch die Art der Bestellung (nicht mehr durch Volkswahl, sondern durch Senatsbeschluss, durchs Los oder durch directe kaiserliche Ernennung) unterscheiden. Ausserordentliche Commissionen zur Regulierung des Standes des Aerarium begegnen im J. 6 n. Chr. unter Augustus (tresviri consulares, durchs Los gewählt, Dio LV 25), im J. 62 unter Nero (wieder drei Consulare, Tac. ann. XV 18), im J. 70 unter Vespasian (Zahl unbekannt, Wahl durchs Los, Tac. hist. IV 40 vgl. 9), im J. 97 unter Nerva (quinqueviri, qui minuendis publicis sumptibus iudicio senatus constituebantur, Plin. ep. II 1, 9 , vgl. Mommsen St.-R. II³ 642). Für die Ausführung der im J. 70 im Senat beschlossenen (aber nachher doch nicht perfect gewordenen) Staatsanleihe wurde ein Einzelcurator eingesetzt (Tac. hist. IV 47 praepositusque ei curae Pompeius Silvanus). Zwei curatores restituendae Campaniae bestellte Titus nach der Vesuvkatastrophe von 79 n. Chr. durch Auslosung aus den Consularen (Suet. Tit. 8. Dio LXVI 24, vgl. Mommsen a. a. O. 995f.). Nerva hat die Assignation von Staatsland in den Formen der Republik wieder aufleben lassen, d. h. auf Grund eines Gesetzes (lex agraria, quam divus Nerva tulit, Dig. XLVII 21, 3, 1), und wenn auch nicht durch Magistrate, so doch durch quasimagistratische Commissarien (Dio LXVIII 2. Plin. ep. VII 31, 4. CIL VI 1548 ein [missus ?* a] divo Nerva ad agros dividendos). Als im 3. Jhdt. noch einmal, wie beim Regierungsantritt des Nerva, die Senatsherrschaft wiederauflebte, begegnet im J. 238 die ausserordentliche Behörde der XXviri ex s. c. rei publicae curandae, um Italien gegen Maximin zu verteidigen (Hist. Aug. Gord. 10. Zosim. I 14. CIL XIV 3902). Daneben giebt es Commissare in Masse, die der Kaiser direct ernennt, Vertrauensmänner, die für denselben die betreffende Aufgabe lösen. Mommsen St.-R. II³ 4 948ff. Als extra sortem auctoritate Augusti Caesaris et senatus consulto missus (die Inschrift hat misso) ad componendiim statum in reliquum provinciae Cypri wird noch P. Paquius Scaeva in augusteischer Zeit bezeichnet (CIL IX 2845, vgl. VI 1483), eine Art der Bestellung, die so recht ein Ausdruck der strengen augusteischen Dyarchie ist. Claudius ernennt dagegen einseitig schon für alle möglichen Dinge kaiserliche Commissare (Tac. ann. XIV 18. CIL V 5050). Von Vespasian heisst es im J. 70 (Tac. hist. IV 53) curam restituendi Capitolii in Lucium Vestinum confert, equestris ordinis virum, sed auctoritate famaque inter proceres. Mit der Ausführung der ersten traianischen Alimentationen werden als ausserordentliche kaiserliche Commissare betraut Cornelius Gallicanus und Pomponius Bassus (Tafel von Veleia, CIL XI 1147 II 37. III 12. 53. V 38. 56. VII 71), von denen der zweite den ersten abgelöst zu haben scheint. Keiner von ihnen führt einen Amtstitel, aber in Bezug auf den Auftrag, den Pomponius Bassus vom Kaiser empfangen hat, heisst es in dem Gemeindebeschluss von Ferentinum vom J. 101 (CIL VI 1492) demandatam sibi curam ab indulgentissimo imp.....Traiano. In einer Inschrift vom J. 180 n. Chr. (CIL XIV 2922) steht in dem Cursus honorum des T. Flavius Germanus nach procurator [1770] regionum urbis: adiuncto sibi officio viarum sternendarum urbis partibus duabus. Officium ist hier, wie oben S. 1762 bemerkt, gleichbedeutend mit C. Auch die vom Kaiser zu Aushebungszwecken in Italien ernannten Commissare senatorischen Ranges (Agricola im J. 70, Tac. Agric. 7; ein Tribunicier missus ad dilectum iuniorum a divo Hadriano in regionem Transpadanam, CIL VIII 7036; ähnlich die Praetorier X 3856. 1259, unter Pius, VI 1377, während des armenisch-parthischen Kriegs des Verus, VI 3836, aus dem 3. Jhdt., und der missus adversus hostes publicos in regionem Transpadanam tironibus legendis et armis fabricandis in urbe Mediolanio aus dem J. 238 bei der Organisierung des Widerstandes in Italien gegen Maximin, Bonn. Jahrb. LXXXIV 1887, 88 mit den Ergänzungen von Domaszewskis Korr.-Bl. Westd. Ztschr. XI 1892, 230ff.) seien noch erwähnt. Auch ihnen fehlt, wie den vorher genannten, ein eigentlicher Amtstitel.

Endlich sei hier noch auf den so häufigen Gebrauch von C. auf Inschriften hingewiesen, wo es sich um Ausführung irgend eines Werkes oder um die Ausübung irgend eines Amtes handelt, dessen Träger überhaupt nicht curator heisst, sondern einen anderen Titel führt, vgl. CIL II 4248 ob curam tabulari censualis fideliter administratam (Amt eines tabularius). CIL VIII 9327 ein procurator Augusti ad curam gentium. Stehend ist die Phrase sub cura alicuius für curante aliquo, so sub cura legati Augusti, praefecti, centurionis legionis, decurionis alae u. s. w. z. B. CIL III 1171. VII 269. 270. 279. 344. 502 c. 833. 964. 965. 967. 1043. VIII 4323. 2466, vgl. XIII 1811 = Henzen 6652; dazu Hirschfeld Verw.-Gesch. I 76, 2. Über die Wasserleitungsröhren mit der Formel sub cura illius procuratoris (seit Marcus auch succura) vgl. CIL XV p. 906ff. Ebenso häufig ist curam agens oder curaqens, namentlich bei militärischen Abcommandierungen z. B. CIL III 75. 3096. 6362. 1980, vgl. Art. Curatores S. 1799; aber auch sonst CIL III 3. 445. 905. 3412 u. s. w. vgl. Curatores S. 1813.
[Kornemann.]

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