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Anubis (Ἄνουβις, Ἄννουβις, Ἄνουπις und Ἔνουβις, Brugsch Lettre à Mr. de Rougé 68. ΑΝΟΥΒ Rev. égypt. VI 46; vgl. auch die Personennamen Ἀνεβώ Iamblich. de myst. I 1, Ἄνουβας CIG 4909), ägyptischer Gott Namens ʾAnup (Ztschr. f. ägypt. Sprache XXI 122. ZDMG IV 254. Maspero Guide du visiteur au Musée de Boulaq 174. Wilkinson [2646] Manners and Customs III² 158ff. Parthey zu Plut. Is. et Os. 14. Brugsch Grammaire démotique 45. Chardon et Denise Dictionnaire démotique 8. 80), ursprünglich, wie es scheint, ein Gott der Bestattung und der Fürsorge für den Leichnam, der die Grabstätten und deren Insassen unter seiner Obhut hat und durch Spenden und Gebetsformeln sich gewinnen lässt, der abgeschiedenen Seelen sich anzunehmen, damit diese den richtigen Weg zur Oase der Seligen (vgl. Maspero Journ. asiat. Sér. 9 I 236f.) nicht verfehlen und auch wirklich all der Gaben teilhaftig werden, die ihnen zugedacht sind. Der 12. und der 13., sowie der 17. und 18. Gau Oberägyptens hatten diesen Gott zu ihrer Hauptgottheit (s. Kynopolites und Lykopolites Nomos). Man legte ihm die Gestalt des Schakals oder doch wenigstens den Kopf des Schakals bei, wie für ein Wesen zu passen schien, das im Bereiche der Grüfte und Wüsteneien verweilte. Dass ʾAnup eigentlich der altägyptische Name des Schakals sei (Renouf Lectures on Egyptian Religion 237. Brugsch Wörterbuch V 92) ist nur Vermutung und wenig wahrscheinlich. Wie andere Götter des Totenreichs hat A. vorzugsweise Schwarz als Farbe. Den Schakalkopf haben die Griechen und Römer irrtümlich für einen Wolfs- oder für einen Hundekopf angesehen (latrantem Anubim Pers. III 11. 41; andere Stellen bei Jablonski Pantheon III 4f.); auf A. geht daher wohl die Notiz, dass bei der Bestattung des Apis dessen Mumie von einem Manne in der Maske des Kerberos in Empfang genommen werde (Diod. I 96, 6. Brugsch Geogr. Inschr. I 241), wie auch der Schakal und A. gemeint sind, wenn es bei Horapollon (I 39) heisst, das Bild des Hundes bedeute den ἐνταφιαστής. Von den verschiedenen Hypostasen des Schakalgottes ist neben A. die uralte des Up uat, des ‚Wegeeröffners‘, die wichtigste. Die Schakalgötter figurieren gewöhnlich paarweise, oft unter verschiedenen Benennungen, so besonders einander gegenüber auf Stelen in dem oberen Abschnitte unter dem Bilde der geflügelten Sonnenscheibe und auf Sarkophagen; mehrfach geben die Inschriften einen Hinweis, dass ihnen getrennte Regionen des Himmels zugehören. In einem Berichte, den Herodot (II 122) über ein Fest der Ägypter giebt, wird erzählt, dass dabei ein Priester mit verbundenen Augen von zwei Wölfen zu dem 20 Stadien weit entfernten Tempel der Demeter hin und zurück geleitet wurde. Auch hat man (Clem. Alex. Strom. V 242) die Nachricht, dass bei Festaufzügen zwei goldene Figuren, die Hunde vorstellten (vgl. auch Diod. I 87, 3 und Apul. met. XI 11), einhergetragen wurden, und dass man diese für das Symbol der beiden Hemisphaeren, aber auch für die Bezeichnung der beiden Wendekreise, welche die Bewegung der Sonne nach Norden und nach Süden bewachten und hüteten, erklärt habe (vgl. auch die von Biot Sur l’année vague 97 und Taf. 2 angeführte Darstellung). Nach der Anschauung der Ägypter würden die beiden Erklärungen einander nicht ausschliessen, denn nach einer Vorstellung, welche in der ägyptischen Weltauffassung eine massgebende Bedeutung hat, wird durch den Lauf der Sonne die Welt in zwei Hälften, eine nördliche und eine südliche, zerlegt, und da, wo [2647] im Westen diese Linie den Horizont schneidet, sondert sich das Gebiet des nördlichen Schakalgottes von dem des südlichen, wie analog im Osten zwei weibliche Gottheiten zu beiden Seiten des Sonnenaufgangs einander gegenüberstehen. Es beruht wohl nur auf einem Missverstehen dieser Teilung, dass Plutarch (Is. et Os. 44) angiebt, A. habe die Bedeutung des ὁρίζων κύκλος, der dem Sichtbaren und Unsichtbaren gleichermassen angehöre (A. waltet zwar im Reiche der Schatten, aber dass er, wie Renouf Lectures on Egyptian Religion 112 meint, ursprünglich der Repräsentant des Zwielichts und der Dämmerung sei, welche dem Sonnenuntergange folgen, ist unrichtig). Gänzlich verfehlt ist der Zusatz, den Plutarch macht, A. werde gerade deswegen in Gestalt eines Hundes dargestellt, denn der Hund sehe im Dunkeln und im Hellen gleich gut, andere hielten auch A. für gleichbedeutend mit Kronos, πάντα κύων ἐν ἑαυτῷ habe er τὴν τοῦ κυνὸς ἐπίκλησιν. Noch ungereimter ist allerdings die Ableitung des Namens und Wesens des Ἄνουβις von ἄνω (Plut. a. a. O. 61), oder die des vermeintlichen Hundekopfes von der κυνῆ, die A. getragen habe (Diod. I 18. 87, 2). Eher mag es in letzter Linie auf ägyptische Legenden zurückgehen, dass Hunde Isis geholfen haben sollen, A., der von seiner Mutter Nephthys ausgesetzt worden war (Plut. a. a. O. 14), nach einer andern Version den Leichnam des Osiris (Diod. I 87, 3), aufzufinden. Selbst die Angabe, A. wache über den Göttern wie die Hunde über den Menschen (Plut. a. a. O. 14) enthält etwas den Anschauungen der Ägypter Entsprechendes, wenn auch diese Deutung der Schakalgestalt und des Schakalkopfes des Gottes an sich nicht das Richtige trifft. Denn da A. die Verstorbenen und deren Leichnam überhaupt unter seiner Obhut hat, so liegt ihm auch ob, des Osiris Leichnam zu balsamieren, zu conservieren, zu beschützen und das darin verborgen schlummernde Leben zu erhalten (Schiaparelli Libro dei funerali I 104f. Maspero Papyrus du Louvre 78; Rev. de l’Hist. des religions XV 173); er ist dessen φρουρός (Procl. Plat. polit. 417; vgl. Diod. I 87, 2 σωματοφύλαξ τῶν περὶ τὸν Ὄσιριν καὶ τὴν Ἶσιν). Auf Grund dieser Functionen ist A. der Gruppe von Gottheiten zugesellt worden, welche die Osirisfamilie bilden. Er hat im Hofstaate dieses Königs das Amt eines Kronintendanten, eines ʾabu (Ztschr. f. ägypt. Sprache XI Taf. III 40). Den Leichnam des Osiris zu beschützen ist auch Amt des Horus, und dieser tritt daher mitunter als Ḥar-m-ʾAnup (Devéria Rev. arch. N. S. XX 306. Brugsch Religion u. Mythol. 617. Todtenb. XVII 38; dazu G. Ebers Holzsarg des Ḥaṭbastru 224; vgl. auch Hermanubis), d. h. ‚Horus als A.‘, völlig in die Stelle des A. Nicht minder werden Thoyth und A. bei der grossen Ähnlichkeit der Bedeutung, welche sie für die Toten und Osiris haben, als einander gleichwertige Wesen aufgefasst (Pietschmann Hermes Trismegistos 21f.). Der Hundekopf des Gottes A. wird auch so gedeutet, dass er mit dem Spürsinn des Hundes den Leichnam des Osiris ausfindig gemacht hat (Firmic. de errore prof. rel. 4; vgl. Minuc. Fel. Octav. 22, 1; Isis, A. und Harpokrates auf der Suche nach dem Leichnam des Osiris auf einer Münze aus der Zeit Traians: Zoëga Numi [2648] Aegyptii 93 nr. 228). Dass aber A. in diesen Götterkreis nur eingeschaltet ist, zeigt sich besonders an der losen genealogischen Verknüpfung (Ztschr. f. ägypt. Spr. XXI 102). Als Vater des A. gilt fast immer Osiris (Plut. Is. et Os. 14. Diod. I 18. CIG 3724. Burton Excerpta Taf. 18. Rosellini Mon. del culto Taf. 26. Wilkinson III² Taf. 35, 3. Lepsius Wandgemälde Taf. 23, 4. Champollion Notices descriptives II 626; vgl. Ztschr. f. ägypt. Spr. XII 103), gelegentlich aber wird auch als Vater einer bestimmten A.-Form Rêʿ bezeichnet, (Pap. mag. Harris VII 8. Chabas trad. 101; Mélanges égyptolog. III 2, 261). Als Mutter des A. wird Nephthys betrachtet, mit welcher Osiris ihn, den Gott der Finsternis (σκότιον τὸν Ἄνουβιν Plut. Is. et Os. 38) heimlich erzeugt hat. Aber an einem Kranze von Melilotos, den Osiris bei Nephthys zurückgelassen, hat Isis zwar die Untreue ihres Gatten erkannt, sie hat jedoch nicht allein A., nachdem dieser aus Furcht von seiner Mutter ausgesetzt war, gesucht und gefunden, sondern sogar an Kindesstatt angenommen (Plut. Is. et Os. 14. 44. Pap. mag. Harris VII 8. Chabas Mélanges III 2, 261. Ztschr. f. ägypt. Spr. XXI 100ff.): das letztere deutet darauf, dass als Mutter des A. auch Isis genannt wird (CIG 3724), ebenso aber wird das auch die in den ägyptischen Religionslehren Isis sehr nahestehende Bast (Mariette Abydos II Taf. 30; vgl. v. Bergmann Ztschr. f. ägypt. Spr. XXI 102). Bei Diodor (I 18) wird dem hundeköpfigen A. ein wolfsköpfiger Bruder Makedon (s. d.) zugeteilt; beide sind auf dem grossen Zuge des Osiris durch ferne Länder dessen Begleiter gewesen. Nach Africanus ist A. (Anube Samusim, d. i. Anubis-Amosis, Excerpta Barbari 38a 14f. Boeckh Manetho 60. Lepsius Königsbuch, Quellentaf. 3) der erste in der Dynastie der Hemitheoi; die Dauer seiner Herrschaft ist in der uns vorliegenden Redaction auf 83 Jahre gebracht. Nach dem Sothis-Buche war A. nur der dritte in der Reihe der Hemitheoi und seine Herrschaft währte nicht mehr als 17 Jahre (Sync. I 33, 13. Boeckh Manetho 68. Lepsius Chronologie 441; Königsbuch, Quellentaf. 3. Gelzer Africanus I 196). Eine der ersten Stätten Griechenlands, nach denen die Verehrung des A. übertragen worden ist, scheint Delos gewesen zu sein. Er kam dorthin allem Anscheine nach schon in der Ptolemaeerzeit und zwar ebenso, wie er auf griechischem und später auf römischem Gebiete (Drexler Beiträge I 3) überhaupt sich ausgebreitet hat, zusammen mit dem Kultus anderer ägyptischer Gottheiten aus dem Götterkreise des Osiris, bezw. des Serapis. Im Isistempel zu Rom spielte eine Intrigue sich ab, bei der mit Hülfe der Priesterschaft ein Wüstling eine Frau, die seine Bewerbungen vorher abgewiesen hatte, als Gott A. bei nächtlicher Weile betrogen haben soll (Joseph. Ant. XVIII 72ff.; vgl. Zonar. VI 5. Hegesipp. II 4). Auch trägt nach Iuvenal (VI 534) der oberste der Isispriester zu Rom A.-Kostüm. Griechische Inschriften erwähnen A. vielfach (z. B. CIG 2299), aber meist zusammen mit anderen Gottheiten, mit Osiris und Isis (CIG 3724. 6841), mit Serapis und Isis (CIG 2303. 2304. 2305), mit diesen und Harpokrates (CIG 2230. 2293), dazu auch Kanopos (CIG 1800) oder [2649] den Dioskuren (CIG 2302). Die Anrufung Οὐρανίων πάντων βασιλεῦ χαῖρ' ἄφθιτ' Ἄνουβι (CIG 3724) entspricht durchaus der Neigung zu einer ungemessenen Erweiterung der Befugnisse der einzelnen Gottheit, welche in der ägyptischen Religionslehre sehr üblich war, doch drückt gerade in Beziehung auf A. ein sehr alter koptischer Text (Revillout Mélanges d’archéologie égypt. et assyr. III 37 Anm.) sich mit ähnlicher Überschwänglichkeit aus, und auch aus verschiedenen anderen Anzeichen ist zu ersehen, dass in den späteren Zeiten des Altertums A. eine besonders populäre Gottheit bei den Ägyptern selber war. Es fiel auf, wie oft sein Bild auf ägyptischen Kunstwerken vorkam (Plin. XXXIII 131). Er schien in der Rangordnung des Hades mindestens ebenso hoch dazustehen wie Osiris (Lukian. dial. mort. 13, 3; vgl. Iup. Trag. 8). Anubi Aug. auf einer lateinischen Inschrift, jetzt in Triest, CIL V 8210. Man verwechselte gelegentlich A. mit Hermes (Stellen bei Jablonski Pantheon III 25ff. Burckhardt Zeit Constantins² 175. 179); ihm wurde z. B. die Urheberschaft an den Erzeugnissen der ägyptischen Litteratur zugeschrieben (Excerpta Barbari 38). Hierzu trug nicht blos bei, dass A. als superum commeator et inferum (Apul. metam. XI 11) aufgefasst wurde (Maspero Papyrus du Louvre 78) und mit demjenigen ägyptischen Gotte, welcher den Griechen frühzeitig als Ebenbild des Hermes erschienen war, mit Thoyth manches Übereinstimmende besass, sondern massgebend war für diese Verwechslung auch die äusserliche Ähnlichkeit, welche der Kopf des Kynokephalosaffen, des Tieres des Thoyth-Hermes, mit dem Schakalkopfe A.s hatte (vgl. Minucius Fel. Octav. 22, 1. Albric. de Graec. Imag. 6). Die klassische Kunst stellt A. selten für sich allein dar, häufiger in Gruppen mit den zugehörigen Gottheiten; sie giebt ihm eine kurzärmelige Tunica, die bis zum Knie reicht und gegürtet ist, einen langen Mantel auf den Schultern (G. Lafaye Culte des divinités d’Alexandrie 260f. Mus. Cap. III 85. IV 10); die Abzeichen der Herrscherwürde des Osiris, welche A. bei einigen ägyptischen Darstellungen in den Händen trägt, der Herrscherkrummstab und die Geissel, wurden irrtümlich als Caduceus und Palme gedeutet und dargestellt (Apul. metam. XI 11. Drexler Beiträge I 43. Catalogue de la vente Castellani, Paris 1884 nr. 204); dazu kommen die Talaria, auch die Situla. Apuleius (a. a. O) beschreibt ein grosses A.-Bild, das in Procession einhergetragen wurde; die Farbe des Hundekopfes war dabei zur einen Hälfte schwarz, zur andern golden. Kaiser Commodus pflegte mit Eifer bei Processionen des Isisdienstes selber das A.-Bild zu tragen, schlug aber auch gern dabei mit dem Haupte des Bildes die Priester gegen die Köpfe (Hist. Aug. Commod. 9, 4. 6; Pescenn. 6, 9; Caracalla 9, 11). Zu den Prodigien, die unter seiner Regierung eintraten, gehörte, dass eine Marmorstatue des A. sich zu bewegen schien (Hist. Aug. Commod. 17, 4). Ἄνουβι in einer Beschwörung neben Ἰαώ und Βέζεβυ, IGI 872. Auch auf gnostischen Bildwerken spielt A. eine Rolle (vgl. z. B. Matter Histoire du gnosticisme Taf. 2). Die Deutung ΚΝΟΥΒΙC (IGI 2413, 12) = א‎ΝΟΥΒΙC ist falsch.
[Pietschmann.]

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