ART

5) Anonymi musikalischen Inhalts. ⟨Ἀνωνύμου⟩ Τέχνη μουσικῆς, so lautet in der neapolitanischen Hs. der Titel jener Sammlung von Excerpten, welche Friedrich Bellermann herausgegeben hat, Berlin 1841. Schon der französische Akademiker A. J. H. Vincent, welcher gleichzeitig eine Ausgabe vorbereitete, nachher nur Übersetzung und Commentar gab (Notices et extraits XVI 2, Paris 1847), hat nachgewiesen, dass § 29 ein zweiter Abriss der Harmonik beginnt; den Anfang der dritten Abhandlung, welcher in § 66 fällt, hat C. v. Jan nachgewiesen Philologus XXX (1871) 408ff. Der bekannte Aristoxenos-Codex der Marcusbibliothek enthält als jüngsten Bestandteil nur eine kleine Partie dieser Sammlung, die §§ 29–57, während der ihm ziemlich ebenbürtige Codex der Hymnen (VI 10) bereits die drei Stücke vereinigt hat.

Auf zwei Abschnitte, welche kurze Auszüge der aristoxenischen Lehre (§ 12–28 und 29–66) mit geringen Zusätzen enthalten, folgt der interessante, mehr der Praxis gewidmete dritte Teil, 66–104. Derselbe zeigt einige Verwandtschaft mit Alypios (in § 66–68) und Martianus Capella (vgl. § 71–73, auch die Ausdrücke in § 69f.). Auf mathematischer – also durchaus nicht aristoxenischer – Anschauung fussen § 75ff. Einige §§ (77. 80f.) beschäftigen sich mit Stimmbildungsübungen für Sänger. Dann folgt, unterbrochen durch einzelne abgerissene, die Rhythmik behandelnde Sätze (§ 83. 85. 95. 102), die Lehre von der Melopoeie. Die in § 84f. angekündigten μέλους ὀνόματα καὶ σημεῖα (Eklepsis, Prokrusis, Kompismos u. s. w.) werden in 86–95 behandelt, leider nicht immer in ganz verständlicher Weise; auch die Wiederholung der §§ 83–93 in 1–11 vermag nicht alle dunklen Punkte aufzuklären; mehr Licht fällt auf dieselben durch ein Capitel aus der Harmonik des Byzantiners Manuel Bryennios III 3, welches ein vollständigeres Verzeichnis der zwölf Vortragsarten mit eingehender Erklärung enthält. Die letzten §§ des sog. A. (96–104) enthalten kurze Beispiele verschiedener Rhythmen in Instrumentalnoten.

Über das Alter dieser Sammlung von Auszügen lässt sich nicht viel Bestimmtes sagen. Der Ausdruck [2327] μουσική statt ἁρμονική, sowie die Erwähnung der Wasserorgel deutet auf römische Zeit. Die Angaben über Arsis und Thesis (§ 3 = 85), welche diese Ausdrücke bereits ganz in modernem Sinne nehmen, legen den Gedanken an sehr späte Abfassung recht nahe.
[v. Jan.]

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