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Amphidromia (Ἀμφιδρόμια) hiess in Athen und vielleicht auch in anderen griechischen Staaten die Lustrationsfeier, die man im Hause nach der Geburt eines Kindes beging. Die Geburt galt für verunreinigend wie der Tod (Stengel Griech. Kultusaltt. 113); das Kind selbst, wie die Wöchnerin und alle Personen, die mit ihr in Berührung gekommen waren, bedurften der Reinigung. An denen, die bei dem Akte der Geburt selbst Hülfe geleistet hatten, wurde eine Reinigung mit einfachen Sühnmitteln (Stengel a. a. O. 110f.) jedenfalls sogleich nach Beendigung ihres Geschäftes vorgenommen, denn sonst hätten sie sich keinem anderen nähern dürfen, aber auch für die einstweilige, gleichsam provisorische Lustrierring des Kindes und wohl des ganzen Hauses musste man Sorge tragen. Das geschah zunächst durch Befestigen eines zum Kranze gebogenen Ölzweiges an der Hausthür, wenn ein Knabe, einer Wollbinde, wenn ein Mädchen geboren war (Hesych. s. στέφανον ἐκφέρειν). Beides hatte eine kathartische Bedeutung (Diels Sibyll. Blätter 69f. 120ff.), und mag nebenbei noch symbolisch darauf haben hinweisen sollen, worin das Kind später die Aufgabe und den Ruhm seines Lebens suchen sollte. Diesen ersten Massregeln folgte, sobald es der Zustand der Wöchnerin gestattete, eine feierlichere Lustrationsceremonie. Das Kind wurde, wahrscheinlich von der Amme, schnell um den Herd herumgetragen, wobei alle Anwesenden folgten. Dieser Akt gab dem Feste den Namen (Plat. Theait. 160E mit Schol. und die Lexikographen; Schol. Aristoph. Lys. 757 sagt, man habe das Kind niedergelegt und sei im Kreise herumgegangen). Dass alle Beteiligten sich vorher nochmals durch Waschen und andere Mittel gereinigt haben mussten, verstand sich von selbst (Suid. Hesych.). Darauf fand ein Mahl statt, zu dem die Verwandten und Freunde des Hauses geladen wurden (Eubul. bei Athen. II 65C. Ephipp. ebd. IX 370D. Isaios III 70). Nach Suidas (vgl. Plaut. Truc. II 4, 70) fanden die A. am fünften Tage nach der Geburt des Kindes statt. Es wird dies die Regel gewesen und überall da geschehen sein, wo man gleich darauf am siebenten (Hesych. und Harpokr. s. ἕβδομαι u. ἑβδομευομένου. Aristot. hist. anim. VII 12) oder zehnten Tage (Suid. Hesych. s. δεκάτην θύειν oder ἑστιᾶν. Isaios a. a. O. Aristoph. av. 922. Eur. El. 1124ff.; vgl. Ion 653 und 805 γενέθλια θύειν) das Fest der Namensgebung besonders feierte. Wenn Hesychios sagt, dass dem Kinde der Name bei der Amphidromienfeier beigelegt sei, so haben wir ein Zusammenlegen beider Feste vorauszusetzen (vgl. Schneider zu Arist. hist. anim. VII 12. I 557. Iw. Müller [1902] Privataltert. IV 450 b. c, auch Bekker anecd. 207, 14). Opfer und Schmaus vereinigten auch hier die Hausgenossen und ihre Freunde. Letztere brachten Geschenke mit (σηπίαι und πλεκτάναι, Harpokr. und Hesych. a. a. O.) , und auch die Sklaven spendeten Kleinigkeiten (Ter. Phorm. I 1, 13).

Unter den bildlichen Darstellungen, in denen man Amphidromienfeiern hat erkennen wollen (s. Daremberg et Saglio Dict. I 238), hat nur eine Anspruch, mit Wahrscheinlichkeit darauf bezogen zu werden (Panofka Bilder ant. Lebens Taf. 1. Daremberg a. a. O. Fig. 267): ein Satyr und eine Mainade in tanzender Bewegung tragen in einem Korbe ein Kind, vielleicht den kleinen Bakchos. Litteratur: Petersen Jahrb. f. Phil. Suppl. II 1856, 286ff. Preuner Hestia-Vesta 53ff. Hermann-Blümner Privataltert. 281f. Ussing Erziehung und Jugendunterricht, Berl. 1885, 27ff. Daremberg-Saglio a. a. O.
[Stengel.]
Nachträge und Berichtigungen

S. 1902, 20 zum Art. Amphidromia:

Über die A. hat neuerdings gehandelt Samter Familienfeste der Griechen u. Römer (Berl. 1901) 59ff. Nach ihm war die eigentliche Bedeutung der Ceremonie die Aufnahme des Kindes in die Gemeinschaft der Familie.
[Stengel.]

Amphidromia

Die Lustrationsfeier im Hause nach der Geburt eines Kindes. (L) S I.
[Hans Gärtner.]

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