ART

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9) Ἄκανθος, ἄκανθα, ἑρπάκανθα, acanthus (nach Vaniček Etym. W. 4 zur Wurzel ak = scharf, spitz sein), echter Bärenklau – im Gegensatz zu unserem unechten (Heracleum Sphondylium) –, stattliche Pflanzengattung aus der Familie der Acanthaceen oder Bärenklau-Gewächse. Zwei Arten – beide südeuropäisch – unterschied schon Plinius (n. h. XXII 76): eine kleinere mit Dornen und krausen Blättern (A. spinosus L.), in Griechenland ein lästiges Unkraut der Felder, neugriech. μουτζούνα oder τζουλαδίτζα, und eine grössere, glatte Art (A. mollis L.), auch Paideros oder Melamphyllon genannt (vgl. Gal. XI 818. Plin. XXII 76. Murr Die Pflanzenw. i. d. gr. Myth. 202), ital. acanto oder brancorsina (d. i. branca ursina). Vgl. Fraas Synops. plant. fl. cl. 185. Billerbeck Flora dass. 164f. Lenz Botanik d. a. Gr. u. R. 545. Die 5 cm. langen, übrigens von den Bienen wegen der willkommenen Ausbeute an Honig (Colum. IX 4, 4) gern aufgesuchten Blüten beider Arten bilden eine gipfelständige Ähre und sehen gelblich-weiss oder rötlich-weiss (daher rutilus a. Calp. ecl. IV 68; croceus a. Verg. Aen. I 649) aus. Das malerischste aber an A. sind die bekannten buchtig-gelappten, bis ½ m. langen und 16–26 cm. breiten glänzend dunkelgrünen Blätter. Diosc. de m. m. III 17. Zur weiteren Pflanzenbeschreibung seien noch einige bezeichnende Epitheta des A. aufgeführt: mollis (vgl. Nemes. II 5. Verg. ecl. III 45) et paene dixerim liquidus, lubricus et flexuosus [1149] Plin. epist. V 6, 16. 36; flexus Verg. Georg. IV 123; tortus Colum. X 241; ridens Verg. ecl. IV 20; ὑγρός Theocr. I 55; ἀνθήεις Nic. Ther. 645. Vgl. Leunis Synopsis 2. Teil³ 2. Bd. § 666, 1. Schon im Altertum diente die Bärenklau der schön gewundenen Stiele wegen in Lustgärten als Zierpflanze zur Einfassung der Beete (herba topiaria Plin. XXII 76). Die A.-Wurzeln thaten angeblich gute Dienste bei Verbrennungen und Verrenkungen; sie wurden ferner bei Zerreissungen und bei drohender Schwindsucht unter die Speisen gekocht und bei Podagra und auf entzündete Stellen warm aufgelegt. Plin. XXII 76. Diosc. de m. m. III 17. Gal. XI 818. Die gefällige Form der zierlich ausgezackten Blätter beider A.-Arten veranlasste die Künstler, dieselben in stilisierter Form häufig als Motive zu Ornamenten an allen möglichen Kunstwerken zu verwenden. Vgl. Diod. XVIII 26f. Böttiger Griech. Vasengem. I 80. Am bekanntesten sind in dieser Beziehung die acanthi eleganter scalpti (Vitr. II 7, 4) an den schlanken Capitälen der korinthischen und römischen Säulen, sowie an den Consolen der römischen Kunst und Renaissance und an den Ornamenten ihrer Friese und Gesimse (vgl. Daremberg et Saglio Dictionnaire I 13. Lübke Grundriss der Kunstgesch. I 216. Andel Geschichte d. Akanthusblattes, Graz, Real. Progr. 1891), desgleichen die interessante aetiologische Sage von der angeblichen Erfindung dieses Capitäls durch den Architekten und Bildhauer Kallimachos (um 415 v. Chr.) bei Vitr. IV 1, 9. Über die vermutlich erstmalige Anwendung des korinthischen Capitäls an dem Tempel der Athene Alea in Tegea s. Paus. VIII 45, 5. Die gemeisselten A.-Blätter stimmen alle darin überein, dass sie aufrecht stehen, und dass die schön gewundene Blattspitze nach vorn überhängt; im übrigen hat die Hand des Künstlers das A.-Blatt dergestalt stilisiert, dass vom natürlichen Modell nur die charakteristischsten Merkmale erhalten und erkennbar sind. Die malerische Blattform ahmten die Alten ferner zur Bekrönung von Grabstelen nach, vgl. Furtwängler Archäol. Ztg. XXXVIII (1880) 137. Auch in der Toreutik war das A.-Blatt ein beliebter Zierat (vgl. Prop. IV 8, 14, wo des berühmten Toreuten Mys Erwähnung gethan wird; vgl. Brunn Griech. Künstler II 409), besonders als Verzierung des Schaftes von Kandelabern (vgl. Atlas zu Böttichers Tektonik Taf. 8 Fig. 3) oder der Henkelpartie bezw. Aussenfläche von Bechern und Trinkschalen. Theocr. I 55. Verg. ecl. III 45. Ovid. met. XIII 701. Auch Teppiche, Polster, Gewänder, Schleier u. dgl. wurden mit kunstvoll nachgeahmten A.-Blättern verbrämt oder garniert. Stat. silv. III 1, 37. Verg. Aen. I 649. Isid. or. 17, 9. Hesych.

Übrigens heisst A. auch ein stacheliger, immergrüner, einen gummiartigen Saft ausschwitzender Baum in Ägypten, der mit der vorigen Pflanze nichts zu thun hat. Das Nähere über denselben s. unter Akazie. Im weitesten Sinne bedeutet ἄκανθα (ἄκανθος – zumal bei Theophrast – alle mit Stacheln, Dornen u. s. w. versehenen Gewächse, auch distelartige, vgl. Yates On the use of the terms Acanthus, Acanthion etc. in the ancient classics, im Classical Museum VII [1150] 1–21. Murr Die Pflanzenw. i. d. griech. Myth. 272f.

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