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Die Kategorienlehre (altgr. kategorein: „anklagen“; kategoria: „Grundaussage“) ist eine kleine, aber folgenreiche Schrift von Aristoteles; sie ist Bestandteil des Organon (1.Buch, Categoriae) und wurde um 70 v. Chr. wiederentdeckt.

Die aristotelische Kategorienlehre bildet die Grundlage der Lehre von hierarchischen Klassifizierungen, darauf basieren zahlreiche heutige Katalogisierungs - und Datenbanksysteme sowie die biologischen Taxonomisierungen; sie kann daher auch als Fundament von Wissenschaft in Antike und Neuzeit bezeichnet werden.

Zum Gegenstand der Betrachtungen bei Aristoteles

In diesem Werk betrachtet Aristoteles

die Gattungen des Seienden und ihre sprachliche Form,

die Gattungen der Aussagen über das Seiende.

Dies war der erste überlieferte Versuch einer systematischen Darlegung der Ansichten der Denker der Antike über die allgemeinen Züge der objektiven Realität und über die Kategorien, in denen diese allgemeinen Züge abgebildet werden. Die Kategorien sind bei Aristoteles allgemeinste, oberste logische Begriffe, unter die alle übrigen Begriffe subsumiert werden. Sie sind nur so weit wahr, wie sie mit dem materiellen Sein im Zusammenhang stehen.

Übersicht

In der Kategorienlehre versucht Aristoteles, die Grundformen des Seienden und ihre Beziehungen zueinander mit zehn Grundbegriffen zu kategorisieren; diese zehn Kategorien bezeichnen "Gruppen ohne Verbindung gesprochener Worte"; sie sind laut der so genannten Kategorientafel:

Substanz/Seiendheit (altgr. ousia) – lebendes Wesen, z. B. Sokrates;

Quantität (altgr. posón; lat. quantitas) – Längenmaß, z. B. Sokrates' vier Fuß;

Qualität (altgr. poión; lat. qualitas) – Farbe, z. B. das Weiße an Sokrates;

Relation (altgr. prós ti; lat. relatio) – z. B. Sokrates ist größer als ein Hund;

Ort/Raum (altgr. pou; lat. ubi) – wo, z. B. im Lykeion;

Zeit (lat. quando) – wann, z. B. gestern;

Lage (altgr. keîsthai; lat. situs) – z. B. sitzend;

Haben/Besitz/Gewohnheit (altgr. échein; lat. habere) – z. B. hat Schuhe an;

Wirken/Aktivität/Tun (altgr. poieîn; lat. actio) – z. B. verbrennt etwas;

Leiden/Passivität/Erleiden (altgr. páschein; lat. passio) – z. B. wird selber verbrannt.

Zur Herleitung der Kategorien aus den Aussagen über Dinge im Urteil

Für Aristoteles ist die erzeugende Substanz das eigentliche Subjekt im Urteil über einen tatsächlichen Vorgang. Und wie in der Wirklichkeit die Eigenschaften und Dinge entstehen, so sollen sie in den Prädikaten des Urteils ausgedrückt werden. Dabei sieht er auf das Genetische dieser Bestimmung. Denn aus dem ursprünglichen Begriff der Aussage (kategorein) werden die verschiedenen Richtungen des Beweises im Urteil entwickelt, und genau dies sind die Kategorien. Aristoteles nennt dies eine logische Erörterung und stellt sie der analytischen gegenüber. Denn analytikos bezeichnet im Unterschied von der allgemeinen Betrachtung der Begriffe (logikos) die Begründung des Beweises, die sich aus dem Verhältnis des Inhalts und des Umfangs der Begriffe ergibt. Zwar entsteht mit dem Urteil die Möglichkeit der Bildung von wahren und falschen Aussagen, aber da die Kategorien Elemente des Urteils sind und im Urteil dazu bestimmt sind, das Wirkliche und dessen Verhältnisse zu bezeichnen, so beziehen sie sich doch auf das Reale und haben eine objektive Bedeutung in sich.

Zur verallgemeinerten Charakterisierung der Kategorien

Die Kategorien sollen dabei die allgemeinsten Zusammenhänge und Beziehungen der Dinge in der Natur ausdrücken: sie sind "Aussagen über Wahres". Aber zusammen damit sind die Kategorien vollkommeneres Sein als die einzelnen Dinge. Während die einzelnen Dinge veränderlich, vergänglich sind, sind nach Aristoteles die Kategorien ewig und unveränderlich (was eine idealistische Interpretation ist). Diese Lehre von den Kategorien hatte aber auch metaphysische Elemente. Aristoteles behauptete z. B., dass die Kategorien nicht nur ewig und unveränderlich sind, sondern auch, dass sie nicht ineinander oder in Allgemeines übergehen können. Aristoteles bezeichnete, etwas allgemeiner als oben ausgeführt, verschiedene Prädikate eines einzelnen Gegenstandes als Kategorien, d. h. solche Begriffe, die in Bezug auf den einen oder anderen Gegenstand oder die eine oder andere Klasse von Gegenständen ausgesagt werden können.

Zur Lehre von der Substanz

In der Kategorien-Schrift entwickelt Aristoteles eine Theorie von der Substanz, die er in der "Metaphysik" in differenzierterer Form weiterentwickelt.

Zunächst unterscheidet er die Substanz als grundlegende Kategorie von allen anderen Kategorien, die zusammenfassend Akzidenzien genannt werden. Abgrenzungskriterium zwischen Substanzen und Akzidenzien ist die Fähigkeit, selbstständig existieren zu können (choriston). Bsp.: "Sokrates ist kahlköpfig." Hier ist Sokrates ein Einzelwesen, dem eigenständige Existenz zukommt, kahlköpfig hingegen kann nicht aus eigener Kraft existieren, sondern bedarf des Einzelwesens Sokrates als Träger, ist also davon abhängig. Daher ist Sokrates eine Substanz, kahlköpfig ein Akzidens.

Weiterhin unterscheidet Aristoteles zwischen erster und zweiter Substanz. Für die erste Substanz gilt, dass sie "nicht von etwas Anderem ausgesagt werden kann und nicht in etwas Anderem ist". Für die zweite Substanz gilt, dass sie zwar von etwas Anderem ausgesagt werden kann, aber nicht in etwas Anderem ist. Bsp.: "Sokrates ist ein Mensch." In diesem Satz wird Mensch von Sokrates ausgesagt, umgekehrt lässt sich der Satz nicht sinnvoll konstruieren. Sokrates (das Einzelwesen) ist immer Subjekt der Aussage, Mensch (die Art, also ein Allgemeinbegriff) ist immer das Prädikat der Aussage. Daher ist Sokrates erste Substanz, Mensch zweite Substanz, allgemein gesprochen: Einzeldinge sind erste Substanzen, allgemeine Ausdrücke sind zweite Substanzen. "Erste" Substanz meint hier, in vorrangiger Weise, "zweite" Substanz, in geringerem Maße Seiendes zu sein.

Gemeinsam ist den ersten und zweiten Substanzen gegenüber den Akzidenzien, dass sie nicht "in Anderem" sind. Damit ist gemeint, dass sie selbstständig existieren können und nicht als Eigenschaften den Dingen innewohnen oder anhaften, wie es bei den Akzidenzien der Fall ist.

Zur Heraushebung von drei Kategorien in der "Metaphysik"

Aristoteles gibt zehn solcher Kategorien an, die er aber in der "Metaphysik" auf drei reduziert:

Wesen

Zustand

Beziehung

Aber dies bedeutet nicht, dass er die übrigen Kategorien negiert, sondern nur, dass er unter ihnen das Wesen, den Zustand und die Beziehung als die wichtigsten betrachtet. In der Logikliteratur wird auf die Begrenztheit dieser Klassifikation der Kategorien hingewiesen, da in der Liste solche Kategorien wie Möglichkeit, Wirklichkeit, Form und Inhalt fehlen. Es wird auch bemängelt, dass einige der Kategorien unabhängig und selbständig sind, andere aber subsumiert werden können.

Nicht bei allen wird die Originalität des Werkes anerkannt, da der Lehrer von Aristoteles, Platon, im Dialog "Timaios" nahekommende Ansichten vertreten hat.

Literatur

Friedrich Adolf Trendelenburg: Geschichte der Kategorienlehre, Berlin 1846 (Ndr. Hildesheim/New York: Olms, 1979)

Franz Brentano: Kategorienlehre. Mit Einleitung und Anmerkungen hrsg. von A. Kastil. Leipzig: F. Meiner, 1933 (unveränderte Nachdrucke 1968, 1974, 1985

Nicolai Hartmann: Der Aufbau der realen Welt. Grundriß der allgemeinen Kategorienlehre. Berlin 1940

Nicolai Hartmann: Philosophie der Natur. Abriß der speziellen Kategorienlehre. Berlin 1950

Ernst Vollrath: Studien zur Kategorienlehre des Aristoteles. 1969. ISBN 3-88345-836-8

Horn, Christoph / Rapp, Christof (Hgg.): Wörterbuch der antiken Philosophie, München 2002 (Erläuterungen zahlreicher Termini der antiken und auch der aristotelischen Philosophie) ISBN 3406476236

Rapp, Christof: Aristoteles zur Einführung, Hamburg 2004 ISBN 3885063468. (die beste deutschsprachige Einführung zu Aristoteles mit sehr guter thematisch gegliederter Bibliografie für Einsteiger)

Höffe, Otfried (Hg.): Aristoteles-Lexikon, Stuttgart 2005, ISBN 978-3520459015

Siehe auch

Kant, I. Kategorien des Logischen Urteils

Projekt zentraler Termini wichtiger Philosophen und Epochen

Antikes Griechenland

Biographien, Griechische Mythologie , Kriegführung, Kunst, Architektur, Wissenschaft, Philosophie, Literatur, Sport, Leben, Geschichte, Index, Bilder/Zeichnungen

Griechenland im Mittelalter

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Griechenland in der Neuzeit

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