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Bei der Gefallenenrede des Perikles handelt es sich um die von dem führenden athenischen Staatsmann Perikles im Winter 431/30 gehaltene Staatsrede auf die Gefallenen des ersten Kriegsjahres. Diese in der Geschichte des Peloponnesischen Krieges von Thukydides überlieferte Rede (Thuk. 2, 35-46) ist vor allem in der Neuzeit sehr stark rezipiert und idealisiert worden; bis hin zum – gescheiterten – Versuch Giscard d’Estaings, die Präambel der Europäischen Verfassung mit einem Verweis auf sie beginnen zu lassen. (Das dafür bemühte bekannte Zitat aus Thuk. 2, 37 lautet im ursprünglichen Verfassungsentwurf verkürzt: "Die Verfassung, die wir haben [...] heißt Demokratie, weil der Staat nicht auf wenige Bürger, sondern auf die Mehrheit ausgerichtet ist.")

Dabei ist der Epitaphios durch Thukydides, den Zeitgenossen und vielleicht sogar Augen- und Ohrenzeugen, weitestgehend frei gestaltet worden. Obwohl historiographische Schöpfung, soll auch diese Rede die Intention des Protagonisten bestmöglich zum Ausdruck bringen, beansprucht also in einem gewissen – sozusagen dramatischen – Sinne durchaus, historisch wahr zu sein.

In jedem Fall wird das Selbstverständnis der attischen Demokratie, wie es sich in der Gefallenenrede niederschlägt, im Athen des späten 5. Jahrhunderts weit verbreitet gewesen sein. Zentrale Begriffe im Epitaphios sind Freiheit, Gleichheit, Selbstlosigkeit, Überparteilichkeit, Weltoffenheit und Autarkie (oder modern ausgedrückt: Individualismus) sowie Eigenart der attischen Bürger. Athen sei die „Schule von Hellas“ (Thuk. 2, 41).

Die Rhetorik der Gefallenenrede und anderer Reden athenischer Protagonisten bei Thukydides ist in vielem bemerkenswert aktuell. So lassen sich teilweise erstaunliche Parallelen zu Reden z.B. von US-Präsident George W. Bush finden: in der Überhöhung des eigenen freiheitlichen Gesellschaftsmodells und Staatswesens, dessen Attraktivität und Anziehungskraft unterstrichen werden; in der Abgrenzung von einem unfreien Gegner (in diesem Falle Sparta); schließlich in der – vor allem in anderen Reden in Thukydides' Werk entwickelten – außenpolitischen Prämisse, wonach in einer anarchischen Staatenwelt nur das Recht zur Selbsthilfe das eigene Überleben sichere und Kriege legitimes Mittel der Politik seien.


Ausgabe

  • Thukydides, Geschichte des Peloponnesischen Krieges, übers. von Georg Peter Landmann, München 1991, S. 139-147, ISBN 3-423-02258-2.

Literatur

  • Jochen Bleicken, Die athenische Demokratie, 4., völlig überarb. u. wesentlich erw. Aufl., Paderborn u.a. 1995, ISBN 3-506-99388-7.
  • Thomas Fischer, Zur Gefallenenrede des Perikles bei Thukydides, in: Geschichte, Politik und ihre Didaktik, Bd. 17 (1989), S. 103-109, ISSN 0343-4648.
  • Hartmut Leppin, Thukydides und die Verfassung der Polis. Ein Beitrag zur politischen Ideengeschichte des 5. Jahrhunderts v. Chr., Berlin 1999, ISBN 3-05-003458-0.
  • Christian Meier, Athen. Ein Neubeginn der Weltgeschichte, Berlin 1993, ISBN 3-88680-128-4.
  • Ulrich Menzel, Zwischen Idealismus und Realismus. Die Lehre von den Internationalen Beziehungen, Frankfurt/M. 2001, ISBN 3-518-12224-X.
  • Angela Pabst, Die athenische Demokratie, München 2003, ISBN 3-406-48008-X.
  • Peter Spahn, Perikles – Charisma und Demokratie, in: Wilfried Nippel (Hrsg.), Virtuosen der Macht. Herrschaft und Charisma von Perikles bis Mao, München 2000, S. 23-38, ISBN 3-406-46045-3.
  • Karl-Wilhelm Welwei, Das klassische Athen. Demokratie und Machtpolitik im 5. und 4. Jahrhundert, Darmstadt 1999, ISBN 3-89678-117-0.

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