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Mit dem Begriff Alexandrinische Schule wird eine fortlaufenden Reihe von wissenschaftlichen Bestrebungen in der Zeit von etwa von 300 v. Chr. bis 500 nach Chr. bezeichnet, deren Zentrum die Stadt Alexandria war. Diese um 331 v. Chr. gegründete Hafenstadt in Ägypten stieg nach der Zerstörung des Weltreiches der persischen Achämeniden zu großer Bedeutung und zeitweise zur zweitgrößten antiken Stadt nach Rom auf. Sie war Sitz der ptolemäischen Dynastie.

Die geografische Lage Alexandrias begünstigte das Verschmelzen von Elementen der griechischen Philosophie mit jüdischen, christlichen und später arabischen Lehren. Zentrum der Alexandrinischen Schule war die bedeutende Bibliothek von Alexandria.

Geschichte

Gründung

Die Basis der Alexandrinischen Schule war das Museion, ein großartiger "Musentempel" im Stadtteil Brucheion, worin die Gelehrten als Pensionäre auf öffentliche Kosten den Studien lebten und auch lehrten. Das Museion geht auf die Ptolemäer zurück, aber auch noch in der Römerzeit wurden ihm neue Stiftungen zugewiesen.

Zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Gelehrten dienten zwei ebenfalls von den Ptolemäern angelegte Bibliotheken. Eine war mit dem Museion verbunden, die andere - das Serapeion - wurde im Tempel des Serapis im Stadtteil Rakotis aufgestellt. Diese Bibliothek übertraf bald alle damals bekannten Büchersammlungen durch ihre Reichhaltigkeit. Um 250 v. Chr. betrug die Gesamtzahl der Rollen in der erstgenannten Bibliothek bereits 400,000, die der letzteren 42,800. Beim späteren Brand (siehe unten) umfasste sie etwa 700.000 Schriftrollen.

Als berühmte Bibliothekare sind zu nennen: Zenodotos, Kallimachos, Eratosthenes, Apollonios von Rhodos, Aristophanes von Byzanz und Aristarchos. Sie haben sich in Wissenschaft oder Kunst einen Namen gemacht; vier von ihnen wurden beispielsweise durch Benennung von Mondkratern geehrt.

Durch die Bibliotheken und andere günstige Verhältnisse wurde Alexandria schon unter den ersten Ptolemäern der Sammelplatz und Bildungsort der berühmtesten Gelehrten damaliger Zeit und blieb mehrere Jahrhunderte hindurch trotz mancher Störungen ein Hauptsitz aller wissenschaftlichen Tätigkeit. Neben der Philosophie waren auch Naturwissenschaften und Philologie gewichtige Schwerpunkte.

So ließ Ptolemaios II. um 200 v. Chr. auf der Insel Pharos (wo der weltberühmte Leuchtturm Alexandrias stand) von 72 Theologen und Dolmetschern das hebräische AT ins Griechische übersetzen (Septuaginta). Sie gilt als Grunddokument des Hellenistischen Judentums

Manche Gelehrte stellten sich aber auch gegen die Dominanz der hellenistischen Gedankenwelt - unter anderem die Pharisäer in Israel und Theologen anderer Kulturkreise - insbesondere nach dem Religionsverbot von Antiochos IV..

Einen gravierenden Einschnitt in ihrer Geschichte erlebte die Alexandrinische Schule 145 v. Chr., als Ptolemaios VIII. in einer politischen Säuberungsaktion alle griechischen Gelehrten ermorden oder aus Alexandria vertreiben ließ. Zum Leiter der Bibliothek wurde ein gewisser Kydas vom Korps der Lanzenträger ernannt. Die hellenistisch-alexandrinische Kultur im eigentlichen Sinne sollte sich nie wieder ganz von diesem Schlag erholen.

Römische Zeit

Zwar ging bei der Belagerung Alexandrias durch Julius Cäsar die Museionsbibliothek in Flammen auf; doch wurde der Schaden zum Teil durch Antonius ersetzt, welcher der Kleopatra die 200.000 Bände enthaltende Bibliothek der Könige von Pergamon schenkte.

Bis zu Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. war die a. S. die erste der Welt, und die berühmtesten Ärzte, Philosophen, Theologen, Astronomen, Philologen und Mathematiker jener Zeit erhielten dort ihre Bildung.

Das erstarkende Christentum hatte sich durch Paulus und andere Philosophen dem Hellenismus geöffnet, erlebte jedoch auch zeitweilige Störungen zur heidnisch-griechischen Überlieferung. Der Verfall Alexandrias datiert aber erst im 3. Jahrhundert, als Kaiser Caracalla (zur Finanzierung seiner Thermen das reich fundierte Institut des Museions aufhob und die Pensionen der Gelehrten einzog.

Der christliche Philo- und Theologe Origenes (184-254) aus Alexandrien (dessen Vater Märtyrer wurde) lehnte zwar in Vielem die röm.-griech. Denkweise ab, benutzte aber die Exegesen-Methoden der A.S. und entwickelte den systematischen Textvergleich für die Bibel. Generell hielt sich christliches Interesse beziehungsweise Ablehnung der griechischen Philosophie etwa die Waage. Um 150 meinte Justin (100-165), dass man Sokrates als "Christ vor Christus" bezeichnen könne. Eine vorsichtigere Position bezog beispielsweise Clemens von Alexandrien (ca.150-215).

Im Gefolge der Gnosis gab es Patriarchen, welche der altklassischen Gelehrsamkeit einen verderblichen Einfluss zuschrieben. Der unduldsamste unter ihnen war Theophilos, der 389 unter Theodosius I. das Serapeion mit seinen wissenschaftlichen Schätzen verbrannte. Jedoch wurde aus den geretteten Trümmern eine neue Bibliothek gegründet, die allmählich wieder Gelehrte nach Alexandria zog (bes. Ärzte und Rechtslehrer). Während aber später die römische Kultur Europas den Germanen und anderen "Barbaroi" erlag, glimmte hier das Feuer der griechischen Wissenschaft weiter.

Justinian schloss zwar die heidnischen Philosophenschulen, aber Platon und vor allem Aristoteles wurden in den christlichen Schulen weiterhin hochgeachtet.

Die letzten Reste griechischer Bildungsorganisation gingen bei der Eroberung und Zerstörung Alexandrias durch die Araber unter Amru, dem Feldherrn des Kalifen Omar, zu Grunde. Die Bibliothek war schon vorher (vielleicht von Kaiser Theodosius H.) nach Konstantinopel verbracht worden.

Arabische Zeit

Zwar ging bei den auch politisch motivierten Feldzügen des Islam viel an Wissensgut verloren, doch andererseits verdankt die Welt denselben Arabern, dass die griechische Wissenschaft nach den Wirren der Völkerwanderung an Europa "zurückgeschenkt" wurde. Ein typisches Beispiel dafür ist das mehrbändige Hauptwerk der antiken Astronomie, die Megale Syntaxis des Ptolemäus. Sie kehrte nach Übertragung ins Arabische als Almagest (al magest, das Große) in den mittelalterlichen Erdkreis zurück.

Dennoch trat an die Stelle der griechischen die arabische Wissenschaft - beziehungsweise eine Synthese der beiden. Hierin und in technischen Fragen wie der Entwicklung von Messgeräten (beispielsweise Nocturnal-Uhr, Astrolab, Vorgänger des Theodolits usw.) waren die Araber Meister. Der Kalif Al-Mutawakkil rief um die Mitte des 9. Jahrhunderts in Alexandria eine Akademie ins Leben. Mit dem Sturz der arabischen Herrschaft in Ägypten verlosch diese Hochschule wieder.

Philosophie

Die Alexandrinische Philosophie ist durch die Verschmelzung griechischer Philosophie mit orientalischer Weltanschauung gekennzeichnet. Wichtige Strömungen sind:

die jüdisch-alexandrinische Philosophie, die aus der Verbindung Platonischer und jüdischer Lehren entstand,

die Philosophie der Neupythagoreer, aus der Erneuerung angeblich oder vermeintlich Pythagoreischer und orientalischer Weisheit entsprungene, und der am Ende des 2. Jahrhunderts n. Christus aus diesem hervorgegangene

Neuplatonismus als Verschmelzung Platonischer und morgenländischer Emanationslehren.

Theologie

Judentum

Auch die Juden, von denen zur Zeit des Augustus etwa eine Million in Ägypten lebten, hatten sich in Alexandria schon frühzeitig mit griechischer Sitte, Sprache und Gelehrsamkeit angefreundet. Hier entstand die bekannte griechische Übersetzung des Alten Testaments durch die "Siebzig", die Septuaginta (s. oben), hier bildete sich das Hellenistische Judentum, welches die griechische Philosophie mit den heiligen Büchern des Judentums durch allegorische Auslegung in Übereinstimmung zu bringen suchte. Der bedeutendste Lehrer dieser Schule war Philo von Alexandria.

Christentum

Auf ähnliche Weise entwickelte sich das Christentum in Alexandria. Es musste und wollte sich um so mehr mit der dort gepflegten Philosophie befassen, als es mit zunehmender Verbreitung der Religion in den ärmeren Schichten auch in hoch gebildete Kreise Eingang fand.

Auf diese Weise entstand hier zuerst durch philosophische Entwicklung der in den historischen Grundlagen des Christentums liegenden Ideen eine christliche Wissenschaft, welche bedeutenden Einfluss auf die Kirche ausgeübt hat und unter dem Namen der alexandrinischen Theologie bekannt ist. Ihren Mittelpunkt bildete die Katechetenschule von Alexandria, deren Leiter als erster (soweit bekannt) Pantänus war, und später die Berühmtheiten Titus Flavius Clemens und der o.e. Origenes. Die Blüte der Schule fällt in das 3. Jahrhundert, und sie erteilte nicht nur populären Unterricht für die Neubekehrten, sondern auch höhere Bildung für künftige Bischöfe beziehungsweise Lehrer der Kirche. Unter den Vorstehern dieser Schule sind

Bei Pantanu (gest. 202) scheint die christliche Weltanschauung noch in unklarer Mischung mit der griechisch philosophischen vorzuliegen, während bei seinem Schüler Clemens mehr von christlicher, bei dessen Schüler Origenes sogar von kirchlicher Gnosis geredet werden kann. Außer den schon genannten Männern gehören zu dieser alexandrinischen Schule noch Dionysios von Alexandria, Gregorios von Neucäsarea ("der Wundertäter" genannt) und Pamphilos von Cäsarea.

Exegetische Forschungslust mit kühner Spekulation verbindend hat die alexandrinische Schule den Schwerpunkt des christlichen Glaubens einerseits in spekulativen Bestimmungen und in der Metaphysik der Gottes- und Logoslehre gesucht, anderseits aber dabei stets die sittliche Freiheit des Menschen betont und darin eine echt griechische Erbschaft bewahrt. Origenes und seine Nachfolger galten daher über ein Jahrhundert lang als Vorbilder auch für das wissenschaftlich zunächst unfruchtbare Abendland.

Erst allmählich entfernte sich dieses von der so gewiesenen Linie, und im selben Maß wurde auch im Orient die ältere Alexandrinische Schule teils durch die jüngere orthodoxe, von Athanasius und Cyrillus repräsentierte Schule zurückgedrängt, teils durch die so genannte Antiochenische Schule. Letztere war ihr namentlich in Bezug auf streng wissenschaftliches Verfahren überlegen. Die christologischen Streitigkeiten der ersten nachchristlichen Jahrhunderte waren in mancher Hinsicht auch Streitigkeiten zwischen den Schulen und Patriarchaten von Alexandria und Antiochia.

Zitierte Personen

Philosophen (alphabetisch)

Frühe Periode

Spätere Periode

Theologen (alphabetisch)

  • Athanasius
  • Cyrillus
  • Dionysios von Alexandria
  • Gregorios von Neucäsarea ("der Wundertäter" genannt)
  • Justin der Märtyrer
  • Origenes
  • Pamphilos von Cäsarea
  • Pantänus
  • Paulus
  • Pharisäer
  • Philo von Alexandria (jüdisch)
  • Sokrates
  • Titus Flavius Clemens

Literatur

  • Manfred Clauss: Alexandria. Schicksale einer antiken Weltstadt, Stuttgart 2003.
  • Jean-Pierre Luminet: Alexandria 642, München 2003 (Roman), ISBN 3406509568

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