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Prokopios von Caesarea (* um 500; † um 562) (auch Prokop) war ein spätantiker oströmischer Historiker des 6. Jahrhunderts n. Chr. und einer der bedeutendsten der gesamten Antike.

Prokopios stammte wohl aus einer privilegierten hellenisierten Familie aus Caesarea Maritima in Palästina und genoss eine rhetorische Ausbildung (vermutlich in Beirut). 527 bis 540 oder 542 war er "Consiliarius" und Rechtsbeistand des oströmischen Feldherren Belisar. Durch seine Hände ging damit wohl auch die gesamte Feldpost, daher war er zumindest über die militärischen Vorgänge hervorragend informiert. Allerdings zeigt sich oft auch ein gewisser Hang zu Anekdoten, und seine Angaben über fremde Völker sind von mitunter zweifelhaftem Wert.

Kriegsgeschichte

Prokop verfasste um 550 auf Griechisch eine achtbändige Kriegsgeschichte (Bella) der Kriege Kaiser Justinians I. bis ins Jahr 549 (Osten) bzw. 553 (im Westen).

Buch I und II behandeln den persischen Kriegsschauplatz (Sassaniden), Buch III und IV die Kriege in Nordafrika gegen die Vandalen, V bis VII die Kriege gegen die Ostgoten in Italien. Buch VIII entstand später als die ersten sieben Bücher und bietet eine Zusammenfassung der weiteren militärischen Auseinandersetzungen an verschiedenen Kriegsschauplätzen bis zum Jahr 553. Diese Bella oder Historien sind nach dem Vorbild Appians aufgebaut (geographische Gesichtspunkte), stilistisch sind sie an Thukydides und Herodot orientiert und bewegen sich auf einem hohen Niveau.

Die Frage nach der genauen Datierung der Werke ist seit langem strittig - eine Frühdatierung (alles bis 553) steht einer Spätdatierung (Bauwerke und Geheimgeschichte erst um 560) gegenüber, ohne dass eine eindeutige Antwort möglich wäre. Meist nimmt man an, dass Prokop noch vor Justinians Tod 565 starb, zudem fehlt jeglicher Hinweis auf den Friedensschluss mit den Sassaniden im Jahr 562, den Prokop wohl mit Sicherheit erwähnt hätte, wenn er ihn noch erlebt hätte.

Bauten und Geheimgeschichte

Prokops anderen beiden bekannten Werke sind De Aedificiis (Bauten) und die so genannten Geheimgeschichte (Historia Arcana bzw. Anekdota, erstmals so genannt im Suda). In der wohl zwischen 553 und 555 verfassten Auftragsarbeit der Bauten, in der Prokop in sechs Büchern auf das umfassende Bauprogramm in Konstantinopel und den Provinzen des Kaisers einging, wird Justinian (aber vor allem Belisar) panegyrisch gelobt. Die Bücher 5 und 6 sind offenbar nicht vollendet worden, sondern blieben womöglich im Entwurfsstadium (notizartige Abfassung).

Demgegenüber ist die "Geheimgeschichte", die vermutlich nicht zu Lebzeiten des Kaisers (und Prokops) veröffentlicht und entweder 550 oder 558 verfasst wurde, eine reine Skandalgeschichte und Schmähschrift (Psogos). In ihr wird Justinian I. und seine Frau Theodora I., aber auch Belisar und seine untreue Frau Antonina gegeißelt. Auch wenn die Anekdota und das konträre Bild Justinians in den Bauten vielleicht ein schiefes Licht auf Prokops Charakter werfen, ist er dennoch die wichtigste Quelle für die Regierungszeit Justinians.

Prokop erwähnt wiederholt seine Absicht, auch eine Kirchengeschichte zu schreiben, doch falls er einen Plan verwirklicht haben sollte (was unwahrscheinlich ist), so ist das Werk komplett verloren.

Prokops Stil und Intention

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Das Niveau der Darstellung in Prokops Werken, hier vor allem die Kriegsgeschichte, ist insgesamt als sehr hoch anzusetzen; tatsächlich ist er neben Ammianus Marcellinus der einzige Historiker der Spätantike, der sich mit den berühmten antiken Vorbildern (Herodot, Thukydides, Polybios und Tacitus) messen konnte. Prokop diente nachweislich vielen nachfolgenden Autoren als Vorbild und Quelle; auch in der modernen Forschung wird sein Wert in der Regel als sehr hoch veranschlagt.

Prokop verwendete eine kraftvolle Sprache, allerdings mit vielen Klassizismen und schrieb guten attischen Stil, was eine Lektüre erschwert haben dürfte, ausgenommen natürlich für die gebildetere Oberschicht, auf die Prokops Darstellung auch abzielte. Sein Bericht ist gewürzt mit vielen Anekdoten, und er hatte ein klares (aber nicht immer objektives) Urteil. Er baute auch versteckte Kritik an der Person Justinians I. mit ein, später kritisierte er auch Belisar, den er zuerst in den höchsten Tönen gelobt hatte.

In den Kriegsgeschichten bleibt Prokop zumindest oberflächlich "objektiv" und hat einen klaren Blick für die Ereignisse. Prokops Kritik ist dabei zu einem guten Teil Personenkritik. Er kritisierte nie die Institution des Kaisertums an sich, sondern nur die Politik Justinians, dem er oft Zögerlichkeit oder Misstrauen gegenüber seinen Generälen vorwarf, womit die Kriegsanstrengungen Ostroms (und damit die Bemühungen von Prokops Helden Belisar) gehemmt wurden. Prokop stand den konservativen Senatskreisen nahe, deren Interessen durch die teilweise harte Politik Justinians tangiert wurden. In religiösen Fragen stand Prokop hingegen für ein tolerantes Christentum ein und dürfte an der rigiden Religionspolitik des Kaisers keinen Gefallen gefunden haben (vgl. auch Averil Cameron, Procopius).

Doch wie J. B. Bury in seiner History of the later Roman Empire (Geschichte des spätrömischen Reiches) so treffend formulierte: It was one of the glories of Justinian's age to have produced a writer who must be accounted the most excellent Greek historian since Polybius ... (Bury: History of the later Roman Empire. Bd. II., S. 419): Es war eine der Errungenschaften des justinianischen Zeitalters einen Schreiber hervorgebracht zu haben, der als der hervorragendste griechische Historiker seit Polybios angesehen werden muss ...

Allerdings gibt es Indizien dafür, dass Prokop selbst am Ende seiner Tätigkeit den von ihm gepflegten klassizistischen Stil vielleicht als nicht mehr zweckmäßig ansah. Die Katastrophen, die das oströmische Reich heimgesucht hatten (Pestepidemien, Erdbeben, Barbareneinfälle), konnten nicht mehr nach klassischen Denkmustern erklärt werden, so dass Prokop als Erklärungsansatz auf das mit menschlicher Logik nicht erklärbare Walten Gottes hinwies. Dies mag auch ein Grund dafür sein, dass die Geschichtsschreibung nach klassischem Vorbild in Ostrom bald darauf für lange Zeit verstummte, und stattdessen die Kirchengeschichte an Boden gewann (so zumindest Mischa Meier: Prokop, Agathias, die Pest und das `Ende` der antiken Historiographie, in: Historische Zeitschrift 278 (2004), S. 281-310, speziell S. 290 ff. [Meiers Thesen sind aber in vielem nicht unproblematisch und bedürfen noch weiterer Diskussion]). Keiner seiner Nachfolger erreichte jedoch wieder sein Niveau: Prokops Werk wurde von Agathias fortgesetzt, dieser von Menandros Protektor, an den wiederum als letzter spätantiker Historiker Theophylaktos Simokates anknüpfte. Damit endete zu Beginn des 7. Jahrhunderts dann auch die Tradition der antiken Historiographie.

Literatur

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Quellen

Prokopios von Caesarea: Werke (gr.-dt.), übersetzt und herausgegeben von Otto Veh, 5. Bde. (Bücherei Tusculum), München 1961-77.

Sekundärliteratur

  • Hans-Georg Beck: Kaiserin Theodora und Prokop - Der Historiker und sein Opfer, München 1986.
  • Dariusz Brodka: Die Geschichtsphilosophie in der spätantiken Historiographie. Studien zu Prokopios von Kaisareia, Agathias von Myrina und Theophylaktos Simokattes [Studien und Texte zur Byzantinistik 5], Frankfurt am Main 2004.
  • Averil Cameron: Procopius and the Sixth Century, Berkeley 1985.
  • Anthony Kaldellis: Procopius of Caesarea. Tyranny, History, and Philosophy at the End of Antiquity, Philadelphia 2004. Kaldellis versteht Prokop vornehmlich als Sprachrohr einer heidnischen aristokratischen Opposition gegen Justinian und versucht, dies durch angebliche verborgene Hinweise in seinen Werken nachzuweisen. Seine Thesen richten sich vor allem gegen die Ansichten von Cameron und bedürfen noch der weiteren Diskussion.
  • John Martindale: The Prosopography of the Later Roman Empire IIIb, Cambridge 1992, S. 1060-1066.
  • Mischa Meier: Prokop, Agathias, die Pest und das `Ende` der antiken Historiographie, in: Historische Zeitschrift 278 (2004), S. 281-310.
  • Berthold Rubin, Prokopios in: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft 23.1, (1957), Spalten 273-599. Rubin kann als der wohl beste Kenner Justinians und Prokops in der älteren Forschung angesehen werden. Obwohl in Teilen überholt (vor allem durch die Arbeit von Cameron), ist der Artikel dennoch hoch informativ.

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