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Heliodoros (griechisch Ἡλιόδωρος, auch Heliodor) aus Emesa war ein spätantiker griechischer Autor.

Leben und Werk

Heliodoros war nach eigener Aussage Sohn eines Theodosios aus der Familie der Heliospriester von Emesa. Er lebte wahrscheinlich im 3. Jahrhundert; aber auch die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts wird in der Forschung als Abfassungzeit seines Werkes diskutiert.[1]

Er ist der Verfasser der Aithiopika (Αἰθιοπικά), eines griechischen Romans in zehn Büchern, der die wunderbaren Schicksale der äthiopischen Königstochter Chariklea und des Thessaliers Theagenes berichtet. Der Roman wurde bereits in der Spätantike sehr geschätzt, vor allem aber in mittelbyzantinischer Zeit. Diese Schätzung rechtfertigt sich aus formalen − der Roman verwendet eine komplexe Erzählstruktur mit einander ergänzenden, immer wieder unterbrochenen und eingeschobenen Erzählungen − wie auch aus sprachlichen Gesichtspunkten. Hinzu kam, dass der Roman nicht nur Frivolitäten meidet, sondern geradezu erbauliche Züge aufweist, etwa in der Treue und Keuschheit der beiden Protagonisten, weshalb man den Autor fälschlicherweise mit einem Bischof Heliodoros von Trikka in Thessalien identifizierte.[2] Im 14. Jahrhundert erweiterte Xanthopulos die Zuschreibungsgeschichte mit der Behauptung, dass der Bischof von Trikka aufgefordert worden sei, sein Werk zu verbrennen, andernfalls würde er sein Bischofsamt verlieren. Heliodoros habe das abgelehnt und den Verlust in Kauf genommen.[3]

Da der Roman dennoch als erotischer Roman gelesen werden konnte, sah man sich mehrfach zu Verteidigung und Deutung veranlasst. Einer neuplatonischen Allegorese eines Philosophen Philippos zufolge erscheinen im Roman die Archetypen der vier Kardinaltugenden und Charikleia wird als Verbindung von Seele und Nous aufgefasst.[4] Ebenfalls allegorisch interpretierte Johannes Eugenikos im 15. Jahrhundert den Roman und setzt diese Allegorie in Beziehung zur allegorischen Deutung der Erotik des Hohen Lieds in der christlichen Theologie.[5]

Der Roman gilt als bester (und manchmal als einer der letzten) Romane der Spätantike. Heliodoros war Vorbild für zahlreiche Romanschriftsteller, insbesondere des Barock. Motive aus seinem Roman lieferten außerdem die Vorlage zu Giuseppe Verdis Oper Aida.
Literatur
Ausgaben

Heliodori Aethiopicorum libri 10. Collatione mss. Bibliothecae Palatinae et aliorum, emendati et multis in locis aucti. Hieronymus Commelinus, Heidelberg 1596.
Hēliodōru Aithiopikōn Biblia Deka. Hrsg. von Adamantios Koraēs. Eberart, Paris 1804, 2 Bde.
Heliodori Aethiopicorum libri decem. Hrsg. von Christoph Wilhelm Mitscherlich. Griechisch und Latein. Typographia Societatis Bipontinae, Straßburg 1798. 2 Bde.
Heliodori Aethiopicorum libri X. Hrsg. von Immanuel Bekker. Teubner, Leipzig 1855.
Guillelmus Adrianus Hirschig: Erotici scriptores. Didot, Paris 1856.
Heliodori Aethiopica. Hrsg. von Aristides Colonna. Typis Regiae Officinae Polygraphicae, Rom 1938. 2 Bde.
Héliodore Les Éthiopiques (Théagène et Chariclée), hrsg. von Robert M. Rattenbury und Thomas W. Lumb, übers. von Jean Maillon, Paris 21960 (11935).

Übersetzungen

Aethiopica historia. Übersetzung von Johannes Zschorn. Straßburg 1559. Nachdruck: Lang, Bern u. a. 1984, ISBN 3-261-03177-8
Theagenes und Charikleia. Ein Roman aus dem Griechischen des Heliodores. Übersetzt von Karl Wilhelm Göttling. Andrea, Frankfurt a. M. 1822
Heliodor's zehn Bücher Aetheopischer Geschichte. Aus dem Griechischen übersetzt von Friedrich Jacobs. Verlag der J. C. Metzler'schen Buchhandlung, Stuttgart 1837.
Heliodorus: Aethiopische Geschichten. Aus dem Griechischen übersetzt von Theodor Fischer. 2 Bde. Hoffmann, Stuttgart 1867f.
Heliodor: Die äthiopischen Abenteuer von Theagenes und Charikleia. Übersetzung von Horst Gasse. Reclam, Stuttgart 1972. ISBN 3-15-009384-8
Heliodoros: Die Abenteuer der schönen Chariklea. Übersetzung von Rudolf Reymer (1950). Artemis & Winkler, München 2001 (Bibliothek der Alten Welt), ISBN 3-7608-4087-6. Mit einem Nachwort von Niklas Holzberg.

Sekundärliteratur

Hans Gärtner: Heliodoros (5). In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 2, Stuttgart 1967, Sp. 996–997.
Reinhold Merkelbach: Roman und Mysterium in der Antike. Beck, München & Berlin 1962. S. 234ff.
Eberhard Lindhorst: Philipp von Zesen und der Roman der Spätantike. Ein Beitrag zu Theorie und Technik des barocken Romans. Göttingen: Univ. Diss., 1955 (Neudruck 1997). Materialreiche Untersuchung zu den Einflüssen Heliodors auf den deutschen Barockroman

Einzelnachweise

↑ Lebensdaten und Zeitpunkt der Abfassung seines Romans sind umstritten.
↑ Sokrates Scholastikos Historia ecclesiastica V,22
↑ Nikephoros Kallistos Xanthopulos: Historia ecclesiastica. XII. In: Migne: Patrologia Graeca 146,860. Siehe auch: Hans-Georg Beck: Byzantinisches Erotikon. Beck, München 1986. S. 167
↑ Editiert in der Ausgabe von Aristides Colonna, S. 366-370. Siehe auch: Herbert Hunger: Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner. Handbuch der Altertumswissenschaft: Abt. 12, Byzantinisches Handbuch: Teil 5, Bd. 2. Beck, München 1978, ISBN 3-406-01428-3, S. 121. Der „Philosoph“ Philippos wird von H. Gärtner (in: Byzanz, Antike und Abendland 15 (1969) S. 47-69) allerdings im 11. bis 12. Jahrhundert angesetzt.
↑ Protheoria zu Heliodoros Aithiopika. Hrsg. von H. Gärtner. In: Byzantinische Zeitschrift 64 (1971) S. 322-325

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