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Golgoi (Γολγοί), Örtlichkeit auf Kypros, deren Lage zu den meist umstrittenen Fragen der kyprischen Topographie gehört. Sie wird zuerst erwähnt von Theokr. id. XV 100 δέσποιν' ἃ Γολγώς τε καὶ Ἰδάλιον ἐφίλασας, wozu Schol. Γόλγος πόλις Κύπρου. Auch Lykophr. Alex. 589 nennt die Göttin Γόλγων ἀνάσσης, dazu Glosse τόπος καὶ ἔθνος Κύπρου. Ebenso erwähnt Catull. 36, 14 und 64, 96 Golgos als Kultstätte der Aphrodite neben Idalion und Amathus. Paus. VIII 5, 2 berichtet, daß Aphrodite in Kypros vor der Gründung des Heiligtums zu Paphos durch Agapenor ἐν Γολγοῖς καλουμένῳ χωρίῳ Verehrung genoß. Plin. n. h. V 129 nennt Golgoe unter den 15 Oppida der Insel. Auch Steph. Byz. kennt Γολγοί (Ethn. Γόλγιος und Γολγία oder Γολγηίς) als Stadt, deren Eponymos Führer einer sikyonischen Kolonie gewesen sei, während Schol. Theokr. a. a. O. ihn zu einem Sohne der Aphrodite und des Adonis macht. Endlich enthält noch das Lexikon des Zonaras (Anton. Mon.) die Glosse Γολγοί, οἱ Κύπριοι.

So weit die literarische Überlieferung. Unter den Neueren hat zuerst K. Mannert Geogr. d. Griech. u. Röm. VI 1 (1799) 576f. G. mit Rücksicht auf Theokritos und Catullus in der Nähe von Idalion (s. d.) angesetzt, wogegen F. Münter Der Tempel der himmlischen Göttin zu Paphos (Kopenhagen 1824) die Vermutung aussprach, G. sei ein alter Name für Paphos (s. d.) und dort in dem heutigen Ortsnamen Kukla erhalten. W. Engel Kypros I (1841) 145ff. hält an G. als einer von Paphos verschiedenen Ortschaft fest, ebenso Krause in Allg. Encykl. I 73 (1861) 337. Eine genaue Lokalisierung versuchte zuerst A. Sakellarios, welcher 1851 eine Γόργους genannnte Örtlichkeit nordöstlich von dem großen Dorfe Athienu (zwischen Nikosia und Larnaka) dafür in Anspruch nahm; er fand dort Reste der Stadtmauer von 7 Stadien Umfang, Spuren eines östlichen und westlichen Tores, äußerer Vorstädte, einer Wasserleitung usw.; s. dessen Κυπριακά I (Athen 1855) 187 und 2. Ausg. (Athen 1890) 192ff. Da dort auch Antiken in größerer Zahl gefunden wurden, veranlaßte M. de Vogüé 1862 dort Ausgrabungen durch Duthoit, worüber er in einem Briefe an E. Renan berichtete, s. Rev. arch. 1862 VI 244f. Die Ausgrabungen hatten ein geringes Ergebnis, doch galt seither die Lokalisierung von Sakellarios, ohne daß dieser genannt wurde, als gesichert. Aufsehen erregten sodann die Ausgrabungen und Erwerbungen, welche Louis Palma di Cesnola in den Jahren 1866, 1867, 1870, 1873 teils an der von ihm Agios Iorgos genannten Stelle, teils etwa 1 km entfernt davon bei A. Photios machen konnte. An letzterer Stelle fand er ein rechteckiges, von einer niedrigen Mauer umgebenes Heiligtum von etwa 18 m Länge und 9 m Breite, das er für das gesuchte Heiligtum der Aphrodite erklärte, sowie zahlreiche Skulpturen, Baufragmente, Weihgegenstände usw., sowie epichorische Inschriften. Die Gegenstände bildeten mit den Funden von Idalion den Grundstock der kyprischen Sammlung im Metropolitan Museum in New York und sind beschrieben bei Cesnola Cypern (1879) 90–131 Taf. XVII–XXXVII, wozu, noch zu vergleichen Cesnola Scoperta del tempio di Venere a Golgos in Atti R. Accad. Sci. [1580] Torino VI 1870/1, 554–568; The Antiquities of Cyprus (mit C. T. Newton und S. Colvin), London 1873. J. Doell Die Sammlung Cesnola, Mém. Ac. Sci. St. Pétersbourg VII 19 nr. 4 (1873), Cesnola A Descriptive Atlas of the Cesnola Collection Vol. I (Boston 1885).

Nächst Cesnola hat der französische Archäologe G. Colonna-Ceccaldi sich mit den Funden bei Athienu am meisten beschäftigt; seine in der Rev. archéol. 1870–75 veröffentlichten, in Deutschland wenig beachteten Aufsätze sind gesammelt in seinen postum erschienenen ,Monuments de Chypre‘ (Paris 1882) S. 35–82 (51ff. wichtiger Brief von R. H. Lang in Larnaka). 195f. 291, Taf. II–VI. XXVIIIf. Auch er nimmt die Identität von G. mit der Fundstelle bei Athienu als feststehend an. Inzwischen hatte R. Neubauer Der angebliche Aphroditetempel zu Golgoi, Comment. phil. in hon. Th. Mommseni (1877) 673–93 unabhängig von Münter (s. o.) nachzuweisen gesucht, daß G. keine selbständige Ortschaft war, sondern die alte Kultstätte zu Paphos bezeichnete, wo der Name in Kukla fortlebe, sowie daß das von Cesnola entdeckte Heiligtum kein Tempel, sondern ein offenes Temenos, und nicht der Aphrodite, sondern dem Apollon geweiht war; vgl. dazu W. Deecke in Bursians Jahresbericht Bd. XI (1877) S. 129 und E. Oberhummer ebd. Bd. LXXVII (1893) S. 82. Die dort gefundenen epichorischen Inschriften wie auch die Funde scheinen in der Tat für einen Apollonkult zu sprechen, s. die Inschriften bei Neubauer a. a. O. 680ff., dann bei H. Collitz Griech. Dialektinschr. I (1884) 31–44 (nr. 65–119) und Ahrens-Meister Griech. Dialekte II (1889) 181. 201f. Eine phönizische Inschrift von dort CISem I 1 nr. 96 gibt wenigstens für Aphrodite keinen Anhalt. Dagegen bezieht sich auf letztere die epichorische Weihinschrift auf dem Stil einer silbernen Opferkelle aus dem benachbarten Idalion τᾶι θεῶι τᾶι Γολγίαι s. Collitz nr. 61. Roschers Lex. d. griech. u. röm. Mythol. I 2 S. 1693.

Wichtig, wenn gesichert, wäre für die Existenz einer selbständigen Ortschaft G. bei Athienu die angeblich auf einer weiblichen Statue von H. Georgios gefundene Aufschrift Ζωίλος Γόλγιος ἐποίει, s. A. D. Savage in Amer. J. of Philol. II (1881) 223 (nach Mitteilung Cesnolas). Auch die von Meineke zu einem Fragment des Alexander Polyhistor (s. d. Bd. I S. 1449ff. Nr. 88) bei Steph. Byz. s. Χύτροι vorgeschlagene Lesung τὴν δὲ Γολγίαν (statt Γορδίαν) ἀποδοῦναι Χυτρίοις würde für die Lage bei Athienu sprechen. Die Zeugnisse späterer Kompilatoren (Plin. Steph. Byz.) und Scholiasten (s. o.) für eine Stadt G. sind allerdings nicht zwingend, da sie aus dem Namen erschlossen sein können und nicht auf Ortskenntnis zu beruhen brauchen, aber doch nicht leichthin zu verwerfen; ebensowenig zwingend scheint mir jedoch Neubauers Folgerung aus Paus. a. a. O., daß G. lokal mit Paphos identisch sei. Bis zu weiteren Funden muß die Frage wohl noch als ungeklärt gelten. Sakellarios tritt natürlich auch in der zweiten Ausgabe seines Werkes I 192–202 für die von ihm seit 1851 aufgestellte Lokalisierung ein.

Die Fundstelle bei Athienu ist seit Cesnola mehrfach besucht, aber nicht näher erforscht worden, [1581] s. darüber M. Ohnefalsch-Richter Kypros 15f. und über die Funde das Register u. ,Athienu‘; auch A. E. J. Holwerda Die alten Kyprier (Leiden 1885) 1–6. Deschamps Au pays d’Aphrodite (1898) 112f. Ich selbst habe die Stelle 1887 mit Ohnefalsch-Richter besucht und darüber folgendes notiert: ,Von Athienu aus besuchten wir noch den nördlich vom Dorfe gelegenen Platz, welchen man in neuerer Zeit meist für das alte G. hält, da er im Volksmund die Bezeichnung Jorgi oder Jorgus (beide Formen wechseln) führt. Unterstützt wird die Vermutung dadurch, daß sich nach übereinstimmender Aussage der Einheimischen nie eine Kirche (des heiligen Georgios) dort befunden hat; auch sind von einer solchen nirgends Spuren zu sehen. Wir fanden an diesem Orte ein ziemlich ausgedehntes Trümmerfeld, welches kaum einen Zweifel an dem Vorhandensein einer antiken Stadt daselbst läßt. Die Umwallung ist besonders im Norden und Nordosten noch deutlich erkennbar, am höchsten beim Westende der Nordseite (Burg?). Die Umrisse der Ruinen sind auf der Karte (Trigonometrical Survey of Cyprus Bl. 10) ziemlich richtig angegeben. Östlich von diesem Trümmerfeld sind zahlreiche Stellen aufgegraben; wahrscheinlich die Nekropole. Südöstlich die beiden von Cesnola angegrabenen τεμένη; ein ,Tempel‘ weder hier noch auf dem Hügel dazwischen zu sehen. Die Karte versagt hier vollständig‘.

Zum Namen sei noch bemerkt, daß derselbe auf phönizischen Ursprung zu deuten scheint (hebr. Gilgal = Steinkreis, s. H. Guthe Bibelwörterbuch 219; dazu auch Golgatha und Galilaia). Doch spricht die große Zahl epichorischer Inschriften für eine griechische Ansiedelung bei Athienu.
[Oberhummer.]

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