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Didaskaliai. Διδασκαλία bezeichnet in prägnantem Sinn (entsprechend der Bedeutungsentwicklung von διδάσκειν oder διδάσκαλος) den Unterricht eines öffentlich auftretenden Chores, dann die Aufführung selbst (deren wesentliche Vorbedingung eben der Unterricht ist), und zwar sowohl [395] die Aufführung von kyklischen Chören, wie namentlich die von Tragoedien und Komoedien, bei denen in älterer Zeit das Hauptgewicht auf die chorischen Partien fiel; vgl. Simonid. 147 B.: ἀμφὶ διδασκαλίῃ δὲ Σιμωνίδῃ ἕσπετο κῦδος. Aristoph. Equ. 516: κωμῳδοδιδασκαλίαν εἶναι χαλεπώτατον ἔργον ἁπάντων. Plato Gorg. 501 E: ἡ τῶν χορῶν διδασκαλία καὶ ἡ τῶν διθυράμβων ποίησις. Athen. V. p. 218 C: πρὸ τῆς ἐπ’ Ἀλκαίου διδασκαλίας τῶν Εὐπόλιδος Κολάκων. Schol. Arist. Ran. 1028: τινὲς διττὰς καθέσεις τουτέστι διδασκαλίας τῶν Περσῶν φασιν καὶ τὴν μίαν μὴ φέρεσθαι. So spricht man von διδασκαλίαι ἀστικαί und διδασκαλίαι Ληναικαί, Aufführungen bei den städtischen Dionysien und bei den Lenaeen (Plut. vit. X orat. 839 D), und Aristoteles hat seine chronologischen Listen dieser Aufführungen Διδασκαλίαι betitelt (s. u.). Da der Didaskalos in älterer Zeit regelmässig auch zugleich der Dichter der von ihm vorgeführten Chordichtung ist, so verbindet sich mit der Bezeichnung δ. auch die Bedeutung ‚aufgeführtes, dargestelltes Dichtungswerk‘; bei dramatischen Aufführungen bezeichnet man mit D. vorzugsweise die Gesamtheit der von einem Dichter an einem Feste aufgeführten Tragödien (mögen diese durch stofflichen Zusammenhang zu einer Tetralogie zusammengefasst sein oder nicht), seltener auch ein einzelnes Stück, vgl. Plut. Pericl. 5: Ἴωνα μὲν ὥσπερ τραγικὴν διδασκαλίαν ἀξιοῦντα τὴν ἀρετὴν ἔχειν τι πάντως καὶ σατυρικὸν μέρος. Dioskorides Anth. Pal. VII 37: ἡ δ’ ἐνὶ χερσὶν κούριμος ἐκ ποίης ἥδε διδασκαλίης. Plut. Cim. 8: πρώτην διδασκαλίαν τοῦ Σοφοκλέους ἔτι νέου καθέντος. Argum. Soph. Antig.: εὐδοκιμήσαντα ἐν τῇ διδασκαλίᾳ τῆς Ἀντιγόνης. In solchem Sinne scheint der Pergamener Karystios (Mitte des 2. Jhdts. v. Chr.) das Wort im Titel seines Buches περὶ διδασκαλιῶν (Athen. VI 235 E) verwendet und in ähnlicher Auffassung der römische Dichter Accius (s. d.) ein Lehrgedicht Didascalica betitelt zu haben.

Unter Didaskalien verstehen wir im Anschluss an den antiken Sprachgebrauch chronologisch geordnete Listen der chorischen, insbesondere der dramatischen Aufführungen, dann die aus solchen Verzeichnissen ausgehobenen, die Aufführung eines einzelnen Stückes betreffenden Angaben. In Athen müssen spätestens seit der Einführung der Choregie officielle Aufzeichnungen über die chorischen Aufführungen geführt und in den Archiven hinterlegt worden sein; darin müssen sowohl die Choregen, wie die vom Archonten zur Aufführung an den Dionysien zugelassenen Dichtungen der Didaskaloi, endlich die ausgeteilten Siegespreise und Honorare namhaft gemacht gewesen sein. Ebenso muss über das Urteil der Preisrichter (s. Κριταί, Σκηνικοὶ ἀγῶνες) ein Protokoll geführt worden sein, das wohl auch im Archiv des Archonten aufbewahrt wurde. Ähnliches wie bei den Dionysien wird bei den Lenaeen und anderen staatlich organisierten Agonen geschehen sein. Dass aber die Listen dieser Aufführungen schon in voraristotelischer Zeit von Amtswegen in Stein geschrieben und aufgestellt worden seien, ist nicht überliefert und von vornherein wenig wahrscheinlich. Vielmehr ist Aristoteles wohl der erste gewesen, der die betreffenden Aufzeichnungen aus den Archiven ausgehoben [396] und in grösserem Zusammenhang veröffentlicht hat.

Im Verzeichnis der aristotelischen Schriften bei Diog. Laert. V 26 werden aufgezählt νῖκαι Διονυσιακαί α, διδασκαλίαι α, im Katalog bei Hesych (vgl. Bergk Rh. Mus. XXXIV 332) νικῶν Διονυσιακῶν ἀστικῶν καὶ Ληναικῶν α’, περὶ διδασκαλιῶν ᾱ (vgl. auch Plut. non posse suav. vivi 13 p. 1096 A). Die Fragmente der aristotelischen D. sind gesammelt in der Berliner Ausgabe des Aristoteles, Bd. V frg. 575–587, in der Teubnerschen Ausgabe der Fragmente 618–630‚ vgl. Richter Arist. Vesp. p. 6ff. Rose Aristoteles pseudepigr. p. 550ff. Dass wirklich Aristoteles (vielleicht im Verein mit einem seiner Schüler) der Verfasser der im Schriftenkatalog verzeichneten D. war, haben wir keinen Grund zu bezweifeln. Mit Recht hat man aber auf diese Schrift nicht nur die Stellen zurückgeführt, an denen ausdrücklich die D. als Werk des Aristoteles bezeichnet werden (Harpocr. s. διδάσκαλος, Schol. in Plat. apol. p. 330 Bekk. Phot. Suid. s. ὄνου σκιά. Schol. Aristoph. Av. 281. 1379), sondern auch jene Citate, die sich auf D. schlechtweg (ohne Zufügung des Autornamens) berufen (Argum. Soph. Aiac. Eur. Rhes. Arist. Pac. III. Schol. Aristoph. Nub. 552; Ran. 67. 1124; Plut. 385. Harpocr. s. Σθένελος vgl. Schol. Arist. Vesp. 718. 1031). Denn wenn Eratosthenes (Argum. III Aristoph. Pac.), Kallimachos (Schol. Aristoph. Nub. 552) und spätere Gelehrte sich für Ereignisse der voraristotelischen Zeit auf D. berufen, so haben sie gewiss nicht in die Archive oder in öffentlich aufgestellte Steinabschriften (s. u.) Einsicht genommen, sondern sich auf die Publication der Auffürungslisten im aristotelischen Werk bezogen. Aus der gleichen Quelle haben Aristophanes von Byzanz und seine Nachfolger auch die in den ὑποθέσεις (s. d.) zu den einzelnen Dramen und gelegentlich in den Scholien überlieferten Angaben über Aufführungszeit und Preisurteil geschöpft.

Das Bild, das wir aus diesen Überresten von der Schrift des Aristoteles gewinnen, lässt sich des Weiteren durch die inschriftlich erhaltenen Aufführungslisten, CIA II 972–975, vervollständigen. In diesen sind uns für Dionysien und für Lenaeen getrennte Verzeichnisse der jährlichen Tragoedienaufführungen (einschliesslich des Satyrspiels) und der Komoedienaufführungen überliefert, wobei die Dichter mit ihren Stücken der Rangordnung des Preisurteils aufgezählt, für die einzelnen Stücke die Protagonisten und zum Schlusse der siegreiche Schauspieler genannt werden; für die Periode, in der Wiederaufführung alter Stücke üblich war, ist an der Spitze des Verzeichnisses auch die παλαιά und der Schauspieler, der sie insceniert hat, verzeichnet, die Choregen dagegen sind nicht genannt, da die Inschriften nur litterargeschichtlichen oder in erster Linie theatergeschichtlichen Interessen dienen wollen. Die auf dem Stein CIA II 973 verzeichneten Tragoedienaufführungen von 342/1–340/39 dürfen den grossen Dionysien zugewiesen werden. Auf dasselbe Fest bezieht sich wohl auch CIA II 975 (ein Verzeichnis von Komoedienaufführungen für eine Reihe von Archontaten, die dem 2. Jhdt. Chr. [190–157 v. Chr.] angehören; diese Liste, die in einzelnen Partien [397] und in mehrjährigen Zwischenräumen aufgezeichnet worden ist, verrät ihren officiellen Charakter dadurch, dass darin auch die Archonten, während deren Amtsführung kein Agon stattfand (οὐκ ἐγένετο) aufgezeichnet sind. Der gleichen Liste wird auch ein noch unediertes, von A. Wilhelm mitgeteiltes Fragment mit Komoedienlisten aus den J. 312ff. zuzuweisen sein. Auf dem Steine CIA II 972 sind in der linken Columne Komoedienaufführungen, in der rechten Tragoedien (je drei Trilogien für 420/19 und 419/8) verzeichnet. Da diese Tragoedienliste zu der ersten Columne eines gehören muss, das nicht lange vor 420 angehoben haben kann, so haben wir hier offenbar eine lenaeische Liste vor uns. Die Komoedienliste, die die letzte Columne des Komoedienverzeichnisses ist, nennt den Archonten Diotimos, in dem Köhler (mit Boeckh) den Archonten von Ol. 106, 3 (354/3), Capps (Amer. journ. of archaeol. 1900, 75) mit grösserer Wahrscheinlichkeit den jüngeren Archonten Diotimos von Ol. 122, 4 (289/8) erkennt. Man hat diese Komoedienaufführungen den Dionysien zuweisen wollen, weil bei einem Lenaeenverzeichnis der Festordnung entsprechend die Komoedien nicht vor den Tragoedien verzeichnet werden könnten; doch lässt es sich aus der Thatsache, dass die Komoedie an den Lenaeen schon früher als die Tragoedie worden ist, wohl verstehen, dass die Komoedien in der Aufführungsliste vorangehen. Welcher äussere Anlass den Endpunkt der Liste (ca. 285 v. Chr. bei Capps Ansatz) bestimmt haben mag, lässt sich nicht sagen; man könnte denken, dass in dem betreffenden Jahr der officielle Agon an den Lenaeen eingegangen war. Ob diese Lenaeenliste CIA II 972 mit der Dionysienliste CIA II 973 zu einer einheitlich abgefassten Aufführungsliste zusammengehörte, lässt bisher nicht entscheiden, ebensowenig wie sich die Stelle, die innerhalb dieser Verzeichnisse den anderen Fragmenten von Komoedienlisten CIA II 974. 976. IV 2, 974 b zukommt, ohne nochmalige genauere Untersuchung der einzelnen Steinplatten sicher bestimmen lässt. Da aber auch die Didaskalien von 341/40 CIA II 973, nach dem Charakter der Schriftzüge zu urteilen, nicht vor der ersten Hälfte des 3. Jhdts. in Stein niedergeschrieben sind, so liegt es nahe, anzunehmen, dass in der ersten Hälfte oder um die Mitte des 3. Jhdts. einmal eine chronologische Liste der Aufführungen aufgestellt und dann bis in die Mitte des 2. Jhdts. v. Chr. (vgl. CIA II 975) fortgesetzt worden ist. Man möchte vermuten, dass diese Liste, deren Fragmente alle am Südabhang der Akropolis gefunden worden sind, ihren Platz in einer Stoa hatte, etwa in der Stoa hinter dem Dionysostheater, deren Rückwand genügenden Raum geboten haben würde.

Da diese inschriftlichen Listen gerade in ihren älteren Partien gelehrte archivalische Forschung voraussetzen, so wird man nicht anstehen, anzunehmen, dass die auf voraristotelische Zeit bezüglichen Angaben aus dem Werk des Aristoteles geschöpft sind, an dessen Vorbild sich die Fortsetzer der jüngeren Periode (für die die Acten bequem bereit lagen) genau angeschlossen haben werden. Man wird also für das aristotelische Werk die gleiche Anlage, gesonderte Listen nicht [398] nur für Dionysien und Lenaeen, sondern auch für die einzelnen Dichtungsgattungen voraussetzen dürfen. Auch bei Aristoteles werden, wie in den Inschriften, die Schauspieler verzeichnet gewesen sein (in der ersten Hypothesis zu Aristophanes ‚Frieden‘ wird der Schauspieler genannt), während die Choregen nicht genannt gewesen sein dürften (der Name des Choregen in der Hypothesis zu Aischylos ‚Agamemnon‘ kann aus den aristotelischen Νῖκαι herübergenommen sein, s. u.). Inwieweit ausser den in den inschriftlichen Listen gegebenen Angaben bei Aristoteles noch litterargeschichtliche Bemerkungen beigefügt waren, z. B. über den wirklichen Verfasser eines durch einen andern Didaskalos aufgeführten Stückes (vgl. Argum. Aesch. Septem. Argum. Aristoph. Ach., Av., Ran. Athen. V 216 D), lässt sich nicht bestimmen; wahrscheinlich sind aber diese Angaben ebenso wie der Vermerk οὐ σώζεται u. a. erst aus den Ausgaben und aus den litteraturgeschichtlichen Werken der alexandrinischen Gelehrten in die Ὑποθέσεις gelangt. Dass aber Aristoteles in seinen D. nicht nur für Tragoedien und Komoedien, sondern auch für die Dithyramben Dichterlisten aufgestellt hatte, muss man aus Harpocr. s. διδάσκαλος und Schol. Arist. Av. 1379 schliessen; wenn sich, zu dieser Partie seines Werkes in Steininschriften kein Gegenstück findet, so darf uns das bei dem geringeren Interesse, das das 3. Jhdt. für diese Agone hatte, nicht Wunder nehmen. Der Anfangspunkt von Aristoteles D. lässt sich, nicht ermitteln; sie gingen jedenfalls bis in die Zeit der Perserkriege zurück; die Protokolle, die ihnen zu Grunde lagen, reichten aber schwerlich so hoch hinauf, wie die Aufzeichnungen über die Namen der Sieger, die Aristoteles für seine zweite Schrift über dionysische Agone, die Νῖκαι, verwertet hat.

Von dieser Νῖκαι Διονυσιακαὶ ἀστικαὶ καὶ Ληναικαὶ betitelten Schrift, die wir wegen, ihrer engen Beziehung zu den D. hier ebenfalls in Betracht ziehen müssen, sind uns zwar keine bezeugten Fragmente in der litterarischen Überlieferung erhalten, doch hat schon U. Köhler (Athen. Mitt. III 111) die Meinung ausgesprochen, dass wir uns ihre Anlage nach Art der inschriftlichen Siegerliste CIA II 971 denken dürfen, die (nach den Buchstabenformen zu schliessen) in der zweiten Hälfte des 4. Jhdts. v. Chr. in Stein geschrieben worden ist. Wir dürfen wohl weiter gehen und diese Inschrift als direct von dem aristotelischen Werke abhängig erklären, ja sie vielleicht geradezu als eine Steinabschrift des auf die städtischen Dionysien bezüglichen Teiles der aristotelischen Νῖκαι ansehen. In der Inschrift werden für die einzelnen Archontenjahre die Sieger der städtischen Dionysienfeier (bezw. die an den Siegespreisen beteiligten Personen) verzeichnet, und zwar, entsprechend der Festordnung, zunächst die mit einem Knabenchor siegreiche Phyle und ihr Choreg, dann Phyle und Chorege des Männerchores (nicht aber die Dichter-Didaskaloi dieser Chöre), hierauf Chorege und Didaskalos der siegreichen Komoedie, Chorege und Didaskalos der siegreichen Tragoedie (nicht aber die Titel der siegreichen Stücke), endlich (seit der um die Mitte des 5. Jhdts. erfolgten Einführung eines gesonderten Richterspruches über die Schauspieler) auch der Name des siegreichen [399] Protagonisten (zuerst in Fragment f, CIA IV 2, 971). Die frühesten Angaben in der ersten Columne von Fragment a (mit den Namen des Perikles und Aischylos) sind auf eines der Feste vor dem nächsten Jahre Ol. 79, 1 (463) zu beziehen (an 467, das Aufführungsjahr von Aischylos ‚Septem‘ hat Köhler gedacht). Dieser Columne ging aber noch ganze Reihe anderer Columnen voraus; die fragmentierte, in grösseren Buchstaben geschriebene Angaben in Z. 1: .…. πρῶ]τον κῶμοι ἦσαν klärt leider über das Epochenjahr nicht auf, da die Bezeichnung κῶμοι nicht ohne weiteres mit κωμῳδοί gleichgesetzt werden kann, sondern vielleicht nur von dem Festact selbst gesagt ist, der schon lange vor der staatlichen Organisation der Komoedenchoregie gefeiert und mit ‚freiwilligen‘ Komoedenchoren verbunden gewesen sein kann. Dass die Liste über den Anfang der staatlichen Komoedenchoregie hinauf und wenigstens bis 500 v. Chr. (508/7? vgl. Marm. par. ep. 46) reichte, wird durch den vermutlich aus den Angaben von CIA II 971 abgeleiteten Siegerkatalog CIA II 977 wahrscheinlich gemacht der (nach frg. a zu schliessen) wenigstens mit der Tragikerliste schon vor 500 v. Chr. anhob. Eine Liste, die in so alte Zeit zurückreicht, nötigt uns, gelehrte Forschung als Grundlage der Inschrift anzunehmen. Archivalische Studien werden dann namentlich auch durch die Thatsache erwiesen, dass bei den Choregen der Phylenchöre auch schon für die erste Hälfte des 5. Jhdts. das Demotikon beigefügt ist, das in den sog. choregischen Inschriften (s. Bd. III S. 2414) des 5. Jhdts. noch fehlt, aber in dem Archive des ersten Archonten behufs Controlle der Leistungen der einzelnen Phylen vermerkt gewesen sein muss. Überhaupt tritt in der Inschrift, in der Phylen und Choregen genannt sind, aber kein Wort über die Dichtungen sich findet, das politische Interesse, wenn man so sagen darf, gegenüber dem litterarhistorischen stark in den Vordergrund, und es ist wohl kein Zufall, dass diese Liste schon im 4. Jhdt. öffentlich aufgestellt wurde, während die D. erst im 3. Jhdt. in Stein aufgezeichnet worden sind.

Da die jüngsten Angaben auf den bisher gefundenen Bruchstücken von CIA II 971 auf das J. 328 sich beziehen, so liegt es nahe, die einheitliche Niederschrift der Siegerliste mit dem Ausbau des athenischen Dionysostheaters und mit den mannigfachen Massregeln, die der Redner Lykurgos im Interesse der Dramatiker getroffen hat, in Verbindung zu bringen. Mit der Abfassung eines solchen auf urkundlicher Grundlage aufgebauten Kataloges, dessen Steinschrift wohl als öffentliches Weihgeschenk aufgestellt werden sollte, gerade Aristoteles zu betrauen, musste damals nahe genug liegen; hat dieser doch ungefähr zur gleichen Zeit zusammen mit Kallisthenes für Delphi einen Pinax der Pythiensieger gefertigt, der zwischen 334 und 330 auf Staatskosten in Stein gegraben wurde (Homolle Bull. hell. XXII 261, 631. Dittenberger Syll.² 915). Und die Thatsache, dass Aristoteles neben den Didaskalien noch eine Schrift Νῖκαι verfasst hat, würde weniger auffallend sein, wenn wir dafür einen staatlichen Auftrag voraussetzen.

Dass die aristotelischen Νῖκαι ebenso wie die [400] D. späterhin fortgesetzt worden sind, wird man von vornherein als wahrscheinlich annehmen dürfen. Zwar ist ein Werk mit dem Titel περὶ διδασκαλιῶν litterarisch nur von Karystios von Pergamon (zweite Hälfte des 2. Jhdts. v. Chr.) bezeugt (Athen. V 235 E; vgl. Vit. Soph. p. 128, 36 Westerm.), und das scheint viel mannigfacheren Inhaltes gewesen zu sein als die aristotelischen D., aber in den zahlreichen nach dem Vorgang des Kallimachos als πίνακες und ἀναγραφαί betitelten Werken alexandrinischer und pergamenischer Gelehrten (vgl. Athen. VIII 336 E) werden manche tabellenartige Zusammenstellungen sich verbergen, die im wesentlichen nichts anderes als chronologische Listen von Aufführungen und Siegen waren. Inschriftlich ist uns in beträchtlichen Bruchstücken eine solche Liste siegreicher scenischer Dichter und Schauspieler erhalten (CIA II 977), die in chronologischer Reihenfolge – für Dionysien und Lenaeen gesondert – die scenischen Sieger (Dichter und Schauspieler) und die Zahl der Siege aufführen. Wie diese Listen aus Siegesverzeichnissen geschöpft sind, so gehen auf die D. die Inschriften bei Kaibel IGI 1097. 1098. 1098 a (p. 697) zurück, in denen für einzelne Komoediendichter die Stücke nach Massgabe des Platzes, der ihnen im Preisurteil zugewiesen war, gruppiert sind, vgl. Petersen Wiener Studien VII (1885) 181f. Aus der umfangreichen Litteratur über die auf athenische Theateraufführungen bezüglichen Inschriften ist ausser den grundlegenden Arbeiten von Köhler (Athen. Mitt. III 104ff. 241ff. V 325) und Bergk (Rh. Mus. XXXIV 292ff. = Opusc. phil. I) zu nennen Oehmichen S.-Ber. Akad. Münch. 1889, 103ff. A. Müller Philol. Suppl. VI (1891). H. Lipsius S.-Ber. sächs. Akad. 1885, 411. 1887, 278. E. Bethe Ind. lect. sem. aest., Rostock 1894. Bodensteiner Jahresber. f. Altertumswissensch. CVI (1900 III) 134ff. Capps Amer. journ. of philol. XX 388ff.; Amer. journ. of archaeol. IV 74ff. Eine neue Publication aller einschlägigen und durch neue Bruchstücke vermehrten Inschriften ist von Kaibel und Wilhelm in Aussicht gestellt.

Von Theateraufführungen ausserhalb Athens sind uns vielfach Inschriften mit den Namen der mitwirkenden Künstler und Dichter oder der Sieger allein erhalten (s. Σκηνικοί, Χορικοί, Θυμελικοὶ ἀγῶνες); aber solche Verzeichnisse können nicht als D. bezeichnet werden. Näher stehen den D. die Siegerlisten von Teos (Le Bas-Waddington Asie mineure V 91. 93. Bull. hell. IV 170) und von Magnesia am Maiandros (O. Kern Inschriften von Magnesia 69 nr. 88. Dittenberger Syll.² 699), in denen wenigstens die Namen der siegreichen Stücke verzeichnet sind; auch die Inschrift IGIns. I 125 (Kaibel Herm. XXIII 268f.), deren Anlage nicht völlig aufgeklärt ist, mag in diesem Zusammenhang genannt werden.

Auf römischem Boden finden wir Didascalicon libri als Titel eines Lehrgedichtes des Accius (s. Marx Bd. I S. 146), das nicht D. im aristotelischen Sinne gab, sondern weiterausgreifend – vielleicht analog dem vorher genannten Werke des Karystios – über Dichtungen und Aufführungen handelte, vgl. Norden Rh. Mus. XLVIII 530. Angaben über Aufführungen römischer Dramen, die den griechischen D. verglichen werden können [401] und von den modernen ebenfalls als D. bezeichnet werden, sind uns für die Stücke des Terenz (in den Hss. sowie in den Donat zugeschriebenen praefationes), dann zum ‚Stichus‘ und ‚Pseudolus‘ des Plautus (im Mailänder Palimpsest) erhalten, vgl. Ritschl Parerga Plautina I 249ff. 301ff. Wilmanns De didascaliis Terenti, Berlin 1864. Dziatzko Rh. Mus. XX (1865) 570. XXI 64. XXXIX 339. Teuffel-Schwabe R. L.-G. § 109, 4. Leo Plautinische Forschungen 13. Diese sog. D. überliefern uns, soweit sie vollständig sind, 1. den Namen des Stückes und des lateinischen Dichters, 2. das Festspiel, an dem das Stück aufgeführt wurde, 3. die Leiter des Festspieles (also z. B. die curulischen Aedilen bei den ludi Romani), 4. den Director der Truppe, der in der Regel zugleich auch der Hauptschauspieler war (dominus gregis, actor), 5. den Componisten, 6. die Gattung des Flötenspieles (z. B. tibiis imparibus), 7. den Dichter und Titel des griechischen Originales, 8. die Nummer des Stückes in Reihenfolge der Werke des Dichters, 9. die Consuln des Jahres, in dem die Aufführung stattfand.

Wenn über die Aufführungen der terenzischen Stücke in den beiden Hss.-Classen (dem Bembinus und den Hss. der calliopischen Recension) und in den praefationes des Donat mehrfach widersprechende Angaben sich finden, so erklärt sich dies daraus, dass in der gemeinsamen alten Vorlage neben den Angaben über die erste Aufführung auch solche über spätere Wiederholungen sich fanden, die von den jüngeren Bearbeitern in verschiedener Weise excerpiert und gelegentlich durcheinandergeworfen worden sind. Über die Entstehungsgeschichte dieser D. sind verschiedene Hypothesen aufgestellt worden. Aus amtlichen Aufzeichnungen konnte nur der kleinste Teil der darin enthaltenen Angaben geschöpft werden, weitaus der grössere musste aus den Vermerken, die in den ältesten Ausgaben oder in Schauspielerexemplaren den einzelnen Stücken beigegeben waren, genommen werden. Diese Vermerke werden von den Grammatikern, die im 1. Jhdt. v. Chr. oder später neue Ausgaben besorgten, gesammelt, überarbeitet und durch litterarhistorische Notizen (z. B. die Nummer des Dramas unter den Werken des Dichters) bereichert worden sein. Welcher Anteil dabei Varro zukommt, lässt sich nicht mehr feststellen. Die Vermutung, dass Varros Schrift de actis scaenicis oder die de actionibus scaenicis wirkliche D. des römischen Dramas nach Art der griechischen geboten habe, lässt sich zu keinem grösseren Grad von Sicherheit bringen (vgl. Teuffel-Schwabe R. L.-G. § 166, 4), und es muss fraglich bleiben, ob die über die Aufführungen des Plautus und Terenz überlieferten Angaben überhaupt jemals in einer gesonderten Schrift gesammelt veröffentlicht waren oder ob sie nur für die Zwecke der in späterer Zeit hergestellten Ausgaben zusammengestellt worden sind, aus denen sie dann in absichtlicher oder missverständlicher Verkürzung in unsere Hss. übergegangen sind.

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