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1) Tochter des Königs Oineus von Kalydon (Pleuron, Soph. Trach. 7) und der Althaia. Nach einer Überlieferung sollte D. die Tochter der Althaia von Dionysos sein, Apollod. I 84. Hyg. fab. 129. Serv. Aen. IV 127, weshalb es unter den Demen der Phyle Διονυσία in Alexandreia auch eine Ἀλθηίς und eine Δηιανειρίς gab, Satyros frg. 21 (FHG III 164), vgl. Hyllos.

Als die Schwestern um den Tod des Meleagros unaufhörlich klagten, wurden sie von Artemis in Feldhühner (μελεαγρίδες) verwandelt; nur Gorge und D. behielten auf Verwendung des Dionysos ihre menschliche Gestalt, Nik. frg. 51 = Ant. Lib. 2. Ovid. met. VIII 544. Hyg. fab. 174. D. wird von dem Flussgotte Acheloos zur Ehe begehrt, fürchtet aber den Freier, der, den Vater zu schrecken, in mannigfache Gestalt sich verwandelt. Später wirbt auch Herakles um D. (nachdem er den Meleagros in der Unterwelt getroffen, Pindar frg. 249 = Schol. Il. XXI 194. Bakchyl. V 165f. Robert Hermes XXXIII 151). Die beiden kämpfen um das Mädchen, Acheloos in Stiergestalt, bis Zeus den Kampf zu Gunsten des Herakles entscheidet. Archilochos bei Dio Chrys. LX. Schol. Il. XXI 237. Soph. Trach. 9ff. Spätere (schon Archilochos?) lassen die vielfachen Verwandlungen des Acheloos während des Kampfes erfolgen und erwähnen, dass Herakles dem Gegner das rechte Horn (auf Kunstwerken hat Acheloos überhaupt nur eines) abbrach und es der D. gab oder dafür vom Flussgotte das wunderthätige Horn der Amaltheia empfing, Apollod. II 148. Hyg. fab. 31. Ovid. met. LX 8ff.; heroid. IX 139f. Sen. Herc. Oet. 495f. Philostrat. min. imag. 4. Serv. Aen. VIII 300. Nonn. XLIII 12f. Tzetz. Lyk. 50. 662. Dass der Kampf um D. von Oineus angeordnet war, der sich fürchtete, einem der beiden Freier eine Absage zu geben, sagen Libanios IV 855 Reiske und Mythogr. gr. Westerm. app. narr. XX. Rationalistische Darstellungen bei Strab. X 458. Diod. IV 35, 3f. Kephalion frg. 8 (FHG III 631). Anon. de incred. 5 West.

Sohn der D. von Herakles ist Hyllos (auch Sohn der Melite, Steph. Byz.. s. Ὑλλεῖς. Schol. Soph. Trach. 54), Eponyme der Phyle der Hylleis und des illyrischen Stammes gleichen Namens; [2379] spätere Nachkommen der Herakleiden, z. B. die Ptolemaier, leiten durch Hyllos ihr Geschlecht von Dionysos und Herakles ab. Jüngere Söhne sind Glenos, Onites (Hodites, Ophites), Diod. IV 37, 1. Hyg. fab. 162. Schol. Soph. a. O. (Söhne der Megara, Schol. Pind. Isthm. IV 104. Hyg. fab. 32. Schol. Lyk. 38), und Ktesippos, Apollod. II 165. Schol. Soph. a. O. Bethe Qu. Diod. mythogr. 74. v. Wilamowitz Eurip. Herakles I 317. Endlich eine Tochter Makaria, nach Euripides Herakleiden, Paus. I 32, 6. Schol. Plat. Hipp. mai. 293 A (Duris von Samos).

Nach der Hochzeit geht D. mit Herakles in die Heimat (Argos, Tiryns). Am Flusse Euenos angekommen übergiebt der Held die Gattin dem Kentauren Nessos, damit er sie übersetze. Dieser aber will sich an D. vergreifen und wird auf ihre Hülferufe von Herakles durch einen Pfeil tötlich verwundet. Sterbend übergiebt er D. das mit Hydragift vom Pfeil des Herakles durchsetzte Blut als Liebeszaubermittel (κηλητήριον, φίλτρον). Sie bewahrt es in einem ehernen Gefäss. Soph. Track 555f. Ovid. met. IX 101f.; heroid. IX 141. 161. Sen. Herc. Oet. 500ff. Hyg. fab. 34. Schol. Il. II 527. Serv. Aen. VIII 300. Mythogr. Gr. Westerm. app. narr. XXVLII 8. Oder Herakles kommt an den Euenos, indem er wegen der beim Mahle (bei der Hochzeit, Tzetz.) begangenen Tötung des schenkenden Knaben (Kyathos, Eurynomos, Eunomos, Ennomos) nach Trachis flieht. In dieser Überlieferung ist gewöhnlich die Angabe enthalten, dass das (φίλτρον aus dem zur Erde gefallenen γόνος und dem Blute des Kentauren bestanden habe. Archilochos bei Dio Chrys. IX Schol. Apoll. Rhod. I 1212. Argum. Soph. Trach. Apollod. I 151. Diod. IV 36, 2. Tzetz. Lyk. 50. D. erhält das mit Blut getränkte Kleid des Nessos, Ovid. met. IX 132.

Sophokles (Trach. 38) motiviert die Übersiedlung des Herakles von Tiryns nach Trachis mit der Ermordung des Iphitos. Von Trachis aus besiegt Herakles die Dryoper am Parnass, oder vielmehr am Oita; die waffengeübte (Apollod. I 84) D. nimmt am Kampfe teil und wird an der Brust verwundet, Schol. Apoll. Rhod. I 1212 (Kallimachos ?). Nonn. Dion. XXXV 88f. Dibbelt Qu. Coae myth., Diss. Gryphisw. 1891, 48.

Nach Oichalias Fall kommt Iole, während Herakles noch das Dankopfer rüstet, mit den andern Gefangenen nach Trachis. D. in wilder Eifersucht entbrennend, bestreicht das Festgewand des Herakles mit dem ihr von Nessos gegebenen Liebeszauber und schickt dem Gatten das Kleid durch Lichas. Diod. IV 38, 1 lässt Herakles es durch Lichas holen. Doch wie es der Held anzieht, wird die Kraft des Giftes offenbar; die furchtbaren Schmerzen bringen ihn zum Entschluss der Selbstverbrennung. D., die ,Gutes sinnend Böses that‘, macht ihrem Leben selbst ein Ende, durch Erhängen (Apollod. Arg. Soph. Trach.), oder mit dem Schwerte, Soph. Trach. 371ff. Bakchyl. XV 23f. Apollod. II 157f. Hyg. fab. 35. 36. 243. Ovid. her. 9; met. IX 137f. Sen. Herc. Oet. 234ff. 569ff. Serv. und Tzetz. a. O. Dio Chrys. LX (rationalistisch). Zielinski Philol. LV 1896, 491ff. Das Grab der D. wurde in Herakleia am Oita und in Argos gezeigt, Paus. II 23, 5.

D. hat ihre Hauptbedeutung als Mutter des [2380] Hyllos und Ahnfrau der Hylleis, der vornehmsten dorischen Phyle. Ihr Name kennzeichnet sie als die ebenbürtige, heldenhafte Gattin des nationalen Heros. Die peloponnesische Sage aber, der D. von Hause aus angehört, lässt den Helden ganz anders enden; seine Selbstverbrennung und die ganze Motivierung durch Nessos List und D.s That muss also später und auf anderm Boden der alten Sage angefügt worden sein. Die Spuren sind noch deutlich genug. Acheloos ist der Herr der Wasser überhaupt, der Kampf mit ihm ist eine Parallele zum Kampfe mit Triton-Halios Geron. Und wie sich Herakles durch diesen Kampf den Weg zum Garten der Unsterblichen bahnt, so erringt er sich in jenem als Preis die Gattin, die Mutter seines Volkes: die irdische Unsterblichkeit. Wie die übrigen Athla wird auch der Kampf mit Acheloos ursprünglich in der Peloponnes localisiert gewesen sein, und zwar im westlichen Achaia, in Olenos (s. Nr. 2), in dessen Nähe der Acheloos-Pieros-Peiros fliesst, Strab. VIII 342. X 450. Die Übertragung der Sage nach Aitolien ist dadurch begründet, dass der dortige Acheloos der weitaus grösste Fluss dieses Namens, überhaupt der mächtigste Strom Griechenlands ist. Oineus hat in dieser Sage gar keine Bedeutung, und unter seinen Kindern nimmt D. von vornherein eine Ausnahmestellung ein. Auch dadurch wird die aitolische D. als secundär erwiesen.

Mit der Geburt des Hyllos wird die Sage von D. einst abgeschlossen haben. Dem entspricht das Grabmal in Argos. Schon frühe wurde aber die ebenfalls peloponnesische Kentaurensage hineinbezogen, d. h. das alte Motiv des die Braut raubenden lüsternen Kentauren, so in Olenos, vgl. die Vasenbilder. Ob der Kentaur überhaupt erst aus der Gestalt des Acheloos entstanden ist und eine Seite desselben darstellt, kann hier nicht erörtert werden. Erst durch Sophokles scheint die Sage von dem vergifteten Gewand eingeführt worden zu sein. Er hat damit D. wahrhaft menschliches Leben verliehen und sie zur Hauptfigur gemacht. Poetisch bedeutet dies eine Steigerung, religiös eine Degradation, v. Wilamowitz Eur. Herakl. I 319. 384.

Ob und in wie weit schon Kreophylos von Samos in ,Oichalias Fall‘ die Gestalt der D. berücksichtigt habe, ist nicht zu erkennen. Für uns sind die ersten Zeugen der D.-Sage Archilochos, Bakchylides (s. Nr. 2) und Sophokles, dessen Trachinerinnen für die ganze Folgezeit massgebend geworden sind. Den Besuch des Dionysos bei Althaia glaubte Welcker Nachtr. 299 in einem Satyrspiel behandelt, vgl. Eurip. Kykl. 38f. Ausserdem nimmt Robert (Preller-Robert Griech. Myth.⁴ I 666) eine unteritalische Komoedie gleichen Inhalts an, zu der das Vasenbild Gerhard Ges. Abh. I Taf. 21, 2 = Wiener Vorlegebl. B Taf. III 5 c eine Illustration giebt. Ein mimischer Tanz: Nessos und D., erwähnt bei Luc. salt. 50. Aspasia scherzhaft D. genannt bei Plut. Per. 44.

In den bildlichen Darstellungen des Achelooskampfes ist D. nur ausnahmsweise, und zwar gerade auf den ältesten Denkmälern mit dargestellt. So schon in der Statuengruppe des Dontas im Schatzhause der Megarer in Olympia, Paus. VI 19, 12. 14, dann auf dem hocharchaischen Skarabaeus, King Anc. gems Taf. 34, 3 [2381] und auf der sf. Vase Brit. Mus. 452 = Gaz. arch. I 1875 Taf. 20, nicht aber auf den übrigen sf. Vasenbildern, vgl. Lehnerdt Arch. Ztg. XLIII 1885, 105f., und ebensowenig am amyklaeischen Thron, Paus. III 18, 6. Möglicherweise auf diesen Kampf zu deuten und dann von Sophokles abhängig ist das Bild der tarentinischen Vase, Arch. Ztg. XLI 1883 Taf. 11; vgl. Lehnerdt a. O. 133. Furtwängler in Roschers Lex. d. Myth. I 2225, 57. Zu erwähnen ist noch das fingierte Gemälde Philostr. min. 4.

Den Kampf des Herakles mit dem mädchenraubenden Kentauren haben die Künstler nach der Sagenversion von Olenos (s. Nr. 2) dargestellt, die ja, wie wir sahen, überhaupt das Ursprüngliche ist, und das Schema für beide Abenteuer, das mit Nessos und das mit Eurytion, verwendet. Wo Beischriften fehlen, kann eine Entscheidung nicht getroffen werden; mit Unrecht glaubte man unterscheidende Merkmale gefunden zu haben (u. a. G. Körte Arch. Ztg. XXXVI 1878, 114f.). Die Überreichung des Philtron findet sich nie, das Wasser des Euenos ist nur auf einer einzigen, spät sf. Vase angedeutet, Arch. Ztg. XXVII 1869, 34. Das Mädchen sitzt auf dem Rücken des Kentauren oder steht daneben oder flieht; Herakles kämpft ausschliesslich mit Schwert oder Keule. Die Scene war dargestellt am amyklaeischen Thron, Paus. III 18, 12. Von inschriftlich gesicherten Monumenten seien genannt die sf. Vasen, Ant. Denkm. I 57 (Athen, Sammlung der Arch. Ges. nr. 81). Mon. d. Inst. VI 56, 4 (im Louvre). Sf. Vasen ohne Inschrift: Furtwängler Vasenkat. Berlin 1702. 1835. Gerhard A. V. Taf. 117/8. Ross Arch. Aufs. II Taf. 2. Roulez Choix de vases Taf. 8, 2. Rf. Vase (nicht Pinax) mit Inschrift Brit. Mus. 932 = Inghirami Vasi fitt. II 119 (nur Nessos und D.). Rf. Vasen ohne Inschrift: Stephani Vasenkat. St. Petersburg 1787 = Ant. du Bosph. Cim. 53; nr. 2016 = Compte rendu 1865 Taf. 4, 1. Furtwängler a. O. 2939. Schale des Erginos und Aristophanes Körte a. O. Auf dem Gefäss Heydemann Vasenkat. Neapel 3089 = Mus. Borb. V 5 heisst der Kentaur ,der Empfänger‘ (Dexamenos), vielleicht nach einer Dichterstelle (δεξάμενος δὲ . . .), vgl. Schol. Kall. h. in Del. 102. Die korinthisch-attische Hydria bei Helbig Sammlgn. Roms II 235 zeigt ausser der eigentlichen Scene noch vier zur Hülfe heransprengende Kentauren. Eine eigentümliche Version der Sage verrät das pompeianische Wandgemälde Helbig 1146 = Mus. Borb. VI 36: Nessos, von Liebe zu D. ergriffen, fleht auf den Knien den Herakles um die Gunst, D. übersetzen zu dürfen. Auf der sf. Vase, Brit. Mus. 920, empfängt Herakles das vergiftete Gewand. Die eine der zwei weiblichen Nebenfiguren mag D. sein.

Eine Scene aus dem früheren Leben der D., die Klage um den sterbenden Meleagros, zeigt die Prachtvase aus Armento, Heydemann a. O. S. A. 11 = Arch. Ztg. XXV 1867 Taf. 220/1. Der heimkehrende Herakles, von Oineus und D., die den kleinen Hyllos auf den Armen hält, empfangen, auf zwei sf. Vasen Gerhard A. V. Taf. 116 und Heydemann a. O. 3359 = Arch. Ztg. XXIV 1866, 260f. XXV Taf. 218.

Artemon malte Herakles und D., Plin. XXXV 139. Nach diesem Bilde ist vielleicht das pompeianische [2382] Wandgemälde Helbig 1150 geschaffen, wo sich der jugendliche Herakles mit Keule und Füllhorn D. nähert. Danach hat Robert eine Statue des Museums Chiaramonti auf D. gedeutet, Ann. d. Inst, LI 1879, 229f. Taf. M.
[Escher.]

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