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2) Aus Magnesia am Maeander, der Künstler des amyklaeischen Throns, von dem Paus. III 18, 6–19, 5 eine detaillierte, aber nicht in allen Punkten klare Beschreibung giebt. In dem eine Stunde südlich von Sparta auf dem Hügel der Hagia Kyriaki gelegenen Amyklaion, einer nach den dort von Tzuntas gemachten Funden in mykenische Zeit hinaufreichenden Kultstätte, verehrte man einen alten, nach der Schätzung bei Pausanias 30 Ellen (14,760 m. nach attischem, 13,320 m. nach griechisch-römischem Fuss) hohen Apolloncoloss, an dem nur der Kopf und die Extremitäten menschliche Formen hatten, während der [125] Rumpf mit einer ehernen Säule verglichen wird. Das Idol war behelmt und trug in seinen Händen Pfeil und Bogen, vgl. den Apollon auf der Ἐφημ. ἀρχ. 1883 πίν. 3 abgebildeten Vasenscherbe und über andere behelmte oder ganz bewaffnete Apollontypen Preller-Robert Griech. Myth. 274, 3; ob die spartanische Münze aus der Zeit des Antigonos Doson (P. Gardner Typ. of gr. coins pl. XV 28; vgl. Imhoof-Blumer und P. Gardner Journ. Hell. Stud. VII 1886 p. 63 nr. 9) dieses Kultbild darstellt, ist unsicher, da auch der Gedanke Furtwänglers (Roschers Myth. Lex. I 408) an die bewaffnete Aphrodite Urania manches für sich hat. Nach der angeführten Schilderung wird man sich das Idol als aus einem mit getriebenen Bronzeplatten überkleideten Holzkern bestehend zu denken haben; das Gesicht wurde im 6. Jhdt. vergoldet (Theopomp. bei Athen. VI 232 A. Paus. III 10, 8). Seinen Platz hatte das Bild über dem Grab des Hyakinthos, dessen altarartiger Aufsatz ihm als Basis diente. Über die Zeit der Errichtung lässt sich nur sagen, dass sie selbstverständlich später als die mykenische Periode, aber beträchtlich vor B. fallen muss, also etwa in das 7., vielleicht sogar das 8. Jhdt.: ἔργον δὲ οὐ Βαθυκλέους ἐστίν, ἀλλ' ἀρχαῖον καὶ οὐ σὺν τέχνῃ πεποιημένον Paus. Danach ist der Einfall, dass B. auch dies Kultbild gefertigt habe, entschieden abzuweisen. Diesem fiel vielmehr die Aufgabe zu, für das seit langem existierende Bild einen mächtigen, reich verzierten Thronsessel zu schaffen, auf dessen Sitzfläche das Idol aufgestellt wurde; als eigentlicher Träger aber fungierte nach wie vor der Hyakinthosaltar, der nun zugleich die Mittelstütze des im Grunde rein decorativen Sessels wurde. In ähnlicher Weise steht auf Münzen von Ainos eine grosse Herme auf dem Sitzbrett eines Sessels (P. Gardner Typ. of gr. coins pl. 12, 9). Eine weitere Analogie hat Furtwängler Meisterw. 691 in den auf Thon- oder Bronzesesseln stehenden kanoposartigen Idolen aus Gräbern von Chiusi (z. B. Museo italiano I t. 9. 12) aufgewiesen.

Versuche, an der Hand des Pausanias den Grundriss und Aufbau des Thrones zu reconstruieren, sind mehrfach gemacht worden: Quatremère de Quincy Jupiter Olympien 196ff. pl. 6. 7. Pyl Arch. Zeit. 1852, 465 Taf. 48 (widerlegt von Bötticher ebd. 1853, 137ff.). Ruhl ebd. 1854, 257 Taf. 70. Klein Arch.-ep. Mitt. IX 1885, 145 (widerlegt von E. Pernice Arch. Jahrb. III 1888, 369ff. und Overbeck Ber. Sächs. Gesellsch. 1892, 10). Murray Greek sculpt. I 90ff. Furtwängler a. O. 689ff. Eine sichere Grundlage für solche Versuche haben aber erst die 1891 durch Tzuntas an der durch gleichzeitig gemachte Inschriftfunde gesicherten Stelle des Amyklaions aufgedeckten Fundamente gegeben, die Furtwängler für seine Reconstruction bereits verwerten konnte. Gefunden wurden Reste einer äusseren hufeisenförmigen und einer inneren im Viereck laufenden Mauer, zwischen denen die alte Pflasterung noch zum Teil erhalten ist. Während nun Furtwängler in der äusseren runden Mauer das Fundament des Hyakinthosaltars sehen möchte, dessen ursprünglich vollkommen elliptischer Grundriss bei Aufstellung des Idols an der Vorderseite gerade abgeschnitten worden sei, spricht der ganze [126] Thatbestand, vornehmlich die zwischen den Mauern constatierte Pflasterung, unzweifelhaft mehr für die Annahme von Tzuntas, nach der wir in der hufeisenförmigen, 0,70–0,75 starken Mauer das Fundament des Thrones, in der innern das des Altars zu erkennen haben. Denn ein viereckiger Grundriss des Thrones geht keineswegs, wie behauptet worden ist, aus den Worten des Pausanias mit Notwendigkeit hervor. Da nun die rundgeschnittenen, ca. 0,25 dicken Marmorplatten, die Τzuntas teils in die nahegelegenen Kirche Agia Kyriaki vermauert, teils als Deckplatten byzantinischer Gräber verwandt gefunden hat, von ihm mit grosser Wahrscheinlichkeit zu der hufeisenförmigen Mauer in Beziehung gesetzt werden, so scheint auch die Frage nach dem Material des Thrones, über das Pausanias keinen Aufschluss giebt, nunmehr endgültig gelöst. Es war nicht, wie die neueren Besprechungen auf Grund zahlreicher Analogien gerade aus der archaischen Kunst nicht ohne Wahrscheinlichkeit angenommen hatten, ein Holzbau mit Metallincrustation, sondern, wie bereits Ruhl und Murray erkannt haben, ein mit Marmorplatten bekleideter Steinbau, und so wird man sich auch die in grosser Anzahl angebrachten Reliefs als Marmorarbeiten zu denken haben, wofür die Spalliera Boncompagni (Ant. Denkm. II Taf. 6. 7. Helbig Führer nr. 886) und das doch am wahrscheinlichsten als Sessellehne zu verstehende samothrakische Relief die nächsten Analogien bieten. Insofern enthält die bisherige Annahme allerdings etwas Richtiges, als diese Marmorsessel gewiss in derselben Weise auf incrustierte Holzsessel zurückgehen, wie die sculpierten Marmorsäulen auf Holzsäulen mit Metallbekleidung, woran die Erinnerung in ihren Namen columnae caelatae d. i. κίονες τορευτοί fortlebt.

Sowohl an der Vorder- als an der Rückseite stützten zwei Horen und zwei Chariten den Thron: ἀνέχουσιν ἔμπροσθεν αὐτόν, κατὰ ταὐτὰ δὲ καὶ ὀπίσω Χάριτές τε δύο καὶ Ὧραι δύο. Der allerdings wenig präcise Ausdruck nötigt keineswegs zu dem von Quatremère de Quincy, Schubart, Murray und Furtwängler gezogenen Schluss, dass im ganzen acht Stützfiguren, vorn sowohl als hinten je zwei Horen und je zwei Chariten, angebracht gewesen seien, so wenig es jemandem einfallen wird, aus den später folgenden Worten III 18, 14 τοῦ θρόνου δὲ πρὸς τοῖς ἄνω πέρασιν ἐφ' ἵππων ἐκατέρωθέν εἰσiv oἱ Τυνδάρεω παῖδες eine zweimalige Darstellung der beiden Dioskuren zu entnehmen. Für die Beschränkung auf vier Stützfiguren spricht die Erwägung, dass zu der mythischen Deutung der doch gewiss, wie auch Furtwängler zugiebt, rein decorativen Frauengestalten, die man nach Analogie der sog. Karyatiden vom Erechtheion am richtigsten als κόραι bezeichnen wird, die gerade in Amyklai in der Zweizahl verehrten Chariten (Paus. III 19, 6. IX 35, 2) den Anlass gegeben zu haben scheinen, während von vier Chariten weder Pausanias noch das Altertum überhaupt etwas weiss. Als weitere Stützfiguren haben Klein und Furtwängler den Typhon und die Echidna, du Pausanias als links, und die Tritonen, die er als rechts stehend bezeichnet, erkannt. Auch hier liegt der Verdacht willkürlich mythologischer Deutung vor, da eine Mehrheit von Tritonen in so [127] früher Zeit kaum denkbar ist, s. Furtwängler Bronzefunde aus Olympia (Abh. Akad. Berl. 1879) 99, aber eine probable Deutung dieser Schlangen- und Fischfüssler wird sich nur auf Grund neuer Funde geben lassen. Auch die Verteilung dieser beiden Classen von Stützfiguren macht Schwierigkeit, doch liegt es, da wir zu der Annahme weiterer unfigürlicher Stützen durch nichts berechtigt sind, am nächsten, die vier Mädchen mit den vier Ecken des Hyakinthosaltars correspondieren zu lassen, zumal an der Vorderseite der grossen Spannung wegen Mittelstützen, wie sie ähnlich auch Furtwängler annimmt, kaum zu entbehren waren. Als Eckstützen fungierten dann die Mischgestalten, die so in der That rechts und links von den weiblichen Trägern, sowohl den vordern als den hintern, zu stehen kommen. Ob die Echidna und der Typhon einer-, die Tritonen andererseits paarweise verbunden die Eckstützen bildeten, oder ob nur eine dieser Figuren als Eckstütze, die andere als seitliche Mittelstütze diente, muss dahingestellt bleiben; doch erscheint letzteres von vornherein als das wahrscheinlichere. Wenn also später Pausanias die Beschreibung der auf der Innenseite des Thrones angebrachten Reliefs ,νοn den Tritonen an' beginnt, so heisst das so viel, wie von der rechten Seite. Da man unter den Thron, d. h. unter die Sitz- oder richtiger Standfläche des Idols hinuntertreten konnte, so müssen die genannten acht Stützfiguren mindestens lebensgross gewesen sein.

Wenn ferner die Standfläche, wie die sie vorbereitende Form des Fundaments erkennen lässt, an der Hinterseite abgerundet war, so kann auch die nach Furtwänglers richtiger Bemerkung an Höhe gewiss weit hinter dem Kultbild zurückbleibende Lehne nicht die gerade Form gehabt haben, die ihr alle bisherigen Reconstructionsversuche, auch der Furtwänglersche, gaben. Man wird sie sich rund und nach den Vorderecken zu abfallend zu denken haben, wie bei den oben erwähnten Grabsesseln aus Chiusi und einigen Marmorsesseln römischer Zeit. An ihrer höchsten Stelle, also im Rücken des Idols waren tanzende Männerfiguren angebracht, die Pausanias ebenso willkürlich wie sicher unrichtig für die Mitarbeiter des B. erklärt (ἀνωτάτω δὲ χορὸς ἐπὶ τῷ θρóνῳ πεποίηται Μάγνητες οἱ συνειργασμένοι Βαθυκλεῖ τὸν θρóνον). Es war ein in Marmor verewigter Reigen zu Ehren des Gottes, mit denen sich die tanzenden Bronzefiguren aus Olympia (Bronzen von Olympia Taf. XVI 263) und der dem Daidalos zugeschriebene Reigen zu Ehren der Ariadne vergleichen lassen. Wenn über den Platz dieser tanzenden Figuren im allgemeinen Einigkeit herrscht, so gehen die Ansichten über den der vorher von Pausanias erwähnten Dioskuren um so weiter auseinander. Sie befanden sich nach ihm πρὸς τοῖς ἄνω πέρασιν, unter ihren Pferden waren Sphinxe und nach oben laufende Bestien, auf der einen Seite ein Panther, auf der andern eine Löwin, angebracht (καὶ σφίγγες τέ εἰσιν ὑπὸ τοῖς ἵπποις καὶ θηρία ἄνω θέοντα, τῇ μὲν πάρδαλις, κατὰ δὲ τὸν Πολυδεύκην λέαινα). Furtwänglers Anordnung, die Sphinxe auf den oberen Ecken, die Dioskuren und die Bestien auf den überstehenden Enden zweier Querbalken der nach dem Muster archaischer Terracottasessel entworfenen Rücklehne, [128] erweist sich, selbst wenn man die rechteckige Form der Lehne zulassen wollte, wegen des Widerspruchs, in den sie sich zu der Beschreibung des Pausanias setzt, als unmöglich; denn nach dieser hatten nicht nur die Sphinxe, sondern auch die Bestien ihre Stelle unter den Pferden der Dioskuren. Und lässt man, um den Widerspruch zu lösen, Dioskuren und Bestien die Plätze tauschen, so bleibt doch immer noch das Bedenken, dass bei solch grossem Abstand der Figuren, wie ihn Furtwänglers Entwurf zeigt, die Wahl des Ausdruckes ὑπὸ τοῖς ἵπποις statt ὑπ` αὐτοῖς, nämlich den Dioskuren, völlig unbegreiflich wäre. Dieser zeigt vielmehr, dass Sphinxe und Bestien unmittelbar unter den Pferden zu denken sind. Endlich wäre auch die Bezeichnung der Stelle der tanzenden Männer als ἀνωτάτω höchst unpassend, wenn sie, wie bei Furtwängler, auf demselben Niveau mit den Bestien gestanden hätten. Hingegen ist die von Furtwängler aus dem Ausdruck πρὸς τοῖς ἄνω πέρασιν gezogene Folgerung, dass die Dioskuren und die von ihnen untrennbaren Sphinxe und Bestien im Relief gebildet waren, von grosser Bedeutung; sie wird bestätigt durch das mit Sicherheit zu erschliessende Vorhandensein von Beischriften, ohne die Pausanias doch unmöglich hätte wissen können, welcher der beiden Reiter Polydeukes sein sollte. Als geeignetster Platz für diese Reliefcomposition mit unverkennbar in die Höhe strebender Tendenz stellen sich die Aussenseiten der runden, nach den Vorderecken der Sitzfläche vermutlich ausgeschweiften Lehne dar. Hier mögen zu unterst die Bestien, auf den Hintertatzen aufgerichtet und von dem unteren Winkel gleichsam nach oben laufend, so dass der unbequeme Raum aufs glücklichste ausgefüllt wurde, dann in halber Höhe die gelagerten Sphinxe, endlich ganz oben (πρὸς τοῖς ἄνω πέρασιν) die reitenden Dioskuren angebracht gewesen sein. Grosse Verhältnisse waren für alle diese Figuren durch die Höhe der Anbringung geboten. Die Innenseite der Lehne bedurfte, da die Rückwand durch das Idol verdeckt wurde und die Seitenwände gerade auf den Beschauer zuliefen, keinen plastischen Schmuck. Schon Murray setzt daher diese Darstellungen aussen an der Lehne, jedoch auf deren Rückseite an.

Auch über den Platz der an dem Thron in grosser Anzahl angebrachten Reliefs ist die Meinungsverschiedenheit gross. Pausanias zählt sie in zwei Serien auf, von denen die zweite nach seiner Angabe nur betrachtet werden konnte, wenn man in das Innere des Thrones hineintrat. Sie kann also nur an der Innenseite unterhalb der Standfläche angebracht gewesen sein. Hingegen war die erstere grössere Serie von aussen sichtbar. Pausanias erwähnt sie nach den Stützfiguren, aber vor den Reliefs an der Lehne. Die älteren Reconstructionen verteilen diese Reliefs auf die vorausgesetzten pfostenartigen Beine und deren Querriegel, auf die Stirnseiten des Sitzbrettes, auf die Seitenpfosten der Lehne, Murray setzt sie auf die beiden Seiten der Marmorwände, die bei ihm die Seiten- und Rücklehne stützen, Klein ordnet sie auf der Innen- und Aussenseite der Rück- und Seitenlehne streifenförmig an, Furtwängler endlich bringt die grössere Serie felderartig verteilt in drei Reihen auf der Innenseite der nach ihm einzig vorhandenen [129] Rücklehne, die kleinere auf supponierten Querriegeln unter. Der Frage, wie bei einer so hohen Anbringung der grösseren Gruppe die Relieffiguren überhaupt noch kenntlich sein konnten, begegnet Furtwängler durch die Annahme, dass aus dem Innern des Thronbaues ein Zugang auf die Standfläche geführt habe und dass von diesem Platze aus auch die bei Pausanias vorliegende Beschreibung aufgenommen worden sei. Er sowohl wie Klein gehen bei ihrer Reconstruction davon aus, dass es sich um Bronzereliefs handle, eine Voraussetzung, die durch den Τzuntasschen Fund hinfällig geworden ist. Da nun auch die Annahme von Querriegeln zwischen figürlichen Stützen nicht allzu viel für sich hat, so bleiben für die im Innern angebrachten Reliefs nur die Schwingen der Standfläche übrig, die bei einem solchen Marmorbau doch wohl die Form eines ionischen Gebälkes gehabt haben werden. Man wird sich also die Reliefs friesartig geordnet zu denken haben, sei es dass dieser Fries unmittelbar auf den Köpfen der Stützfiguren ruhte oder dass, was wohl wahrscheinlicher ist, ein Architrav zwischengeschoben war. In der ersten grösseren Serie hat man somit die auf der Aussenseite des Frieses angebrachten Reliefs zu erkennen. Aber während dieser äussere Fries vermutlich um den ganzen Thron herumlief, scheint der innere nur bis zu den seitlichen Stützfiguren gereicht zu haben, denn von diesen — ἀπὸ τῶν Τριτώνων — hebt die Beschreibung an. Das erklärt sich ohne Schwierigkeit durch einen Blick auf die erhaltenen Fundamentreste; denn die hinteren Ecken des Altars liegen der Rundung des Thrones so nahe, dass man den Zwischenraum schwerlich betreten konnte. Auch versteht man auf diese Weise, warum Pausanias vom äusseren Fries fast doppelt so viel Scenen aufzählen kann, als vom inneren.

Die Scenen des äusseren Frieses waren: 1) Zeus und Poseidon entführen die Töchter des Atlas, der die Scene abschloss (so richtig Brunn und Furtwängler, während Klein die Figur des Atlas als besondere Scene abtrennen will). 2) Herakles kämpft mit Kyknos. 3) Herakles im Kentaurenkampf (ἡ παρὰ Φόλῳ τῶν Κενταύρων μάχη; die beabsichtigte Antithese zu der μονομαχία πρὸς Κύκνον widerlegt die Annahme Furtwänglers, der mit Berufung auf Schubarts unnötige Änderung τῷ Κενταύρῳ die Scene dargestellt glaubt, wie Pholos das den Kentauren gemeinsam gehörige Fass in Gegenwart des Herakles öffnet). 4) Theseus führt den gefesselten Minotauros mit sich fort. Nach Dümmler Arch. Jahrb. II 1887, 22 hätte Pausanias ein altertümliches Schema des Minotauroskampfes missverstanden. Eher möchte man an eine Darstellung des Vorgangs wie auf der Schale des Aison (Ant. Denkm. II 1) denken. Dass derselbe Mythos auf dem inneren Fries wiederkehrt, berechtigt uns nicht, an der Deutung zu zweifeln, da dort auch Herakles im Kentaurenkampf wiederholt wird. Den marathonischen Stier, an den Stephani, Klein und Furtwängler denken, würde Pausanias schwerlich mit dem Minotauros verwechselt haben. 5) Die Phaiaken tanzen zum Gesang des Demodokos (ohne Grund nimmt Klein an, dass Pausanias den Reigentanz des Theseus und der athenischen Kinder in dieser Weise missverstanden habe). 6) Perseus tötet die [130] Medusa. 7) Herakles kämpft mit dem Giganten Thurios, Tyndareos mit Eurytos. Herakles allein ohne Zeus und Athene einen einzelnen Giganten bekämpfend ist in der antiken Kunst ohne Beispiel; denn mit den Alkyoneusdarstellungen hat es seine besondere Bewandnis (s. Herm. XIX 973ff.). Ein Gigant Thurios ist anderweitig nicht bezeugt. Der Wortlaut παρέντι δὲ ῾Ηρακλέους μάχην πρὸς Θούριον τῶν γιγάντων καὶ Τυνδάρεω πρὸς Εὔρυτον lässt nach dem Sprachgebrauch des Pausanias nur die Auffassung zu, dass auch Eurytos zu den Giganten gerechnet wird, unter denen er ja öfter z. B. bei Apollod. I 6, 2, 2 genannt wird, und dass also, allerdings seltsam genug, auch Tyndareos als Mitkämpfer gegen die Giganten angenommen ist. Da aber Eurytos hier zweifellos der bei Alkman frg. 23, 10. Apollod. III 10, 5 u. ö. erwähnte Sohn des Hippokoon ist, so wird man auch in Thurios einen der Hippokoontiden oder Deritiden zu erkennen haben, dessen Name uns zufällig sonst nicht überliefert ist. In Wahrheit stellte also die Scene den Kampf des Herakles und Tyndareos mit den Hippokoontiden dar; s. auch Diels Herm. XXXI 341ff. 8) Raub der Leukippiden. 9) Hermes trägt das Dionysoskind in den Olymp (richtig bemerkt Brunn, dass er es vielmehr zu den Nymphen trägt). 10) Herakles wird von Athena in den Olymp geführt (dass sich dieselbe Scene auf dem Hyakinthosaltar wiederholt, ist wiederum kein Grund, an der Richtigkeit der Deutung zu zweifeln und an eine auf die Figuren des Herakles und der Athena beschränkte mythische Genrescene zu denken, wie Furtwängler thut). 11) Peleus bringt den Achill zu Chiron. 12) Eos raubt den Kephalos. 13) Die Götter bringen zur Hochzeit der Harmonia Geschenke. 14) Achilleus kämpft mit Memnon. 15) Herakles bestraft den Diomedes (mit Recht denkt Furtwängler an die auf griechischen Skarabaeen dargestellte Scene, wie Diomedes seinen eigenen Rossen zum Frass vorgeworfen wird; ein Zweikampf zwischen Herakles und Diomedes ist weder litterarisch noch bildlich bezeugt). 16) Herakles tötet den Nessos. 17) Hermes führt die drei Göttinnen zu Paris. 18) Adrast und Tydeus trennen Amphiaraos und Lykurg (nach dem schlagenden Nachweis von Overbeck Her. Gall. 114 und Stephani Par. arch. VI 159f. sind hier die Beischriften Amphiaraos und Tydeus auf die falschen Figuren bezogen: Tydeus und Lykurg waren die Streitenden, die von Amphiaraos und Adrast getrennt wurden). 19) Hera auf die kuhgestaltete Io blickend. 20) Athena vor Hephaistos fliehend. Es befremdet einigermassen diesen in Athen erst in der zweiten Hälfte des 5. Jhdts. auftauchenden Mythos (s. Preller-Robert 198, 2. Robert Marathonschlacht 75) schon auf einem so alten Bildwerk zu finden, und man möchte daher am liebsten annehmen, dass Pausanias die Situation missverstanden habe. Aber immerhin ist die Existenz einer älteren ionischen Sage von einer Werbung des Hephaistos um Athena, aus der dann jene attische Sage sich entwickelt haben würde, wohl möglich. Nur ist natürlich bei der Scene am amyklaeischen Throne jeder Gedanke an die Erzeugung des Erichthonios fernzuhalten. 21) Herakles tötet die Hydra. 22) Herakles holt den Kerberos herauf. 23) Die Söhne der Dioskuren, Anaxias und Mnasinoos, [131] zu Ross und ihr Vetter Nikostratos, der Sohn der Helena, mit seinem Stiefbruder Megapenthes, beide auf demselben Pferd. Kleins Gedanke, dass letztere Angabe auf einem Sehfehler des Pausanias beruhen könne, ist nicht so ohne weiteres abzuweisen, wie es von Furtwängler geschieht, zumal wenn man sich vergegenwärtigt, dass sehr wohl ein Wettrennen dieser vier Heroenknaben dargestellt gewesen sein kann. Dass zwei Reiter auf demselben Pferd auch sonst in der griechischen Kunst nachweisbar sind (Marx Arch. Zeit. 1885, 271), ist kein triftiger Gegengrund. 24) Bellerophon tötet die Chimaira. 25) Herakles entführt die Rinder des Geryoneus. Statt dieser 25 Scenen zählen Brunn und Furtwängler 27, indem sie die 7. und 23. in zwei zerlegen, Klein 28, indem er ausserdem noch in der ersten den Atlas abtrennt. Eine bestimmte formelle Responsion glaubte Brunn herstellen zu können, indem er innerhalb seiner 27 Scenen grössere und kleinere zu unterscheiden suchte und auf diese Weise drei neungliedrige Gruppen erhielt, in denen jedesmal eine figurenreiche Darstellung in die Mitte und an die Ecken zu stehen kommt (Kunst bei Homer 22ff.; Kunstgeschichte 178ff.). Furtwängler, der ihm hierin folgt, ordnet diese drei Gruppen reihenförmig auf der Rücklehne an. Einem solchen Versuch stellt sich von vornherein das Bedenken entgegen, dass Pausanias, wenn er auch wahrscheinlich die Scenen vollständig aufzählt, doch in der Angabe der Figuren, wie die einleitenden Worte ὡς δὲ δηλῶσαι συλλαβόντι lehren, durchaus keine Vollständigkeit anstrebt. Es ist daher keineswegs gesagt, dass scheinbar kleine Scenen, wie 2. 4. 5. 6. 9. 12. 16. 19. 24 wirklich nur aus den beiden Figuren bestanden haben, die Pausanias als die für die Deutung massgebenden allein erwähnt. Vielmehr kann in allen diesen Fällen der Kern des Typus durch eine Reihe anderer Figuren erweitert gewesen sein, z. Β. die Kyknosscene durch die Wagen der Kämpfer und die Gestalt des Zeus, der Minotauroskampf durch Ariadne und die athenischen Kinder, die Tötung der Medusa durch die fliehenden Gorgonen und die göttlichen Begleiter Hermes und Athena, der Raub des Kephalos durch seine Eltern und Gespielen u. s. w. Sieht sich doch Furtwängler selbst genötigt, der vorausgesetzten Responsion zu Liebe in 9. 19. 22 Figuren einzusetzen, von denen Pausanias nichts sagt, wie er andererseits um desselben Princips willen anscheinend ausgedehnte Compositionen wie 3 und 10 unter Annahme eines Missverständnisses der Beschreibung auf zwei Figuren beschränken muss. Wenn aber diese beiden Möglichkeiten zugegeben werden, kann das ganze Princip auf Probabilität kaum noch Anspruch erheben. Nur in einem Falle bei der ersten und achten (nach Brunn und Furtwängler neunten) Scene, dem Raub der Atlantiden und dem der Leukippiden, scheint die Responsion klar zu Tage zu liegen. Man wird daraus vielleicht folgern dürfen, dass diese Darstellungen an den Ecken der Vorderseite angebracht waren, so dass auf den geraden Teil des Frieses 8, auf den halbkreisförmigen 17 Scenen kamen.

Die bei der siebenten und achtzehnten Scene constatierten Missverständnisse zeigen zur Evidenz, dass die Figuren mit Beischriften versehen waren. [132] Dadurch ist für die Annahme von Irrtümern eine feste Schranke gezogen. Die Situation kann missverstanden sein, aber die überlieferte Benennung der Figuren muss, von den genannten Fällen abgesehen, für gesichert gelten.

Was den Stoff der Darstellungen angeht, so ist Herakles nicht weniger als neunmal vertreten darunter viermal mit Thaten, die später in den Dodekathlos aufgenommen wurden. Vier weitere Scenen, die arkadische Kentauromachie, Nessos, Kyknos und die Einführung in den Olymp (vgl. Journ. Hell. Stud. 1884 pl. 41; dann von der rotfig. Vasenmalerei übernommen, Sosiasschale und die gegenständlich mit ihr zusammengehörige Vasengruppe) gehören zum festen Typenbestand der archaischen Kunst, während die neunte, der Kampf mit den Hippokoontiden, offenbar aus localer Rücksicht neu geschaffen ist. Denselben localen Charakter tragen die Scenen 1. 8. 23: Raub der Atlantiden und Leukippiden und die Söhne der Dioskuren und des Menelaos. Von den übrigen Scenen enthalten neun mehr oder weniger typische Darstellungen aus der Götter- und Heldensage, darunter drei aus dem troischen Kreis (11. 14. 17). Alte Typen in neuer Verwendung scheinen zweimal vorzuliegen, beim Chortanz der Phaiaken (5), der wohl in der That aus dem Reigen der athenischen Kinder auf Delos, den Klein statt seiner einsetzen will entwickelt war, und bei der Hochzeit der Harmonia (13), die in dem gleichen Verhältnis zu dem auf den Vasen des Klitias und Sophilos vorliegenden Schema der Thetishochzeit gestanden haben wird. Vielleicht war dasselbe bei der Streitscene zwischen Tydeus und Lykurg der Fall, die man, einen Gedanken von Jahn (Ber. Sächs. Gesellsch. 1853, 21ff.) etwas modificierend, aus dem Typus des Streits zwischen Aias und Odysseus (s. Robert Bild und Lied 213ff.) ableiten könnte. Ganz singulär ist endlich 20 Athena und Hephaistos.

Der innere Fries enthielt 14 Scenen: 1) Die kalydonische Jagd. 2) Herakles im Kampf mit den Aktorionen. 3) Die Boreaden verfolgen die Harpyien. 4) Theseus und Perithoos rauben die Helena. 5) Herakles und der Löwe. 6) Apollon und Artemis töten den Tityos. 7) Herakles im Kampf mit dem Kentauren Oreios. 8) Theseus und Minotauros. 9) Herakles und Acheloos. 10) Hera von Hephaistos gefesselt (doch wohl ihre Lösung oder vielmehr die Vorbereitung dazu, also die Rückkehr des Hephaistos in den Olymp, wie auf der Françoisvase). 11) Die Leichenspiele des Pelias. 12) Menelaos ringt mit Proteus (auch hier nimmt Klein ohne Grund an, dass Pausanias eine Darstellung von Herakles Ringkampf mit dem Halios Geron in dieser Weise missverstanden habe). 13) Admet schirrt Löwen und Eber an seinen Hochzeitswagen. 14) Die Troer bringen dem Hektor Totenspenden, οἱ Τρῶες ἐπιφέροντες χοὰς Ἕκτορι. Nach Klein und Furtwängler vielmehr Hektors Lösung; die von den Begleitern des Priamos als Lösegeld getragenen Gefässe habe Pausanias fälschlich für Behältnisse von Grabesspenden gehalten. Die Annahme ist möglich, aber nicht zwingend; denn sehr gut konnte wie auf dem homerischen Becher D (50 Berl. Winckelmannsprogr. 26) der τάφος Ἕκτορος dargestellt gewesen sein, auch wenn das Epos eine solche Scene nicht kennt.

Von diesen vierzehn Scenen haben wieder zwei [133] einen ausgesprochen localen Charakter, der Raub der Helena und der Ringkampf des Menelaos mit Proteus. Da sie an vierter und zwölfter Stelle erscheinen, lässt sich die Frage aufwerfen, ob diese auf einheimische Heroen bezüglichen Darstellungen nicht wieder die Enden der Vorderseite einnahmen. Diese hätte dann neun Scenen enthalten, während rechts über den sog. Tritonen deren drei, links über den Schlangenfüsslern zwei angebracht gewesen wären. Der Ringkampf des Menelaos wird wohl – insoweit mag wieder Klein Recht haben – in der That nach dem Schema des mit dem Meergreis ringenden Herakles gebildet gewesen sein. Auf Herakles kommen wieder vier Scenen, darunter eine aus dem Dodekathlos. Singulär ist der Kampf mit den Aktorionen, falls nicht die öfters auf schwarzfigurigen Vasen begegnende meist als Gigantomachie gedeutete Darstellung des mit zwei Hopliten kämpfenden Herakles sich eben auf diesen Mythos bezieht. Von den übrigen 8 Scenen gehören 6 zum archaischen Typenbestand, während die beiden letzten, Admet mit seinem wunderbaren Gespann und die Grabesspende für Hektor, sich bis jetzt auf ältern griechischen Kunstwerken noch nicht gefunden haben. Auffallend ist, dass unter sämtlichen 39 Scenen nur eine, der Kampf mit Tityos oder, wenn man die Admetscene hinzurechnen darf, zwei eine directe Beziehung zu Apollon haben.

Licht empfingen die Reliefs des inneren Frieses sowie der Hyakinthosaltar und der ganze Raum unterhalb des Throns nicht nur von der Seite, sondern auch von oben durch die zwischen den Marmorplatten der Standfläche gelassenen Zwischenräume. Denn der Teil des Thrones, auf dem, wie Pausanias es ausdrückt, der Gott sich hätte niedersetzen können, bildete keine ununterbrochene Fläche, sondern bestand aus einer Anzahl Marmorbalken, die wie die Ruderbänke eines Schiffes oder die Sparren eines Daches in bestimmten Abständen gelegt waren. Zwischen den beiden mittelsten war der Abstand grösser und hier war die Basis des Bildes so eingelassen, dass sie auf der Oberfläche des Altars aufsass (τοῦ θρόνου δὲ ᾗ καθίζοιτο ἂν ὁ θεὸς οὐ διὰ παντὸς κατὰ τοῦτο συνεχοῦς ὄντος, ἀλλὰ καθέδρας παρεχομένου πλείονας, παρὰ δὲ καθέδραν ἑκάστην λειπομένης καὶ εὐρυχωρίας, τὸ μέσον ἐστὶν εὐρυχωρὲς μάλιστα καὶ τὸ ἄγαλμa ἐνταῦθα ἐνέστηκεν). Die Zeichnung bei Furtwängler giebt von diesem Arrangement, abgesehen von der viel zu gross angenommenen Breite, ein im wesentlichen gewiss richtiges Bild. Nur entbehrt die im Text vorgetragene Annahme, dass diese Zwischenräume (εὐρυχωρίαι) vertiefte sitzartige Flächen gewesen seien, in denen man an hohen Festtagen noch andere Götteridole aufgestellt hatte, sowohl der Begründung als der innern Wahrscheinlichkeit; sie scheint auf einer falschen Abfassung des Ausdrucks καθέδραι zu beruhen, die um so weniger gerechtfertigt ist, als auch bei Furtwängler diese Balken eher alles andere als Sitzbänke sind.

Das Idol schaute, wie die Orientierung des hufeisenförmigen Fundaments lehrt, nach Nordosten. Die linke Seite des Altars, in der sich nach Pausanias eine eherne Thür befand, durch welche die dem Hyakinthos bestimmten Totenspenden in die Gruft gelangten, war also die östliche, [134] und damit steht im Einklang, dass Tzuntas südöstlich von dem Thronfundament Spuren von Brandopfern und Reste von Weihgeschenken gefunden hat. Hier im Osten wurden also dem Apollon die Opfer gebracht, denen die Spende an Hyakinthos vorausging. Dass man durch jene Thür in das Innere des Altars hineingehen konnte, wird vielfach angenommen und ist sehr gut denkbar, folgt aber aus den Worten des Pausanias ἐς τοῦτον Ὑακίνθῳ τὸν βωμὸν διὰ θύρας χαλκῆς ἐναγίζουσιν keineswegs mit Notwendigkeit. Die Grösse der Thüre ist somit ganz unsicher, und so muss es auch unentschieden bleiben, inwieweit sie in den Reliefschmuck eingriff.

Dass die Reliefs des Hyakinthosaltars gleichfalls von B. herrührten, sagt zwar Pausanias nicht ausdrücklich, da sie aber sicherlich aus späterer Zeit stammen als das Idol, und die Herstellung des Thrones den Hyakinthosaltar keinesfalls ganz unberührt lassen konnte, so hat die von Klein und Furtwängler vertretene Zuteilung an B. manches für sich. Aus den Angaben des Pausanias Genaueres über die Abgrenzung und Bedeutung der Scenen zu ermitteln, haben Trendelenburg Bull. d. Inst. 1871, 124 und an ihn anknüpfend Klein und Furtwängler versucht. Die Annahme der beiden letzteren, dass sich der Reliefschmuck auf die Vorder- und die beiden Nebenseiten beschränkte, wird auch durch den von Τzuntas aufgedeckten Grundriss empfohlen. Überdies scheint eine Scheidung in drei Scenen bei Pausanias selbst angedeutet zu sein. Auch der Gegenstand dieser Scenen ist im allgemeinen klar: 1) Einführung des Dionysos, seiner Mutter Semele und seiner Pflegmutter Ino in den Olymp oder correcter und der mythologischen Anschauung entsprechender: Einführung der Semele und Ino durch Dionysos. 2) Einführung des Hyakinthos und seiner Schwester Polyboia. 3) Einführung des Herakles. Fest steht auch, dass zur ersten Scene Iris oder, wie Pausanias auf Grund der dialektischen Beischrift sagt, Biris, Poseidon, Amphitrite, Zeus im Gespräch mit Hermes, Dionysos, Semele und Ino, zur zweiten die Moiren und Horen, Aphrodite, Athena und Artemis, Hyakinthos und Polyboia, zur dritten Herakles und Athena, die Thestiaden, Musen und Horen und eine Anzahl von Pausanias nicht namhaft gemachter Götter gehörten. Allein zweifelhaft ist, ob die Gruppe Demeter, Kore und Pluton zur ersten oder zur zweiten Scene gehört, da die Annahme, dass mit der zweimal wiederkehrenden Formel πεποίηται δὲ ἐπὶ τοῦ βωμοῦ καὶ zu einer andern Seite des Altars übergangen werde, so nahe sie zu liegen scheint, doch mit Rücksicht auf den Sprachgebrauch des Pausanias keineswegs für sicher gelten kann. Zur ersten Scene gezogen würde sie einen guten Abschluss geben und den Ort bezeichnen, von wo Semele und Ino weggeführt werden; an den Anfang der zweiten Scene gestellt würde sie bewirken, dass der Zug der zweiten Scene in anderer Richtung dargestellt werden musste als der der ersten, obgleich beide dasselbe Ziel haben. Da ferner dieses, der Olymp, nur auf der einen Seite durch Zeus und seine Umgebung angedeutet ist, würde man wünschen, alle drei Scenen zu einer Einheit zusammenfassen zu können, wie dies Klein versucht. Allein ein solcher Versuch scheitert an dem Umstand, dass [135] ausser den Horen Athena sowohl für die zweite als die dritte Seite bezeugt ist, und so gern man in der Hyakinthosscene statt ihrer Apollon einsetzen möchte, dessen Fehlen bei diesem Vorgang kaum zu begreifen ist, so verbietet sich dieses doch durch die aus der Namensform Biris mit Sicherheit anzunehmende Thatsache, dass die Figuren mit Beischriften versehen waren. Aus demselben Grunde ist es unzulässig, die zweimal vorkommenden Horen das eine mal durch die Chariten zu ersetzen. Noch weniger aber geht es an, sie mit Siebelis das einemal dadurch zu eliminieren, dass man das Wort an der zweiten Stelle als verkehrte Wiederholung aus der ersten streicht (Μοῖραί τε καὶ Ὧραι – Μοῦσαί τε καὶ Ὧραι); denn einen Satz, wie εἰσὶ δὲ καὶ αἱ Θεστίου θυγατέρες ἐπὶ τῷ βωμῷ καὶ Μοῦσαι würde Pausanias nur bilden, wenn er einen auf die Musen bezüglichen λόγος folgen lassen wollte, was er aber hier nicht thut. Auch die Thestiaden hat man durch Annahme eines Lesefehlers entfernen wollen, während doch gerade in Amyklai ihre Heroisierung sehr begreiflich ist. Somit wird man sich in allen diesen Fällen bei den von Pausanias überlieferten Namen beruhigen und mit der Thatsache abfinden müssen, dass drei zeitlich getrennte Vorgänge dargestellt waren, von denen man sich am wahrscheinlichsten mit Furtwängler die zweite (Hyakinthos) auf der Vorderseite, die erste (Semele) und dritte (Herakles) auf den beiden Nebenseiten vorzustellen haben wird.

Ausserdem befanden sich im Amyklaion von der Hand des B. auch noch die Statuen der Artemis Leukophryene und der Chariten, also der Hauptgöttin seiner Vaterstadt und ihrer göttlichen Dienerinnen, Weihgeschenke zum Dank für die glückliche Vollendung des grossen Werkes, wie Pausanias gewiss auf Grund der Votivinschrift angiebt. Auch den Lehrer des B. und den spartanischen König, unter dem der Thron errichtet wurde, fand Pausanias in seiner Quelle angegeben. So gewiss der letztere der Inschrift entnommen war, so sicher beruht der erstere auf blosser Combination eines antiken Kunstschriftstellers, da Angaben über den Lehrer und die Schule in antiken Künstlersignaturen vor dem letzten Jhdt. v. Chr. etwas Unerhörtes sind. Diese wichtigen Notizen hat indessen Pausanias seinen Lesern vorenthalten: ὅτου δὲ οὗτος ὁ Βαθυχλῆς μαθητὴς ἐγεγόνει ἢ τὸν θρόνον ἐφ’ ὅτου βασιλεύοντος Λακεδαιμονίων ἐποίησε, τάδε μὲν παρίημι. Man hat diese Unterlassungssünde durch historische Combinationen zu compensieren gesucht. Sillig, dem die meisten Neueren (Brunn, Furtwängler, Collignon) gefolgt sind, bringt die Thätigkeit des B. in Lakonien mit der Eroberung Ioniens durch die Perser in Verbindung. Aber dass B. mit seinen Gehülfen, deren Mitarbeiterschaft allerdings mehr aus innern Gründen, als aus der sehr problematischen Deutung der Gruppe auf der Thronlehne zu folgern ist, aus Mangel an Aufträgen in seinem Vaterlande und nicht infolge einer ehrenvollen Berufung nach Sparta gekommen sei, ist eine durchaus unsichere Voraussetzung. Umgekehrt lässt Κlein den Künstler im Auftrage des Kroisos nach Sparta gehen, macht ihn also etwas älter als Sillig. Er nimmt an, dass das nach Herodot. I 69 von Kroisos für den Apollon Pythaeus zur Verfügung gestellte, nach [136] Pausanias III 10, 8 aber nicht für diesen, sondern für den amyklaeischen Apollon verwandte Gold nicht nur zur Vergoldung des Gesichts, von der Theopomp allein etwas weiss, sondern auch zur Verkleidung des Thrones gedient habe; mit dem Material habe Kroisos auch den Künstler geliefert. Die augenscheinliche Unsicherheit dieser Combination ist durch Furtwänglers eingehende Kritik der Überlieferung noch besonders klar gestellt worden. Dagegen hat Klein wohl mit Recht den Künstler von Magnesia mit dem Arkadier B. identificiert (Athen. XI 495 D. Diog. Laert. I 28. Plut. Sol. 4; sept. sap. conv. 13), dessen goldner Becher in der ältesten auf Hellanikos zurückgehenden Fassung der Novelle von den sieben Weisen in ähnlicher Weise bei diesen die Runde macht, wie in der jüngeren der Dreifuss (H. Wulf De fabellis cum collegii septem sapientium memoria coniunctis, Dissert. phil. Halens. ΧIIΙ 185f. 203ff.). Daraus ergiebt sich zwar, dass B. schon im 5. Jhdt. in ähnlicher Weise eine legendarische Figur geworden war, wie Theodoros von Samos, aber eine chronologische Folgerung lässt sich bei der Freiheit, mit der sich die antike Novelle überhaupt und die von den sieben Weisen insbesondere über zeitliche Abstände hinwegsetzt, daraus nicht ziehen. Wollte man dennoch daraus einen Anhalt zu gewinnen versuchen, so würde die Ansässigkeit des Β. in Arkadien, also sein Verbleiben im Peloponnes, gerade mehr für die Silligsche als die Kleinsche Hypothese sprechen. Ebenso unsicher ist der Anhalt, den die Bildwerke selbst geben. Ein grossem Teil der Darstellungen gehört zwar zu den Typen der archaischen Kunst, aber zu solchen, die sich bis tief in die Periode der rotfigurigen Vasenmalerei erhalten. Richtig beobachtet scheinen auch die mannigfachen Berührungspunkte mit den Bronzereliefs des Gitiadas im Tempel der Chalkioikos, aber soweit es sich dabei nicht um typisches Gemeingut handelt, also namentlich bei der epichorischen Darstellung des Leukippidenraubs, bleibt die Frage offen, ob B. oder Gitiadas der empfangende ist. Als die Zeit des Künstlers wird sich also B. dem jetzigen Stand unseres Wissens nur sehr allgemein das 6. Jhdt. bezeichnen lassen, wobei allerdings die grössere Wahrscheinlichkeit für die zweite Hälfte spricht und selbst die Möglichkeit offengehalten werden muss, dass er in den Anfang des 5. gehört.

Auch die von Pausanias verschwiegene Schule des B. hat Klein auf dem Wege der Combination ermitteln wollen, und Furtwängler ist ihm gefolgt. Er soll dem samischen Künstlerkreise angehören, von Rhoikos und Theodoros beeinflusst sein und seinerseits wieder den Lakonier Gitiadas, den Künstler der Erzreliefs im Tempel der Athena Chalkioikos, gebildet haben. Eine wesentliche Stütze, die Voraussetzung, dass der Schmuck des Thrones aus Metallarbeit bestanden habe, ist dieser Ηypothese durch die auf Marmorreliefs weisenden Funde von Tzuntas entzogen, und damit fällt auch die Berechtigung, sich B. in einem engeren Verhältnis zur samischen Schule zu denken, als die Künstler des ionischen Festlandes überhaupt, z. B. die Ephesier und Milesier, die die Säulen des Artemistempels sculpiert und die Sitzstatuen des heiligen Weges zum Didymaion gebildet haben. Vgl. ausser den angeführten Monographien Overbeck [137] Griech. Plast. I⁴ 67ff. Collignon Sculpt. grecque 230.
[C. Robert.]

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