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Griechische Mythologie

Marsyas, Louvre

Marsyas (Griechisch: Μαρσύας ); ursprünglich Gott des gleichnamigen Flusses bei Kelänä, eine im Altertum blühende Stadt im südlichen Phrygien, an den Quellen des Mäander. In der griech.-röm. Sage ein Satyr (oder Silen), ein halbgöttliches Wesen, Sohn des Hyagnis, Begleiter der Kybele. Verschiedene antike Autoren variieren die Sage, so etwa Herodot (7.26) oder Ovid (Metamorphosen 6.391).

Aus den verschiedenen Varianten des Marsyas-Mythos ergibt sich in etwa eine urspüngliche:Athene (Erfindungsgabe, Weisheit), nach der Enthauptung der Gorgo Medusa, erfand die Flöte (Aulos) und eine bestimmte Melodie, die die Totenklage der Euryale, der Schwester Medusas nachahmt. Als sie aber beim Spiel ihr Gesicht in einem Wasser gespiegelt sah und bemerkte, daß das Spielen des Instruments ihr Gesicht entstellte, warf sie die Flöte fort. Marsyas, der als Begleiter der rasenden und Trommeln schlagenden Kybele durch Phrygien zog, fand das Instrument, erlernte dessen Spiel und war schließlich so von seiner Kunst überzeugt, daß er Apollon zum Wettkampf forderte. Die Musen, welchen das Schiedsamt zuviel, entschieden für das Kitharaspiel des Gottes. Apollon hängte Marsyas zur Strafe an einer Fichte (den heiligen Baum der Kybele) auf und (man) zog ihm bei lebendigem Leib die Haut ab. Aus seinem Blut entsprang der gleichnamige Fluss Marsyas. Pseudo-Palaephatus berichtet: "Ich selbst sah den Fluss in Phrygien, der nach ihm benannt ist. Und die Phryger sagen, daß der Fluss aus dem Blut des Marsyas entstand." Herodot (5. Jh. v. Chr.) weiß 7,26: "In der Stadt Kelainai hängt auch die Haut des Satyrn Marsyas. Diese hat nach der Sage der PhrygierApollon dem Marsyas abgezogen und hier aufgehängt." Ähnlich Xenophon (4. Jh. v. Chr.), anab. 1,2,8: "Hier soll Apollon dem Marsyas, nachdem er ihn im Wettstreit besiegte, die Haut abgezogen und sie in der Quellgrotte aufgehängt haben. Darum heißt der Fluss Marsyas."

Mit einiger Wahrscheinlichkeit, auch im Vergleich mit dem Fluss des Midas-Mythos, der nachweislich goldhaltig ist, war der Marsyas ein eisenoxidhaltiger kleiner Bach oder Fluss, dessen rote Farbe mit Blut und also mit einem "göttlichen Gericht" der Vorzeit verbunden wurde. Das Ausmaß dieses "Blutstroms" könnte mit einer entsprechend großen Verletzung assoziiert worden sein, wie es das Abziehen oder Schinden der Haut von Tieren illustriert. (Die Strafe des Schindens ist für den antiken griechischen Raum nicht belegt.)

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Athene wirft die "Doppelflöte", Marsyas interessiert am Musikinstrument

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Mantineia Relief

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Kopie von Marsyas und Athene des Myron

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Marsyas 269, Britism Museum Variante des Werks von Myron

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Marsyas und Apollon, Paphos Zypern

Zur Deutung

Der Marsyas-Mythos ist eine Variante der verbreiteten Hybris-Allegorie, wo Halbgöttliches oder Sterbliches sich über Göttliches (Vollkommenes, Zeitloses) erheben will und zum Teil grausam bestraft wird (zu Stein oder Tier verwandelt, mit Wahnsinn geschlagen, mit Eselsohren versehen usw.)

Die Hybris war nach alter Vorstellung eine Nymphe die mit Zeus den Gott Pan zeugte. Marsyas, hier mit Pan in antiken Darstellungen häufig gleich gesetzt, aber ohne die Atribute des Gottes, scheint darum eher ein Gleichnis für die verstandlosen Triebe des Menschen. Illustriert wird die Hybris hier am Beispiel der Kunst. Die Künste waren im altgriechischen Verständnis die höchste Ausdrucksform des Wettstreits (des Agon), da nur sie die Fertigkeit (techné) mit der Weisheit (sophia) verband. Die Musen treten zum Teil selbst in den Wettstreit, teils üben sie das Richteramt in der Kunst aus. Die Weisheit (Athene) erfindet zwar die Kunst, hier die Flöte, ihr Ausüben aber, also das Kunstwerk, ist gegen ihr (ruhendes) Wesen - im Gleichnis verzerrt das Kunstwerk-Machen (poein) die Züge der Göttin des Geistes. Die Begierden (Marsyas) folgen der Lust nach Anerkennung, die sich im Agon ausdrückt. Der Wahn der Lust, sie könne sich im Werk über Vergängliches erheben, so alt wie die Kultur, fällt unter das gnadenlose Gericht der Musen und Apollons.

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Apollo und Marsyas, Perugino

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Marsyas, Louvre

Der Marsyas-Mythos ist wohl gewiß keine Darstellung gegen das Kunstwerk an sich. Wohl gegen den Künstler der das Werk nicht mit Demut und Unterwerfung macht, dessen Werk nicht also Ausdruck von Demut ist. Die berühmten Anfänge der abendländischen Dichtung bei Homer werden oft in diesem Sinne gedeutet: "Sage mir Muse"; "Vom Zorn singe, o Göttin". Die Ablehnung des Willens des Künstlers ist seither immer wieder ausgedrückt worden. Etwa als Paradox von Michelangelo:"Ich möchte wollen, Herr, das nicht von mir Gewollte." Ähnlich aber auch etwa Paul Cézanne: "Aber wenn er [der Künstler] dazwischenkommt, wenn er es wagt, der Erbärmliche, sich willentlich einzumischen in den Übersetzungsvorgang, dann bringt er nur seine Bedeutungslosigkeit hinein, das Werk wird minderwertig." Und an anderer Stelle: "Um das zu malen muß dann das Handwerk einsetzen, aber ein demütiges Handwerk, das gehorcht und bereit ist, unbewusst, zu übertragen."

Die klassische Darstellung des Myron (um 450 v. Chr.) zielt auf genau diesen Zusammenhang von Weisheit (Athene), Begierde (Marsyas) und Werk (Flöte).

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Apameia, Athena und Marsyas,

Durch römische Kopien, insbesondere durch die Marmorkopie aus dem Lateran in Rom, wurde die ursprüngliche klassische Version des Myron rekonstruiert. Außerdem fanden sich Darstellungen der vollständigen Gruppe auf Münzen von Athen, auf einer Vase und in einem Relief, so dass die Rekonstruktion hinreichend gesichert ist. Auch von dieser Figurengruppe wurden Kopien zu dekorativen Zwecken in Haus- und Gartenanlagen verwendet.

Die Szene mit der Häutung des Marsyas fand unter anderem auch in der Renaissance durch den Maler Tizian 1570-1576 ihre Rezeption. Auch in späteren Kunstepochen kommt dieses Motiv vor. José de Ribera zum Beispiel verwendet dieses Motiv gleich mehrfach.

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Die Häutung des Marsyas von, Tizian, 1570/76.

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Apollon und Marsyas, Luca Giordano

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Apollon und Marsyas, Palma Giovane

Quellen

Apollodor , Bibliotheke (I, 4, 2)

Diodor, Bibliotheke (III, 59 ; V, 75, 3)

Herodot, (VII, 26)

Hyginus, Fabulae [ (CLXV)

Ovid, Fasti , Metamorphosen (VI, 382–400)

Pausanias, (II, 7 ; X, 30, 9).

Literatur

Katia Marano: Apoll und Marsyas. Ikonologische Studien zu einem Mythos in der italienischen Renaissance. Frankfurt am Main: Lang 1998. (Europäische Hochschulschriften, Reihe 28, Kunstgeschichte, Bd. 324) (Uni Marburg Diss. 1993) ISBN 3-631-32919-9

Luise Seemann: Marsyas und Moira. Die Schichten eines griechischen Mythos. Marburg: diagonal-Verlag 2006. ISBN 3-927165-95-6

Ovid , Metamorphosen , Reclam, Ditzingen 1994 , ISBN: 3150013607

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Marsyas und Apollon, 1985, Europäisches Jahr der Musik, CEPT, Griechenland, 27 Drachmen

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