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Die Politeia gilt als das bedeutendste Werk Platons und gehört zweifelsohne zu den wichtigsten Schriften in der Geschichte der Philosophie. Zentrales Thema der Politeia ist die Frage: Was ist Gerechtigkeit?

Im Dialog auftretende Personen

Sokrates

Thrasymachos, Sophist

Glaukon und Adeimantos

Aufbau

Die Politeia besteht aus zwei ungleichen Teilen. Im ersten Buch, das ursprünglich als eigenständiger Dialog konzipiert war, grenzt Platon seine Position von der der Sophisten ab. Thrasymachos, ein Sophist, behauptet, dass das Gerechte nichts anderes als der Vorteil des Stärkeren sei. Platon widerlegt dies und auch die damit einhergehende Behauptung, dass der Ungerechte ein besseres Leben hätte als der Gerechte. Das erste Buch endet jedoch aporetisch, d.h. in Ratlosigkeit, man hat zwar festgestellt, was Gerechtigkeit nicht ist, jedoch keine positive Definition der Gerechtigkeit gefunden.

In den Büchern zwei bis zehn entwickelt Platon seine Idee der Gerechtigkeit. Mit dem Argument, dass sich die Dinge im Großen besser und klarer erkennen lassen als bei einem Einzelnen, behandelt Platon zunächst den gerechten Staat und überträgt die gewonnenen Erkenntnisse anschließend auf den Menschen.

Struktur des platonischen Staates

Der Staat entsteht für Platon aus Gründen der Arbeitsteilung, weil keiner von uns sich selbst genügen kann, er besteht jedoch um eines höheren Ziels willen: der Gerechtigkeit. Platons Staat ist gegliedert in den Handwerker- und Bauernstand, den Stand der Wächter und den der Regenten. Die Angehörigen dieser Stände zeichnen sich nach Platon jeweils durch besondere Eigenschaften ("Tugenden") aus.

Weil vor der Geburt den Menschen unterschiedliche Fähigkeiten zugeteilt wurden (Lachesis-Mythos), entscheiden die Wächter und Erzieher früh, zu welchem Stand ein Kind gehören wird. Es wird den Eltern weggenommen und unter völliger Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen von Erziehern herangezogen. (Nicht-taugliche Säuglinge werden nach dem Vorbild Spartas umgebracht.) Die Regeln der Erziehung werden lange erörtert, wobei alle Menschen die gleiche Erziehung durchlaufen, mit dem einzigen Unterschied, dass die Menschen, die in den Nährstand (Bauern, Handwerker usw.) kommen, die Ausbildung ab einem gewissen Punkt beenden, während diejenigen, die für den Wehrstand (Wächter) geeignet sind, die allgemeine Ausbildung zu einem späteren Zeitpunkt beenden - und die Regenten die Erziehung bis zum Ende durchlaufen. Danach sind sie automatisch Regenten.

Die Philosophen (Regenten) besitzen eine von Natur aus gegebene Veranlagung zur Intelligenz. Diese wiederum muss durch weitere Ausbildung und Erziehung gefördert werden, zum Zwecke der Hervorbringung der diesem Stand zufallenden Tugend, nämlich der Weisheit. In Analogie zur menschlichen Seele ist hiermit der rationale Seelenteil angesprochen, welcher ebenfalls die Tugend der Weisheit anstreben soll. Die besondere Veranlagung ist hierbei die Vernunft des rationalen Seelenteils. Platon schreibt, dass nur Philosophen Herrscher sein sollen, da nur sie das nötige Wissen um die Idee des Guten haben. Zudem schließt Platon das weibliche Geschlecht als Herrscher/in nicht aus, da nicht die Physiognomie oder Natur der Frau von Belang ist sondern nur die Erkenntnis der Idee des Guten.

Die Krieger (Wächter), zeichnet sich vor allem durch eine starke emotionale Komponente ihres Charakters aus. Durch Ausbildung und Mäßigung sollen sie Mut erlangen, um die Interessen des Staates sowohl nach innen als auch nach außen durchzusetzen, und zu stützen. Dieser Stand wird mit der emotionalen Seite der Seele des Menschen gleichgesetzt, dem von Natur aus eine gewisse Erzürntheit innewohnt, die in Analogie zu den Kriegern, durch Erziehung und Mäßigung, zu einem muterfüllten Seelenteil ausgebildet werden soll. Erfährt der Wächter jedoch eine erweiterte Ausbildung und setzt sich selbst mit philosophischen Problemen auseinander, so kann er nach einer möglichen Erkenntnis der Idee des Guten zu einem Herrscher aufsteigen.

Die Bauern und Handwerker sind durch ein hohen Grad an Begehren und damit Begierden charakterisiert. Die ihm entsprechende Tugend ist dabei die Mäßigung. Ähnliches gilt daher auch für die dem Menschen innewohnenden Triebe.

Wichtig ist vor allem noch die hierarchische Einteilung der Stände (später, sehr simplifiziert: "Lehr-, Wehr- und Nährstand"). Wobei die Weisungsbefugnis den Philosophen bzw. dem rationalem Seelenteil zusteht, die Durchsetzung den Kriegern bzw. Emotionen, und letztlich hat der dritte Teil der Gesellschaft bzw. der Seele diesen beiden obigen zu folgen.

Ein Mensch ist nur dann glücklich, und ein Staat auch nur dann gerecht, wenn seine drei Seelenteile bzw. Stände sich im Gleichgewicht befinden, wenn also jeder Teil die ihm obliegende Aufgabe übernimmt ("τὰ ἑαυτοῦ πράττειν" = "das tun, was einem jeden zukommt"). Am Rande seiner Philosophie vom besten Staat erwähnt Platon auch die Insel Atlantis.

Platon nimmt einen Wandel der Staatsformen an: Aristokratie als beste Staatsform und die „entarteten Verfassungen“ Timokratie, Oligarchie, Demokratie sowie Tyrannis (Lit.: Verfallstheorie, Buch 7 und 8 der Politeia; vgl. Ottmann, S. 56ff.).

Platons Staatslehre wird aber von vielen modernen Philosophen wie Karl Raimund Popper und sogar von seinem Schüler Aristoteles kritisiert. Popper meint der "ideale Staat" Platons sei ein totalitäres Regime, denn er spricht sich in seiner "Politeia" klar für Selektion und Kommunismus aus. Es ist allerdings zu erwähnen dass Platon viele seiner radikalen Vorstellungen in dem Werk "Nomoi" (Gesetze) zurückgenommen hat.

Zusammenfassung

Staat und Seele: Gegenstand der Erörterung ist eigentlich die menschliche Seele. Der ideale Staat ist ein "vergrößertes Abbild" derselben und wird deshalb ausführlich entwickelt. Die Analogien lassen sich schematisch folgendermaßen darstellen:

"Stand" im Staat - Seelenteil -besondere Tugend

"Philosophen" (Herrscher) - vernunftbegabter Seelenteil -Weisheit

"Wächter" (Krieger / Polizisten) - mutvoller Seelenteil -Tapferkeit

"Nährstand" (Gewerbetreibende) - begehrlicher Seelenteil -Mäßigung / Besonnenheit

Gerechtigkeit ist eine übergeordnete Tugend. Sie ist verwirklicht, wenn jeder "Stand" bzw. jeder Seelenteil das ihm Zukommende tut ("τὰ ἑαυτοῦ πράττει").

Reale Staaten haben die Tendenz zu degenerieren, hierbei gibt es eine bestimmte Abfolge von Entartungserscheinungen. Platon hielt aber den von ihm konzipierten Idealstaat zunächst für politisch umsetzbar, nach einem gescheiterten Versuch in Sizilien aber entwarf er in dem Werk Nomoi eine neue, abgeänderte Staatskonzeption.

Gerechtigkeit im Staat

Platon fragt nun nach der Gerechtigkeit; in seiner Argumentation geht er von folgender Annahme aus: Wenn die Stadt richtig angelegt ist, dann ist sie auch vollkommen gut. Vollkommen gut heißt weise, tapfer, besonnen und gerecht. Wodurch ist nun eine Stadt weise zu nennen, fragt er. Weise ist sie durch die Weisheit der Regenten. Tapfer hingegen müssen in erster Linie die Wächter sein. Tapferkeit ist, so lässt Platon Sokrates argumentieren, eine Art von Bewahren, nämlich der vom Gesetz durch die Erziehung eingepflanzte Meinung über das, was man zu fürchten hat und wie das beschaffen sei.

Besonnenheit ist die Übereinstimmung des von Natur schlechteren und des besseren Teiles in der Frage, welcher von ihnen in der Stadt und in jedem einzelnen Menschen zu regieren habe. Die Besonnenheit muss daher beiden, den Regierenden und Regierten in der Stadt innewohnen, besonders aber den Regierten.

Gerechtigkeit besteht, so schließt Sokrates seine Argumentation, nun schlicht darin, dass jeder das Seine tut, wenn also der Regentenstand weise ist, die Wächter tapfer und die Regierten besonnen.

Gerechtigkeit beim Menschen

Mit der Gerechtigkeit des Einzelnen verhält es sich analog: Die Seele des Menschen besteht aus drei Seelenteilen, dem vernünftigen (logistikon), dem muthaften (thymoeides) und dem begehrenden (epitymetikon).

Genau wie die einzelnen Stände im Staat müssen auch diese Seelenteile in Harmonie zueinander stehen. Der vernünftige Seelenteil muss die anderen durch seine Weisheit lenken, das muthafte Element, der Wille, muss durch die Tapferkeit die Beschlüsse des ersten vollziehen, und alle müssen darin übereinstimmen, dass der Vernunft die Regentschaft zukommt.

Philosophenkönige

Wenn nicht entweder die Philosophen Könige werden [...] oder die, die man heute Könige nennt, echte und gründliche Philosophen werden, und wenn dies nicht in eines zusammenfällt: die Macht in der Stadt und die Philosophie [...] so wird es mit dem Elend kein Ende haben.[...] Denn es ist schwer einzusehen, dass nur in einer solchen Stadt das Glück für den einzelnen und die Gesamtheit zu finden sein sollte. (473d) In diese Worte fasst Platon seine Forderung, die Philosophen sollten den Staat regieren. Wie kommt er dazu? Platon erklärt dies in mehreren Gleichnissen, in denen er seine Lehre von den Ideen, den Urbildern darstellt (siehe auch Ideenlehre, Höhlengleichnis).

Die Welt ist für Platon zweigeteilt in eine Welt der Erscheinungen und eine Welt der Ideen. Ideen sind die Urbilder, die ewig und unwandelbar sind und die wirklicher als ihre Abbilder sind. Die Ideen sind hierarchisch geordnet, von trivialen Dingen wie der Idee des Stuhls bis hin zur höchsten Idee, des Guten, die im Sonnengleichnis der Metapher der Sonne, die durch ihr Licht alles bescheint, wachsen läßt und das Sehen ermöglicht, zugrundeliegt. Ziel des Philosophen ist die Erkenntnis, die Schau der Ideen. Nur wer diesen schwierigen Weg beschritten und am Ende die wahre Welt gesehen hat, ist nach Platon in der Lage, den Staat zu regieren. Wenn sie das Gute selbst gesehen haben, so sollen sie es zum Vorbild nehmen und danach ihr übriges Leben lang abwechselnd die Stadt und die Mitbürger und sich selbst in Ordnung bringen.

Literatur

Zu weiteren Angaben siehe die Bibliographie in der Stanford Encyclopedia of Philosophy Eintrag (siehe unten).

Übersetzungen

Platon: Der Staat, übersetzt und herausgegeben von Karl Vretska, Stuttgart 2000. Vorzügliche und günstige Übersetzung, mit gutem Kommentar und Glossar zu wichtigen Tertmini; dort auch weitere Angaben.

Sekundärliteratur

Julia Annas: An Introduction to Plato’s Republic, Oxford 1981.

Otfried Höffe (Hrsg.): Platon, Politeia, Berlin 1997 (Klassiker Auslegen, Bd.7).

W. Kersting: Platons Staat, Darmstadt 1999 (Kommentar).

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